Offener Brief an Herrn Schnabl,
Inhaber des goldenen Schlüssels zum EKH
von Einigen vom EKHaus
Nach der Hausdurchsuchung im Ernst-Kirchweger-Haus (EKH) vom 23.2.2001 rühmt
sich die Polizei die "Bastion der Autonomen", ein sog. "Chaotenzentrum"
gestürmt zu haben. "Wilde Waffen" wurden beschlagnahmt.
Die Suche nach den berühmten "ausgehobenen Waffenlager der Anarchisten"
war laut späteren Angaben der Polizei ein sog. "voller Erfolg".
Pflastersteine von diversen politischen Agitationsreisen durch die halbe Welt
und den verschiedenen Ausbildungscamps in Libyen, Jordanien, Kuba, Sibirien
und Anares wurden vermessen und mit einer Größe von 10*10 cm befunden.
Diese Waffen wurden beschlagnahmt. Weitere wurden als Kerzen enttarnt und durften
bleiben. Weiters befanden sich im Waffenlager 5 Liter hochexplosive orange Abtönfarbe.
Zusätzlich sollen wir eine spezielle Wurftechnik entwickelt haben. Es handelt
sich dabei um das "Präzesionsschleuderkrähenweitwerfen",
dass bereits in den Medien präsentiert wurde. Wir konnten die Sportart
bisher leider nicht als olympische Disziplin einreichen, da die Richtlinien
noch nicht ausgearbeitet wurden. Tatsächlich haben wir keine Ahnung wie
das funktionieren soll.
Schluss mit lustig - die Lage ist ernst genug!
Im Zuge der Anti-Opernballdemo kam es zu schweren Angriffen seitens der Polizei
auf DemonstrantInnen. Nach Polizeiangaben vom 26.2.2001 wird gegen 90 Personen
ermittelt. Eine Person befindet sich noch immer in U-Haft. Die sog. "Straßenschlachten"
waren Hetzjagden der Polizei auf DemonstrantInnen. Dabei wurden 42 Personen
verhaftet. Mittlerweile ist gesichert, dass viele Personen bei ihrer Verhaftung
und im Gefängnis geschlagen und misshandelt wurden. Viele dieser Verhafteten
waren Minderjährige, so sieht also die Jugendarbeit der Stadt Wien aus.
Am frühen Morgen wurden dann linke Strukturen mit Brachialmethoden angegriffen
und von Polizei und Medien kriminalisiert. Türen wurden aufgebrochen, Menschen
mit gezogenen Waffen aus den Betten gezerrt, in Handschellen auf den Boden geworfen.
Das ist der Versuch, kritische Stimmen, die herrschende Verhältnisse in
Frage stellen, mundtot zu machen. Nicht nur in Wahlkampfzeiten muss sich eine
rechts/rechtsextreme Regierung einer breiten Basis sicher sein. In Österreich
ist das harte Durchgreifen der starken Hand eine lang bewährte Methode.
Vordergründig mag es um die Aushebung der halluzinierten Waffenlager gehen,
aber angegriffen werden bewusst linke Strukturen. Die Vorgehensweise kann nur
dazu dienen, politisch aktive Menschen einzuschüchtern und ein Exempel
zu statuieren. Ein Autonomes Zentrum wie das EKH ist nunmal ein leichter Angriffspunkt
für staatliche Willkürakte. Wir fragen uns aber auch, wer davon profitieren
will. Nützen wird es immer jenen, die an der Macht sind, denn jede Regierung
braucht Menschen, aber kein Mensch braucht Regierungen. Für uns ist klar,
dass diese Tat auch jeder anderen Regierung zuzutrauen ist.
Widerstand beginnt, wo die vom repressiven Staat festgelegten Grenzen, die definieren,
in welchem Rahmen demonstriert werden darf, überschritten werden. Die Opposition
muss hinter die Grenzen zurück geprügelt werden. Die Ausschreitungen
der Polizei am 22. und 23. Februar 2001 passen in das Bild einer Regierung mit
FPÖ-Beteiligung, die rassistische Übergriffe politisch vorbereitet
und durchführt, eine frauenverachtende Politik forciert und Geschichtsrevisionismus
betreibt. Eine solche Politik muss Protest in den verschiedensten Varianten
hervorrufen. Der legal mögliche Protest ist so weit in staatliche und gesellschaftliche
Strukturen eingebettet, dass er unmöglich eine radikale Veränderung
der Gesellschaft bewirken kann. Die unterschiedlichen Formen des Protests gegen
die herrschenden menschenverachtenden Lebensbedingungen sollten jedoch ein gemeinsames
Ziel haben: Die uneingeschränkte Möglichkeit aller, sich frei zu bewegen
und zu leben in einer Gesellschaft, die ohne Gewaltmonopol auskommt.
Für uns ist es unmöglich, die Proteste in Wien abgelöst von den
weltweiten Protesten gegen neoliberale Interessen zu sehen. Noch immer ist es
so, dass das reiche Europa von der seit Jahrhunderten bestehenden Ausbeutung
eines großen Teils der Welt profitiert. Neoliberalismus wie ihn die FPÖVP-Regierung
verfolgt verschärft die Unterschiede im weltweiten kapitalistischen Gewaltgefüge.
Die Streichungen der Subventionen für politische und kulturelle Projekte
haben letztlich den gleichen Zweck wie die Stürmung eines autonomen Zentrums.
Subventionen bekommen wir nicht und wollen wir auch nicht. Wir wollen selbst
bestimmen, wie und wo wir leben und wie wir unsere Forderungen formulieren und
umsetzen. Es ist auch ein Versuch, trotz aller Selbstkritiken eine Gesellschaft
ohne Kapitalismus zu denken und zu leben zu lernen.
Wir lassen uns nicht einschüchtern
wir lassen uns nicht bremsen
Solidarität mit allen politischen Gefangenen
Für die sofortige Einstellung aller Verfahren gegen die Anti-OpernballdemonstrantInnen.
Einige vom ekHaus (ekh@angelfire.com)
aus
TATblatt Nr. +161 vom 1. März 2001: |
Ergänzendendes: |
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Polizei
stürmt EKH |
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aus TATblatt Nr. +161 vom 1. März 2001
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