Am Samstag, den 14.10. 2006, hat in Bochum ein neuer Bekleidungsladen auf der Oskar Hoffmann Str., Nummer 47, aufgemacht. Der Name des Ladens ist „Goaliat!“ In dem kleinen sauberen Laden, schräg gegenüber dem Schauspielhaus ist alles schön sortiert und eine nette junge Frau berät und bedient einen gerne. Alles kein Problem. Eher erfreulich, wenn in diesen Zeiten Leute den Mut haben und ein eigenes Geschäft auf den Weg bringen. Wäre da nicht die so genannte Marktlücke und die Zielgruppe, die dieser Laden anvisiert.
In diesem Laden wird nur eines verkauft: die äußerst rechtslastige Marke „Thor Steinar“. Es ist dabei das einzige Geschäft im Ruhrgebiet. Gab es bisher diese Marke bei rechten Versänden oder in schmuddeligen Naziläden (wie z.B. den „Donnerschlag“ in Dortmund) zu kaufen, kann man jetzt ganz lässig am Rande der Bochumer City im angenehmen Ambiente national shoppen gehen.
Lifestyle und Symbolik
Es wird dabei niemanden sofort auffallen, was man dort gekauft hat und dann auch trägt. Mit Ausnahme der Kameraden und Kameradinnen aus dem rechten Lager. Und vielleicht den Wenigen, die um diese Bekleidungsmarke wissen.
Warum nicht? Ganz einfach, Namensgebung und Symbolik auf der Bekleidung „Thor Steinar“ ist so gewählt und angebracht, dass nur Eingeweihte sie verstehen.
Dieser so genannte Dresscode ist in gewissen Segmenten der Gesellschaft, z.B. Jugend- und Musikkulturen, aber auch politischen Spektren, üblich. Er dient der Identitätsstiftung und Erkennung unter „Seinesgleichen“, aber auch der Abgrenzung zu den „Anderen“. So auch bei den „Rechten“, „Patrioten“, „Nationalen, „Nationalen Sozialisten“, „Nationalrevolutionären“ oder wie immer sie sich auch nennen mögen.
Schon die Nationalsozialisten des 3.Reiches bastelten sich die angebliche Herkunft ihrer Ideen und ihrer „Rasse“ aus der europäischen Geschichte zusammen (Germanenkult, etc.p.p.). Nahmen, was ihnen passte und blähten alles pseudoreligiös mit Versatzstücken aus alten Religionen und Mystik (wie z.B. der Edda) auf. Aus diesem Fundus der Phantastereien stammten dann Namensgebungen, Symbolik und Zeichen der nationalsozialistischen Bewegung.
Die Nationalsozialisten der heutigen Zeit kombinieren dann das Ganze. Die „past fiction“ mit der Historie des 3.Reichs.
Dies findet sich bei Ihnen bei Parteiabzeichen, Gruppennamen, Internet-Sites, CD-Covern, etc.p.p.. Und natürlich auch auf der Bekleidung.
So auch bei „Thor Steinar“
Fangen wir an mit der Namensgebung der Marke.
„Thor Steinar“. Hier wird der germanische Gott des Donners, Thor, mit dem Namen des SS-Generals Felix Steiner verknüpft. SS-Obergruppenführer Steiner war der erste Divisionskommandeur der 5. SS-Panzer-Division „Wiking“. Zunächst sollte die Division “Germania”, “Westland” oder “Nordland” heißen. Während der Aufstellung entschied man sich für den Namen „Wiking“.
Diese SS-Division schien die Macher der Marke „Thor Steiner“ auch weiterhin zu inspirieren. Sie versahen ihre einzelnen Produkte mit den Etiketten oder Aufdrucken: „Division Thor Steinar“, „Nordic Division“, „Nordmark“, „Westland“, oder „Viking Company“. Eine Kapuzenjacke heißt „Nordfront“.
