Geteiltes EchoEin Urteil, das bei bestimmten Teilen der türkischen Gesellschaft Jubeln und Feiern auslöste, hat unter den Kurden über die Grenzen hinweg einen gegenteiligen Effekt erzeugt und die de facto bestehenden Gräben zwischen beiden Volksgruppen noch vertieft.Der zur Urteilsverkündung gewählte Tag war kein gewöhnlicher Tag. Vor 74 Jahren, am 29. Juni 1925 wurden der Führer des ersten Aufstandes nach der Gründung der türkischen Republik, Scheich Said, und 46 seiner Freunde in Diyarbakir, im Herzen von Kurdistan, öffentlich aufgehängt. So wollte der türkische Staat den Kurden eine bestimmte Botschaft vermitteln. "Ihr habt keine Chance, keine Möglichkeit, Eure Forderungen mit Leben zu erfüllen. Dies war am Anfang des Jahrhunderts so, und das wird auch an der Jahrhundertwende so bleiben." Sowohl die Verschleppung Öcalans in die Türkei am 15. Februar 1999, als auch die Urteilsverkündung auf der Gefängnisinsel Imrali haben eine bis dahin nicht registrierte Solidarität und einen sehr selten erlebten Zusammenhalt unter den Kurden bewirkt. Selbst Gegner Öcalans bezeichneten diese Tage als "Schwarze Tage für die kurdische Nation". Noch am gleichen Tag, als die staatlich gelenkten "Feierlichkeiten" anliefen, hat der Präsidialrat der PKK die Kurden überall auf der Welt aufgefordert, ihren Protest durch kleine, aber dauerhafte Aktionen zur Geltung zu bringen, dabei aber Ruhe zu bewahren und gewaltfrei zu bleiben. Entsprechend dieser Aufforderung fanden nicht nur in Kurdistan und in der Türkei, sondern überall auf der Welt, wo Kurden leben - von Kanada bis Australien, von Japan bis USA - friedliche Aktionen statt. Am 4. Juli 1999 blieben z.B. der 1,5-Millionenstadt Diyarbakir die Geschäfte zu, und die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung blieb aus Protest zu Hause. |