Grenzcamp 2000

3. antirassistisches Grenzcamp
der Kampagne 'Kein Mensch ist illegal'
vom 29. Juli bis 6. August 2000
in Forst / Brandenburg
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anonym
[26.07.2000]

Diskussionsvorschlag zur Sexismus-Debatte

Nachdem im Camp-Nachbereitungstreffen am 17.-19.12.99 in Hamburg die Disskussion um die Frauen-Lesben-Resolution (verlesen im Groß-Plenum auf dem Camp, steht auf der Internetseite) eine große Rolle gespielt hat, sogar eine AG zu dieser Frage vorgeschlagen wurde, sehe ich die Notwendigkeit, gezielt Frauen-Lesbengruppen/zusammenhänge auf eine Teilnahme an dem Camp und/oder der AG anzusprechen.

Gründe:

  1. Nach der öffentlich geführten Debatte in der "Interim" ist es eigentlich merkwürdig, daß das bisherige Ergebnis der Debatte - nämlich die Diskussion in der Campnachbereitungsgruppe - nicht ebenso veröffentlicht wurde. Darin wurden Positionen formuliert, die in der Mehrzahl für eine Fortführung der Diskussion plädierten. Diese Diskussions- bzw. Auseinandersetzungsbereitschaft kann diejenigen, die die Resolution verfaßten, oder Frauen/Lesben, die von der Debatte gelesen/gehört haben und sich angesprochen fühlen, gar nicht erreichen. Es ist zu befürchten, daß eine neuerliche Abgrenzung schon gelaufen ist, und nur dadurch durchbrochen wird, wenn wieder Frauen-Lesben auf das Camp kommen. Nach dem wenig freundlichen Stil der Debatte bisher ist aber damit nicht zu rechnen. Also: Belassen wir´s dann damit und klopfen uns auf dem Bauch, daß wir so schön darüber diskutiert haben und im Prinzip doch diskutieren wollen - auch wenn das keine von den Addressatinnen des Streits erreichen wird? Das würde über die Hintertür das Ganze auf sich beruhen lassen, und nichts dem entgegensetzen, was schon auf diesem Camptreffen vorgetragen wurde: Daß die Linke inzwischen zu müde sei, über sexistische Verhaltensweisen zu diskutieren. Das entspricht zwar der Wahrheit, muß aber nicht dabei belassen werden.
  2. Daß überhaupt Frauen und Lesben auf dem letzten Camp erschienen sind, betrachte ich als ein gutes hoffnungsvolles Zeichen, daß nicht so negativ beurteilt - von beiden Seiten - wie es jetzt aussieht, bestehen bleiben sollte. Die Möglichkeit, ein gemischtes Camp mit abgetrenntem Frauen/Lesben-Bereich zu haben, ist ein Anspruch, der aus der linken erarbeiteten Geschichte der letzten Jahrzehnte erwachsen ist und den mensch nicht achselzuckend "Geht halt nicht" zu den Akten legen sollte. Mit der Bereitschaft der Frauen und Lesben, zu einer solchen Konstellation zu kommen, ist eben gerade schon ein entgegenkommendes Zeichen gegen "totalen Machtanspruch" gewesen. Diese Position führte eigentlich immer zu einer grundsätzlichen Entscheidung für ein eigenes Camp garantiert ohne Männer. Daß sich auf die abgrenzende Position: "Darüber diskutieren wir nicht!" zurückgezogen wurde, nachdem die ersten Grenzverletzungen aufgetreten waren, ist bedauerlich, kann aber nicht verwundern, wenn mensch bedenkt, daß es keine gemischten Camps in den lezten Jahren (oder irre ich mich?) gegeben hat.
  3. W i e schlimm diese Grenzverletzungen nun waren, und w i e verhältnismäßig diese Abgrenzungsreaktion der Frauen darauf waren, darüber gibt es sicherlich verschiedene Standpunkte. Daß es möglich sein muß, auf einem gemeinsamen Camp darüber eine Auseinandersetzung zu führen, ist eigentlich selbstverständlich. Und dabei, o h n e daß irgedjemand auf welcher Seite auch immer aus einer Rechtfertigungsposition argumentieren muß. Diese Position meinten die Frauen/Lesben zu haben, als sie ihre Resolution verfaßten. In dieser Position sahen sich aber auch die Frauen (und Männer), die darüber diskutieren wollten und damit sich dem Vorwurf einer frauenfeindlichen Stellung ausgesetzt sahen. Eine Ablehnung von Diskussion kann gegen Sexisten ausgesprochen werden und ist berechtigt. Eine grundsätzliche Ablehnung von Diskussion gegenüber dem gemischten Camp - weil darunter Männer sind - kann nicht durchgeführt werden - dann ist das Camp kein gemeinsames mehr. Welche Form die gemeinsame Diskussion hat, wenn es um Grenzverletzungen durch sexistische Verhaltensweisen geht, muß noch erarbeitet werden. Am besten natürlich gemeinsam mit Frauen/Lesben-Zusammenhängen. Gerade in unserer Utopie-Vorstellung vom Camp als ein Erproben "unserer" Freiräume, wo wir gemeinsam an unserer Vorstellung arbeiten, wie es anders möglich sein könnte, müssen wir an solchen Fragestellungen arbeiten. Es sollte sich niemand in der Defensivhaltung verschanzen müssen - das muß schon genügend im System-Alltag passieren....
  4. Auf dem Camp-Nachbereitungstreffen wurden viele Ansprüche formuliert, die in der Auseinandersetzung mit dem Thema "Sexismus" entstehen und über die auf dem Camp gesprochen werden müßte, oder bereits im Vorfeld festgelegt werden müßten. Thema für das Camp wären:
    • Wie verhält sich Sexismus mit der Perspektive von ´kein mensch ist illlegal´?" (Das ist zwar mE. mißverständlich formuliert, ich wäre aber neugierig auf die Erklärung)
    • Sexismusbegriff - was heißt das überhaupt?? Fragen und Unklarheiten/
    • Ist die "Gegenmacht" von Frauen mit ihrem Abgrenzungsverhalten nicht ein längst erstarrtes unhinterfragtes Dogma geworden??
    • Ohne Grenzen - wie verhält sich das zu notwendigen individuellen Grenzziehungen bei sexistischem Verhalten von Männern gegenüber Frauen?? (soll´s andersrum auch geben... oder nicht?)?


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