Imperialismus
Der "Krieg gegen den Terror" und der Angriff
auf Afghanistan sollte keinem Fall Ausdruck einer blindwütigen
Rache sondern ein wohl geplantes Unternehmen, um die Verantwortlichen
des 11 September zu bestrafen. Diese Tatsache betonten sowohl die
Vereinigten Staaten sowie die der Koalition gegen den Terror beigetretenen
Länder ständig. Im Ergebnis läßt sich vorweg
allerdings feststellen, dass der Krieg gegen Afghanistan sowohl
alle Tatbestände einer Rache (im Miltitärjargon Vergeltungsschläge
genannt) erfüllt, wie auch, dass das Ziel der rechtlichen Verfolgung
der Täter und deren Hintermänner der viel handfesteren
Durchsetzung von geopolitischen und ökonomischen Zielen gewichen
ist.
So wurden, vom UNO Sicherheitsrat und der Vollversammlung in einstimmigen
Resolutionen, am 12. und 28. September 2001, die Anschläge
vom 11. September als "Bedrohung von Frieden und Sicherheit",
verurteilt.Allerdings hat der UNO Sicherheitsrat gleichzeitig auch
eine Reihe von Grundsätzen bekräftigt. So wurden vom UNO
Sicherheitsrat, entgegen der offiziell von politischer Seite (in
verschiedenen Ländern ) aufgestellten Behauptungen, keine militärischen
Maßnahmen beschlossen oder gefordert. Vielmehr hatte der Sicherheitsrat
der Vereinten Nationen am Tag nach den Anschlägen eine einzige
operative Forderung erhoben: die Täter vor Gericht zu stellen
und ihre Hintermänner zur Verantwortung zu ziehen. Nach dem
Beginn des Krieges, wurde dieser vom UN – Sicherheitsrat zur
Kenntnis genommen. Eine formale Ermächtigung für diesem
Krieg, war nicht nötig, da es, nach Darstellung der Vereinigten
Staaten und Großbritanniens um eine legitime Wahrnehmung des
Selbstverteidigungsrechtes gem. Artikel 51 der UNO Charta handeln
sollte. Ein Selbstverteidigungsrecht im Sinne dieses Artikels, kann
allerdings im Falle eines Angriffes von terroristischen Gruppen
nur dann angewendet werden, wenn dieser einem konkretem Staat zu
gerechnet werden kann.Gegen diese unter den Umständen nach
dem 11. September zumindest fragwürdige Interpretation des
Völkerrechts, wurde von den 13 Ratsmitgliedern weder Widersprüche
noch Bedenken geäußert (vergl. hierzu Norman Paech, "Terror
und Krieg" in "Zukunft des Terrorismus und des Friedens",
VSA Verlag Hamburg, 2002 ).Gleichzeitig bemüht sich die UNO
Vollversammlung um die Verabschiedung einer Anti – Terror
– Konvention, um zukünftig eine solidere Handlungsgrundlage
zu haben. Die Verhandlungen scheiterten bis jetzt aber an der Einigung
über eine gemeinsame Terrorismusdefinition.
Die Verhandlungen vor den Vereinten Nationen lassen sich aber bestenfalls
als Intermezzo bewerten, denn es zeigte sich sehr schnell die Tendenz,
dass die US - Politik sich ihrer völkerrechtlichen Einbindung
zum Trotz, nicht an die Bewertungen und Forderungen des UNO Sicherheitsrates
halten würden. Bereits unmittelbar nach den Anschlägen,
am 12.09.2001 hatte der NATO – Rat den Verteidigungsfall für
den Fall festgestellt, dass der Angriff von außen gesteuert
wurde. Ignoriert wurde in diesem Zusammenhang, dass der Verteidigungsfall
nur festgestellt werden kann, wenn es sich um einen dauerhaften
Angriff und nicht um eine einmalige Aktion handelt. Die Feststellung
des Verteidigungsfalles war ein, seit Bestehen der NATO einmaliger
Vorgang. Weder im Koreakrieg, noch als die Berliner Mauer gebaut
wurde, noch während des Vietnamkrieges oder zu Zeiten von Ronald
Reagan und der Ära der neuen Hochrüstung und der "NATO
Nachrüstung wurde der Verteidigungsfall festgestellt. Nach
Vorlage von Beweismaterial durch die Vereinigten Staaten, wurde
am 02.10.2001 festgestellt, dass der Bündnisfall eingetreten
sei. Die Anschläge gelten jetzt als "bewaffneter Angriff"
auf die Vereinigten Staaten und damit – nach Artikel 5 des
NATO – Vertrages als Angriff auf das Bündnis als Ganzes.Über
Art und Inhalt des Beweismaterials wurde strengste Geheimhaltung
gewahrt, so dass anderweitige objektive Beurteilungen nicht möglich
waren.Feststellen läßt sich, dass die europäischen
NATO Staaten massiv auf eine Kriegsbeteiligung drängten und
somit sowohl den Kriegskurs der US Regierung beschleunigten als
auch die Militarisierung der internationalen Politik.Trotz dieser
eindeutigen Beschlüsse der NATO macht die US Regierung allerdings
schnell klar, dass sie nicht bereit war, den Afghanistankrieg im
Rahmen des NATO Bündnisses zu führen. Dieser Krieg sollte
ohne hemmende Bündnisstrukturen der NATO geführt werden,
die Vereinigten Staaten ihre will geostrategische Politik auch von
diesem Bündnis emanzipieren.
