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Goaliat!

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Leichenschmaus für "Goaliat!"

Hier „Radio El pueblo unido“. Wir senden hier eine Aufzeichnung, die unser Korrespondent Rudi die letzten Tage gemacht haben....

...Hier meldet sich Rudi, der rastlose Reporter. Ich befinde mich zur Zeit in einer größeren Wohnung im Stadtteil Ehrenfeld. Mitten in der schönen Ruhrgebietsstadt Bochum. Eingeladen wurde ich von einem netten Ehepaar, dass hier nicht weiter genannt werden möchte. Die geräumige Wohnung verfügt über ein verwegen großes Wohnzimmer, in dem sich schon gut 20 Personen befanden als ich eintraf. Und die ganze Zeit klingelt die Schelle. Immer mehr Leute trudeln ein. Jede/r hat was mitgebracht. Kartoffelsalat, Nudelsalat, türkisches Brot und Sucuks, eingelegte italienische Sauereien, Süßspeisen, und, und ,und. Aber auch sardischen Carnonau, Raki, Bier, Absinth, Bionarde, O-und A-Saft, und Sekt, Sekt, Sekt.


Denn es gibt etwas zu feiern: Der Modeladen für den Nationalisten, für den gewaltverherrlichenden Dummschläger und Rassisten, der „Thor Steinar“-Laden „Goaliat“ aus der Oskar Hoffmann Straße hier im Stadtteil, hat am Wochenende zum 23.6. das Handtuch geworfen. Nachdem die Frischluftzufuhr zu seinem Laden optimiert wurde, suchte der Besitzer wutschnaubend und schimpfend umgehend sammt Ladeninhalt das Weite.
Hier sind nun ein Teil der Menschen versammelt, die in den letzten Monaten weder Mühe, noch Anstrengung scheuten dem Laden sein 'Lebenslicht' auszublasen. Es wird langsam 21.00 Uhr. Der Zeitpunkt zu dem geladen wurde. Ich habe jetzt gerade ein Glas Sekt in die Hand gedrückt bekommen. Und ich sehe den Gastgeber sein gefülltes Sektglas erheben. Seine Stimme ruft zur Ruhe und das Gesprächswirrwarr, der mittlerweile gut 40-50 Personen, verstummt. Kurz und knapp umreißt er noch mal Start, Ziel, Verlauf und Erfolg der Kampagne, die unter dem Motto „Schöner Leben ohne Naziläden“ stand. Ja, man merkt ihm an, dass er Gewerkschaftsmitglied ist. Da verliert der Metaller von der Basis keine unnützen Worte. Kurz und bündig seine Worte. Sein Resumé: „Wat wech muß, muß wech. Und Schluß, aus.“ Dat war`s? Jawoll, dat war`s. Allgemeines Gelächter und Jubel. Man gratuliert sich, klopft auf Schultern, verteilt Bussels und nimmt erst mal nen guten Schluck vom Feinen. Dann noch ein Zwischenruf von der Gastgeberin: „Das Buffet ist eröffnet“. Ha, das läßt sich doch niemand zweimal sagen. Und so drängelt sich alles Richtung Tapeziertisch, der es echt nötig hat, dass er um einiges an Gewicht erleichtert wird.
Mmmh, nicht schlecht dies türkische Eingelegte. Findet die Italienerin neben mir auch und fragt sofort den türkischen Einzelhändler nach dem Rezept. Ich lausche fasziniert. Das Leute sich so über Zubereitung von Nahrungsmittel unterhalten können. Oma Krause preist ihren Kartoffelsalat und findet in den drei Punks prompt die passenden Abnehmer. Die haben den Sekt auch gleich gegen „dat jute Hansa“ vom ALDI getauscht. Die Macht der Gewohnheit. Der Künstler und der Fotograf buhlen sichtlich um die Aufmerksamkeit der Nachwuchsschauspielerin. Nehmen betont das Fettfreie und reden von Diät. Wen wunderts. Mensch Jungs, die ist doch viel zu jung für Euch. Es klingelt. Die benachbarten Restaurants und KneipenbesitzerInnen erscheinen. Das mitgebrachte Personal