07 March
2007

Iran: Ein Blick hinter den Vorhang



Am 6. März 2007 haben sich die Vertreter der Lehrerinnen und Lehrer aus dem ganzen Iran zum zweiten Mal in der vergangenen Woche vor dem Parlament in Teheran versammelt. Sie forderten ein Treffen mit den Abgeordneten. Laut einer Meldung der Nachrichtenagentur IRNA haben rund 3000 Lehrerinnen und Lehrer in Vertretung für ihre Kollegen im ganzen Land eine friedliche Kundgebung abgehalten, in der sie die Einführung des Beamtentarifs auch für die Lehrkräfte forderten. Auf der Kundgebung waren Plakate mit diversen Parolen zu sehen, so z.B.: „Der unfähige Minister soll zurücktreten!“ oder „Wenn unser Problem nicht gelöst wird, bleiben die Schulen geschlossen.“ oder „Kein Volk hat je ein so ehrloses Parlament gesehen.“
Zusätzlich zur Kundgebung vor dem Parlament kam es auch in einer Reihe von iranischen Städten zu Demonstrationen vor der lokalen Behörde des Kultusministeriums, auf denen die Lehrkräfte höhere Löhne sowie eine Festanstellung und Versorgung mit Wohnraum forderten. Die Demonstranten in Teheran kündigten an, das nächste Mal würden sie gemeinsam mit ihren Schülern vor dem Parlament erscheinen. Zum Abschluss der Kundgebung bedankten sie sich sogar bei den zahlreich eingesetzten Sicherheitskräften, dass sie die Demonstranten in Frieden gelassen hatten, statt sie zu verprügeln.
Am 7. März erschienen die Arbeitervertreter der Elektronik-Firma Damawand sowie der von ihr abhängigen Unternehmen sowie die Arbeitervertreter der Holzfabrik Taleqan gleichfalls vor dem Parlament und beschwerten sich über die ausbleibenden Lohnzahlungen.
In derselben Woche haben die 12.000 Arbeiter des landwirtschaftlichen und Nahrungsmittel verarbeitenden Konzerns „Sherkat-e Kesht wa Sanat-e Karun-Shushtar“ im Süden Irans wegen des über zweimonatigen Ausbleibens ihres Lohns und ihrer Zuschläge gestreikt.
Tagtäglich gibt es überall im Iran solche Demos und Streiks, die weder in den einheimischen noch in den ausländischen Medien ihren Niederschlag finden – mit Ausnahme der Webseiten und Radiosender der Opposition im Ausland.
Im Vorfeld des 8. März haben viele iranische Frauengruppen beantragt, am Tag der Frau eine Veranstaltung durchführen zu dürfen, bis heute aber keine Erlaubnis erhalten. Um Angst und Panik unter den Frauen zu verbreiten und zu verhindern, dass sie am 8. März zahlreich auf der Straße erscheinen und demonstrieren, wurde das Islamische Revolutionsgericht wieder aktiviert. Am 4. März wurden fünf Frauen, die im letzten Jahr an Kundgebungen für die Gleichberechtigung der Frau teilgenommen hatten, vor Gericht gestellt. Aber die anderen Frauen ließen sich dadurch nicht abschrecken und versammelten sich zu einer Solidaritätskundgebung vor dem Gerichtsgebäude. Die Regierung gab den Befehl zum Angriff, worauf vierzig Frauen verhaftet und in den politischen Trakt 209 des Ewin-Gefängnisses gebracht wurden. Die Verhafteten erklärten den Hungerstreik. Hierauf organisierten Studentinnen an verschiedenen Hochschulen – der Hochschule Teheran und der Sozialwissenschaftliche Hochschule – Versammlungen und Podiumsdiskussionen zur Unterstützung der Verhafteten. Die iranischen Frauen scheinen entschlossen, den 8. März trotz aller Repressalien zu feiern.
Während der letzten zwei Wochen sind die Gegensätze zwischen den Anhängern von Ahmadineschad und seinen Gegnern immer deutlicher zu Tage getreten. Selbst das Parlament, das sich vorwiegend aus radikalen Hisbollahis zusammensetzt, hat eine Vorladung des Kultusministers angeordnet, damit er dem Parlament Rede und Antwort steht, ein erster Schritt zu einem erzwungenen Rücktritt. Das Kultusministerium hatte es fertig gebracht, eine Prüfung für Lehrer zu erstellen, auf der die Lehrer allen Ernstes eine Antwort auf die Frage geben sollten, was der Unterschied zwischen einem Hahn und dem Propheten (Mohammad) sei.
Nicht nur dies: Die Abgeordneten sind entschlossen, Ahmadineschad vor das Parlament zu zitieren und ihn wegen seiner politischen und wirtschaftlichen Leistungen ins Kreuzverhör zu nehmen.
Die Konflikte in der Stadtverwaltung von Teheran haben ihren Höhepunkt erreicht. Der Teheraner Oberbürgermeister Qalibaf, der Nachfolger von Ahmadineschad in diesem Amt und einer seiner Gegenkandidaten bei den letzten Präsidentschaftswahlen, bei denen Ahmadineschad „siegte“, soll Gerüchten zufolge laut Anweisung des religiösen Führers Chamenei den Präsidenten Ahmadineschad bald in seinem Amt ablösen. Qalibaf war selbst einer der führenden Kommandanten der Pasdaran. Er hatte sich auf seinen Inlands- und Auslandsreisen gegen die Politik von Ahmadineschad ausgesprochen.