Nordische Mystik, bzw. das was sie daraus machen, scheint auch in die weitere Namensgebung eingefloßen zu sein. So heißen Produkte „Wuotan“( höchster Gott der Germanen, bei den Germanen des Nordens auch Odin genannt) oder „Ragnarök“ (Endkampf der Götter und Riesen in der Edda) . Es gibt Longsleeves a la „Walküre“.
Grafiken mit Wikingerschiffen, Wikingern mit Schwertern und „Fight for your Right“ Unterschrift oder der nachempfundenen Weltenesche Yggdrasil sind auch zu finden.
Oberbekleidung mit „Wandalia“ oder “Südwestafrika“ Aufdrucken finden sich ebenfalls.
Waberten die Aufdrucke hier schon in der Grauzone, so wird der Stich ins Braune bei dem Aufdruck „Ultima Thule“ schon deutlicher. Dies bezeichnet nicht nur in der Antike den äußersten Nordrand der Welt (lat. Ultima Thule), sondern ist auch der Namen einer als eher rechts ein zu sortierenden Band aus Schweden. Ein Bezug auf eine historischen nationalsozialistische Organisation und heute aktive Kreise von Nationalsozialisten besteht ebenfalls. Dem Thule-Seminar und dem Thule- Netz (siehe hier und hier). Dies um so mehr, als das bis vor einiger Zeit verwandte Logo der Marke „Thor Steinar“, fast identisch war mit dem Logo des Thule-Seminars. Es bestand aus der so genannten Tyr-Rune (Todesrune) und der Gibor-Rune (Wolfsangel), die beide für sich im 3. Reich Verwendung für NS-Organisationen fanden. (Dieses Markenlogo wurde von der Firma Mediatex GmbH, die „Thor Steinar“ produziert, nach langem juristische Tauziehen, Anklagen, Prozessen und Beschlagnahmungen zurückgezogen und durch ein neues „unverdächtiges“ Runenemblem ersetzt. - siehe http://www.stop-thorsteinar.de.vu)
Trojanisches Pferd und Geldquelle der Rechten
Und genau deswegen erfreut sich die Marke bei den Rechten an so großer Beliebtheit. Hier kann man seine Gesinnung offen zur Schau tragen und sich überall sehen lassen, ohne gleich von AntifaschistInnen oder MigrantInnen für seine menschenverachtende Gesinnung zur Rede gestellt zu werden. Hier kann man trendy und stylish sein, ohne hochgeschnürte, unbequeme 12 Loch Docs und schmieriger Bomberjacke zu tragen. Angesagte Haarschnitte zum lässigen Outfit tragen.
Des Nazis neue Kleider halt
Und ein trojanisches Pferd in die Gesellschaft. Nicht nur das sich die braunen Kameraden ungezwungen damit überall sehen lassen können.
Die Bekleidung ist von guter Qualität und sieht auch gut aus. Für jeden unpolitischen Jugendlichen also kein Grund nicht diese Klamotten zu tragen und somit rechte Codes in die Gesellschaft zu transportieren und ungewollt akzeptabel zu machen. Die Kassen der Rechten klingeln zu lassen. Und vielleicht auch beim Kauf in Kontakt mit dem ein oder anderen Kameraden zu kommen und sich dort die Welt aus völkischer Sicht erklären zu lassen.
Zum monitären Aspekt. Wieder von der Site: http://www.stop-thorsteinar.de.vu:
„Das die rechte (Jugend)-Szene nach wie vor einen lukrativen Absatzmarkt darstellt, belegt die Firma Mediatex GmbH aus Zeesen in Brandenburg. Diese produziert und vertreibt die Marke Thor Steinar. Eine seit Oktober 2002 auf Axel Kopelke registrierte Marke die Kleidungsstücke mit nordisch-germanischer Runensymbolik in guter Qualität anbietet. Diese Marke findet innerhalb der bundesdeutschen Neonazi-Szene breiten Absatz. Dies belegen Materialien, die uns anonym zugespielt wurden. Im Weihnachtsgeschäft Mitte Dezember 2003 konnte die GmbH einen Kontostand von etwa 45.000 Euro verzeichnen. Der akkumulierte Umsatz (Haben) betrug für 12 Tage über 95.000 Euro. Insgesamt kamen fast 45.000 Euro durch den reinen Verkauf an Kunden und Zwischenhändler rein. Das die hohen Preise für die Thor Steinar Produkte zumindest nicht auf die reinen Materialkosten zurückzuführen, zeigen beispielhaft die durchschnittlichen Ausgaben für Material-Importe aus der Türkei.
