Bürger rufen Ordnung und Sauberkeit - Bild puscht - Senat kuscht - SA marschiert

Nach Bergedorf, Barmbek und Elmshorn wollen Nazis am 4. Juni durch das Hamburger Schanzenviertel marschieren.

 
Home Termine / Infos Kontakt Presseschau
Pressemeldungen
 

Polizei

Bergedorf

Elmshorn

Barmbek

Schanzenviertel

Medien

Justiz

Polizei schützt Nazis
Bei ihrem Aufmarsch in Bergedorf ließen die Rechten die Waffen-SS hochleben. Über 100 linke Gegendemonstranten eingesackt   Von Peter Müller

Die Polizei des rot-grünen Senats macht's möglich: Unter dem Motto "frei, sozial, national" marschierten am Samstag 500 "Freie Nationalisten" durch die Bergedorfer City. Tausende PolizistInnen und Dutzende Wasserwerfer und Panzerwagen sicherten den Aufmarsch gegen die Wehrmachtsausstellung. Sämtliche Gegendemos waren von der Polizei verboten. Ungehindert konnten die Neonazis bei ihrer Demo durch Lohbrügge unter Polizeischutz selbst verbotene Parolen wie "Ruhm und Ehre der Waffen-SS" skandieren. Die Polizei nahm indes bei Auseinandersetzungen 97 Antifaschisten in Gewahrsam und 41 Personen fest.

In der Nacht zum Samstag hatte das Oberverwaltungsgericht die Demo-Verbote bestätigt, zu denen das "Bündnis gegen Faschismus" aufgerufen hatte. Und so nahm das Polizei-Szenario seinen Lauf. Schon am frühen Morgen des Tages herrscht in Bergedorf Belagerungszustand. Dennoch gelingt es mehren Dutzend Menschen, sich vor dem Bahnhof zu sammeln.

Der Vorplatz wird aber geräumt, als 50 militante Neonazis aus Halstenbek eintreffen. "Nazis raus", hallt es. Als die Rechten skandieren, "hier marschiert der nationale Widerstand", fliegen Eier und Flaschen. Die Polizei greift sofort ein und nimmt eine Person fest. Das gleiche Bild wiederholt sich, als der "Hamburger Sturm" aufmarschiert. Derweil werden Protestler auf den Bahnsteigen aufgehalten und wieder in Zügen Richtung Hamburg geschickt. Dann wird der Zugverkehr eingestellt und Straßensperren errichtet.

Auf dem Frascati-Platz nehmen derweil die Neonaziführer Thomas Wulff und Christian Worch das Zepter in die Hand. Auch Stefan Hupka, der wegen Aktionen der "Nationalen Front" im Knast gesessen hat, und Manfred Börn, Ex-Boß der verbotenen Wiking-Jugend, sind mit von der Partie. Worch beklagt in seiner Rede, daß sie vor fünf Wochen nach Ludwigslust ausweichen mußten, da "Störungen linksextremistischer, anarcho-kommunistischer linksfaschistischer Kräfte" erwartet wurden.

Auch dieses Mal seien sie "in ultimativer Weise von der Polizei gezwungen worden" wettert Worch, "einer Verlegung nach Bergedorf zuzustimmen". Aufmarsch-Anmelder Alexander von Webenau vom Nationaldemokratischen Hochschulbund faselt etwas von "Heldentaten der Wehrmacht und der Waffen-SS" und schimpft auf die "bolschewistische Schandausstellung".

Während der Neonazi-Kundgebung geht die Polizei am Schloßpark zur Sache. Mehrfach wird die Fußgänger-Zone geräumt, Dutzende Protestler werden "in Gewahrsam" genommen und Demonstranten aus Angst vor Flaschen- oder Eierwürfen abgedrängt. Dabei wird der ursprüngliche Demo-Anmelder Andreas Grünwald festgenommen. "Andreas hat die ganze Zeit deeskalierend gewirkt" empört sich die GEW-Vorsitzende Inge Ammon.

