Quelle: Südkurier (Konstanz) vom 16.01.01 | |
Startseite |
Konstanz (te) Unter hohen Sicherheitsvorkehrungen begann gestern der Prozess gegen fünf mutmaßliche Gewalttäter aus der Skinheadszene. Den 19- bis 26-jährigen Angeklagten werden rassistisch motivierte Gewalttaten während des Seenachtfests 2000 vorgeworfen. Befürchtete Sympathiekundgebungen der rechten Szene blieben aus. Drei Schulklassen des Humboldt-Gymnasiums mit ihren Lehrern füllten morgens um neun Uhr die Zuschauersitze im Großen Schwurgerichtssaal im Landgericht an der Laube. Auf den vorderen Stühlen nahm rund ein Dutzend Medienvertreter Platz, darunter Kamerateams von ZDF und ARD.
Vor dem Saal hatte die Konstanzer Polizei unter der Leitung von Joachim Felgenhauer eine Sicherheitsschleuse errichtet, die jeden Gerichtsbesucher auf Waffen hin untersuchte. Im Vorfeld hatte es Hinweise gegeben, die rechtsradikale Skinheadszene könnte eine Sympathiekundgebung für die fünf Angeklagten abhalten und die Verhandlung stören wollen.
Doch der Besuch der Rechten unterblieb. Lediglich einige Freunde und Angehörige der Angeklagten nahmen am Prozessauftakt teil. Die Angeklagten selbst haben sich inzwischen · wohl aus prozesstaktischen Gründen · die Haare wieder wachsen lassen und die Springerstiefel abgelegt. Vor Gericht erschienen die mutmaßlichen Randalierer und Gewalttäter betont zivil in eher zeitgemäß modischem Outfit. Einer der Angeklagten sagte aus, in der U-Haft 24 Kilogramm abgenommen und mittlerweile deswegen medikamentös behandelt zu werden. Einer gab an, er bezeichne sich nicht mehr als Skinhead, weil der Begriff von der Presse ins Negative gezogen worden sei. "Die Bewegung wird teils zu Recht, teils zu Unrecht in den Dreck gezogen", sagte der 22-jährige Abiturient und heutige Brauerei-Azubi. Zwei der fünf Angeklagten sind als Heranwachsende, drei als Erwachsene angeklagt. Das beschleunigte Verfahren hat fünf Monate bis zur Eröffnung der Hauptverhandlung benötigt. Nach Angaben von Staatsanwalt Fritz Helbig sei diese Zeit nötig gewesen, um die sehr komplexen Sachverhalte aufklären zu können.
Die Angeklagten werden von Anwälten aus der Region vertreten, die sich teils erkennbar bemühen, ihre Mandanten zu einer einsichtsvollen Haltung zu bewegen.
Bislang beteuern bis auf zwei aber alle Angeklagten, keine strafbaren Handlungen begangen, vielmehr wegen ihres Aussehens fälschlicherweise für Rechtsradikale gehalten und deshalb selbst von den Ausländern attackiert worden zu sein.
Tobias Engelsing
Startseite |
sw, 16.01.01