Chronik: AKW Brunsbüttel
Zeitraum: 2001 bis 2006

Kurzübersicht
Standort 25535 Brunsbüttel
Betreiber Kernkraftwerk Brunsbüttel GmbH
  (Gesellschafter: 66,7% Vattenfall Europe, 33,3% E.ON Kernkraft)
Inbetriebnahme 13. Juli 1976
Reaktortyp Siedewasserreaktor (SWR)
AKW-Leistung 2292 MW therm / 806 MW el brutto / 771 MW el netto
Anzahl der Brennelemente im Reaktor 532
Brennelemente-Einsatz Uran-Brennelemente (BE) mit bis zu ca. 2,66 Gew-% Uran-235 Anreicherung. 
Einsatzbereich Grundlastkraftwerk

 

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(Letzte Aktualisierung: 15.03.2008)

 

 AKW Brunsbüttel 
 Zeitraum: 2001 bis 2006    
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28. Dezember 2006
AKW Brunsbüttel: Deutsche Umwelthilfe zieht gegen die Informationsblockade vor Gericht

Laut einer Pressemitteilung der Deutschen Umwelthilfe (DUH) vom 28.12.06 zieht die DUH gegen die Informationsblockade wg. dem AKW Brunsbüttel vor Gericht. Die UmweltschützerInnen wollen beim Verwaltungsgericht Schleswig eine sofortige Herausgabe der Schwachstellenliste des AKW Brunsbüttel erzwingen. Der zuständigen Sozialministerin Trauernicht (SPD) in Schleswig-Holstein wird darin der Eindruck der „Komplizenschaft mit Vattenfall“ vorgeworfen. Die DUH weiter: Die EU-Umweltinformationsrichtlinie droht ins Leere zu laufen...

"Nach monatelangen vergeblichen Bemühungen, eine Liste mit 'hunderten offener Punkte' im Zusammenhang mit der Sicherheit des umstrittenen Atomkraftwerks Brunsbüttel zu erhalten, sucht die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) nun Hilfe beim Verwaltungsgericht Schleswig", so die DUH in ihrer Pressemitteilung. "Die Richter sollen verfügen, dass die der DUH vom Kieler Sozialministerium in einem Beschluss von Anfang November grundsätzlich zugebilligte Einsicht in die so genannte Schwachstellenliste sofort und nicht erst in mehreren Jahren gewährt wird. Die Kieler Sozialministerin Gitta Trauernicht (SPD) hatte die von der DUH beantragte 'sofortige Vollziehung' am 7. Dezember verweigert, obwohl Vattenfall in dem Verfahren keine konkreten Geheimhaltungsgründe für die seit Monaten andauernde Informationsblockade vorgetragen hatte."
Die DUH stellt dazu nachvollziehbar fest: "'Uns bleibt keine andere Wahl, als die Gerichte zu bemühen, weil die Öffentlichkeit offensichtlich in einer jahrelangen Hängepartie bewusst in Unkenntnis über den wahren Sicherheitszustand des Altreaktors Brunsbüttel gehalten werden soll', erläuterte DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer Baake den Schritt seiner Organisation. 'Es geht in dieser Auseinandersetzung um die Sicherheit der Bevölkerung vor den Risiken der Atomenergie, aber es geht auch darum, ob die EU-Umweltinformationsrichtlinie im Schulterschluss eines Konzerns [Vattenfall Europe] und einer Landesministerin [des CDU/SPD-geführten Schleswig-Holstein] faktisch ausgehebelt werden darf. Das wollen wir grundsätzlich geklärt haben.'" 
"Hintergrund der Auseinandersetzung ist eine inzwischen fünfeinhalb Jahre zurückliegende, im Atomgesetz vorgeschriebene Sicherheitsüberprüfung des umstrittenen Siedewasserreaktors an der Elbe", so die DUH in ihrer Pressemitteilung weiter. "Im Verlauf der Untersuchung hatten sich nach dem Eingeständnis der für die Sicherheit der Atomkraftwerke in Schleswig-Holstein zuständigen Ministerin Trauernicht hunderte offene Punkte ergeben haben, die bis zum heutigen Tag nicht geklärt sind. Seit Ende August verlangt die DUH die Herausgabe der Liste und beruft sich dabei auf die EU-Umweltinformationsrichtlinie, in deren Begründung ausdrücklich festgelegt ist, dass die Informationen 'so rasch wie möglich und innerhalb einer angemessenen Frist zugänglich gemacht' werden müssen."
"Ministerin Trauernicht hatte dem DUH-Antrag Anfang November zwar grundsätzlich zugestimmt, sich aber nach einer Klage des Brunsbüttel-Betreibers Vattenfall geweigert, die sofortige Vollziehung der Aktenherausgabe anzuordnen. Nach ähnlichen Erfahrungen der Umweltorganisation Greenpeace kann das im Ergebnis eine jahrelange Verzögerung bedeuten, die sogar über das vorgesehene Stilllegungsdatum des Brunsbüttel-Reaktors im Jahr 2008/2009 hinausreichen würde", stellt die DUH fest. "'Ministerin Trauernicht ist verantwortlich dafür, dass Sicherheitsdefizite, von denen niemand weiß, wie gravierend sie sind, nach mehr als fünf Jahren immer noch nicht behoben wurden. Das allein ist ein Skandal. Wenn sie nun die Information der Öffentlichkeit (weiter) zu verzögern sucht, dann liegt der Verdacht einer Komplizenschaft mit Vattenfall nahe', sagte Cornelia Ziehm, die Leiterin Verbraucherschutz und Recht der DUH."
"Die Umweltorganisation [DUH] vermutet, dass die Veröffentlichung der Sicherheitsdefizite [im AKW Brunsbüttel] über Jahre hinausgezögert wurde, um Vattenfall teure Nachrüstinvestitionen vor der bevorstehenden Stilllegung des Meilers zu ersparen. Dazu passe auch die von leitenden Mitarbeitern in Brunsbüttel erklärte Bereitschaft, beispielsweise die Sicherheitsleittechnik des Reaktors dann - und anscheinend nur dann - umfangreich nachzurüsten, wenn der Staat einer Laufzeitverlängerung von mindestens etlichen Jahren zustimme. 'Nach solchen Aussagen stellt sich zum wiederholten Mal die Frage, ob das Versprechen ´Sicherheit geht vor Wirtschaftlichkeit` in Brunsbüttel noch gilt. Wir haben immer gesagt, wenn die Schwachstellenliste so harmlos ist, wie Vattenfall glauben machen möchte, dann stellt sich Frage, warum aus ihr seit Monaten ein Staatsgeheimnis gemacht wird“, sagte Baake. Wenn sich allerdings herausstelle, dass die Liste 'gravierende Sicherheitsdefizite enthält, dann steht die Kieler Atomaufsicht im Feuer, weil sie die Probleme mehr als fünf Jahre lang hat schleifen lassen.'" 

Zuständige Sozialministerin Dr. Trauernicht (SPD) kritisiert Informationspolitik der Deutschen Umwelthilfe

Die Landesregierung Schleswig-Holstein (Ministerium für Soziales, Gesundheit, Familie, Jugend und Senioren) äußert sich in einer Pressemitteilung vom 28.12.06 zu den erhobenen Vorwürfen der Deutschen Umwelthilfe (DUH): "Mit scharfer Kritik reagierte die für Reaktorsicherheit zuständige Sozialministerin Dr. Gitta Trauernicht auf den heute (28. Dezember) von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) erhobenen Vorwurf, sie habe in Komplizenschaft mit der Betreiberin des Kernkraftwerks Brunsbüttel [Vattenfall Europe] Sicherheitsdefizite im Kernkraftwerk über Jahre nicht beheben lassen, um Vattenfall teure Nachrüstinvestitionen vor der bevorstehenden Stilllegung des Meilers zu ersparen."
"'Solche Behauptungen sind nicht nur falsch, sondern starker Tobak', sagte die zuständige Sozialministerin Gitta Trauernicht" im Namen der CDU/SPD-geführten Landesregierung Schleswig-Holstein in der Pressemitteilung.
"Fakt ist, dass sich im Rahmen einer für das Kernkraftwerk Brunsbüttel durchgeführten so genannten Periodischen Sicherheitsüberprüfung eine Reihe offener Punkte ergeben hat, die - wie bei solchen Verfahren üblich - abgearbeitet werden. Nach der Begutachtung durch externe Sachverständige hat sich kein sicherheitstechnisches Defizit ergeben, das einen sofortigen Handlungsbedarf auslöst", so die Bewertung durch das für die 'Reaktorsicherheit' zuständige Sozialministerium in Kiel. "Überwiegend handelt es sich bei den offenen Punkten um die Vervollständigung oder Aktualisierung von Unterlagen und sicherheitstechnischen Nachweisen. Dies hat das Ministerium in einem offenen Prozess wiederholt auch gegenüber dem Parlament erläutert. Dies ist auch der DUH bekannt. 'Es ist völlig inakzeptabel, dass der langjährig im Bundesumweltministerium für Reaktorsicherheit zuständige Staatssekretär Rainer Baake in seiner jetzigen Funktion als Geschäftsführer der DUH mit seinen Behauptungen offenbar wider besseres Wissen die Bevölkerung verunsichert und eine streng sicherheitsorientiert arbeitende Reaktoraufsichtsbehörde verunglimpft'", dies behauptet die Sozialministerin Trauernicht (SPD) in der Pressemitteilung.
"Trauernicht kritisierte zugleich, dass die DUH nicht respektiere, dass über den von der DUH geltend gemachten Anspruch auf Überlassung der Liste offener Punkte aus der Sicherheitsüberprüfung in einem gerichtlichen Verfahren entschieden werden muss. Das Ministerium hatte den Auskunftsanspruch grundsätzlich anerkannt." Die Pressemitteilung des Kieler Sozialministeriums anschließend: "Eine Herausgabe ist aber erst möglich, wenn das von der Betreiberin [Vattenfall Europe] gegen diese Entscheidung angerufene Verwaltungsgericht über die Sache entschieden hat."

08. Dezember 2006
DUH: Mängelliste des AKW Brunsbüttel soll "Staatsgeheimnis" bleiben

In einer Pressemitteilung vom 08.12.06 hat die Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) unter dem Titel "Atomkraftwerk Brunsbüttel: Mängelliste soll 'Staatsgeheimnis' bleiben" auf den Beschluß des Kieler Sozialministerium, den Sofortvollzug zur Herausgabe der Brunsbüttel-Schwachstellenliste abzulehnen, reagiert. Die DUH bezeichnet diese Entscheidung einen "Affront gegen Informationsinteresse der Bevölkerung und gegen geltendes EU-Recht". - Wir dokumentieren nachstehend die Pressemitteilung der DUH im vollen Wortlaut:

« Kieler Sozialministerin Trauernicht verweigert nach Vattenfall-Klage sofortige Herausgabe der Schwachstellenliste – Deutsche Umwelthilfe nennt Entscheidung „Affront gegen Informationsinteresse der Bevölkerung und gegen geltendes EU-Recht“

