Bürger rufen Ordnung und Sauberkeit - Bild puscht - Senat kuscht - SA marschiert

Nach Bergedorf, Barmbek und Elmshorn wollen Nazis am 4. Juni durch das Hamburger Schanzenviertel marschieren.

 
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Nazis ohne Treue harmlos
 Ermittlungen wegen Strafvereitelung gegen Polizeipräsident Woydt eingestellt

Justus Woydt kann aufatmen. Die Hamburger Staatsanschaft hat das Ermittlungsverfahren wegen Strafvereitelung im Amt gegen den Hamburger Polizeipräsidenten eingestellt. Woydt und Mitglieder der Polizeiführung waren von dem Elmshorner IG Metall-Chef Uwe Zabel angezeigt worden, weil sie beim Aufmarsch der "Freien Nationalisten" am 10. Juli vorigen Jahres in Bergedorf-Lohbrügge tatenlos zugesehen hatten, als militante Neonazis mit Reichskriegsflagge und der Parole "Ruhm und Ehre der Waffen SS" durch Hamburgs Osten zogen.

Nach Auffassung des ermittelnden Staatsanwalts Bernd Mauruschat erfüllt das Skandieren der Parole "Ruhm und Ehre der Waffen-SS" allein nicht den Tatbestand der "Verwendung Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen". Zwar handele es sich bei der Wortwahl um eine "pathetische Verherrlichung" einer nationalsozialistischen Organisation. Weil die Losung jedoch während des Hitlerfaschismus nicht in "instrumentalisierter Form" verwendet wurde, mangele es ihr an "eigenständiger Symbolik", die ein "Kennzeichnungscharakter" voraussetze. Die alte SS-Losung, so Maruschat, habe vielmehr gelautet "Unsere Ehre heißt Treue". Eine Übereinstimmung läge daher nur im Wort "Ehre" vor, eine Verwechslungsgefahr sei nicht gegeben.

Auch das Tragen des Reichskriegsbanners mit dem Eisernen Kreuz stelle keinen Straftatbestand dar, da diese nur bis 1918 von der Kaiserlichen Marine gehisst worden sei, so die Anklagebehörde weiter. Im Hitler-Faschismus sei das Eiserne Kreuz durch ein Hakenkreuz ersetzt worden. Maruschat: "Allein das öffentliche Zeigen einer solchen Flagge ist strafbar."

Zabel bezeichnete gegenüber der taz hamburg die Entscheidung der Staatsanwaltschaft als "politisch und juristisch falsch". Die Waffen-SS sei eine durch das Grundgesetz "verbotene terroristische Organisation", die durch den Neonazi-Marsch durch Bergedorf und jüngst erneut in Elmshorn "verherrlicht" werde. Der IG Metaller wirft daher den Anklägern Blindheit auf dem rechten Augen vor. "Ich möchte sehen, was in Hamburg passiert", so Zabel, "wenn Leute durch die Stadt ziehen und rufen: ,Es lebe die RAF." Peter Müller


taz Hamburg Nr. 6087 vom 8.3.2000 Seite 21 Hamburg Aktuell 32 Zeilen
TAZ-Bericht Peter Müller
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Naivität gegenüber Rechts

 Empörung in Elmshorn: Kein Verbot des Neonaziaufmarsches am Sonnabend durch die Pinneberger Kreisbehörde

Bürgermeisterin Brigitte Fronzek und der örtliche IG Metall-Chef Uwe Zabel haben von den Behörden ein Verbot des militanten Neonaziaufmarsches am Sonnabend in Elmshorn gefordert. "Ich gehe davon aus, dass die Demonstration sofort aufgelöst wird, wenn es sich um einen unifomierten Marsch handelt", schreibt Fronzek der Versammlungsbehörde. "Ich bin zutiefst entsetzt, in welch einer Naivität der Kreis mit solchen Gewalttätern zusammenarbeit."

