anonym
[26.07.2000]
Diskussionsvorschlag zur Sexismus-Debatte
Nachdem im Camp-Nachbereitungstreffen am 17.-19.12.99 in Hamburg die
Disskussion um die Frauen-Lesben-Resolution (verlesen im Groß-Plenum
auf dem Camp, steht auf der Internetseite) eine große Rolle gespielt
hat, sogar eine AG zu dieser Frage vorgeschlagen wurde, sehe ich die
Notwendigkeit, gezielt Frauen-Lesbengruppen/zusammenhänge auf eine
Teilnahme an dem Camp und/oder der AG anzusprechen.
Gründe:
- Nach der öffentlich geführten Debatte in der "Interim" ist es
eigentlich merkwürdig, daß das bisherige Ergebnis der Debatte
- nämlich die Diskussion in der Campnachbereitungsgruppe - nicht
ebenso veröffentlicht wurde. Darin wurden Positionen formuliert,
die in der Mehrzahl für eine Fortführung der Diskussion plädierten.
Diese Diskussions- bzw. Auseinandersetzungsbereitschaft kann
diejenigen, die die Resolution verfaßten, oder Frauen/Lesben, die
von der Debatte gelesen/gehört haben und sich angesprochen fühlen,
gar nicht erreichen. Es ist zu befürchten, daß eine neuerliche
Abgrenzung schon gelaufen ist, und nur dadurch durchbrochen wird,
wenn wieder Frauen-Lesben auf das Camp kommen. Nach dem wenig
freundlichen Stil der Debatte bisher ist aber damit nicht zu
rechnen. Also: Belassen wir´s dann damit und klopfen uns auf dem
Bauch, daß wir so schön darüber diskutiert haben und im Prinzip
doch diskutieren wollen - auch wenn das keine von den
Addressatinnen des Streits erreichen wird? Das würde über die
Hintertür das Ganze auf sich beruhen lassen, und nichts dem
entgegensetzen, was schon auf diesem Camptreffen vorgetragen
wurde: Daß die Linke inzwischen zu müde sei, über sexistische
Verhaltensweisen zu diskutieren. Das entspricht zwar der Wahrheit,
muß aber nicht dabei belassen werden.
- Daß überhaupt Frauen und Lesben auf dem letzten Camp erschienen
sind, betrachte ich als ein gutes hoffnungsvolles Zeichen, daß
nicht so negativ beurteilt - von beiden Seiten - wie es jetzt
aussieht, bestehen bleiben sollte. Die Möglichkeit, ein gemischtes
Camp mit abgetrenntem Frauen/Lesben-Bereich zu haben, ist ein
Anspruch, der aus der linken erarbeiteten Geschichte der letzten
Jahrzehnte erwachsen ist und den mensch nicht achselzuckend "Geht
halt nicht" zu den Akten legen sollte. Mit der Bereitschaft der
Frauen und Lesben, zu einer solchen Konstellation zu kommen, ist
eben gerade schon ein entgegenkommendes Zeichen gegen "totalen
Machtanspruch" gewesen. Diese Position führte eigentlich immer
zu einer grundsätzlichen Entscheidung für ein eigenes Camp
garantiert ohne Männer. Daß sich auf die abgrenzende Position:
"Darüber diskutieren wir nicht!" zurückgezogen wurde, nachdem
die ersten Grenzverletzungen aufgetreten waren, ist bedauerlich,
kann aber nicht verwundern, wenn mensch bedenkt, daß es keine
gemischten Camps in den lezten Jahren (oder irre ich mich?)
gegeben hat.
- W i e schlimm diese Grenzverletzungen nun waren, und w i e
verhältnismäßig diese Abgrenzungsreaktion der Frauen darauf waren,
darüber gibt es sicherlich verschiedene Standpunkte. Daß es
möglich sein muß, auf einem gemeinsamen Camp darüber eine
Auseinandersetzung zu führen, ist eigentlich selbstverständlich.
Und dabei, o h n e daß irgedjemand auf welcher Seite auch immer
aus einer Rechtfertigungsposition argumentieren muß. Diese
Position meinten die Frauen/Lesben zu haben, als sie ihre
Resolution verfaßten. In dieser Position sahen sich aber auch
die Frauen (und Männer), die darüber diskutieren wollten und damit
sich dem Vorwurf einer frauenfeindlichen Stellung ausgesetzt sahen.
Eine Ablehnung von Diskussion kann gegen Sexisten ausgesprochen
werden und ist berechtigt. Eine grundsätzliche Ablehnung von
Diskussion gegenüber dem gemischten Camp - weil darunter Männer
sind - kann nicht durchgeführt werden - dann ist das Camp kein
gemeinsames mehr. Welche Form die gemeinsame Diskussion hat, wenn
es um Grenzverletzungen durch sexistische Verhaltensweisen geht,
muß noch erarbeitet werden. Am besten natürlich gemeinsam mit
Frauen/Lesben-Zusammenhängen. Gerade in unserer Utopie-Vorstellung
vom Camp als ein Erproben "unserer" Freiräume, wo wir gemeinsam
an unserer Vorstellung arbeiten, wie es anders möglich sein könnte,
müssen wir an solchen Fragestellungen arbeiten. Es sollte sich
niemand in der Defensivhaltung verschanzen müssen - das muß schon
genügend im System-Alltag passieren....
- Auf dem Camp-Nachbereitungstreffen wurden viele Ansprüche
formuliert, die in der Auseinandersetzung mit dem Thema "Sexismus"
entstehen und über die auf dem Camp gesprochen werden müßte, oder
bereits im Vorfeld festgelegt werden müßten. Thema für das Camp
wären:
- Wie verhält sich Sexismus mit der Perspektive von ´kein mensch
ist illlegal´?" (Das ist zwar mE. mißverständlich formuliert,
ich wäre aber neugierig auf die Erklärung)
- Sexismusbegriff - was heißt das überhaupt?? Fragen und
Unklarheiten/
- Ist die "Gegenmacht" von Frauen mit ihrem Abgrenzungsverhalten
nicht ein längst erstarrtes unhinterfragtes Dogma geworden??
- Ohne Grenzen - wie verhält sich das zu notwendigen individuellen
Grenzziehungen bei sexistischem Verhalten von Männern gegenüber
Frauen?? (soll´s andersrum auch geben... oder nicht?)?
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