Berlin, 8. Dezember 2006: Mit ihrem gestern veröffentlichten Beschluss, die Entscheidung über die Herausgabe der so genannten Brunsbüttel-Mängelliste den Gerichten zu überlassen, spielt die schleswig-holsteinische Sozialministerin Gitta Trauernicht (SPD) der fortgesetzten Informationsblockade des Vattenfall-Konzerns in die Hände. Nach der Entscheidung gegen die sofortige Herausgabe der Liste mit hunderten „offenen Punkten“, die sich vor mehr als fünf Jahren im Rahmen einer Sicherheitsüberprüfung des Siedewasserreaktors an der Elbe ergeben hatten, befürchtet die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) jetzt ein jahrelanges Verfahren vor den Verwaltungsgerichten.
Die Entscheidung für die endlose Fortführung der Geheimniskrämerei ist ein offener Affront gegen die Bevölkerung, die endlich wissen will, welche Schwachstellen in Brunsbüttel seit fünf Jahren bekannt sind, aber nie abgestellt wurden. Und sie ist ein Affront gegen geltendes EU-Recht, das geschaffen wurde, um in genau solchen Fällen zeitnah Transparenz zu schaffen,  sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer Baake. Die EU-Umweltinformationsrichtlinie, auf deren Grundlage die DUH die Herausgabe der Liste verlangt hatte, wird völlig entwertet, wenn zwischen Antragstellung und Entscheidung Jahre vergehen“. Besonders verwerflich sei, dass Vattenfall nun bereits zum zweiten Mal die bekannten Mängel des Brunsbüttel-Reaktors gegen das Informationsbegehren von Umweltschützern abschirme und die Kieler Ministerin dennoch auf die Möglichkeit, die Herausgabe der Liste für sofort vollziehbar zu erklären, verzichtet.
Trauernicht hatte Anfang November grundsätzlich entschieden, dass die DUH die Schwachstellenliste erhalten soll und dabei die Argumentation der Umweltschützer in vollem Umfang bestätigt. Insbesondere hatte die Ministerin die Behauptung des Energiekonzerns zurückgewiesen, durch die Herausgabe könnten Betriebsgeheimnisse verletzt werden. Sie hat nun allerdings der Forderung der DUH, auf die inzwischen erfolgte Klage des Vattenfall-Konzerns die sofortige Vollziehung ihres Bescheids anzuordnen, widersprochen.
Warum Frau Trauernicht nicht bei ihrer noch Anfang November überzeugend vorgebrachten Argumentation bleibt, ist nicht nachvollziehbar. Die Kehrtwende gibt deshalb Anlass zu Spekulationen. Die Ministerin widerspricht zunächst dem Konzern und lässt es ein paar Wochen später zu, dass die Informationsblockade weitergeht. Leidtragende ist die Öffentlichkeit, die sich weiter fragt, warum aus einer angeblich harmlosen Schwachstellenliste seit Monaten ein Staatsgeheimnis gemacht wird, erklärte Cornelia Ziehm, die Leiterin Verbraucherschutz und Recht der DUH.
Die DUH erinnerte daran, dass Vattenfall den wegen außergewöhnlicher Sicherheitsmängel umstrittenen Altreaktor Brunsbüttel über die im Atomkonsens vereinbarte Laufzeit hinaus betreiben will. Einen entsprechenden Antrag hat der Konzern für das kommende Jahr angekündigt. Es verdichtet sich die Vermutung, dass die Bevölkerung vor der Entscheidung über eine Laufzeitverlängerung nichts über zusätzliche Schwachstellen erfahren soll, die bisher nicht öffentlich diskutiert wurden, sagte Ziehm.
Besonders ärgerlich sei im Zusammenhang mit der Entscheidung, dass das Kieler Ministerium in seiner gestrigen Pressemitteilung fehlerhafte Aussagen über eine angeblich fehlende Rechtsgrundlage für das Informationsbegehren der DUH verbreite. So ist die Behauptung, das OVG Schleswig habe über die Frage der Rechtmäßigkeit des Informationsbegehrens „noch nicht entschieden“, nachweislich falsch. Das OVG hat am 4. April 2006 genau im Sinne der DUH entschieden. Und das Kieler Sozialministerium hatte auf diese Entscheidung in seinem eigenen Beschluss zur Übergabe der Mängelliste an die DUH noch Anfang November selbst ausdrücklich Bezug genommen. Die Tatsache, dass das Ministerium am 7. Dezember nicht mehr weiß, was es am 2. November noch zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht hat, irritiert schon ein wenig, bemerkte Ziehm.
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07. Dezember 2006
Kieler Sozialministerium lehnt Sofortvollzug zur Herausgabe der Brunsbüttel-Schwachstellenliste ab
Vattenfall hat gegen Akteneinsicht wg. AKW Brunsbüttel Klage eingereicht

Die Landesregierung Schleswig-Holstein (Ministerium für Soziales, Gesundheit, Familie, Jugend und Senioren) gibt in einer Pressemitteilung vom 07.12.06 bekannt, daß der Antrag der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH) vom 09.11.06 auf "Anordnung des Sofortvollzugs" eines vom Sozialministerium in Kiel (die in Schleswig-Holstein zuständige Aufsichtsbehörde für Reaktorsicherheit) am 02.11.06 erteilten Bescheides zur "Überlassung von Unterlagen aus der Sicherheitsüberprüfung für das Kernkraftwerk Brunsbüttel" abgelehnt worden ist.
"Der Antrag der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH) vom 9. November 2006 auf Anordnung des Sofortvollzugs eines vom Sozialministerium am 2. November 2006 erteilten Bescheides zur Überlassung von Unterlagen aus der Sicherheitsüberprüfung für das Kernkraftwerk Brunsbüttel ist abgelehnt worden. Dies teilte das Sozialministerium heute (7. Dezember) in Kiel mit."

Das zuständige Sozialministerium in Kiel teilt darin ferner mit, die Betreiberin des "Kernkraftwerkes Brunsbüttel (KKB)", Vattenfall Europe, hatte am 01.12.06 "Klage gegen den für die DUH positiven Bescheid der Behörde [Kieler Sozialministerium] zum Auskunftsersuchen zur Periodischen Sicherheitsüberprüfung des Kernkraftwerkes Brunsbüttel" erhoben.
Das Kieler Sozialministerium erläutert seine Entscheidung mit den Worten: "Da der Klage so genannte aufschiebende Wirkung zukommt, könnte das Ministerium der DUH die Unterlagen vor einer gerichtlichen Entscheidung über die Klage nur überlassen, wenn der von der Betreiberin [Vattenfall] mit der Klage angegriffene Bescheid für sofort vollziehbar erklärt worden wäre."
"Die Betreiberin des Kernkraftwerkes Brunsbüttel (KKB) hatte zuvor am 1. Dezember 2006 Klage gegen den für die DUH positiven Bescheid der Behörde zum Auskunftsersuchen zur Periodischen Sicherheitsüberprüfung des Kernkraftwerkes Brunsbüttel erhoben. Da der Klage so genannte aufschiebende Wirkung zukommt, könnte das Ministerium der DUH die Unterlagen vor einer gerichtlichen Entscheidung über die Klage nur überlassen, wenn der von der Betreiberin mit der Klage angegriffene Bescheid für sofort vollziehbar erklärt worden wäre."

Die zuständige Aufsichtsbehörde für Reaktorsicherheit, das Sozialministerium in Kiel, erklärt dazu weiter: In dem heutigen Bescheid wurde eine "Interessenabwägung" vorgenommen, in der sowohl das "Aufschubinteresse der Betreiberin" [Vattenfall] als auch das "Vollzugsinteresse der DUH" berücksichtigt werden "mußte". - "Entscheidend" ist, so das Kieler Sozialministerium weiter, daß die "Anordnung der sofortigen Vollziehung Tatsachen schaffen würde, die nicht wieder rückgängig zu machen" seinen. - "Wäre die sofortige Vollziehung des Bescheides vom 02.11.06 angeordnet worden und würde es auf dieser Grundlage zu einer Herausgabe der beanspruchten Informationen kommen, bevor das zuständige Verwaltungsgericht über die Klage entschieden hat, so hätte dies zur Folge, daß der KKB [Vattenfall] Nachteile und gegebenenfalls Verletzungen ihres grundrechtlich geschützten Rechts auf informationelle Selbstbestimmung entstünden. Dies wäre im Falle einer nachträglichen Stattgabe der Hautpsacheklage nicht zu reparieren.
"Das Sozialministerium teilte hierzu mit, dass im heutigen Bescheid eine Interessenabwägung vorzunehmen war, in der sowohl das Aufschubinteresse der Betreiberin als auch das Vollzugsinteresse der DUH berücksichtigt werden mussten. Entscheidend ist, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung Tatsachen schaffen würde, die nicht wieder rückgängig zu machen sind. Wäre die sofortige Vollziehung des Bescheides vom 2. November 2006 angeordnet worden und würde es auf dieser Grundlage zu einer Herausgabe der beanspruchten Informationen kommen, bevor das zuständige Verwaltungsgericht über die Klage entschieden hat, so hätte dies zur Folge, dass der KKB Nachteile und gegebenenfalls Verletzungen ihres grundrechtlich geschützten Rechts auf informationelle Selbstbestimmung entstünden. Dies wäre im Falle einer nachträglichen Stattgabe der Hautpsacheklage nicht zu reparieren."

Kommentar: Hätte nicht die DUH, sondern Vattenfall, einen Antrag auf Sofortvollzug gestellt, so wäre diesem nach den vergangenen zahlreichen Erfahrungen mit den (atom)industriefreundlichen Behörden- und Gerichtsentscheidungen mit Sicherheit u.a. mit der Argumentation "überwiegendes öffentliches Interesse" umgehend stattgegeben worden...

Laut Aussage des Sozialministeriums in Kiel in der Pressemitteilung wird nun das Verwaltungsgericht Schleswig über die Klage von Vattenfall Europe gegen den für die DUH "positiven Bescheid" der Atomaufsichtsbehörde in Kiel zum "Auskunftsersuchen zur Periodischen Sicherheitsüberprüfung des Kernkraftwerkes Brunsbüttel" entscheiden.
Das Kieler Sozialministerium merkt dazu bereits an: Das Verwaltungsgericht Schleswig hat in einem "vergleichbaren Fall entschieden", daß es "derzeit für Informationsbegehren der vorliegenden Art an einer Rechtsgrundlage fehlt". Dieses Urteil sei aber noch nicht rechtskräftig: Demnach hat das Oberverwaltungsgericht Schleswig in dem "hiergegen anhängigen Berufungsverfahren noch nicht entschieden". Der Ausgang dieses gerichtlichen Verfahrens ist folglich noch offen...
"Aufgrund der Klage wird nun das Verwaltungsgericht zu entscheiden haben. Das Verwaltungsgericht Schleswig hat in einem vergleichbaren Fall entschieden, dass es derzeit für Informationsbegehren der vorliegenden Art an einer Rechtsgrundlage fehlt. Dieses Urteil ist zwar noch nicht rechtskräftig. Das OVG Schleswig hat in dem hiergegen anhängigen Berufungsverfahren noch nicht entschieden. Der Ausgang des gerichtlichen Verfahrens ist offen."

29. November 2006
DUH: Kieler Atomaufsicht soll Informationsblockade von Vattenfall beenden

Die Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) fordert in ihrer Pressemitteilung vom 29.11.2006 unter dem Titel "Atomkraftwerk Brunsbüttel: Kieler Atomaufsicht soll Informationsblockade von Vattenfall beenden". Im folgenden dokumentieren wir diese Pressemitteilung der DUH im vollen Wortlaut:

« Brunsbüttel-Betreiber Vattenfall will die Herausgabe der Schwachstellenliste seines Reaktors an die Deutsche Umwelthilfe (DUH) mit einer Klage über Jahre blockieren – Umweltschützer fordern Kieler Ministerin Trauernicht auf, ihren eigenen Bescheid zur Übergabe der Liste an die DUH unmittelbar nach Eingang der Klage für „sofort vollziehbar“ zu erklären – Jahrelanges Verfahren würde „das Informationsinteresse der Bevölkerung ad absurdum führen“

