Eine antifaschistische Ruhrgebietsposse
„Spiel nicht mit den Schmuddelkindern...“
In der Auseinandersetzung um den Bochumer Nazi-Laden „Goaliat“ wird es provinziell.
Der Ladeninhaber Thorsten Kellerhoff und die Bochumer WAZ wähnen sich in kriegsähnlichen Zuständen. Und der Betreiber des Internet-Portals „bo-alternativ.de“ will folgende Glosse zum Thema nicht veröffentlichen, da sie „sicherlich keine Glosse, sondern ein erschreckendes Beispiel (ist), wie man sich auf Augenhöhe und Niveau von Nazis begeben kann.“ Trotzalledem – oder gerade deswegen – wollten wir sie euch nicht vorenthalten. Have fun!
Volxsport in Bochum
Thorsten Kellerhoff ist empört. Zählt er doch schon sieben "Anschläge" gegen seinen Laden „Goaliat!“ Den braunen Fashionladen für den modebewussten Nationalisten. Er spricht von „Krieg“. Anlass seiner letzten Empörung war der größere Fäkalienhaufen, den er Anfang der letzten Woche vor seiner Ladentür wiederfand. Verziert wurde das Ganze mit dem in die Türscheibe eingeritzten Slogan: „Wir scheißen euch zu“. Die große Frontscheibe daneben wies gar ein Loch und einen kompletten Riss auf.
Eine Glosse ist eine Glosse ist eine Glosse ist eine Glosse ist eine Glosse ist eine Glosse ist eine Glosse is...
Wir können über Herrn Kellerhoffs Begriffsverwirrung nur den Kopf schütteln. Herr Kellerhoff, sie sprechen von „Anschlägen“? Wir nehmen an, Sie, als moderner Mensch, haben einen Fernseher und schauen sich auch die Tagesschau an. Also Anschläge. Die finden im Irak statt. Aber doch nicht hier in Bochum.
Das hier ist was anderes. Sie als selbstbewusster Alt-Hooligan der „Kategorie C“ sollten diese Sache realistischer einschätzen. Cooler (auch schon wegen des Bluthochdrucks). Relaxter. Sportlicher halt. Sie wissen doch: Damals, in der Dritten Halbzeit. Da war es auch immer ein Geben und Nehmen. So auch hier. Es ist wie früher: Ein Spiel. Und sie haben es eröffnet!
Erinnern Sie sich? Seit einen halben Jahr verbreiten Sie unter modischen Vorzeichen rassistischen Kolonialdress, völkisch-nationalistische Accessoires mit eindeutig positivem Bezug zur NS-Diktatur und gewaltverherrlichende Proll-Marken („Drink, Fuck and Fight“) wie „Pro Violence“ und glorifizieren den Konsum von Kokain und die organisierte Kriminalität - unter der Fahne von „Blut und Familie“ mit der „Gangstermarke“ „La Vida Loca“.
Es sieht hier also ganz nach einem ein Spiel mit verschiedenen Teams aus:
Sie, Herr Kellerhoff, gehören zu dem Einen. Dem: „Team Braun“. Dem Team, das eine Diktatur hier errichtet sehen möchte. Sie verkaufen „nur Modeartikel“? Nun ja, aber politisch Eindeutige, die „Herrenmenschen in spe“ so lieben. Und ihr Vorleben spricht auch dafür, dass sie ein aktiver Player des „Team Braun“ sind.
Aber damit wir nicht in den Ruf der Undifferenziertheit kommen geben wir Ihnen ein eigenes Team. Das „Team Nadelstreifen-Braun“. Einverstanden“ Wunderbar.
„Team Braun“ wären dann die Herrschaften der NPD und der Freien Kameradschaften. Sie wissen schon, die Leute die für Sie, werter Herr Kellerhoff, „Streife“ laufen und eifrig mit brauner Farbe an anderen Geschäften Ihres Ortsteils rumkleckern. „Team Braun“ - Prima, haben wir das auch.
Auf der anderen Seite wäre dann das „Team Bunt“. All die, die das „Team Nadelstreifen-Braun“ und das „Team Braun“ nicht mögen. Also die DemokratInnen, die Liberalen, die SozialistInnen, KommunistInnen, AnarchistInnen, PunkerInnen, Schwulen, Lesben, Behinderten, AusländerInnen, JüdInnen. Man, die Liste wird lang! Sagen wir einfach all die, die nach „Team Braun“ sowieso ins KZ, an die Wand oder in die Gaskammer gehören. Ok? Ok.
Na und da wäre noch das „Team Grün“ für die Polizei und die Geheimen (Äh, den „Staatsschutz“). Das ist das Team, das immer als „Schiri“ aufläuft und den Unabhängigen mimt. Naja, dass muss man ja wohl nicht weiter kommentieren.
Genug des Geredes: Lasst die Fanfaren erschallen, die Spiele sind eröffnet!
Oktober 2006: „Team Nadelstreifen-Braun“ eröffnet seinen Shop „Goaliat!“. „Team Braun“ erscheint zur Eröffnung und freut sich. Man hat sich lieb und nervt durch bloße Anwesenheit. Einen Punkt für die „Kooperation Braun“.