schleppt noch so Einiges zur Verköstigung mit. Der libanesische Taxifahrer spricht von Ramadan und kündigt an jeden Besoffenen gratis nach Hause zu fahren. Na, ob er sich da nicht übernommen hat. Die Autonomen diskutieren gerade die Naziüberfälle auf die antifaschistischen DemonstrantInnen in Rostock. Schwere Empörung wieder mal über die Polizei. Opa Paschulke hört interessiert zu. Nickt verständnisvoll. Erzählt von der KPD-Demo in Essen Mai 1952. Damals hatte die „Polente“ den Genossen Phillip Müller erschossen. Der sei erst 21 Jahre alt gewesen und hätte ein Kind gehabt. Die“Polente“wäre natürlich vorm Kadi freigesprochen worden. Die Hippies sind echt betroffen und finden das ganz schlimm. Die Autonomen grinsen müde. Bis, ja, bis das kleine Hippiemädchen ihren Schlagring rauszieht und die Macken darin erläutert. Oma Krause zwängt sich durch die Latinofraktion, am knutschenden Lesbenpäärchen vorbei und umgeht die Prolls aus der Eckkneipe. Baut sich vor dem einzigen Sozialdemokraten auf, der sich hierhin verirrt hat. Und sie wird laut. Schimpft ihn einen Esel. Das seine Partei aus Schleimscheißern bestehe. Kapitalistischen Taugenichtsen. Viele drehen sich um und lauschen interessiert. Das mit dem Plakat auf dem Stadtteilfest sei ja wohl das Letzte gewesen. Ihr Karl, Gott habe ihn seelig, wäre in der KPD gewesen und hätte drei Jahre im KZ gesessen. Und die Jusos hätten auf diesem Plakat die Kommunisten mit den Nazis verglichen. Schämen solle er sich. Das tut er auch. Man weiß nicht was roter ist. Der Tomatensalat ,den er auf seinem Teller hat. Oder sein Gesicht. Oma Krause, zwei Köpfe kleiner als er, rümpft die Nase, dreht sich um und rauscht ab. Aber jetzt müßt ihr mich mal entschuldigen. Ich seh die Punks haben gerade ne Tüte gebaut. Pffft, nicht schlecht. Von wem kommt das Zeug? Ah, von den Ultras, die da mal wieder die neuesten Bundesligaergebnisse debattieren? Nicht schlecht, die quatsch ich mal an. Der Architekt, der Bildhauer und der Pfarrer diskutieren mal wieder die Ästhetik des Widerstands. Die Alt 68ziger. Immer noch bei Adorno, Marcuse und Peter Weiss. Und da, wer hat denn die Flitzpipe von Antideutschen hier reingelassen? Die haben doch überhaupt nix gemacht. Ha, da steht der Oberprimaner mit seiner Nickelbrille und erklärt der Sekretärin der Jüdischen Gemeinde, das alle, aber auch alle in diesem Raum Antisemiten, verkappte Nazis, sind. Der pazifistische Jogalehrer entsorgt die Hühnerbrust in dem er sie „ganz zärtlich“ zur Tür hinaus schiebt. Es klingelt und hämmert 5 Minuten lang. Niemand öffnet ihm. Is ja sowieso nix zu hören. Der alte Edelweisspirat hat seine Klampfe mitgebracht und animiert alle zum Mitsingen:

„An Rhein und Ruhr marschieren wir,
für unsere Freiheit kämpfen wir,
den Streifendienst, schlagt ihn entzwei,
Edelweiß marschiert, Achtung die Straße frei.

Meister, gib uns die Papiere,
Meister, gib uns unser Geld,
denn die Frauen sind uns lieber,
als die Schufterei auf dieser Welt.

Unser Edelweisspiratenlager
liegt in Österreich auf einem Berg.
Und sollte es nur einer wagen,
zu uns zu kommen auf den Berg.
Wir werden sie herunterschlagen,
ob GeStaPo oder Streifendienst,
denn unsere Edelweisspiraten
kennen keine feige List.

Höre, was wir Dir jetzt sagen,
unsere Heimat ist nicht mehr frei,
schwingt die Keule ja wie in alten Zeiten,
schlagt HJ., SA. den Schädel entzwei.