Berlin, 29. November 2006: Die Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) will durchsetzen, dass die Kieler Atomaufsicht die Öffentlichkeit zeitnah über bisher geheim gehaltene Sicherheitsmängel im Atomkraftwerk Brunsbüttel informiert. Nachdem der Vattenfall-Konzern gegenüber dem Berliner Tagesspiegel (heutige Ausgabe) erklärt hat, er werde gegen die Herausgabe der Schwachstellenliste klagen, müsste die für die Atomaufsicht zuständige Kieler Sozialministerin Gitta Trauernicht (SPD) dafür unmittelbar nach Eingang der Klage die sofortige Vollziehung ihres Bescheids vom 2. November anordnen. In der Entscheidung hatte die Ministerin dem Informationsbegehren der DUH zugestimmt, jedoch gleichzeitig auf die Möglichkeit einer Klage des Brunsbüttel-Betreibers Vattenfall hingewiesen. Dieser Fall ist nun mit der Fortsetzung der Informationsblockade durch Vattenfall eingetreten.
„Es kann nicht sein, dass Vattenfall den Fortgang der Dinge bestimmt. Die EU-Umweltinformationsrichtlinie, auf deren Basis wir unser Informationsbegehren vortragen, verlangt in ihrer Begründung ausdrücklich, dass die Informationen ´so rasch wie möglich und innerhalb einer angemessenen Frist zugänglich gemacht´  werden müssen“, sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer Baake. Vattenfall hatte seine Klageankündigung erneut mit zu schützenden „Betriebsgeheimnissen“ begründet, ein Argument, das das Kieler Ministerium in seinem Bescheid vom 2. November bereits als unbegründet zurückgewiesen hatte. Außerdem hatte ein Vattenfall-Sprecher laut Tagesspiegel erklärt, seien die „technischen Sachverhalte so komplex, dass die Öffentlichkeit diese nicht richtig bewerten“ könne. Baake: „Ob wir verstehen und bewerten können, was Vattenfall versteht und bewertet, muss der Konzern schon uns überlassen. Es geht wohl eher darum, dass der Brunsbüttel-Betreiber fürchtet, die Öffentlichkeit werde die Schwachstellen in dem Altreaktor möglicherweise anders bewerten, als er selbst. Wäre die Liste so harmlos wie behauptet, müsste aus ihr nicht seit Monaten ein Staatsgeheimnis gemacht werden.“ Baake war vor seinem Wechsel zur Deutschen Umwelthilfe insgesamt 15 Jahre als Staatssekretär in Hessen und im Bund für die Aufsicht über Atomkraftwerke zuständig.
Er forderte Trauernicht auf, der Informationsblockade von Vattenfall ein Ende zu bereiten. „Die Ministerin hat die rechtliche Möglichkeit dazu, sie muss ihren Entscheidungsspielraum nur nutzen. Mit einem Verzicht auf den ´Sofortvollzug´ würde sie dem AKW-Betreiber in die Hände spielen.
Mit der Klage setzt Vattenfall seine bereits seit dem Sommer praktizierte Verzögerungstaktik fort. Die Leiterin Verbraucherschutz und Recht bei der DUH, Cornelia Ziehm, wies darauf hin, dass der Konzern „exakt dieselbe Taktik bereits einmal gegen ein ähnliches Infomationsbegehren von Umweltschützern eingesetzt“  habe. Nach einer Wasserstoffexplosion im Reaktorraum des Siedewasserreaktors in Brunsbüttel hatte Greenpeace im Jahr 2002 Akteneinsicht gefordert, die Vattenfall bis heute mit einem Gang durch die Gerichtsinstanzen erfolgreich verhindert hat. „Wenn Frau Trauernicht die Schwachstellenliste nicht unmittelbar nach Eingang der Klage herausgibt, wäre Vattenfall nach demselben Muster erneut erfolgreich. Der Staat muss aufpassen, dass das verbriefte Recht der Bevölkerung auf Zugang zu Umweltinformationen nicht ad absurdum geführt wird – ganz besonders dann wenn es um Daten über eine Hochrisikotechnologie und möglicherweise gesundheitsrelevante Informationen geht“, so Ziehm. 
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28. November 2006
Vattenfall will gegen Akteneinsicht wg. AKW Brunsbüttel klagen

Von der Nachrichtenagentur ddp wird am 28.11.06 gemeldet: "Das schleswig-holsteinische Sozialministerium als für Reaktorsicherheit zuständige Aufsichtsbehörde will Umweltschützern Akteneinsicht in Prüfungsunterlagen zum Atomkraftwerk Brunsbüttel geben. Das geht nach einem Bericht des «Tagesspiegel» (Mittwochausgabe, [29.11.06]) aus einem Schreiben des Kieler Ministeriums an die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hervor. Das Ministerium reagiert damit auf die anhaltende externe Kritik im Streit um mögliche Sicherheitsmängel des AKW."
Die Nachrichtenagentur dpa meldete nach einem Bericht auf VERIVOX am 28.11.06 dazu "Im Streit um mögliche Sicherheitsmängel des Atomkraftwerks Brunsbüttel (Kreis Dithmarschen) muss die schleswig-holsteinische Aufsichtsbehörde nach einem Bericht des Berliner "Tagesspiegels" (Mittwoch-Ausgabe) externen Kritikern Einsicht in ihre Prüfungsunterlagen gewähren. Das habe das zuständige Sozialministerium in Kiel in einem Schreiben an die Deutsche Umwelthilfe mitgeteilt."

Vorgeschobene Gründe des Atomstrom-Konzerns Vattenfall: "Betriebsgeheimnisse" und "komplexer Sachverhalt"

"Der Stromkonzern Vattenfall als Betreiber des 1977 in Betrieb genommenen Meilers an der Unterelbe kündigte dem Bericht zufolge jedoch an, noch in dieser Woche beim Verwaltungsgericht gegen den Bescheid zu klagen. In den Akten seien «Betriebsgeheimnisse» genannt, die das Unternehmen schützen müsse, sagte ein Vattenfall-Sprecher dem Blatt. Zudem seien die «technischen Sachverhalte so komplex, dass die Öffentlichkeit diese nicht richtig bewerten» könne," so die Meldung der Nachrichtenagentur ddp.
Zitiert wird auf VERIVOX dazu eine Meldung der Nachrichtenagentur dpa: "Zugleich kündigte der Stromkonzern Vattenfall als Betreiber des Kraftwerks an der Unterelbe an, noch in dieser Woche beim Verwaltungsgericht gegen den Bescheid zu klagen. In den Akten seien 'Betriebsgeheimnisse' genannt, die das Unternehmen schützen müsse, sagte ein Vattenfall-Sprecher der Zeitung. Zudem seien die "technischen Sachverhalte so komplex, dass die Öffentlichkeit diese nicht richtig bewerten" könne."

Deutsche Umwelthilfe (DUH) fordert den 'Sofortvollzug' zu dieser Akteneinsicht

"Weil der Streit vor den Gerichten mehrere Jahre dauern könne" so die Nachrichtenagnzur ddp", fordert die DUH von Sozialministerin Gitta Trauernicht (SPD), den Bescheid per «Sofortvollzug» in Kraft zu setzen. Andernfalls werde das «gesetzlich verbriefte Recht der Bürger auf Zugang zu Umweltinformationen ad absurdum geführt», warnte DUH-Rechtsexpertin Cornelia Ziehm. Ein Sprecher des Ministeriums erklärte, über den Vollzug könne erst nach Vorliegen der Klage des Betreibers entschieden werden."
Auf VERIVOX wird darüber unter Berufung auf die Nachrichtenagentur dpa gemeldet: "Weil der Streit vor den Gerichten mehrere Jahre dauern könne, fordert die Umwelthilfe von der verantwortlichen Sozialministerin Gitta Trauernicht (SPD), den Bescheid per 'Sofortvollzug' in Kraft zu setzen. Andernfalls werde das 'gesetzlich verbriefte Recht der Bürger auf Zugang zu Umweltinformationen ad absurdum geführt', warnte die Umwelthilfe-Rechtexpertin Cornelia Ziehm. Ein Sprecher des Ministeriums erklärte, über den Vollzug könne erst nach Vorliegen der Klage des Betreibers entschieden werden."

13. November 2006
Sozialministerin Dr. Trauernicht unterstreicht Notwendigkeit der Abschaltung des Kernkraftwerks Brunsbüttel im Jahre 2009

Die Landesregierung Schleswig-Holstein (Ministerium für Soziales, Gesundheit, Familie, Jugend und Senioren) erklärt in einer Pressemitteilung vom 13.11.06: "Ministerin Dr. Trauernicht unterstreicht Notwendigkeit der Abschaltung des Kernkraftwerks Brunsbüttel im Jahre 2009"
"'Das Kernkraftwerk Brunsbüttel muss im Jahre 2009 entsprechend dem Atomkonsens vom Netz genommen werden.' Dies unterstrich die in Schleswig-Holstein für Reaktorsicherheit zuständige Sozialministerin Dr. Gitta Trauernicht im Anschluss an eine Sitzung mit Fachsprechern der im Sozialausschuss des Landtages vertretenen Fraktionen am heutigen Tage (13. November) in Kiel", in der Pressemitteilung. "In dem Gespräch hatte die Ministerin die Ausschussmitglieder über den Stand der vertieften Überprüfung der Notstromversorgung des Kernkraftwerks Brunsbüttel und den Stand der durchgeführten Periodischen Sicherheitsüberprüfung informiert."
"Die noch nicht abgeschlossene umfangreiche Begutachtung der Sicherheitsüberprüfung durch die vom Sozialministerium hinzugezogenen externen Sachverständigen hatte eine ganze Reihe offener Punkte mit unterschiedlichen Inhalten erbracht", stellt das zuständige Kieler Sozialministerium demnach fest. "Dabei handelt es sich insbesondere um die Aktualisierung von Dokumentationen entsprechend dem heutigen Standard, das Schließen von Nachweislagen oder die Umsetzung von sicherheitstechnischen Verbesserungsmaßnahmen. Die Sachverständigen hatten allerdings keine sicherheitstechnischen Defizite identifiziert, deren Beseitigung umgehend zu erfolgen hätte oder die Veranlassung zu einer sofortigen Stilllegung der Anlage ergäben."
In der Pressemitteilung wird weiter geäußert: "Die zuvor für die Kernkraftwerke Krümmel und Brokdorf durchgeführten Periodischen Sicherheitsüberprüfungen hatten demgegenüber weit aus weniger offene Punkte erbracht. Ministerin Dr. Trauernicht wertet auch dies als einen Punkt, der die Richtigkeit der im Atomkonsens verankerten Entscheidung zur baldigen Abschaltung des Kernkraftwerks Brunsbüttel unterstreicht."

10. November 2006
DUH verlangt Sofortvollzug zur Herausgabe der Brunsbüttel-Schwachstellenliste

Die Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) verlangt in einer Pressemitteilung vom 10.11.06 eine "schnelle Herausgabe der Brunsbüttel-Schwachstellenliste". Die DUH teilt mit: "Gegen Verzögerungsstrategie des Brunsbüttel-Betreibers Vattenfall 'auf kaltem Wege' soll Ministerin Trauernicht den Sofortvollzug ihres Bescheids zur Herausgabe der Liste an die DUH anordnen - Vattenfall beabsichtigt anscheinend Klage, obwohl substantiierte Argumente fehlen - jahrelanges Verfahren würde dem 'Informationsinteresse der Bevölkerung diametral entgegenstehen'"
"Nach der grundsätzlichen Entscheidung der Kieler Sozialministerin Gitta Trauernicht (SPD), der Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH) eine Liste mit Schwachstellen des Atomkraftwerks Brunsbüttel (KKB) zu übergeben, drängt die Umweltorganisation nun auf eine rasche Umsetzung des Bescheids", so die DU in ihrer Pressemitteilung. "Für den Fall, dass der KKB-Betreiber Vattenfall Europe gegen die Entscheidung vom 2. November Klage beim Verwaltungsgericht Schleswig einreicht, fordert die DUH Ministerin Trauernicht heute in einem Schreiben auf, 'unmittelbar die sofortige Vollziehung des Bescheids anzuordnen'."
Die DUH begündet ihre Forderung in der Pressemitteilung: "Die Umwelthilfe befürchtet, dass andernfalls ein mehrere Jahre dauerndes Hauptsacheverfahren vor den Verwaltungsgerichten eine zeitnahe Information über Sicherheitsmängel in dem Siedewasserreaktor verhindert. 'Wir gehen davon aus, dass Vattenfall gegen den Bescheid klagen will, um seine Linie der bedingungslosen Informationsblockade trotz des gegenteiligen Beschlusses der Atomaufsicht auf kaltem Wege fortsetzen zu können', begründete DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer Baake die Forderung nach einem Sofortvollzug des Bescheids. Nach der widersprüchlichen Informationspolitik von Vattenfall in Reaktion auf den schweren Störfall im schwedischen Atomkraftwerk Forsmark sei das Vertrauen der Bevölkerung in den sicheren Betrieb des Problemreaktors  Brunsbüttel schon jetzt nachhaltig gestört."  
"Die DUH hatte auf Grundlage der EU-Umweltinformationsrichtlinie die Veröffentlichung zahlreicher 'offener Punkte' verlangt, die sich bereits vor Jahren bei einer so genannten 'periodischen Sicherheitsüberprüfung' (PSÜ) des Siedewasserreaktors ergeben hatten und die bis heute weder im Einzelnen bekannt noch geklärt sind. 'Eine weitere Verzögerung der Veröffentlichung über Jahre würde dem Sinn und Zweck der EU-Richtlinie, vor allem aber dem Informationsinteresse der Bevölkerung diametral entgegenstehen', sagte die Leiterin Verbraucherschutz und Recht der DUH, Cornelia Ziehm. Außerdem seien seitens des KKB-Betreibers [Vattenfall] außergerichtlich keinerlei substantiierte Einwände gegen das Informationsbegehren der DUH geltend gemacht worden. 'Bei einem Unternehmen, das eine Hochrisikotechnologie betreibt, ist es mehr als bedenklich, wenn nun Gerichte beschäftigt werden sollen, um die Herstellung von Transparenz weiter hinausschieben zu können', so Ziehm weiter."
"Gegen den hinhaltenden, jedoch nicht inhaltlich begründeten Widerstand des Brunsbüttel-Betreibers [Vattenfall] hatte die in Kiel zuständige Ministerin Trauernicht das Informationsbegehren der DUH am 2. November positiv beschieden. Die Umwelthilfe hatte Vattenfall daraufhin schriftlich aufgefordert, auf eine Verwaltungsgerichtsklage und damit eine erneute jahrelange Verzögerung der Aufklärung zu verzichten." Die DUH stellt dazu fest: "Seither hüllt sich der Konzern, dessen Mutterunternehmen auch den Havarie-Reaktor im schwedischen Forsmark betreibt, in Schweigen. Die DUH geht deshalb davon aus, dass eine Klage gegen den Beschluss vom 2. November vorbereitet wird."