Mit Verspätung setzt sich der paramilitärische Marsch in Bewegung. Am Schloßpark dann das Aufeinandertreffen. Hinter einer Sperre haben sich erneut mehrere hundert Menschen versammelt. "Nazis raus - Nieder mit der Nazi-Pest", brüllen sie. Als Farbeier auf Polizisten und Rechte fliegen, gehen Greiftrupps vor und nehmen mehrere Personen fest.

Nahezu unbehelligt ziehen die Nazis weiter. Selbst als sie erneut im Beisein von Polizeipräsident Justus Woydt und Innensenator Hartmuth Wrocklage "Ruhm und Ehre der Waffen-SS" skandieren, passiert nichts. Hingegen setzt die Polizei am Lohbrügger Markt sogar Wasserwerfer ein, um Linke und Antifas zu vertreiben.

Der mehrstündige Marsch der Nationalisten endet wieder am Frascati-Platz. Aber auch dortist die Polizei weiter hilfsbereit und ordert HVV-Busse, um die Rechten eskortiert von einer Hundertschaft sicher nach Halstenbek zu fahren. Zeitgleich verprügeln in Lohnbrügge Neonazis eine Frau, die zuvor gegen den Aufmarsch demonstriert hatte, und verletzten sie schwer.

Siehe auch Bericht Seite 5


taz Hamburg Nr. 5883 vom 12.7.1999 Seite 21 Hamburg Aktuell 92 Zeilen
TAZ-Bericht Peter Müller
© Contrapress media GmbH
Vervielfältigung nur mit Genehmigung des taz-Verlags


Nazis drohen

Anlässlich eines Antifa-Konzertes haben RechtsextremistInnen zu Aktionen gegen das Jugendzentrum "Flop" in Bergedorf aufgerufen. Junge AntifaschistInnen, die sich dort treffen, haben sich kürzlich zur "Jungen Antifa Bergedorf" zusammengeschlossen und veranstalten morgen im "Flop" ein Konzert gegen Rechts. Nach den Plakat-Ankündigungen war in Wohnungen und Stadtteilzentren die Drohung eingegangen, dass an diesem Tag etwas passieren werde. Parallel plakatierten RechtsextremistInnen Flugblätter mit: "Rotfrontterror stoppen". Unterzeichnet ist es von der Skinhead-Gruppe "Sturm Lohbrügge". Die hatten auch das Flugblatt unterschrieben, das bei den Anschlägen auf den Bauwagenplatz in Norderstedt und das Wohnprojekt in Eimsbüttel hinterlassen worden war.


taz Hamburg Nr. 5978 vom 30.10.1999 Seite 23 Hamburg Aktuell 25 Zeilen
TAZ-Bericht
© Contrapress media GmbH
Vervielfältigung nur mit Genehmigung des taz-Verlags


"Streng legalistisch"

 Tumulte bei einer Antifa-Veranstaltung des DGB mit Senator Wrocklage

Kurz nach Beginn der Veranstaltung des DGB unter dem Motto "Neonazis in Bergedorf" mit Innensenator Hartmuth Wrocklage und Polizeipräsident Justus Woydt kam es zu einer Schlägerei. Als 20 Mitglieder des "Hamburger Sturms" versuchten, die Diskussionsrunde zu stören, und Flugblätter mit der Überschrift "Achtung rote Hetze" verteilen wollten, stellten sich ihnen mehrere Antifaschisten entgegen. Während der handfesten Auseinandersetzung kam es zu lautstarken Sprechchören: "Nazis raus, Nazis raus". Erst als DGB-Ortskartellchef Dieter Born verkündete: "Wir haben der Polizei den Auftrag gegeben, die Neonazis rauszuwerfen", schritten die Beamten ein und drängten den "Sturm" aus dem Saal.