Laut Zabel gehörten die Demoanmelder zur gleichen Szene, die für die jüngsten Anschläge gegen das Bündnis "Keine Toleranz für Neonazis in Elmshorn" verantwortlich zeichnen. Der Kreis Pinneberg habe aber zu keiner Zeit an ein Verbot gedacht, so Fronzek, sondern sei "lediglich bemüht gewesen, eine konfrontationsfreie Route durch Elmshorn den Rechtsradikalen zu garantieren".

Militante Neonazis haben - wie berichtet - gegen den Sternmarsch von DGB und Bündnis für "Integration und Toleranz" eine Gegendemo angemeldet. Motto: "Keine staatliche Förderung linker Gewalt - Kampf dem Bündnis gegen Rechts". Anmelder ist unter der Tarnkappe der "Jungen Nationaldemokraten" Clemens Otto vom "Pinneberger Sturm". Otto wurde 1998 vom Pinneberger Amtsgericht wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Otto hatte mit drei Skins am Pinneberger Bahnhof einen Togolesen fast zu Tode geprügelt. Das Gericht erkannte nur deswegen auf eine Bewährungsstrafe, weil er angeblich der Neonazi-Szene um seinen Bruder Christoph Otto (FAP) abgeschworen hatte.

Seither tritt Clemens Otto immer wieder bei Fascho-Aufmärschen unter dem Banner des "Hamburger Sturms - Zusatz: "Pinneberg" - in Erscheinung. Er pflegt gute Kontakte zum Hamburger Neonaziführer der "Freien Nationalisten", Thomas Wulff, und zu Peter Borchert vom "Flensburger Sturm". Borchert hat sieben Jahren wegen versuchten Totschlags gesessen.

Indes wächst die Unterstützung des Sternmarsches: So rufen gemeinsam Betriebsrat und Unternehmen des schwedischen Konzerns Autoliv ihre Elmshorner Belegschaft zur Teilnahme auf. In Schweden werden seit Jahren von Neonazis Anschläge auf Demokraten verübt, Erpressung und Terror der Justiz seien die Folge. Solche Entwicklungen müssten im Keim erstickt werden.

"Wir werden unseren Protest machtvoll auf die Straße tragen", kündigte Zabel an, "und damit verhindern, dass die Neonazis in die Wohnviertel unserer ausländischen Mitbürger kommen."

Peter Müller/Andreas Speit


taz Hamburg Nr. 6059 vom 4.2.2000 Seite 22 Hamburg Aktuell 37 Zeilen
TAZ-Bericht Peter Müller / Andreas Speit
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Nazi-Demo: Anzeige gegen Polizeichef

Nach der Demonstration von RechtsextremistInnen in Bergedorf am Wochenende hat die IG Metall Elmshorn Strafantrag gegen Hamburgs Polizeipräsident Justus Woydt gestellt. Der habe sich der Strafvereitelung im Amt schuldig gemacht, weil die Rechten in seinem Beisein ungehindert verbotene Parolen rufen konnten, erklärte IG-Metaller Uwe Zabel. Innenbehördensprecher Christoph Holstein hält dem entgegen, die umstrittene Parole "Ruhm und Ehre der Waffen-SS" sei von der Polizeiführung zu Demobeginn als "dämlich, aber nicht strafbar" eingestuft worden.

Auch der Bergedorfer Bürgerschaftsabgeordnete Lutz Jobs (Regenbogen) hat scharfe Kritik am Verhalten der Polizei bei dem Aufmarsch der Rechten geübt. "Schon die Genehmigung des Naziaufmarsches bei gleichzeitigem Verbot aller Gegendemonstrationen durch den rot-grünen Senat ist skandalös", beklagt er. Wer dies als "gelungene Deeskalation" bezeichne, ermutige die Rechtsradikalen, greift Jobs vor allem SPD-Innensenator Hartmuth Wrocklage an. Jobs findet es erfreulich, daß "trotz des Maulkorbes" durch Senat und Polizei viele BergedorferInnen lautstark gegen den Aufmarsch protestiert haben. taz


taz Hamburg Nr. 5884 vom 13.7.1999 Seite 21 Hamburg Aktuell 37 Zeilen
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