04. November 2006
Demonstration in Brunsbüttel am 04.11.2006
Laufzeitverlängerung verhindern - Brunsbüttel abschalten!

« Über 400 Menschen folgten am Samstag, dem 04.11., dem Aufruf vieler Umweltverbände, Anti-Atom- und Friedensinitiativen aus ganz Norddeutschland, die sich in dem Aktionsbündnis "AKW Brunsbüttel stilllegen - Jetzt" zusammengeschlossen haben, vor das Tor zum AKW Brunsbüttel in Schleswig-Holstein.
Das Bündnis fordert die sofortige Stilllegung des Pannen-Reaktors. In der Ankündigung des Betreibers Vattenfalll auf Laufzeitverlängerung werten die Initiativen als Provokation, auf die sie mit Protest-aktionen, Informationsveranstaltungen und einer Demonstration reagieren wollen. In der "Brunsbütteler Erklärung" kündigt das Bündnis an, es nicht bei der Forderung nach einer Stilllegung zu belassen, sondern sich aktiv dafür einzusetzen, dass der Reaktor endlich vom Netz geht.
"Unser NEIN zum weiteren Betrieb des AKW Brunsbüttel wird laut und öffentlich sein", so Jutta Freybe vom BUND Steinburg. "Wir können unsere Zukunft nicht den Unternehmensinteressen der Energieriesen überlassen! Wir machen dieses Spiel nicht länger mit!"
"Jedes Atomkraftwerk stellt ein enormes Sicherheitsrisiko für die Bevölkerung dar, und dieses Risiko steigt mit dem Alter der Anlage", sagt Bettina Dannheim, Energiereferentin von ROBIN WOOD. "Vattenfall hat mehrfach bewiesen, dass der Schutz der Bevölkerung beim Betrieb eines AKW nicht an erster Stelle steht. Jetzt soll der Pannenreaktor noch länger betrieben werden und den Atomkonzernen Jahr für Jahr zusätzliche Millionen in die Taschen spülen. Grund genug, Vattenfall endlich die Rote Karte zu zeigen und den Stromanbieter zu wechseln."
Eine Woche vor dem angekündigten CASTOR-Transport ins niedersächsische Gorleben gelang den Initiatoren trotz anhaltendem Regen eine erfolgreiche Demonstration vor den Toren des AKW Brunsbüttel gegen die weitere Produktion des für Millionen Jahre strahlenden Mülls.
Untermalt wurde das Programm mit Rednern von X-1000malquer, Gewaltfreie Aktion Atomwaffen Abschaffen, Robin Wood, des BUND und Initiativen aus dem Wendland von Musikern der Gruppe Sturm und Wasser, dem Liedermacher Keldi und der Hamburger Samba-Gruppe "Batang". »
Weitere Informationen und die "Brunsbütteler Erklärung" unter: www.akw-brunsbuettel-stilllegen.de
Übernommen von ContrAtom ( http://www.contranetz.de/atom/archiv/061104brunsbuettel/index.htm )

04. November 2006
Vattenfall will gegen Brunsbüttel-Dateneinsicht klagen

In der Brunsbütteler Zeitung wird am am Sonnabend, 4. November 2006, berichtet:

"Dateneinsicht: Vattenfall will klagen
Brunsbüttel (mir) Der Energiekonzern Vattenfall will mit einer Klage verhindern, dass Umweltschützer Daten aus der Sicherheitsüberprüfung zum Kernkraftwerk Brunsbüttel (KKB) einsehen dürfen.
Das hat Pressesprecher Ivo Benak gestern auf Nachfrage unserer Zeitung mitgeteilt. „Wir wollen gegen den Beschluss der Atomaufsicht klagen. Das hat gute Gründe. Die Sicherheitsprüfung beinhaltet zum einen Betriebsgeheimnisse, zum anderen sicherheitsrelevante Aspekte, die das Schutzkonzept der Anlage betreffen und aus Sicherheitsgründen nicht öffentlich gemacht werden dürfen“, so Banek.
Das schleswig-holsteinische Sozialministerium hatte am Donnerstag mitgeteilt, dass die Deutsche Umwelthilfe (DUH) grundsätzlich einen Anspruch auf den Zugang zu einer Liste mit „offenen Punkten“ habe, die sich aus der Auswertung der so genannten Periodischen Sicherheitsüberprüfung ergeben hatten. Die DUH begrüßt die Entscheidung des Ministeriums und forderte den KKB-Betreiber Vattenfall gestern laut Pressemitteilung auf, „den Bescheid der Atomaufsicht zu akzeptieren und die monatelange Geheimniskrämerei aufzugeben“. Die Grünen verlangten erneut, dass die zuständigen Landes- und Bundesbehörden die Zuverlässigkeit des Vattenfall- Managements überprüfen sollen."

03. November 2006
Etappensieg für Deutsche Umwelthilfe im Streit um Brunsbüttel-Schwachstellenliste

In einer Pressemitteilung vom 03.11.06 "begrüßt" die Deutsche Umwelthilfe e.V. "die Entscheidung der Kieler Landesregierung zur Aushändigung der Schwachstellenliste des AKW Brunsbüttel und fordert Betreiber Vattenfall auf, den „Bescheid der Atomaufsicht zu akzeptieren und seine monatelange Geheimniskrämerei aufzugeben“ - Mit Klage vor dem Verwaltungsgericht kann Vattenfall die Veröffentlichung weiter verzögern . "
"Nach der Entscheidung der Kieler Landesregierung, der Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH) die Brunsbüttel-Schwachstellenliste zu übergeben, hat die Umweltorganisation den Betreiber [Vattenfall] des Problemreaktors aufgefordert, auf eine Klage gegen den Bescheid vor dem schleswig-holsteinischen Verwaltungsgericht zu verzichten. 'Akzeptieren Sie den eindeutigen Bescheid der Atomaufsicht, machen Sie endlich Schluss mit der Geheimniskrämerei', sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer Baake. Vattenfall nähre 'mit seinem Verhalten seit Monaten Zweifel am sicherheitsgerichteten Handeln des Unternehmens'. Dieser Eindruck sei einzig durch die sofortige Aufgabe der bisher verfolgten Blockadestrategie im Zusammenhang mit der Veröffentlichung zahlreicher 'offener Punkte' zu beheben, die sich bereits vor Jahren bei der so genannten 'periodischen Sicherheitsüberprüfung' (PSÜ) des Siedewasserreaktors ergeben hatten und deren Sicherheitsrelevanz bis heute nicht geklärt sei.
Die Umwelthilfe hatte das für die Atomaufsicht in Schleswig-Holstein zuständige Kieler Sozialministerium erstmals Ende August auf Grundlage der EU-Umweltinformationsrichtlinie zur Herausgabe der Schwachstellenliste des umstrittenen Atomkraftwerks aufgefordert. Dem hatte sich Vattenfall Europe - gemeinsam mit dem E.ON-Konzern Brunsbüttel-Eigentümer - als Betreiber des Reaktors von Anfang an mit fragwürdigen juristischen Argumenten widersetzt. Zuletzt hatte das Unternehmen auch gegenüber der DUH schriftlich erklärt, es gebe für das Informationsbegehren der DUH keine Rechtsgrundlage. Dieser Argumentation hat die Kieler Atomaufsicht nun mit ihrem gestern veröffentlichten Bescheid in allen Punkten widersprochen. 'Wir sind froh, dass die Sozialministerin Gitta Trauernicht nun - wenn auch mit Verspätung - unserer Rechtsauffassung auf ganzer Linie gefolgt ist', sagte Cornelia Ziehm, die Leiterin Verbraucherschutz und Recht bei der DUH. Vattenfall müsse einsehen, dass 'dem Unternehmen ab sofort jede weitere Verzögerung bei der Herausgabe der Liste allein angelastet wird.' Insofern hoffe die DUH, dass die Öffentlichkeit bezüglich der unbestrittenen Sicherheitsdefizite des Siedewasserreaktors an der Elbe bald mehr Klarheit erhalte.         
Für den morgigen Samstag, 13:00 Uhr, rufen Atomkraftgegner zu einer Demonstration am Atomkraftwerk Brunsbüttel auf. Sie fordern die Stilllegung des Problemreaktors."
 

02. November 2006
Deutsche Umwelthilfe darf nach Ansicht der zuständigen Atomaufsicht in Kiel Daten des AKW Brunsbüttel einsehen

"Die Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) hat grundsätzlich einen Anspruch auf Zugang zu den bei der Reaktorsicherheitsbehörde angeforderten Informationen über eine so genannte Liste offener Punkte der für das Kernkraftwerk Brunsbüttel durchgeführten Periodischen Sicherheitsüberprüfung", stellt die Landesregierung Schleswig-Holstein (Ministerium für Soziales, Gesundheit, Familie, Jugend und Senioren) in einer Pressemitteilung vom 02.11.06 fest. "Diese Entscheidung sei am 2. November der Deutschen Umwelthilfe e.V. und der davon betroffenen Betreiberin des Kernkraftwerks Brunsbüttel [Vattenfall Europe] mitgeteilt worden, erklärte die Aufsichtsbehörde in Kiel."
Das für die Atomaufsicht in Schleswig-Holstein zuständige Sozialministerium in Kiel über die Entscheidung: "Über den von der DUH reklamierten Rechtsanspruch auf Überlassung musste in einem Verfahren unter Wahrung aller davon betroffenen Rechtspositionen entschieden werden. Es war deshalb erforderlich, die Betreiberin des Kernkraftwerks Brunsbüttel [ Vattenfall Europe] zu beteiligen und ihr rechtliches Gehör zu geben."  
Nach Darstellung des Sozialministeriums in Kiel hat sich Vattenfall Europe "nachdrücklich gegen die Weitergabe der angeforderten Unterlagen aus der Periodischen Sicherheitsüberprüfung" gewehrt und eine "Reihe von Einwenden erhoben". Das Kieler Sozialministerium dazu wörtlich: "In diesem Rahmen hat sich die Kernkraftwerksbetreiberin nachdrücklich gegen die Weitergabe der angeforderten Unterlagen aus der Periodischen Sicherheitsüberprüfung gewandt und eine Reihe von Einwänden erhoben. Das [Sozial-]Ministerium hat diese Einwände zurück gewiesen und die Herausgabe der Unterlagen nach Eintritt der Bestandskraft des Bescheides angekündigt."