Schon zu Beginn der Veranstaltung hatte es hektische Szenen gegeben. Bergedorfer Antifaschisten verteilten ein Flugblatt: "Kein Gespräch mit Wrocklage und Co". Als dann noch ein Transparent entrollt wurde mit der Aufschrift: "Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen", griffen zivile Ordnungskräfte ein und versuchten, die Protestierenden abzudrängen. Bei vielen Anwesenden löste die Anwesenheit der Zivilpolizisten heftigen Unmut aus: "Schmeißt doch endlich die Regenschirmträger raus." Ein Ausländer brachte das anders auf den Punkt: "Ich fühle mich unwohl, bei soviel Polizei zu diskutieren."

Im anschließenden Gespräch bekräftigte Innensenator Wrocklage die Position, dass die Innenbehörde den Neonazi-Aufmarsch am 10. Juli nicht hätte verbieten können. Sämtliche derartigen Versuche seien von den Gerichten im Vorfeld abgewiesen worden. Gleichzeitig lobte er Hamburg und sich selbst als Vorreiter im Kampf gegen Neofaschismus. Gerade die Hansestadt habe ein Vebot gegen die "Nationale Liste" durchgesetzt.

Auch Polizeipräsident Woydt sagte, dass die rechte Demonstration mit rechtsstaatlichen Mitteln nicht zu verbieten gewesen sei, da sich die Gruppierung "streng legalistisch" verhielte und die Anmelder sich nichts hatten zu Schulden kommen lassen. Dem DGB geht diese Position jedoch nicht weit genug: "Uns geht es darum, dass neonazistische Umtriebe in der gesamten Stadt nicht mehr laufen und politisch verboten werden", so Born. Die Diskussion dauerte bei Redaktionsschluss noch an. pemü


taz Hamburg Nr. 6019 vom 17.12.1999 Seite 21 Hamburg Aktuell 71 Zeilen
TAZ-Bericht pemü
© Contrapress media GmbH
Vervielfältigung nur mit Genehmigung des taz-Verlags


Im Marschtritt

 So häufig wie 1999 durften Neonazis lange nicht durch Hamburg stiefeln

Jahrelang traten militante Neonazi-Organisationen in Hamburg öffentlich kaum noch auf. Die Verbote der Nationalen Liste (NL) um die Hamburger Neofaschisten Christian Worch und Thomas Wulff sowie der Freiheitlichen Arbeiterpartei Deutschland (FAP) zeigten offenbar Wirkung. 1999 wurde jedoch das Jahr, in dem die Rechten verlorenes Terrain an der Elbe zurückerobern wollten. Als Anlass diente ihnen die Wehrmachtsausstellung, Unterstützung bekamen sie bei der Durchsetzung ihres Ziels von Justiz und Polizei.

Während im Juni noch ganz Hamburg mit einem generellen Demoverbot überzogen wurde, durften die militanten Rechten - allen voran der "Hamburger Sturm" - am 10. Juli unter dem Namen "Nationaldemokratischer Hochschulbund" und massivem Polizeischutz in Bergedorf für "Ruhm und Ehre der Waffen-SS" marschieren. Alle antifaschistischen Proteste waren hingegen erneut verboten. Dermaßen im Aufwind nutzten die Neo-nazis die Gunst der Stunde und veranstalteten einen solchen Spuk im Herbst nochmals in Lohbrügge und in Barmbek.

Trotz heftigster Schelte verteidigen Polizeipräsident Justus Woydt und SPD-Innensenator Hartmuth Wrocklage noch heute das massive polizeiliche Vorgehen und die Verbote der Gegendemos mit dem Hinweis auf das "Recht auf freie Meinungsäußerung".