Ob es die Erwähnung der „Heimat“ oder die vorgerückte Stunde ist, plötzlich steht der kolumbianische Genosse mit Pippi in den Augen auf dem Wohnzimmertisch und rezitiert aus dem Effeff ein Gedicht. „Companeros, companeras“ ruft Ernesto „ich will ein Gedicht vortragen. Es scheint so überaus passend zu diesem schönen Tag. Zu diesem kleinen Sieg. Zu unserem Sieg: Es heißt „Barrikade“ und ist von unserem nicaraguanischen Genossen aus Solentiname am Nicaragua-See. Dem Genossen Ernesto Cardenal. Dem Dichter und Theologen. Er hat es nach dem Sieg der sandinistischen Revolution 1979 verfaßt...

Barrikade

Alle waren beteiligt.
Die Jungen, die fortgingen ohne Abschied von der Mutter,
weil sie nicht wissen sollte, dass sie gingen.
Der Mann, der zum letzten Mal sein Mädchen küßte.
Und das Mädchen, daß sich aus der Umarmung löste, um ein Gewehr zu umarmen.
Der Junge, der seiner Großmutter, bei der er wohnte, einen Kuß gab,
und sagte, er käme gleich wieder und die Mütze nahm und nicht wiederkam.
Alle, die Jahre in den Bergen lebten, Jahre im Untergrund,
in den Städten, die gefährlicher waren als die Berge.
Alle, die Botschaften überbrachten auf den dunklen Wegen des Nordens,
oder Fahrer waren in Managua, Fahrer von Guerrilleros in jeder Abenddämmerung.
Alle, die Versammlungen organisierten im Ausland mit Fahnen und Liedern
oder auf Teppichen standen im Vorzimmer irgendeines Präsidenten.
Alle, die Kasernen stürmen mit dem Schrei: Freies Vaterland oder Tod.
Er Junge der Wache hielt an der Ecke einer befreiten Straße
ein rot-schwarzes Tuch vor dem Gesicht.
Die Kinder die Pflastersteine schleppten,
die Steine aus den Straßen rissen
- auch der Straßenbau in den Händen Somozas -
und Stein um Stein schleppten
für die Barrikaden des Volkes.
Die Frauen, die den Jungen auf den Barrikaden Kaffee brachten.
Alle, die wichtige Aufgaben hatten
und alle die weniger wichtige Aufgaben hatten:
Alle waren beteiligt.
Alle häuften wir Steine um Stein auf die große Barrikade.
Alle waren beteiligt. Das ganze Volk.
Und so schafften wir es.

Stille, dann der Ruf einer Anti-G8-Aktivistin: „El pueblo unido jamas sera vencido“.
Und der Bär steppt. Alles grölt, oder lallt, laut mit. Die restlichen Sektflaschen werden entkorkt und ein Prost und ein Hoch auf den Internationalismus gegeben. Langsam wird es ein bischen ruhiger. Irgendwie kann ich mich auch nicht mehr so gut konzentrieren. Ich glaub mir wird schlecht...oh Scheiße das Klo ist babgeschlossen..äh...also dann mal tschüs...Euer Rudi.... ...zurück zur Sendezentrale

So Leute, das war der Mitschnitt von der Victory-Feier der Initiative „Schöner Leben ohne Naziläden“. Unserem Korrespondenten geht es wieder gut. Nachdem er zwei tage nicht in der Redaktion aufgetaucht ist, lieferte er uns das Band heute Mittag. Anbei sollen wir euch schöne Grüße von der Ini ausrichten. Kellerhoff hat angedroht sein business woanders aufzumachen. Also Augen auf. Das gilt auch für die Städte Witten, Hagen und Wuppertal. Das Fest jedenfalls soll mit einem kräftigen Toast auf zukünftige Begegnungen mit Herrn Kellerhoff geendet haben. See, you on the Barricades.

Und jetzt von Linton Kwesi Johnson der Klassiker. „Fight them back“...

 

PS: Bilder des entglasten Ladens stehen unter "Fotos"

letzte Aktualisierung: 06.07.2007