Im Februar 2004 bestellte die Mediatex GmbH Hosen im Gesamtwert von fast 36.000 Euro. Der Einzelpreis lag hierbei um die 12 Euro. Bei einer Bestellung T-Shirts im Gesamtwert von etwa 56.000 Euro, lag der Einzelpreis für ein T-Shirt zwischen 5 und 6 Euro. Natürlich zählen nicht nur Anhänger der rechtsextremen Szene zu den Käufern der „Thor Steinar“ Produkte. Doch dürfte hier mindestens ein Schwerpunkt des Absatzmarktes liegen. Zu den größeren Abnehmern der Marke zählen immerhin Vertriebstrukturen, die vornehmlich die rechtsextreme Szene beliefern. So Udo Nagrotzki vom Laden „Rascal“ in Chemnitz und Lars Georgi vom TTV-Versand in Hamburg.
Die Marke Thor Steinar zeigt, dass ein wirtschaftlich-professionell geführtes Unternehmen, dass qualitativ hochwertige Produkt anbietet, durchaus hohe Gewinnspannen erzielen kann. Der Weg zum Erfolg führt über eine zweigleisige Marketing-Strategie. …“
Wer steckt hinter „Thor Steinar“?
Hinter der Marke steckt mehr als ein „cleverer“, aber skrupelloser Geschäftsmann, der den nationalen Boom unter Jugendlichen für sich ausnutzen will. Allein, das wäre auch schon schlimm genug. Auf der Internet-Site http://www.stop-thorsteinar.de.vu findet man dazu Folgendes:
„Die Marke “Thor Steinar” hat sich im Oktober 2002 der 30jährige Axel Kopelke aus Königs Wusterhausen registrieren lassen. Seit 2003 tritt für “Thor Steinar” die Mediatex GmbH von Axel Kopelke und Uwe Meusel auf. Zumindest Kopelke ist in der Region Königs Wusterhausen politisch kein Unbekannter. Lokale Antifaschistnnen berichten über Verstrickungen in die regionale Nazi-Szene. So wurde Axel Kopelke in der Vergangenheit bei völkischen Sonnenwendfeiern, einem Liederabend mit dem Nazi-Barden Frank Rennicke und einer NPD-Reichsgründungsfeier im Jahr 2000 in Friedersdorf gesehen. Er verfügte auch über Kontakte zu dem überregional bekannten Nazi-Kader und V-Mann Carsten Szczepanski. Seine geschäftlichen Ambitionen begann er 1997, als er in den Laden “Explosiv” in der Bahnhofstrasse in Königs Wusterhausen einstieg. Dieser entwickelte sich zu einem Anlaufpunkt der regionalen Jugendszene der extremen Rechten. Als kaum ein Zufall kann hierbei der Umstand angesehen werden, dass in diesem Laden vor allem rechtsstehende Jugendliche ihre Schulpraktika absolvierten.“
… und Bochum?
Nun der Laden in der Bochumer Oskar Hoffmann Str. scheint nicht die Ausnahme von der Regel zu sein. Ob die Namensgebung des Ladens, „Goaliat!“, etwas mit dem englischen Wort für das Fußballtor, dem „goal“, zu tun hat, als Synonym für den Germanengott Thor steht, oder eine Anspielung auf Goliath ist, der laut der Bibel von einem Juden namens David mit einer Schleuder getötet wurde. Wer weiß das schon.