Die erste Phase der Zusammenstellung der Staaten, der "Allianz
gegen den Terror", geriet zu einer Vorstellung, die vorsichtig
ausgedrückt sehr merkwürdig anmutete.So ließ sich
zwar ein vages gemeinsames Interesse, auf der Basis der westlichen
Wertegemeinschaft erkennen, aber auch eine Reihe gegensätzlicher
Interessen, denn der Charakter der Beziehungen der einzelnen Staaten
wird vorrangig durch Konkurrenz geprägt. Erkennen läßt
sich so eine wilde Mischung unterschiedlichster nationalstaatlicher
Einzelinteressen und die Hoffnung der beteiligten Nationalstaaten
ihre Interessen in diesem Konflikt ,subsumieren und lösen zu
können.So schulterte Großbritannien unter Führung
ihres Premierministers Tony Blairs die Gewehre, der auch gleich
gefragt oder ungefragt die Rolle eines der Scharfmacher in diesem
Konflikt übernahm. . So formulierte Blair den Grundsatz für
diesen Krieg, dass die "Weltgemeinschaft", als Zentrum
der gemeinsamen positiven gesellschaftlichen und politischen Werte,
sich gegen die Gewalt und Wildheit der Fanatiker verteidigen müsse.Unter
den Tisch fallen, läßt Blair allerdings, die ganz und
gar nicht, "weltgemeinschaftlichen", hegemonialen Interessen
Großbritanniens.In der BRD katalysierten die Attentate währenddessen
das Interesse eigenständige Kraft in militärischen Operationen
zu werden.China und Rußland verbanden mit ihrem Beitritt,
die Hoffnung ihre eigene "Terrorismusbekämpfung"
(z.B. in Tschetschenien und Westchina) nachträglich legitimieren
zu können. Außerdem sahen sie Möglichkeit ihre Menschenrechtsverletzungen
(.z.B. Tibet), die ein ständiges Problemfeld in internationalen
Beziehungen waren, unter den Tisch zu kehrenDie von verschiedenen
Staaten der Allianz ausgeworfenen "ökonomischen Köder"
und mehr oder weniger sanfter diplomatischer Druck, wogen dann auch
schwerer als die Furcht vor möglichen hegemonialen Ambitionen
der Vereinigten Staaten und anderen Staaten in der zentralasiatischen
Region.Viele afrikanische und arabische Staaten traten hastig der
Allianz bei, um sich entweder gar nicht erst dem Verdacht aus zu
setzen oder einem eventuellen Verdacht zu entkräften, dass
Sie die Urheber der Attentate unterstützten. Einige Staaten
erhofften sich auch neue innenpolitische Möglichkeiten, für
ihre eigenen Auseinandersetzungen mit islamistischen Gruppierungen.Die
Türkei boten bereits 4 Tage nach den Attentaten die Nutzung
die Nutzung ihrer Flugplätze an und war bereit die notwendige
Logistik zu stellen.Ihr kaum bemänteltes Anliegen war klar,
die Türkei erhofft, im Gegenzug, die Vergabe von großzügigen
Krediten des Internationalen Währungsfonds (IWF) und privater
Banken, um die dramatische Wirtschaftskrise und die galoppierende
Inflation in den Griff zu bekommen.Ein möglicher Folgeangriff,
der Allianz gegen den Irak, käme der Türkei allerdings
gar nicht recht, denn der Irak ist für sie sowohl strategischer
Partner gegen die Kurden als auch Wirtschaftspartner.
