Kriegführen
lohnt sich
Anders noch als nach dem ersten Golfkrieg von 1991
machen auf dem Balkan und jetzt in Afghanistan deutsche Konzerne
den besten Schnitt. Nur so und nicht anders lässt sich erklären,
dass die rot – grüne Bundesregierung die Zahl der eingesetzten
deutschen Soldaten, außerhalb des NATO Gebietes, von 2000
auf mittlerweile über 13.000 steigerte. Die Bundeswehr hat
durch ihre Auslandseinsätze etwa 60.000 Soldaten verplant oder
gebunden. Diese Zahl ergibt sich aus den Zeiten, die zusätzlich
zum Einsatz selbst für Ausbildung, Vor- und Nachbereitung sowie
die Regeneration des Personals erforderlich sind. Deutschland beteiligt
sich an der Operation Enduring Freedom. Dafür werden 3.900
Soldaten bereitgestellt. Am Horn von Afrika sind zurzeit mehrere
Schiffe der Marine stationiert. Sie sollen von dort aus die "Sicherheit
der Seewege gewährleisten und Verbindungswege terroristischer
Organisationen unterbrechen." Im Rahmen der "UN-Friedensmission"
für Afghanistan, der International Security Assistance Force
(ISAF), ist Deutschland Teil eines Einsatzkontingents, das einen
Umfang von rund 1.450 Soldaten hat. Der deutsche Beitrag umfasst
bis zu 1.200 Soldaten. Etwa 7.800 deutsche Soldaten sind auf dem
Balkan im Einsatz. Ihre Einsätze führen sie im Rahmen
der Missionen SFOR (Stabilisation Force) Bosnien Herzegowina, KFOR
Kosovo und FOX Mazedonien. Im Rahmen der SFOR-Mission in Bosnien
Herzegowina sind rund 1.680 Soldaten im Einsatz. Im Kosovo sind
weitere 4.680 Soldaten und bei der FOX-Mission in Mazedonien rund
590 deutsche Soldaten. stationiert. UNOMIG, die in Georgien eingesetzte
UN-Beobachtermission, besteht sei August 1993. Seitdem das Mandat
vom UN-Sicherheitsrat jeweils um 6 Monate verlängert. Auftrag
der 11 Bundeswehrsoldaten ist die Kontrolle und Überwachung
des Moskauer Waffenstillstands- und Truppenentflechtungsabkommens
zwischen Georgien und Abchasien.
Deutschland nimmt heute mit breiter gesellschaftlicher Unterstützung
weltweit an militärischen Interventionen teil und wenn es heißt
"Germans to the front" regt sich heute mitnichten aus
historischen als viel eher aus machtpolitischen Erwägungen
internationaler Widerstand. Innenpolitisch ließen die Anschläge
vom 11. September und die Tatsache, dass sich einige der Attentäter
vor den Anschlägen in Deutschland aufgehalten hatten einige
der schlimmsten Allmachtsphantasien der Politik Wirklichkeit werden.
Es wurden einige langgehegte Projekte aus den Schubladen geholt
und in einem atemberaubenden Tempo umgesetzt.
Bereits eine Woche nach den Anschlägen stellte die Bundesregierung
zusätzliche 1,5 Milliarden Euro für die Bundeswehr und
Maßnahmen der inneren Sicherheit bereit. Gleichzeitig stimmte
die Bundesregierung im Rahmen des Sicherheitspaketes I, der Aufhebung
des Religionsprivilegs im Vereinsrecht zu. Somit werden künftig
nichtdeutsche religiöse Organisationen wie normale Vereine
behandelt. Eine derartige Einschränkung verfolgt das Ziel,
die Repression vom Einzeltäter auf das Kollektiv auszudehnen.
Nicht die Tat, sondern der soziale und kulturelle Hintergrund, vor
dem sie verübt wird, gerät zum Gegenstand staatlicher
Verfolgung.
Zudem wurde der Paragraph 129 b in das Strafgesetzbuch eingeführt,
mit dem auch im Ausland tätige angebliche kriminelle und terroristische
Vereinigungen künftig hier zu Lande verfolgt werden können.
Bedenken, dass "der Terrorist des Einen möglicherweise
der Freiheitskämpfer des Anderen ist", wurden dadurch
gelöst, dass die Strafverfolgung bei der in politischen Dingen
"sensiblen" Generalbundesanwaltschaft angesiedelt wurde.
Sie wird nun in Zukunft klären und entscheiden, wem wegen welcher
Interessenslage das Recht zum bewaffneten Kampf im eigenen Land
zugesprochen wird und wem nicht. Und natürlich handelt es sich
auch beim §129b um einen Gesinnungsparagraphen, bei dem Angeklagten
nicht mehr die konkrete Straftat nachgewiesen werden muss, sondern
lediglich die Verbindung zu einer als terroristisch angesehenen
Vereinigung. Die Angeklagten können für alle dieser Organisation
zugeschriebenen Straftaten zur Verantwortung gezogen werden.