Nun, da das Parlament, Qalibaf, Ajatollah Sane’i und viele andere Ajatollahs offen gegen die Politik von Ahmadineschad opponieren, hat Rafsandschani, der es stets verstanden hat, sein Mäntelchen in den Wind zu hängen, sich in Interviews mit iranischen Journalisten nicht nur als Gegner der Politik und des Führungsstils von Ahmadineschad zu erkennen gegeben. Nach seinen Worten hat die 9. Regierung (unter Ahmadineschad) die Zeit vergeudet und ihre Aufgaben – namentlich im Wirtschaftsbereich – nicht erledigt. Es sei an der Zeit, dass der Rat zur Wahrung der Interessen des Systems auf den Plan trete, um von der Regierung ultimativ zu verlangen, die Bestimmungen des islamischen Grundgesetzes umzusetzen.
Seit Ahmadineschad in einer seiner Reden erklärt hat, dass der „Atomzug“ der iranischen Republik keine Bremse mehr habe, weil die Bremse gerissen sei, und dass er auch keinen Rückwärtsgang mehr habe, weil man ihn ebenfalls fortgeworfen habe, reißt die Kritik der iranischen Intellektuellen und selbst einfacher Menschen auf der Straße nicht mehr ab. So meinte Ahmad Shirzad, ein iranischer Kernphysiker, der selbst im vorigen Parlament als Abgeordneter vertreten war, süffisant in einem Artikel: „Wenn ein Zug keine Bremse hat und der Weg bergab führt, wird er immer schneller und die Fahrt endet in einer Katastrophe. Jedes Fortbewegungsmittel, selbst die alten Ochsenkarren, selbst die zweirädrigen Wägen vor 2000 Jahren und die Kutschen – sie alle waren im Notfall irgendwie in der Lage, zu stoppen (…). Anscheinend ist der einzige Zug, bei dem keine Bremse eingebaut wurde, der iranische Atomzug, dessen Zugführer angeblich Ahmadineschad ist. Und da er auch keinen Rückwärtsgang besitzt, ist er dazu verurteilt, den falschen Weg bis zum bitteren Ende zu durchlaufen.“
Das Budget für das kommende Haushaltsjahr (2007/8) betrifft, das Ahmadineschad dem Parlament vorgelegt hat, ist heftig umstritten. Um es abschnittsweise zu verabschieden, müssen mindestens 195 Abgeordnete (von insgesamt 288) im Parlament anwesend sein. In den letzten Tagen wurde die Mindestzahl nie erreicht. Bis zum 21. März, dem iranischen Neujahrsfest, müsste das Budget spätestens verabschiedet sein, damit die Regierung über einen gültigen Haushalt verfügt.
Khaled Mashal, der Führer der Hamas, wurde in den letzten Tagen von Ahmadineschad im Iran empfangen. Er konnte sich über eine angekündigte Finanzspritze von über 100 Millionen Dollar freuen. Dies löste im Iran einige Empörung aus. Auf der Straße und in den Basaren wird zu diesem Anlass gern das persische Sprichwort zitiert: „Das Licht, das das Haus erleuchtet, hat in der Moschee nichts verloren.“ Sprich: Es ist keine gute Tat, anderswo als Wohltäter erscheinen zu wollen, wenn man für seine eigenen Leute nicht gesorgt hat.
In der letzten Woche ist ein bekannter iranischer Mafiosi namens Shahram Jazayeri, der in erster Instanz zu 27 Jahren Gefängnis verurteilt worden war und im Gefängnis auf die Revisionsverhandlung wartete, aus dem Iran geflohen, als er gerade aus dem Gefängnis ausgeführt wurde. Vor seiner Flucht hatte er dafür gesorgt, dass seine Eltern und seine eigene Familie schon im Ausland waren. Die Flucht hatte im Iran ein derartiges Aufsehen erregt, dass Ajatollah Shahrudi, das Oberhaupt der Justiz, drei Richter und den Direktor des Ewin-Gefängnisses absetzte und die Beamten verhaften ließ, die die Flucht von Shahram Jazayeri ermöglicht hatten. Shahram Jazayeri hatte auf der Gerichtsverhandlung der ersten Instanz nur ein paar Geheimnisse über die iranische Wirtschaftsmafia gelüftet und in seinen Aussagen auch angegeben, wie viel Geld er an Ajatollah Chamenei, an Ajatollah Karrubi (den damaligen Parlamentssprecher) und an andere Ajatollahs gezahlt hatte. Er hatte damit gedroht, auszupacken, falls man ihn zum Tode verurteile. Im Volk wird gemunkelt, dass Ahmadineschad, der in den Wahlen einen energischen Kampf gegen die Korruption versprochen hatte, selbst für die Flucht von Shahram Jazayeri gesorgt hat, damit nicht noch mehr über die iranische Wirtschaftsmafia an die Öffentlichkeit dringt.


Posted by AliSchirasi at 18:34 | Comments (0) | Trackbacks (3) | edit
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