Die von der DUH angeforderte Liste offener Punkte der für das AKW Brunsbüttel durchgeführten Periodischen Sicherheitsüberprüfung wird von der zuständigen Atomaufsichtsbehörde in Kiel jedoch (noch?) nicht weitergeleitet! - Nach dessen Aussage in der Pressemitteilung kann die Zusendung erst erfolgen, wenn der heute (02.11.06) erteilte Bescheid "bestandskräftig" geworden ist: Dies ist der Fall, wenn innerhalb einer Frist von einem Monat die gemeinsamen Betreiber des AKW Brunsbüttel, Vattenfall Europe und E.ON Kernkraft, keine Klage gegen die Entscheidung des Sozialministeriums in Kiel erheben, bzw. im Falle einer Klage ein entsprechendes Gerichtsverfahren beendet ist.
Das Sozialministerium in Kiel formuliert dies mit den Worten: "Tatsächlich kann die angeforderte Liste erst dann übersandt werden, wenn der heutige Bescheid bestandskräftig geworden ist. Diese Folge tritt ein, wenn während der einmonatigen Rechtsbehelfsfrist keine Klage gegen die Entscheidung des Sozialministeriums erhoben wird oder aber im Falle einer Klageerhebung ein entsprechendes Gerichtsverfahren beendet ist."
Die zuständige Sozial-"Ministerin Dr. Gitta Trauernicht kritisierte die Informationspolitik des Vattenfall-Konzerns und hatte in den vergangenen Monaten wiederholt zu mehr Transparenz aufgefordert. Schließlich hatte der Konzern auch der Weitergabe der von der DUH angeforderten Informationen zum Forsmark-Störfall zugestimmt", so das Sozialministerium in Kiel in der Pressemitteilung weiter.
Das Sozialministerium in Kiel erklärt den Begriff "Periodische Sicherheitsüberprüfungen" in der Pressemitteilung: "Periodische Sicherheitsüberprüfungen sind im Jahre 2002 im Atomgesetz festgeschrieben worden, sie müssen im 10-Jahresrhythmus durchgeführt werden. Im Gegensatz zum kontinuierlichen Aufsichtsverfahren, bei dem die Prüfung des Zustandes der Anlage und ihrer Betriebsweise auf Übereinstimmung mit den Bestimmungen der Genehmigungsbescheide und Regelwerke im Vordergrund stehen, ist Ziel einer Periodischen Sicherheitsüberprüfung die ganzheitliche Betrachtung. Hier wird eine systematische sicherheitstechnische Beurteilung der jeweiligen Anlage auf der Basis des Sicherheitskonzepts unter Spiegelung des fortschreitenden Standes von Wissenschaft und Technik vorgenommen."
In der Pressemitteilung teilt das Sozialministerium in Kiel abschließend mit: "Die noch nicht abgeschlossene umfangreiche Begutachtung durch die vom Sozialministerium hinzugezogenen externen Sachverständigen hat, wie das im Rahmen von ganzheitlichen Periodischen Sicherheitsüberprüfungen üblich ist, eine ganze Reihe offener Punkte mit unterschiedlichen Inhalten erbracht. Dabei handelt es sich insbesondere um die Aktualisierung von Dokumentationen entsprechend dem heute gültigen Standard, das Schließen von Nachweislagen oder die Umsetzung von sicherheitstechnischen Verbesserungsmaßnahmen."

Von Vattenfall Europe oder von E.ON Kernkraft liegt bislang keine Pressemitteilung oder Stellungnahme zu der heutigen Entscheidung des Kieler Sozialministeriums vor.  

26. Oktober 2006
BUND: Vattenfall und E.ON verdecken seit Jahren Sicherheitsmängel im AKW Brunsbüttel

"Das AKW Brunsbüttel stellt ein nicht kontrollierbares Sicherheitsrisiko für die Menschen in Norddeutschland dar. 'Offene Punkte' der Sicherheitsleittechnik werden von den Betreibern [Vattenfall] seit Jahren unter Verschluss gehalten. Ein breites Bündnis aus Umweltverbänden, Anti-Atom-Initiativen und Friedensgruppen fordert das Sozialministerium auf, den Betreibern die Betriebserlaubnis zu entziehen. Die nach dem Atomgesetz zwingend vorgeschriebene Zuverlässigkeit des Betreibers sei wegen der offenen Fragen zurzeit nicht mehr gegeben", so die Presseerklärung des BUND vom 26.10.06 in dem Statement einleitend.
"Die Sicherheitsleittechnik und das Notstromsystem in Brunsbüttel entsprechen nach Meinung fast aller Experten nicht annähernd dem Stand von Wissenschaft und Technik: So ist das Notstromsystem unterdimensioniert und gegen Störfälle wie in Forsmark wenig robust ausgelegt", so die Presseerklärung des BUND weiter. "Die Tatsache, dass fünf Jahre nach einer periodischen Sicherheitsüberprüfung immer noch eine offenbar lange Liste offener Punkte existiert, die auf diese Überprüfung zurückgeht, wirft grundsätzliche Fragen zur Wirksamkeit der Atomaufsicht auf. Die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) hat im August ein Informationsbegehren zu der Liste offener Punkte an die Kieler Atomaufsicht gerichtet. Vattenfall und E.on haben dies verweigert."
"'Wenn in dieser Liste mit offenen Punkten nichts Beunruhigendes verzeichnet ist, ist das Vorgehen von Vattenfall und E.on unverständlich. Wenn die offenen Punkte jedoch auf ernsthafte Sicherheitsdefizite verweisen, wäre allein die seit ihrer Erstellung verstrichene Zeit ein dramatisches Zeichen für das Versagen des Betreibers und der Atomaufsicht', so Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik & Öffentlichkeit der Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH)" laut der BUND-Presseerklärung.
"Das neu gegründete Bündnis 'AKW Brunsbüttel stilllegen - Jetzt!' will sich mit vielseitigen Protestaktionen für eine sofortige Stilllegung einsetzen. 'Unser Nein zum weiteren Betrieb des AKW Brunsbüttel wird laut und öffentlich sein', so Jutta Freybe vom BUND Steinburg. 'Für den 4. November ruft das Bündnis zu einer Demonstration vor dem AKW Brunsbüttel auf.', so der Text in der BUND-Mitteilung weiter. 
"Bei normalem Betrieb müsste das AKW Brunsbüttel entsprechend den Regelungen des Atomausstiegsgesetzes im Jahr 2009 vom Netz genommen werden. Vattenfall und E.on haben in den vergangenen Monaten jedoch mehrfach angekündigt, beim Bundesumweltministerium einen Antrag auf Strommengenübertragung und damit eine Betriebsverlängerung beantragen zu wollen. 'Die Ankündigung, das AKW Brunsbüttel länger betreiben zu wollen, bedeutet faktisch die Aufkündigung der Atomkonsensvereinbarung und die Kriegserklärung einiger Strommonopolisten an die Gesellschaft', so Hans-Jörg Lüth, Geschäftsführer des BUND Schleswig-Holstein."
"Das AKW Brunsbüttel musste nach einer Reihe von Pannen und Störfällen in der Vergangenheit so häufig wie kein anderer Reaktor in Deutschland vom Netz genommen werden", so die BUND-Mitteilung weiter.  'Jeder weitere Tag ist ein Tag zuviel und bedeutet ein zu großes Risiko für die Menschen, die im Umfeld des Pannenreaktors leben', warnt Jochen Stay von X-tausendmal quer. 'Deshalb ist es an der Zeit, wieder gegen Atomkraft auf die Straße zu gehen.' Unmittelbar nach dem ersten Antrag auf Betriebsverlängerung des AKW Biblis A hatte sich ein Aktionsbündnis "Atomausstieg selber machen" aus neun Umweltorganisationen, Verbraucherverbänden und Anti-Atomkraft-Initiativen gebildet, das seither den Umstieg von privaten Haushalten, Gewerbe und Unternehmen auf Ökostromhändler propagiert."
"Das Aktionsbündnis 'AKW Brunsbüttel stilllegen - jetzt!' ruft zur Demonstration am 4. November 2006 in Brunsbüttel auf!", so der Wortlaut in der BUND-Presseerklärung abschließend.

Landesregierung Schleswig-Holstein: Kieler Sozialministerium weist Forderung von Umweltverbänden nach sofortiger Stillegung des Kernkraftwerks Brunsbüttel zurück - Vattenfall verweigert die Weitergabe der angeforderten Unterlagen aus der Periodischen Sicherheitsüberprüfung

In einer Pressemitteilung vom 26.10.06 hat die CDU/SPD geführte Landesregierung Schleswig-Holstein, namentlich das zuständige Sozialministerium in Kiel, die "Forderung von Umweltverbänden nach sofortiger Stilllegung des Kernkraftwerks Brunsbüttel zurück gewiesen".
"'Die für das Kernkraftwerk Brunsbüttel durchgeführte so genannte Periodische Sicherheitsüberprüfung hat keine sicherheitstechnischen Defizite ergeben, deren Beseitigung umgehend zu erfolgen hätte oder die eine sofortige Stilllegung des Kernkraftwerks erforderlich machten.' Dies erklärte die für Reaktorsicherheit zuständige Sozialministerin Dr. Gitta Trauernicht anlässlich der von mehreren Umweltverbänden heute (26. Oktober) in einer Pressekonferenz erhobenen Forderung nach einer sofortigen Stilllegung des Kernkraftwerks Brunsbüttel."
In der Pressemitteilung betonte die Sozialministerin, daß "sie hierüber auch das Parlament und in öffentlichen Sitzungen den zuständigen Sozialausschuss informiert habe. Entsprechend sei auch der Umweltausschuss des Bundestages in einer Sitzung Anfang September 2006 über diesen Stand informiert worden."
In der Pressemitteilung läßt die Landesregierung Schleswig-Holstein weiter verlauten:  'Es gibt auch keine Liste mit zahlreichen Nachrüstungsforderungen für das Kernkraftwerk Brunsbüttel', erklärte Trauernicht. Richtig sei vielmehr, dass für das Kernkraftwerk Brunsbüttel - wie bei anderen Kernkraftwerken auch üblich - eine Periodische Sicherheitsüberprüfung vorgenommen worden sei. Solche Überprüfungen seien im Jahre 2002 im Atomgesetz festgeschrieben worden und müssten im 10-Jahresrhythmus durchgeführt werden. Ziel dieser Periodischen Sicherheitsüberprüfung sei, damit neben der kontinuierlichen Beaufsichtigung eine ganzheitliche und systematische sicherheitstechnische Beurteilung der jeweiligen Anlage auf der Basis des Sicherheitskonzepts unter Spiegelung des fortschreitenden Standes von Wissenschaft und Technik vorzunehmen."
"Die noch nicht abgeschlossene umfangreiche Begutachtung durch die vom Sozialministerium hinzugezogenen externen Sachverständigen habe, wie das im Rahmen von ganzheitlichen Periodischen Sicherheitsüberprüfungen üblich sei, eine ganze Reihe offener Punkte mit unterschiedlichen Inhalten erbracht", räumt das Sozialministerium in Kiel als atomrechtliche Aufsichtsbehörde ein, um gleichzeitig die eigene Aussage zu relativieren: "Dabei handele es sich insbesondere um die Aktualisierung von Dokumentationen entsprechend dem heute gültigen Standard, das Schließen von Nachweislagen oder die Umsetzung von sicherheitstechnischen Verbesserungsmaßnahmen."
"Zu der erneuten Forderung der Deutschen Umwelthilfe (DUH) nach Übersendung der Liste aller offenen Punkte aus der Sicherheitsüberprüfung teilte Trauernicht" in der Pressemitteilung im Namen Landesregierung Schleswig-Holstein mit: 'Ich habe grundsätzlich keine Bedenken, die angeforderten Unterlagen zur Verfügung zu stellen.  Über den von der DUH reklamierten Rechtsanspruch auf Überlassung muss aber in einem rechtsstaatlich einwandfreien Verfahren unter Wahrung aller davon betroffenen Rechtspositionen entschieden werden.'" Die Landesregierung Schleswig-Holstein dazu wörtlich weiter: "Es sei deshalb erforderlich gewesen, die Betreiberin [Vattenfall] des Kernkraftwerks Brunsbüttel zu beteiligen und ihr rechtliches Gehör zu geben. Die Betreiberin [Vattenfall]  habe sich mit einer gestern (25. Oktober) hier eingegangenen Stellungnahme nachdrücklich gegen die Weitergabe der angeforderten Unterlagen aus der Periodischen Sicherheitsüberprüfung gewandt und eine Reihe von Einwänden erhoben. Trauernicht bedauert dies und forderte Vattenfall zu mehr Transparenz beziehungsweise offener Informationspolitik auf. Schließlich hatte der Konzern auch der Weitergabe der von der DUH angeforderten Informationen zum Forsmark-Störfall zugestimmt. Das Ministerium werde zügig unter Berücksichtigung der widerstreitenden Interessen abschließend darüber entscheiden, wie mit der Weitergabe der jetzt angeforderten Liste offener Punkte zu verfahren ist", so die zuständige Atomaufsichtsbehörde in Kiel abschließend. 