Selbst Pakistan, unter der Führung des Atombombengenerals Musharraf,
wurde, nachdem es sich dem stetigen Druck und den verlockenden Schuldenerlassen
gebeugt hatte, schnell mal amnestiert und konnte nun als Land mit
einer "liberalkonservativen" Regierung der Allianz beitreten.So
hoben die Vereinigten Staaten alle Sanktionen auf, die 1978, 1990
und 1998 verhängt worden waren. Im Dezember bewilligte dann
der IWF Pakistan einen neuen Kredit über 1,3 Milliarden US$
und kurze Zeit später gewährte der Pariser Club die Erlaubnis
für eine Umschuldung in Höhe von 12,5 Milliarden US$ (die
Gesamtschulden Pakistans belaufen sich auf 32,8 Milliarden US$).
Israel, dass seit seiner Gründung, den Angriffen islamistischer
– antisemitischer Staaten und Gruppen ausgesetzt ist, durfte
der Allianz nicht beitreten. Denn die Teilnahme Israels an der "Allianz"
hätte bedeutet, dass Staaten, deren Gesellschaften nicht minder
islamistisch -antisemitisch als die mutmaßlichen Attentäter
sind, ihre Teilnahme unter keinen Umständen in Betracht gezogen
hätten.
30000 Soldaten, Hunderte der modernsten Flugzeuge sowie einem halben
Dutzend Flugzeugträger machten dann auch schnell klar, dass
hier um mehr ging als den ausgemachten Haupttäter Osama bin
Laden und seine Gefolgsleute zu verhaften.Es wurde und wird ein
Krieg gegen ein gesamtes Land geführt, mit dem Ziel die Regierung
zu beseitigen und Selbige durch eine genehmere Neue zu ersetzen.Gleichzeitig
wurde angekündigt, dass der "Krieg gegen den Terror",
ein langer Feldzug werden wird und einer Reihe von Staaten wurde
schon einmal vorsorglich direkt oder indirekt angedroht, dass Sie
ebenfalls auf der Angriffsliste stehen würden.Man hat die Tragödie
nicht gewollt, verwandelt sie so aber in eine günstige Gelegenheit.
Die Kriegspropaganda emanzipiert sich vom Menschenrecht und kehrt
zurück zum klassischen Imperialismus.Imperialismus verstanden
als nationale Macht- und Expansionsbestrebungen mit dem Ziel, andere
Länder politisch, militärisch, wirtschaftlich oder kulturell
zu beherrschen und damit abhängig zu machen.Offen geht es nun
um die Sicherung von Rohstofflagern, Transitstrecken und Investitionen
sowie um die militärische Besetzung geostrategischer Knotenpunkte.
Warum also eine kriegerische Intervention in Zentralasien? Die Region
ist reich an Bodenschätzen und ihre Lage ist bedeutsam. Sie
bildet die Achse zwischen Europa und Asien, der modernen Seidenstraße
und dem Nord- Süd –Verkehr zum indischen Ozean.Außerdem
wird die Region als ein möglicher dynamisch wachsender Markt,
vergleichbar, mit den ostasiatischen Tigerstaaten oder China gehandelt.Die
bekannten und vermuteten Ölreserven der Region, kommen auf
ein Viertel der nahöstlichen Reserven. In der Region befinden
sich bedeutende Gasvorkommen, Gold, Zink, Kupfer, Silber, Bauxit
und die drittgrößten Uranreserven weltweit.Die Staaten
der Region (also Turkmenistan, Kasachstan, Usbekistan, Aserbaidschan,
Tadschikistan, Kirgisien und Afghanistan) beziehen bereits Maschinen,
Reaktoren, Elektroausrüstung, Ölprodukte, Fahrzeuge und
Nahrungsmittel zu 40% aus Rußland, zu 12% aus der BRD, und
zu je 5% aus Großbritannien und den Vereinigten Staaten, gleichzeitig
liefern sie Ihre Rohstoffe nach Rußland, in die Ukraine, nach
China, Italien, der BRD und Großbritannien.
Die Ölfelder sind erst rudimentär erschlossen (zu ca.
5%) und die Frage des Transportes ist noch nicht geklärt. Der
Kampf um die Erschließung sowie dem Zugang zu diesen Reserven
ist bereits seit Anfang der 90èr Jahre zunehmend entbrannt.
Es geht hier um vitale Interessen verschiedenster Staaten oder Staatenbünde
(Vereinigte Staaten, Rußland, China, Europa). Die Auseinandersetzungen
drehen sich um unterschiedliche Fragen, die im folgenden kurz zusammengefaßt
sind.Die Erschließung bedeutet sowohl den Absatz der entsprechenden
Technologien als auch in der Regel, die Sicherung von Förderrechten.