Doch immer mehr hagelt es massive Kritik auch von den eigenen Leuten. Gerade auch in den Gewerkschaften hat sich mittlerweile die Losung durchgesetzt: "Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen." pemü


taz Hamburg Nr. 6030 vom 31.12.1999 Seite 20 Hamburger Thema 51 Zeilen
TAZ-Bericht pemü
© Contrapress media GmbH
Vervielfältigung nur mit Genehmigung des taz-Verlags


Den Nazis nicht einfach zusehen

Erneuter Fascho-Marsch durch Bergedorf. DGB ruft zu Gegendemo auf, die der Innensenator sogar erlauben will   Von Peter Müller und Andreas Speit

Militante Neonazis wollen am Samstag erneut in Bergedorf aufmarschieren. Unter dem Motto "Für freie Meinungsbildung" hat die Aktivistin der "Jungen Nationaldemokraten", Inge Nottelmann, eine Demonstration angemeldet. Die Route soll am alternativen Kulturzentrum "Lola" vorbeiführen. Hinter dem Aufmarsch steckt jedoch die militante Neonazi-Szene Norddeutschlands. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) ruft erstmals selbst zu einer Gegenkundgebung vor dem "Lola" auf.

Im Polizeipräsidium hielt man sich gestern bedeckt, lediglich die Anmeldung "einer rechten Demo" wurde bestätigt. "Es laufen Vereinbarungsgespräche", so Sprecherin Ulrike Sweden. Aus Polizeikreisen war aber zu erfahren, dass mit 50 bis 100 Teilnehmern des "harten rechten Kerns" gerechnet wird. Das "Freie Infotelefon" der Neonazi-Szene war auskunftsfreudiger. Organisator der Demo sei das "Norddeutsche Aktionsbüro" der "Freien Nationalisten", das von den Neonazi-Führern Christian Worch und Thomas Wulff geleitet wird.

"Es wird wohl zwei Demos geben", schätzt Innenbehördensprecher Christoph Holstein die Lage ein: "Dass die DGB-Demo nicht stattfindet, ist unwahrscheinlich, und rein rechtlich ist die rechte Demo auch nicht zu verbieten." Laut Holstein wird die Demoroute so gelegt, dass es zu keinem Zusammentreffen kommt: "Dass die aufeinander losgehen, wird die Polizei verhindern."

Die neuerliche Neonazi-Aktion ist eine direkte Reaktion auf die DGB-Veranstaltung "Neonazis in Bergedorf" vom 16. Dezember vorigen Jahres. Damals waren auf Einladung des DGB-Ortskartells Innensenator Hartmuth Wrocklage und Polizeipräsident Justus Woydt (beide SPD) ins "Lola" gekommen, um sich wegen der Verbote von Gegendemos zum großen Neonaziaufmarsch im Juli zu rechtfertigen. Rund 20 Neonazis des "Sturm 15 Lohbrügge" und des "Hamburger Sturms" hatten versucht, die Veranstaltung im "Lola" zu stören und dabei von Antifaschisten Prügel bezogen. Auf der Veranstaltung hatten Woydt und Wrocklage beteuert, dass die Polizei im Juli Gegenproteste nicht verboten hätte, wenn eine "demokratische Organisation" wie der DGB dazu aufgerufen hätte.

Daher haben die Bergedorfer Gewerkschafter in Rücksprache mit dem Hamburger DGB-Kreisvorsitzenden Erhard Pumm das Zepter nun in die Hand genommen. "Man muss etwas dagegen machen", so Pumm gestern zur taz hamburg. Selbst wenn die Neonazis durch massive Gegenproteste profitieren würden, sagt der Polizeigewerkschafter und SPD-Bürgerschaftsabgeordnete, "gibt es keine Alternative - wir können ja nicht zugucken!"

Die Regenbogen-Gruppe in der Bürgerschaft hat sich bereits dem DGB-Protest angeschlossen, erklärt der Bergedorfer Abgeordnete Lutz Jobs. "Das ist die Quittung für den großen Neonazi-Aufmarsch vom Juli", so Jobs, "wo Wrocklage die Straße freigemacht und Proteste verboten hat."


taz Hamburg Nr. 6034 vom 6.1.2000 Seite 21 Hamburg Aktuell 93 Zeilen
TAZ-Bericht Peter Müller / Andreas Speit
© Contrapress media GmbH
Vervielfältigung nur mit Genehmigung des taz-Verlags


 

4juni@gmx.net