VERIVOX: Atomgegner wollen Bewegung neu mobilisieren - Protest in Brunsbüttel

Nach einem Bericht auf VERIVOX vom 26.10.06, wo eine dpa-Meldung zitiert wird, "wollen die deutschen Atomkraftgegner mit Protesten gegen den umstrittenen Meiler Brunsbüttel auch ihrer Bewegung neuen Schwung verleihen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und die Deutsche Umwelthilfe (DUH) forderten am Donnerstag [26.10.06] Schleswig-Holstein erneut auf, dem Reaktor im Kreis Dithmarschen wegen Mängel am Notstromsystem die Betriebserlaubnis zu entziehen."
Der Bericht auf VERIVOX weiter: 'Die Betreiber haben die Öffentlichkeit mehrmals belogen', sagte der schleswig-holsteinische BUND-Geschäftsführer Hans-Jörg Lüth. Zum 4. November ruft ein neues Aktionsbündnis von mehreren Verbänden bundesweit zum Protest vor der Reaktoranlage in Brunsbüttel auf, teilten die Umweltschützer in Kiel mit. Der Druck der Öffentlichkeit habe wegen des geplanten Atomausstiegs nachgelassen. Nun werde klar, dass die Konzerne versuchten, unauffällig Laufzeiten zu verlängern."
"Der Siedewasserreaktor [in Brunsbüttel] mit rund 800 Megawatt Leistung war zuletzt nach einem Störfall im schwedischen Meiler Forsmark in die Diskussion geraten. Dabei geht es darum, ob die Notstromversorgung sicher ist. Gemäß Ausstiegsbeschluss bleibt das AKW nur noch bis 2009 am Netz. Die Betreiber E.ON und Vattenfall wollen aber eine längere Laufzeit", so VERIVOX weiter.
"Das als Aufsichtsbehörde zuständige Kieler Sozialministerium wies die Forderung nach sofortiger Stilllegung des Reaktors zurück. 'Die für das Kernkraftwerk Brunsbüttel durchgeführte so genannte Periodische Sicherheitsüberprüfung hat keine sicherheitstechnischen Defizite ergeben, deren Beseitigung umgehend zu erfolgen hätte oder die eine sofortige Stilllegung des Kernkraftwerks erforderlich machten', sagte Sozialministerin Gitta Trauernicht" laut VERIVOX. "'Es gibt auch keine Liste mit zahlreichen Nachrüstungsforderungen für das Kernkraftwerk Brunsbüttel', dementierte die SPD-Politikerin zugleich. Die Umweltverbände vermuten hinter einer Liste mit 'offenen Punkten' aus einer Sicherheitskontrolle die Zusammenstellung von Mängeln. Sie fordern die Veröffentlichung; die Betreiber wollen dies verhindern."
Die für die atomrechtliche Aufsichtsbehörde in Schleswig-Holstein zuständige "Trauernicht führte aus, es gehe bei der Liste 'insbesondere um die Aktualisierung von Dokumentationen entsprechend dem heute gültigen Standard, das Schließen von Nachweislagen oder die Umsetzung von sicherheitstechnischen Verbesserungsmaßnahmen'. Über Veröffentlichung müsse ein 'rechtsstaatlich einwandfreies Verfahren' entscheiden. Bis zum 13. November hat das Ministerium eine Stellungnahme angekündigt."
Laut VERIVOX sagte "DUH-Sprecher Gerd Rosenkranz": 'Wir halten Brunsbüttel für eines der unsichersten Kernkraftwerke in Deutschland, weil es die meisten und die gravierendsten Störfälle hat.' Während es in den vergangenen Jahren angesichts des Ausstiegsbeschlusses immer schwerer gefallen sei, Bürger gegen die Atomkraft zu mobilisieren, drehe nun die Stimmung, sagte Lüth. 14 Verbände hätten sich bereits der Aktion 'Atomausstieg selber machen' angeschlossen, bei der Verbraucher auf Öko-Strom umsteigen. 'Das ist das größte Bündnis seit Tschernobyl.' Solche Aktionen hätten mehr Erfolg als klassische Demonstrationen."

Von Vattenfall oder von E.ON Kernkraft liegt keine Pressemitteilung zu den berechtigten Vorwürfen gegen das AKW Brunsbüttel vor....  

17. Oktober 2006
Neues Aktionsbündnis mobilisiert für die Stillegung des AKW Brunsbüttel

 Demonstration an der Zufahrt zum AKW Brunsbüttel am 04.11.2006 um 13:00 Uhr! 
- Busse aus Hamburg zur Demo vorm AKW Brunsbüttel am 04.11.06:
   Abfahrt ist Samstag, 04.11.2006, 11:00 Uhr (bitte pünktlich sein) am Hamburger Hauptbahnhof (Kirchenallee)
   Rückreise spätestens 16:30 Uhr.
   Ankunft in Hamburg dann gegen 18 Uhr.
- weitere Infos dazu unter http://x1000hamburg.de/Bus  

Pressemitteilung des Bündnisses "AKW Brunsbüttel stilllegen - Jetzt"

17. Oktober 2006

Neues Aktionsbündnis mobilisiert für die Stilllegung des AKW Brunsbüttel

Demonstration vor den Toren des AKW am 4. November

Umweltverbände, Anti-Atom- und Friedensinitiativen aus ganz Norddeutschland haben sich in dem Aktionsbündnis „AKW Brunsbüttel stilllegen – Jetzt“ zusammengeschlossen. Das Bündnis fordert die sofortige Stilllegung des Pannen-Reaktors und ruft für den 4. November zu einer Demonstration vor dem Atomkraftwerk Brunsbüttel auf.

Im Atomkonsens zwischen der Bundesregierung und den Energiekonzernen war 2002 vereinbart worden, den zweitältesten Reaktor Brunsbüttel im Jahr 2009 vom Netz zu nehmen. Die Betreiber - Vattenfall und E.ON - hatten in den vergangenen Monaten jedoch mehrfach angekündigt, die Atomanlage länger betreiben zu wollen. Die Umweltverbände und Initiativen sehen in dieser Ankündigung eine Provokation, auf die sie mit Protestaktionen, Informationsveranstaltungen und einer Demonstration reagieren wollen. In der „Brunsbütteler Erklärung“ kündigt das Bündnis an, es nicht bei der Forderung nach einer Stilllegung zu belassen, sondern sich aktiv dafür einzusetzen, dass der Reaktor endlich vom Netz geht.

Unser NEIN zum weiteren Betrieb des AKW Brunsbüttel wird laut und öffentlich sein“, so Jutta Freybe vom BUND Steinburg. „Wir können unsere Zukunft nicht den Unternehmensinteressen der Energieriesen überlassen! Wir machen dieses Spiel nicht länger mit!“

Das AKW Brunsbüttel musste nach einer Reihe von Pannen und Störfällen in der Vergangenheit so häufig wie kein anderer Reaktor in Deutschland vom Netz genommen werden. Eine Wasserstoffexplosion in unmittelbarer Nähe zum Reaktorkern hätte im Jahr 2001 fast zu einer Katastrophe geführt. Zuletzt brachte ein schwerer Störfall im ebenfalls von Vattenfall betriebenen schwedischen AKW Forsmark Brunsbüttel im Juli dieses Jahres erneut in die Schlagzeilen. Das Bundesumweltministerium hatte die Betreiber aller AKWs um eine Stellungnahme gebeten, ob ein ähnlicher Störfall wie in Schweden auch in Deutschland vorkommen könne. Vattenfall hatte zunächst behauptet, dass dies nicht möglich sei. Erst auf Druck der Öffentlichkeit gestand der Betreiber ein, dass die Notstromversorgung der Reaktoren Brunsbüttel und Forsmark in wesentlichen Teilen baugleich sind. Nach Wochen langem Hickhack mit der Atomaufsicht hat Vattenfall zwar eine „Nachbesserung“ der Notstromversorgung angekündigt, die wesentliche Defizite der sicherheitsrelevanten Anlagenteile sollen jedoch nicht beseitigt werden.

„Jedes Atomkraftwerk stellt ein enormes Sicherheitsrisiko für die Bevölkerung dar, und dieses Risiko steigt mit dem Alter der Anlage“, sagt Bettina Dannheim, Energiereferentin von ROBIN WOOD. „Vattenfall hat mehrfach bewiesen, dass der Schutz der Bevölkerung beim Betrieb eines AKW nicht an erster Stelle steht. Jetzt soll der Pannenreaktor noch länger betrieben werden und den Atomkonzernen Jahr für Jahr zusätzliche Millionen in die Taschen spülen. Grund genug, Vattenfall endlich die Rote Karte zu zeigen und den Stromanbieter zu wechseln.“

Eine Woche vor dem angekündigten CASTOR-Transport ins niedersächsische Gorleben wollen die nord-deutschen Anti-Atom-Gruppen vor den Toren des AKW Brunsbüttel gegen die weitere Produktion des für Millionen Jahre strahlenden Mülls demonstrieren. Zeitgleich rufen AKW-GegenerInnen in Hessen zu einer Demonstration vor dem AKW Biblis auf. Der Betreiber RWE hat für den maroden Reaktor Biblis A bereits im September eine Laufzeitverlängerung beantragt.

Das Aktionsbündnis „AKW Brunsbüttel stilllegen – jetzt“ wurde von folgenden Gruppen initiiert:

.ausgestrahlt, Aktionskreis Stilllegen Sofort (AKS) Brunsbüttel, Basisgemeinde Wulfshagenerhütten, BI Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, BUND-Kreisgruppe Steinburg, BUND Landesverband S-H, contrAtom, Gewaltfreie Aktion Atomwaffen Abschaffen(GAAA), Graswurzelgruppe Kiel, ROBIN WOOD, Systemoppositionelle Atomkraft Nein Danke (SAND) Gruppe Hamburg , X-tausendmal quer

Für Rückfragen:
Bettina Dannheim, Energiereferentin ROBIN WOOD, Tel.: 040 / 380 892 21, energie@robinwood.de
Jutta Freybe, BUND Steinburg, bund.steinburg@bund.net

Weitere Informationen und Bestellmöglichkeiten für Plakate, Flyer und die "Brunsbütteler Erklärung" unter: www.akw-brunsbuettel-stilllegen.de

13. Oktober 2006
Deutsche Umwelthilfe fordert von Vattenfall Auskunft über Sicherheitsdefizite im AKW Brunsbüttel

In einer Pressemitteilung vom 13.10.06 hat die Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) von Vattenfall Auskunft über Sicherheitsdefizite im AKW Brunsbüttel gefordert. - Brunsbüttel-Betreiber Vattenfall gibt sich nach außen "gesprächsbereit", "verhindert aber weiter die Veröffentlichung einer Liste mit seit Jahren offenen Punkten aus der Sicherheitsüberprüfung des Problemreaktors an der Elbe".
"Die Vattenfall Europe Nuclear Energy GmbH hat der Deutschen Umwelthilfe ein Gespräch zur Klärung von Sicherheitsfragen in Brunsbüttel angeboten, verweigert aber noch immer die Veröffentlichung einer Liste mit seit Jahren offenen Punkten aus der Sicherheitsüberprüfung des Reaktors", so die Deutsche Umwelthilfe e.V. in ihrer Pressemitteilung .
Die DUH weiter: "In einem Schreiben an den Geschäftsführer der Vattenfall Europe Nuclear Energy GmbH, Bruno Thomauske, bedankt sich DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer Baake  für das Gesprächsangebot. Voraussetzung für die Aufnahme eines Dialogs sei jedoch, dass das Unternehmen 'nicht länger den Zugang zu den bei der Atomaufsicht vorliegenden Erkenntnissen über offene Sicherheitsfragen verweigert', so Baake. Eine sinnvolle Diskussion über die Sicherheit des Atomreaktors Brunsbüttel mit der kritischen Öffentlichkeit könne es nur geben, wenn offene Sicherheitsfragen nicht zu angeblichen Geschäftsgeheimnissen deklariert würden."
"'Wenn Vattenfall der Überzeugung ist, dass das AKW Brunsbüttel sicher sei, warum verhindern Sie dann den Zugang zu einer langen Liste offener Punkte aus der 2001 (!) vorgelegten Sicherheitsanalyse?', fragt Baake weiter.  Die Öffentlichkeit habe gerade nach den Diskussionen über Defizite im Notstromsystem des Brunsbüttel-Reaktors nach dem Störfall im schwedischen Atomkraftwerk Forsmark ein Recht darauf zu erfahren, worum es sich bei den zahlreichen ´offenen Punkten´ handele.  Baake kritisierte insbesondere den Widerspruch zwischen Gesprächsangebot und Auskunftsverweigerung: 'Ich denke, dass es im Interesse Ihres Unternehmens liegt, den Eindruck einer Doppelstrategie zu vermeiden', so die DUH abschließend.