Das Sicherheitspaket II ist die konsequente Weiterentwicklung eines
staatlichen Misstrauens, welches sich vornehmlich gegen Nichtdeutsche
richtet, bei dem aber auch deutsche Bürger zunehmend in einen
pauschalen Generalverdacht geraten. Speziell im sogenannten Ausländerrecht
wurden eine Reihe von Verschärfungen beschlossen. So werden
im Asylverfahren jetzt sogenannte identitätssichernde Sprachaufzeichnungen
zugelassen, mit deren Hilfe im Zweifelsfalle die Herkunft der AntragstellerInnen
ermittelt werden sollen. Fingerabdrücke und andere identitätsichernde
Unterlagen werden künftig zehn Jahre aufbewahrt. Diese können
dann an ausländische und zwischenstaatliche Stellen weitergegeben
werden, sofern keine schutzwürdigen Interessen der Betroffenen
entgegenstehen oder eine völkerrechtliche Verpflichtung zur
Weitergabe besteht. Darüber welche Interessen von einzelnen
Betroffenen oder Gruppen schutzwürdig sind, entscheidet nun
der Verfassungsschutz (VS), das BKA und der Millitärische Abschirmdienst
(MAD). Ausweisungen können verfügt werden, beziehungsweise
die Aufenthaltungserlaubnis können verweigert werden, sofern
die Betroffenen die freiheitlich demokratische Grundordnung oder
die Sicherheit Deutschlands gefährdet, sich bei politischen
Aktivitäten an Gewalttätigkeiten beteiligt oder den Terrorismus
unterstützt. Der Zugriff der polizeilichen Stellen auf das
Ausländerzentralregister soll verbessert werden. Die Sicherheitsbehörden
dürfen zukünftig den gesamten Datenbestand in einem automatisierten
Verfahren abrufen.
Der Bundesgrenzschutz erhält erweiterte Befugnisse um sicherheitsrelevante
Bereiche (Flughäfen, Krankenhäuser, Kraftwerke, Bahnhöfe,
etc.) besser schützen zu können. Der VS darf nun bei Kreditinstituten,
Luftverkehrsunternehmen, Post- und Kommunikationsdienstleistern
Informationen abfragen. Ferner darf der VS nun auch Aktivitäten
beobachten, die sich gegen die "Völkerverständigung”
und das "friedliche Zusammenleben” richten. Die Gesetze
für den Bundesnachrichten Dienst (BND) und den MAD werden entsprechend
angepasst. Das BKA darf künftig zwar noch nicht ohne konkreten
Anfangsverdacht ermitteln, seine Kompetenzen werden jedoch nicht
unerheblich erweitert. So ist das BKA auch für die Verfolgung
von AnhängerInnen ausländischer "terroristischen”
Organisationen zuständig. Die zentrale Rolle des BKA soll gestärkt
werden. So soll bei Datenerhebungen der Umweg über die Polizeibehörden
der Länder entfallen.
Im Pass- und Personalausweisrecht dürfen neben Unterschrift
und Lichtbild weitere sogenannte biometrische Daten aufgenommen
werden. Welche biometrische Daten aufgenommen werden, soll in einem
noch zu verabschiedenden Bundesgesetz geregelt werden. Die bundesweite
zentrale Speicherung dieser Daten soll nicht erfolgen (wers glaubt).
Die Standorte und Kennungen von Mobiltelefonen sollen künftig
durch den Einsatz sogenannter IMSI Catcher, ständig ermittelt
werden können.
Als "effektives" Fahndungsinstrumentarium präsentierten
die Ermittlungsbehörden, die altbekannte Rasterfahndung. Mit
ihrer Hilfe sollten die zahlreichen sogenannten "Schläfer",
also Personen, ausländischer terroristischer Organisationen,
die unter dem Deckmantel eines völlig unauffälligen, "normalen"
Lebens Terroranschläge planen, erfolgreich aufgespürt
werden. Die Rasterfahndung – spätestens seit dem sogenannten
"deutschen" Herbst von 1977 – berühmt, berüchtigt
und äußerst umstritten, regt im Herbst 2001 niemanden
mehr auf. Das hier ein Instrumentarium zur Anwendung kommt, mit
dessen Hilfe im großen Umfang personenbezogene Daten von BürgerInnen
gewonnen werden sollen und sie zwingt, unter Umkehrung der Beweislast,
gegen sie erhobene "Verdächtigungen” zu entkräften,
ruft in der deutschen Gesellschaft nicht einmal mehr die Spur eines
Unbehagens aus.
Es verwundert natürlich nicht, da sich die Rasterfahndung in
diesem Fall hauptsächlich gegen nichtdeutsche Personen richtet,
die eine, nicht näher spezifizierte Bedrohung, für das
deutsche Kollektiv darstellen. So wurden im Zuge der Rasterfahndung,
in vielen Bundesländern, die dortigen Universitäten dazu
aufgefordert, die Daten von arabischen StudentInnen an die jeweiligen
Landeskriminalämter zu übergeben. Diese Angaben wurden
dann mit anderen Datensätzen abgeglichen, um mögliche
"potentielle" Täter zu ermitteln. Wer diese Datenvergleiche
anstellt und was mit den Daten anschließend passiert bleibt
völlig im Dunklen. Das die Raster, mit denen die "Schläfern"
ermittelt werden sollen (männlich, unauffällig, finanziell
unabhängig, Student oder Akademiker eines technischen Faches)
ironischerweise genau den Zielanforderungen für die Erteilung
einer Green Card entsprechen, sei hier nur am Rande erwähnt.
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