Fest steht, daß bei der Eröffnung des Ladens am 14.10. stadtbekannte Nazis im und vor dem Laden angetreten waren, um sich ein kameradschaftliches Stelldichein zu geben. Und das kommt nicht von ungefähr. Vor 4 Jahren, im Oktober 2002, sollte in Witten in der Waldgaststätte Vogel ein Rechtsrockkonzert stattfinden. Der Besitzer der Kneipe bekam davon Wind und die herbeigerufene Polizei unterband das Konzert. Dies Konzert, von Christian Worch aus Hamburg und Thorsten Heise aus Nordheim initiiert, fand schließlich in Delmenhorst statt. Die Bands „Intimidation One“, „Final War“, „Gegenschlag“ und „Endlöser“ traten dort auf. (Quelle: taz Bremen 8.10.2002)
Damalige Pächterin der Waldgaststätte Vogel in Witten war Anna Haertling. Sie und ihr Freund gaben sich als getäuscht aus und wollten auf keinen Fall „in die rechte Ecke gestellt werden“. (Quellen: WAZ/WR Lokal Witten vom 7.und 8.10.2002)
Der Namen des Freundes: Torsten Kellerhoff.
So einfach wird Herr Kellerhoff sich diesmal nicht herausreden können. Und weil er dies wohl auch so ähnlich sieht und ihm wohl die Problematik seiner Geschäftsidee auch zu Bewusstsein gekommen ist, ist er um den Schlaf gebracht. Was ihn zurzeit dazu verleitet, in seinem Laden nachts Wache zu schieben. Ob es ihm helfen wird in einem nach rechts driftenden Stadtteil gezogen zu sein, wird man noch sehen. Der Unterstützung der in blickweite wohnenden Kameraden, Carsten Römhild dem NPD KV-Vorsitzenden Bochums und Bernd Büdenbänder aus dem Umfeld der Freien Nationalisten Bochum/Hattingen kann er sich sicher sein.
Am heutigen Freitag, den 20. Oktober, erschien im Lokalteil der WAZ ein Artikel mit der Überschrift: „Plötzlich klingelt der Staatsschutz“. Kriminaloberrat Leo Heitfeld gibt seine Ansichten zum Anstieg rechter Straftaten in Bochum, Herne und Witten zum Besten. Er will dabei nicht von einem dramatischen Anstieg sprechen. Vielmehr sei ein Grund des Anstiegs, dass die Bevölkerung mehr Straftaten zur Anzeige bringen würde.
Tss, tss, Herr Heitfeld! Was sie vergessen ist, die ansteigende Zahl organisierter rechter Gruppierungen zu nennen (so z.B. die Gründung der „Freien Nationalisten Bochum/Hattingen“), die Verbreitung rechten Gedankenguts in Jugendkulturen, der Vertrieb und Konsum von rechtsradikaler Musik, die gehäuften Rechtsrockkonzerte, die Verteilung der Schulhof CD durch die NPD, die seit 2000 ca . 8 bis 10 Kundgebungen und Demonstrationen der radikalen Rechten hier in Bochum (einschließlich der 1. Demonstration gegen einen Synagogenbau im Nachkriegsdeutschland), die Zunahme rechten Wählerpotential, den Einzug der NPD in Wattenscheid und Hattingen in die Kommunal- bzw. Bezirksparlamente, den neuen „Ruhrfront-Versand“, der beheimatet ist in der NPD-Zentrale Wattenscheid, u.a.. Dies wird schon seinen Beitrag zur Steigerung der Straftaten mit rechtem Hintergrund geleistet haben. Finden Sie nicht?
Und der neue Laden in der Oskar Hoffmann Str. wird das Seinige zur Differenzierung und Wirkungskraft rechten Gedankenguts und dessen Folgen auch beisteuern. Dem kann man sich sicher sein.
Zum Abschluss noch ein kurzes Statement von der schon erwähnten Stop-Steinar-Site:
„Jede/R der/die solche Klamotten kauft und anzieht, unterstützt damit direkt Nazis in ihrem Bestreben, ihre Inhalte und Symbole in die Gesellschaft zu tragen.“
Love fashion, hate fascism!
in diesem Sinne
Azzoncao, ein Polit-Cafè
(Bahnhof Langendreer, Wallbaumweg 108, 44894 Bochum)