04. Oktober 2006
Vattenfall verweigert Deutscher Umwelthilfe Auskunft über Sicherheitsdefizite in Brunsbüttel

Auf VERIVOX wird am vom 04.10.06 berichtet: "Die Kernkraftwerk Brunsbüttel GmbH & Co.oHG, eine Tochter der Energiekonzerne Vattenfall Europe und E.ON, verhindert aktiv die Veröffentlichung einer Liste mit seit Jahren offenen Punkten aus der Sicherheitsüberprüfung des Problemreaktors an der Elbe. Das geht aus einem Schreiben des Kieler Sozialministeriums an die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) vom Ende vergangener Woche hervor, in dem die schleswig-holsteinische Atomaufsicht der Umweltorganisation mitteilt, dass der Atomkraftwerksbetreiber 'einer Weitergabe der Informationen an Sie widersprochen hat.'"
"Dies müsse nun 'eingehend geprüft werden', so der Bericht auf VERIVOX weiter. "Die DUH hatte Ende August ein entsprechendes Informationsbegehren auf Grundlage der EU-Umweltinformationsrichtlinie an die Kieler Atomaufsicht gerichtet. Hintergrund des Auskunftsersuchens waren Informationen der DUH, wonach es nach einer im Jahr 2001 in Brunsbüttel durchgeführten 'periodischen Sicherheitsüberprüfung (PSÜ)' fünf Jahre später immer noch zahlreiche 'offene Punkte' gebe. Die Kieler Sozialministerin Gitta Trauernicht (SPD) hatte die Tatsache der 'offenen Punkte' bestätigt, der DUH zunächst öffentlich die eingeforderten Informationen zugesagt und schließlich eine rechtliche Prüfung des Begehrens angekündigt."

In einer Pressemitteilung vom 03.10.06 nimmt die DUH dazu Stellung: "'Es kann nicht sein, dass Vattenfall mehr als fünf Jahre benötigt, um die Sicherheit eines der umstrittensten Atomkraftwerke in Deutschland nachzuweisen', sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer Baake. 'Die Öffentlichkeit hat gerade nach den Diskussionen über Defizite im Notstromsystem des Brunsbüttel-Reaktors nach dem Störfall im schwedischen Atomkraftwerk Forsmark ein Recht darauf zu erfahren, worum es sich bei den zahlreichen ´offenen Punkten´ handelt.' Die DUH forderte einen 'ehrlichen und für die Öffentlichkeit nachvollziehbaren Umgang mit den offenbar seit Jahren ungeklärten Sicherheitsproblemen.' Dazu gehöre die Herausgabe der Liste mit den offenen Punkten. Das sei auch notwendig, damit die DUH sich angemessen auf ein persönliches Gespräch vorbereiten könne, das Vattenfall Europe der Umweltorganisation Mitte September zur Klärung von Sicherheitsfragen in Brunsbüttel angeboten hatte. Andernfalls entstehe der Eindruck einer 'Doppelstrategie, bei der Gesprächsangebote und scheinbare Offenheit einerseits und Informationsblockaden andererseits einander abwechseln'."

Pressemiteilungen des Sozialministeriums in Kiel oder von Vattenfall Europe dazu liegen bislang nicht vor.

22. September 2006
Sozialministerium in Kiel gibt dem Informationsbegehren der DUH zum Nachweis der Notstromversorgung im AKW Brunsbüttel statt

Von der Landesregierung Schleswig-Holstein (Ministerium für Soziales, Gesundheit, Familie, Jugend und Senioren) wird in einer Pressemitteilung vom 22.09.06 bekannt gegeben:
"Dem Informationsbegehren der Deutschen Umwelthilfe (DUH) zum Nachweis der gesicherten Notstromversorgung für das Kernkraftwerk Brunsbüttel wurde von der Atomaufsichtsbehörde in Kiel stattgegeben."

=> Diese Entscheidung der Atomaufsichtsbehörde in Kiel dem "Informationsbegehren" der DUH zum "Nachweis der gesicherten Notstromversorgung" für das AKW Brunsbüttel stattzugeben erfolgte allerdings nicht im 'Alleingang'! - Denn zuvor hatte das zuständige Kieler Sozialministerium dafür bei dem Betreiber des AKW Brunsbüttel, Vattenfall Europe, dessen Zustimmung eingeholt... Vattenfall Europe "anerkenne" damit allerdings "diesbezüglich keine Rechtgrundlage". 
"Das zuständige Kieler Sozialministerium hat sich mit der Betreiberin darauf verständigt. Die Betreiberin des Kernkraftwerks Brunsbüttel hatte sich unter anderem nach Gesprächen mit Ministerin Dr. Gitta Trauernicht bereit erklärt, die von der DUH angefragten Informationen, nämlich das Schreiben der Kernkraftwerksbetreiberin vom 28. August 2006, weiterzugeben, auch wenn sie diesbezüglich keine Rechtgrundlage anerkenne."

=> Diese im Einvernehmen mit Vattenfall Europe getroffene Entscheidung des Sozialministeriums in Kiel gilt jedoch nicht für den Antrag der DUH auf Akteneinsicht zu den "offenen Punkten in dem umfänglichen gutachtlichen Prüfbericht zur Periodischen Sicherheitsüberprüfung". Darüber, so das Kieler Sozialministerium, "ist zurzeit noch nicht entschieden".
"Der weitere Antrag der DUH zu den offenen Punkten in dem umfänglichen gutachtlichen Prüfbericht zur Periodischen Sicherheitsüberprüfung ist zurzeit noch nicht entschieden."

22. September 2006
AKW Brunsbüttel - "Was man so sicher nennt"

Auf nd-online.de wird am 22.09.06 kommentiert Steffen Schmidt unter dem Titel "Was man so sicher nennt":
"Mit Hängen und Würgen hat nun der Energiekonzern Vattenfall die verlängerte Frist zur Vorlage eines Sicherheitsberichts für sein Atomkraftwerk Brunsbüttel eingehalten. Ist damit nun alles in Butter? Wohl kaum. Denn auch das, was das Unternehmen nun die Öffentlichkeit über die Notstromsysteme des Alt-AKW wissen lässt, räumt kaum eine der früheren Kritiken aus. Denn das Sicherheitskonzept bietet eben in der ersten, automatisierten Stufe der Notstromversorgung noch weniger Reserven als im schwedischen AKW Forsmark. Und die nachgeschalteten Notsysteme müssen per Hand zugeschaltet werden. Wie sicher das im Stress eines Notfalls abläuft, ist eine ganz und gar offene Frage. Denn auch das Personal in Schweden wurde am Simulator für Notfälle trainiert. Geholfen hat das dann allenfalls beim Herunterfahren des Reaktors ohne die Unterstützung der ausgefallenen Elektronik.
Nun liegt der Ordner mit dem Material von Vattenfall bei der Aufsichtsbehörde in Kiel. Die bestätigte den Eingang und beklagt schon eine Unstimmigkeit im 60-seitigen Text. Zudem liegt dort seit einer routinemäßigen Prüfung vor fünf Jahren auch eine Liste von weiteren offenen Fragen zum Betrieb des Reaktors. Bis heute weiß außer Vattenfall und den Beamten der Atomaufsicht von Bund und Land keiner, was dort im Einzelnen bemängelt wird. Vertrauen in den Betreiber und seine Atomanlage flößt das alles nicht ein."

20. September 2006
Vattenfall reicht fristgerecht geforderte Unterlagen zum AKW Brunsbüttel ein

Laut einer Pressemitteilung der Landesregierung Schleswig-Holstein (Ministerium für Soziales, Gesundheit, Familie, Jugend und Senioren) vom 21.09.06 hat die "Betreiberin [Vattenfall Europe] des Kernkraftwerks Brunsbüttel am 20. September abends einen mehr als 60 Seiten umfassenden Bericht mit zahlreichen Anlagen vorgelegt, der umfangreiche Darstellungen zur Notstromversorgung und zu den Auswirkungen einer Überspannung aus dem Stromnetz auf die Stromversorgung beinhaltet.
"Die Betreiberin [des AKW Brunsbüttel] beantwortet damit die Fragen der Aufsichtsbehörde [in Kiel] zur Übertragbarkeit des Störfalls des KKW Forsmark I auf das KKW Brunsbüttel. Aus dem Bericht geht hervor, dass die Betreiberin intensive Versuche und Berechnungen gemacht hat. Die Betreiberin kommt zu dem Ergebnis, dass die Ereignisse von Forsmark I nicht übertragbar sind", so die zuständige Atomaufsichtsbehörde in Kiel weiter.
Nach Aussage der zuständigen schleswig-holsteinischen Aufsichtsbehörde wird das "Gesamtpapier einschließlich Anlagen von der Aufsichtsbehörde und den beauftragten unabhängigen Sachverständigen jetzt mit höchster Priorität geprüft und bewertet".

Aber: In der Beschreibung der Stromversorgung gibt es eine Unstimmigkeit...

Das zuständige Sozialministerium in Kiel stellt in der Pressemitteilung weiter fest: "Die schleswig-holsteinische Atomaufsicht steht in engem Kontakt mit dem Bundesumweltministerium und hat noch in der Nacht die Unterlagen übermittelt. Dabei hat die Atomaufsichtsbehörde auch darauf hingewiesen, dass es bei der technischen Beschreibung der Stromversorgung im Bericht eine Unstimmigkeit gibt. Die Betreiberin [Vattenfall Europe]  hat eine sofortige Berichtigung zugesagt."

Vattenfall Europe: "Wir haben belegt, dass die Notstromversorgung in Brunsbüttel in allen denkbaren Fällen gesichert ist"

In einer Pressemitteilung von Vattenfall Europe vom 21.09.06 teilt der Atomkraft-Konzern mit, daß die Notstromversorgung" laut Geschäftsführer Bruno Thomauske "in Brunsbüttel in allen denkbaren Fällen gesichert ist". Wir dokumentieren diese Pressemitteilung von Vattenfall Europe im vollständigen Wortlaut:

Vattenfall in der Pressemitteilung: "Die Vattenfall Europe Nuclear Energy GmbH (VENE) hat umfassende Nachweise zur gesicherten Notstromversorgung im Kernkraftwerk Brunsbüttel vorgelegt. Ein entsprechender Bericht ist am Mittwoch [20.09.06] dem Kieler Sozialministerium als zuständiger Aufsichtsbehörde übergeben worden. „Wir haben belegt, dass die Notstromversorgung in Brunsbüttel in allen denkbaren Fällen gesichert ist“, sagte VENE-Geschäfstführer Bruno Thomauske. Die in dem Bericht behandelten Fragen hatten sich aus dem Störfall im schwedischen Kernkraftwerk Forsmark Ende Juli ergeben. Dort hatten am 25. Juli nach einem Kurzschluss im externen Stromnetz Teile der Notstromversorgung versagt. Ursache war eine kurzzeitige elektrische Überspannung im internen Stromnetz des Kraftwerks. In den vergangenen Wochen ist untersucht worden, wie sich derartige Überspannungen auf das Notstromsystem im Kernkraftwerk Brunsbüttel auswirken könnten. Die Versuche, Messungen und Simulationen von Herstellerfirmen und anderen Experten haben ergeben, dass eine Überspannung die Notstromversorgung in Brunsbüttel nicht beeinträchtigen würde. Die Ergebnisse der Untersuchungen sind in dem Bericht an die Aufsichtsbehörde zusammengefasst. „Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht“, sagte Johannes Altmeppen, Leiter der Konzernkommunikation bei Vattenfall Europe. „Die Bewertung liegt jetzt bei der Aufsichtsbehörde.“ 

"Die Notstromversorgung eines Kernkraftwerks" wie im AKW Brunsbüttel, so Vattenfall weiter, "soll sicherstellen, dass der Reaktor bei einer Störung weiterhin gekühlt werden kann; Strom ist beispielsweise für den Betrieb der Kühlwasserpumpen nötig. Das Kernkraftwerk Brunsbüttel hat dafür ein System, in dem wichtige Komponenten mehrfach vorhanden sind (Redundanz) und unterschiedliche Technik zum Einsatz kommt (Diversität). Die Versorgung des Kraftwerks mit Strom für den Eigenbedarf erfolgt im Normalfall aus dem Verbundnetz, in das das Kraftwerk seine Produktion auch einspeist. Kommt es, wie im schwedischen Forsmark, zu einem Kurzschluss, durch den das Kraftwerk von diesem Netz getrennt wird, nutzt die Anlage den selbst produzierten Strom aus dem eigenen Generator." Vattenfall erläutert weiter: "Sollte dieser ausfallen, wird auf ein externes Reservenetz umgeschaltet. Gleichzeitig starten vorsorglich die Notstrom-Dieselaggregate. Ist die Versorgung durch das Reservenetz nicht möglich, werden zwei der drei vorhandenen Notstromdiesel zugeschaltet. Der dritte Diesel kommt zum Einsatz, wenn einer der anderen beiden Diesel nicht starten sollte. Fallen zwei Diesel aus, wird der Notstrom durch einen einzigen Diesel erzeugt. Sollten alle Diesel ausfallen, kann die Notstromversorgung über eine Gasturbine des benachbarten Gasturbinenwerks sichergestellt werden. Wenn diese Turbine nicht startet, sind drei weitere Gasturbinen gleicher Größe in Reserve. Wenn sämtliche Gasturbinen versagen, kann die Anlage über das Unabhängige Notstandssystem (UNS) in einem sicheren Zustand gehalten werden. Das UNS ist eine räumlich vom Kraftwerk getrennte Ersatzsteuerzentrale, die von einem zusätzlichen Notstromdiesel versorgt wird. Ein zweiter Diesel steht in Reserve zur Verfügung."