„Team Bunt“ veröffentlicht Recherchen, Flugblätter und Artikel über „Thor Steinar“, die ach so unpolitische NS-Modemarke, die „Team Nadelstreifen-Braun“ hier anbietet. Veranstaltungen und Treffen gegen das Projekt „Nordic Streetwear“ von der „Kooperation Braun“ werden organisiert.
Ein Punkt für das „Team Bunt“.
Das „Team Grün“ stellt dem „Team Nadelstreifen-Braun“ eine Unbedenklichkeitsbescheinigung, einen Persil-Schein, bei der Vermieterin aus. Tztztz, „Team Green“„ was war da noch mal mit diesem Neonazi-Konzert in Witten, das Kellerhoff und Freundin stattfinden lassen wollten“ Also wirklich“
Einen Punkt also für die „Kooperation Braun“. Einen Minuspunkt für das „Team Green“.
Eine Supporter-Crew des „Team Bunt“ bringt sich mit einer ersten Choreografie am Laden ein. Zur „Heiligen Zeit“ verziert „Maria & Joseph 06“ das Schaufenster. Oh, Oh. Einspruch seitens des „Team Green“. Es spricht von drei Subjekten. Der Esel sei hinzuzurechnen. Somit seien es drei Verdächtige und zudem Ausländer. Der Anfangsverdacht einer „kriminellen Vereinigung“ läge vor. Bei einer Überführung und Verhaftung würde sofort abgeschoben. Ein internationaler Haftbefehl und Gesuch auf Amtshilfe seitens des demokratischen Staatsoberhaupts Herodes läge schon vor. Die Nachrichten dieser Mann ließe neugeborene Kinder reihenweise töten, kann das Auswärtige Amt nicht bestätigen. Deswegen liegt auch kein Grund für einen Abschiebestopp vor.
Ein satter Punkt für das „Team Bunt“.
„Team Nadelstreifen-Braun“ begeistert seine Vermieterin mit einer guten Gewinnspanne. Geld stinkt nicht. „Team Nadelstreifen-Braun“ punktet ein weiteres Mal.
Aus der Kurve der „Team Bunt“-Supporter macht die Gruppe „United Colours“ mit einer gekonnten Welle von Farbeiern auf sich aufmerksam. Ein Punkt für das „Team Bunt“.
„Team Braun“ bringt sich ins Spiel ein und verziert die Schaufenster im Stadtteil, die die Bandenwerbung von „Team Bunt“ tragen, mit brauner Farbe. Nicht sehr kreativ. Auch so leicht abwaschbar. Dennoch: Ein Punkt.
Kleinere spontane Choreografien am Austragungsort, dem Laden „Goaliat!“. Leider sind zurückbleibende Kratzer in der Scheibe nur schwer sichtbar, daher nur einen halben Punkt für das „Team Bunt“.
Eine neue, recht unorthodoxe Methode der Unterstützung für das „Team Bunt“ belustigt die Nachbarschaft: Frei nach dem Motto „Back to the roots“ gibt man sich ganz naturverbunden und setzt vor dem Laden einen „größeren Haufen“. „Team Nadelstreifen-Braun“ stinkts, „Team Braun“ spricht von „Volksverhetzung“… kennt man sich ja mit aus. Ein Punkt für „Team Bunt“.
Große Demo des „Team Bunt“: an die 500 MitspielerInnen aus Bochum und Umgebung zeigen „Goaliat“ den Mittelfinger. Alle Achtung: 2 Punkte.
„Team Braun“ will Welle machen, macht den Lauten. Kündigt sich an, erscheint aber nicht. Das alternde Maskottchen des „Team Braun“ wird vorgeschickt, markiert ein bisschen den Harten und gibt dann „Kniegas“. Oh Mann, einen dicken Minuspunkt für „Team Braun“.
„Back to the roots“ setzt einen zweiten Haufen. Noch ein Punkt für „Team Bunt“. „Team Nadelstreifen-Braun“ scheuert mit hochrotem Kopf das arische Schaufenster.
Die Supporter von „Team Bunt“ scheinen Blut geleckt zu haben. Die Scheibe von „Goaliat!“ hält dem nicht stand. Einen satten Punkt.
„Team Braun“ bleibt wie gehabt abgeschlagen. Ringt sich eine weitere Bemalung der Geschäfte mit der Bandenwerbung von „Team Bunt“ ab. Gnädiger 1 Punkt.
Somit steht es "Team Braun" gegen "Team Bunt": 4 : 9,5
Ein klar positives Zwischenergebnis für das „Team Bunt“. Es ist deutlich zu verzeichnen, dass die Unterstützung für „Team Bunt“ stetig wächst. Quasi aus dem Nichts erscheinend. Mit einer derartigen Kurvenpräsens, Einfallsreichtum und Kreativität. Hut ab. Hingegen das „Team Braun“. Zweite Liga. Wenn nicht noch schlimmer … also echt mal … tztztz …
Und das „Team Green“? Zurzeit noch ohne greifbare Erfolgsmeldungen. Es soll aber noch dran arbeiten. Dem sind wir uns sicher.
Ah, da hören wir wieder die Fangesänge des "Team Bunt":
„Support your local team! You never walk alone!“
Schnell ans Fenster! Es könnte einem ja was entgehen.
Ultras „Onofres Arm“, Milagro