Gleichzeitig steigen die Optionen auf den Absatz von Ölraffinierungstechnologien.Beim
Transport geht es zum einen um in den milliardenschweren Bau von
Pipelines zum anderen um den Profit, den jedes Transitland über
Gebühren auf das transportierte Öl erhält.Schlußendlich
entscheiden die Zielorte der Pipeline darüber, welche Staaten
dort ungehinderten Zugang haben und diesen auch schützen können.Die
Hauptauseinandersetzungen spielen sich zwischen den Vereinigten
Staaten und Rußland ab, da die Vereinigten Staaten versuchen
Rußland mit dem Bau von Pipeline zurück zu drängen
und sich die Reserven zu sichern, aber auch Europa und China versuchen
sich einen Teil des Kuchens zu sichern. Derzeit halten US –
Ölgesellschaften (Exxon, Mobil Oil, Conoco oder Chevron) bis
zu 50% an den wichtigsten Ölkonsortien in der Zentralasiatischen
Region und haben bislang ca. 20 Milliarden Dollar in die Erschließung
der Vorkommen investiert.Der Transport von Öl und Gas war bislang
das entscheidende Problem, da es bislang noch nicht gelungen ist
die russischen Pipelines zu umgehen.So mußte Mitte der 90èr
das Projekt einer Pipeline von Turkmenistan zu einem pakistanischen
Hafen am arabischen Meer eingestellt werden, da sich in den Verhandlungen
mit den in Afghanistan herrschenden Taliban herausstellte, dass
die Lage in Afghanistan zu instabil ist.Durch den Krieg gegen Afghanistan
ändert sich das Bild natürlich entscheidend. Nun gehen
auch eher verhaltene Experten davon aus, dass die Option einer Pipeline
durch Afghanistan wieder hochaktuell und das diese bei der Ausarbeitung
der US – Strategie bedacht worden ist.
Beinahe anachronistisch mutet es an, wenn mensch einen kleinen einen
kleinen Blick zurück wirft.Als die Sowjetunion 1979 versuchte,
die zusammenbrechende sozialistische Regierung durch den Einmarsch
sowjetischer Truppen zu unterstützen, eskalierte der bewaffnet
Konflikt mit den Mujahedin zum Krieg. Nach dem Rückzug der
sowjetischen Truppen 1989 kämpften die Mujahedin weiter gegen
die kommunistische Regierung und brachten dieses 1992 zum Sturz.
Bei den Mujahedin handelte es sich um ein breites Bündnis heterogener
Gruppen, die von Beginn ihres Widerstandes gegen die sozialistische
Regierung, ganz oder in Teilen von den Vereinigten Staaten unterstützt
wurden. Diese islamistischen Gruppierungen eigneten sich aufgrund
ihrer Zielsetzungen besonders dazu, als antikommunistische Waffe
eingesetzt zu werden.So wurde die Finanzierung, Ausrüstung
und Ausbildung der Mujahedin zur größten Operation in
der Geschichte des amerikanischen Geheimdienstes CIA.Leider führte
sie nicht ganz zum gewünschtem Erfolg, denn nach dem Zusammenbruch
der kommunistischen Regierung, konnten sich die unterschiedlichen
Warlords nicht über eine gemeinsame Regierung einigen und so
ging der Krieg weiter.Ende 1994 formierten sich die Taliban in den
afghanischen Flüchtlingslagern in Pakistan. Den Taliban gelang
es bis zum Jahre 2001 nahezu 95% von Afghanistan unter ihre Kontrolle
zu bringen.Die restlichen 5% im Norden von Afghanistan, wurden von
einem buntem Konglomerat von Gruppen und Grüppchen kontrolliert,
die heute unter dem Namen Nordallianz bekannt. Diese wilde Mischung
wurden ökonomisch und militärisch von Usbekistan, Tadschikistan,
Rußland und dem Iran unterstützt.Die Taliban wiederum
wurden von Pakistan und bis 1997 von den Vereinigten Staaten und
Saudi Arabien unterstützt.Die beiden letztgenannten hofften,
dass im Erfolgsfall, ein gemeinsames (amerikanisch – saudiarabisches)
Ölkonsortium, mit der neuen Regierung Verträge über
den Bau ein Ölpipeline abschließen könnte, die von
Turkmenistan bis zur Küste Pakistans reichen sollte. 1997 /98
scheiterten die Verhandlungen jedoch und die Vereinigten Staaten
und Saudi Arabien nahmen von der Unterstützung der Taliban
im Gegensatz zu Pakistan Abstand.So zeigt sich, dass dieser Krieg
auch unter dem Blickwinkel der historischen Entwicklung in der Region,
sicherlich der Versuch ist, einen neuen geostrategischen Status
Quo her zu stellen, um die vorausgegangenen Fehlschläge zu
bereinigen.
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