Im Hinblick auf den schweren Störfall im schwedischen AKW Forsmak-1 am 25.07.06 äußert sich Vattenfall Europe in der Pressemitteilung: "Für eine jederzeit gesicherte Stromversorgung sind elektrische Anlagen in Kernkraftwerken mit leistungsstarken Batterien ausgestattet, die mögliche Unterbrechungen der Versorgung verhindern. Batterien liefern Gleichstrom, während der Generator Wechselstrom produziert. Um die einzelnen Geräte der Anlagentechnik mit dem für sie erforderlichen Strom in der nötigen Spannung zu versorgen, wird der Strom auf verschiedene Schienen verteilt. Zur Umwandlung von Gleichstrom in Wechselstrom werden zwischen diesen Schienen so genannte Wechselrichter eingesetzt; Gleichrichter wandeln Wechselstrom in Gleichstrom um. Beim Störfall im Kernkraftwerk Forsmark hat eine durch den Kurzschluss im Netz entstandene kurzzeitige Überspannung zur Abschaltung von zwei der für die Notstromversorgung erforderlichen Wechselrichter geführt. Dadurch starteten zwei der in Forsmark vorhandenen vier Notstromdiesel nicht automatisch. Aus Anlass des Störfalls in Forsmark hat das schleswig-holsteinische Sozialministerium als zuständige Aufsichtsbehörde den Betreiber des Kernkraftwerks Brunsbüttel in einem Gespräch am 29. August in Kiel aufgefordert, die Auswirkung möglicher Überspannungen auf die Notstromversorgung zu untersuchen. Dabei sollten auch Fälle höherer Überspannung als in Forsmark aufgetreten geprüft werden. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sollten bis zum 20. September vorgelegt werden und wurden am Mittwoch [20.09.06] fristgemäß übergeben."

Vattenfall Europe weiter zu den durchgeführten Untersuchungen und Ergebnissen: "Zur Beantwortung der Fragen haben externe Experten den Verlauf möglicher Überspannungen im Kernkraftwerk Brunsbüttel untersucht. Beteiligt waren die AEG Power Supply Systems GmbH und die Steinbeis GmbH & Co. für Technologietransfer. In technischen Versuchen und durch Simulationsrechnungen wurde ermittelt, welche Überspannungswerte im Notstromsystem des Kernkraftwerks Brunsbüttel an den Wechselrichtern wirksam werden können. Zusätzlich wurden Daten anderer Kraftwerke und Messungen aus einem früheren Kurzschluss-Ereignis in Brunsbüttel ausgewertet. Die unterschiedlichen Untersuchungen haben ergeben, dass eine Überspannung im Notstromsystem des Kernkraftwerks Brunsbüttel in keinem Fall zu einer Abschaltung oder zum Ausfall von Wechselrichtern führen kann. Damit kann der gleichzeitige Ausfall von Wechselrichtern nach einem Kurzschluss im Netz und Überspannung, wie in Forsmark aufgetreten, ausgeschlossen werden. Die gesicherte Notstromversorgung ist damit – auch unabhängig von der zusätzlichen Sicherung durch das Unabhängige Notstandssystem UNSgewährleistet. „Die Bearbeitung dieser komplexen Fragestellung in der kurzen Zeit war eine anspruchsvolle Aufgabe“, sagte VENE-Geschäftsführer Thomauske. „Mit Hilfe der Herstellerfirma und weiterer externer Experten konnten wir eine sorgfältige Bearbeitung vorlegen. Ich erwarte, dass die Sachverständigen der Aufsichtsbehörde den Bericht jetzt sorgfältig prüfen werden. Für die weitere umfassende Aufarbeitung der Fragen stehen wir selbstverständlich zur Verfügung.“"

Nachrichtenagentur AP: Brunsbüttel auch bei schlimmerem Zwischenfall als in Schweden sicher

Die Nachrichtenagentur AP zitierte dazu Vattenfall Europe in einer Meldung vom 21.09.06 um 16:57 Uhr u.a.: "Das umstrittene Kernkraftwerk Brunsbüttel ist laut Betreiber auch dann sicher, wenn eine doppelt so hohe Überspannung wie beim Zwischenfall im schwedischen Atomreaktor Forsmark entstünde. Technische Versuche und Simulationsrechnungen hätten eine Wirksamkeit des Notstromsystem auch bei einer maximalen Überspannung von 40 Prozent nachgewiesen, teilte der Stromkonzern Vattenfall am Donnerstag in Hamburg mit. In Forsmark betrug die Überspannung laut Vattenfall 20 Prozent." AP in der Meldung weiter:  "«Der Vorfall in Forsmark ist von einer Überspannung von 20 Prozent ausgelöst worden», erklärte Thomauske von Vattenfall. Die Anlage in Brunsbüttel sei aber immer schon auf Ereignisse bis zu einer Überspannung von 25 Prozent ausgelegt gewesen. Die Sicherheit des Kraftwerks Brunsbüttel habe daher nie in Frage gestanden."  

19. September 2006
Protestaktion von RobinWood am AKW Brunsbüttel: Strommast besetzt - Stillegung gefodert

Von RobinWood wird in einer Pressemitteilung vom 19.09.06 zum AKW Brunsbüttel mitgeteilt: "ROBIN WOOD hat heute [19.09.06] die schleswig-holsteinische Atomaufsicht aufgefordert, Vattenfall wegen unzureichender Zuverlässigkeit und mangelnder Fachkunde die Betriebsgenehmigung für das AKW Brunsbüttel zu entziehen und den Meiler stillzulegen. Um dieser Forderung öffentlich Geltung zu verschaffen, sind vier ROBIN WOOD-AktivistInnen heute Vormittag auf einen Strommasten am AKW-Gelände in Brunsbüttel geklettert und haben dort in etwa 25 Meter Höhe ein großes Transparent mit der Aufschrift "Noch mehr Störfälle???" und einer Anti-Atom-Sonne entrollt."
"Am 25. Juli dieses Jahres wäre es nach einem Stromausfall in dem ebenfalls von Vattenfall betriebenen, schwedischen AKW Forsmark beinahe zu einer Kernschmelze gekommen, die katastrophale Folgen für Nord- und Mitteleuropa gehabt hätte", so RobinWood in der Pressemitteilung weiter. "Bis heute hat Vattenfall keinen Nachweis erbracht, dass ein ähnlicher Störfall im Atommeiler Brunsbüttel nicht passieren kann. Dennoch ist der Reaktor weiter am Netz."
Von RobinWood wird festgestellt: "Vattenfall hatte zunächst behauptet, dass wegen der Gleichstromversorgung der Notstromdiesel im AKW Brunsbüttel eine Situation wie in Schweden hier nicht eintreten könne. Dies war eine Falschinformation. Erst auf Druck der Öffentlichkeit gestand der Konzern Wochen später ein, dass die Notstromversorgung der Atommeiler Brunsbüttel und Forsmark in wesentlichen Teilen baugleich sind." Weiter wird von RobinWood mitgeteilt: "Anfang September folgte dann die Ankündigung Vattenfalls, die Notstrom-Versorgung des Meilers Brunsbüttel durch den Einbau eines Signalgebers nachzubessern. Vattenfall hat jedoch nicht vor, die Stromversorgung auf Gleichstrom umzustellen - so wie dies in allen anderen Reaktoren in Deutschland der Fall ist."
"Wie oft darf ein Betreiber eigentlich die Öffentlichkeit in die Irre führen und die Sicherheit der Menschen aufs Spiel setzen, bis die Atomaufsicht endlich eingreift?", diese Frage stellt Bettina Dannheim, Energiereferentin von ROBIN WOOD, in der Pressemitteilung. "Wir erwarten von Ministerin Trauernicht, dass sie endlich Konsequenzen zieht und den Weiterbetrieb des AKW Brunsbüttel untersagt." RobinWood ruft in Erinnerung: "Morgen [20.09.06] läuft eine Frist ab, die die schleswig-holsteinische Aufsichtsbehörde unter Leitung von Sozialministerin Gitta Trauernicht (SPD) Vattenfall eingeräumt hat, um die erforderlichen Unterlagen, u.a. zum Sicherheitsmanagement des AKWs Brunsbüttel vorzulegen."
"Dass es im AKW auf allen Betriebsebenen große 'Defizitcluster' bei der Fachkunde und der Zuverlässigkeit des Betreibers gibt, weiß die Atomaufsicht nicht erst seit dem Forsmark-Störfall. Zu diesem Schluss waren bereits Gutachten gekommen, die nach der gefährlichen Wasserstoffexplosion nahe des Reaktordruckbehälters im Jahr 2002 erstellt worden waren. Der Reaktor war damals für 12 Monate vom Netz genommen worden."
"Vattenfall-Vorstand Reinhardt Hassa hat" laut RobinWood "nach dem Störfall in Forsmark die Flucht nach vorn angetreten. Er kündigte in Interviews an, sein Konzern werde eine Laufzeitverlängerung für den Schrott-Reaktor beantragen. Das wäre ein Bruch mit der 'Atomkonsens'-Vereinbarung, die vorsieht, dass Brunsbüttel als einer der ältesten Reaktoren in Deutschland noch in dieser Legislaturperiode vom Netz geht." 
"ROBIN WOOD empfiehlt allen KundInnen, Vattenfall für diese Provokation die Rote Karte zu zeigen und zu einem Öko-Stromanbieter zu wechseln - am besten noch heute," so die Pressemitteilung von RoWo abschließend.

Über die Aktion von RobinWood am 19.09.06 am AKW Brunsbüttel wird von der Nachrichtenagentur ddp am 19.09.06 gemeldet: "Mit einer Protestaktion am schleswig-holsteinischen Atomkraftwerk Brunsbüttel haben Aktivisten der Umweltorganisation Robin Wood die Schließung des Meilers gefordert. Vier Mitglieder erklommen am Dienstag einen Strommast am AKW-Gelände und entrollten dort in etwa 25 Meter Höhe ein Transparent mit der Aufschrift «Noch mehr Störfälle???», wie eine Sprecherin der Organisation mitteilte. Gleichzeitig habe Robin Wood die Atomaufsicht des Landes aufgefordert, AKW-Betreiber Vattenfall «wegen unzureichender Zuverlässigkeit und mangelnder Fachkunde» die Betriebsgenehmigung zu entziehen und den Meiler stillzulegen."

14. September 2006
Leiter des AKW Brunsbüttel: "Im Brunsbütteler Meiler könne sich ein Störfall wie im schwedischen Atomkraftwerk Forsmark wegen Problemen beim Notstromsystem nicht ereignen"

"Im Brunsbütteler Meiler könne sich ein Störfall wie im schwedischen Atomkraftwerk Forsmark wegen Problemen beim Notstromsystem nicht ereignen. Das hat Dr. Lutz-Peter Brandes, Leiter des Kernkraftwerkes Brunsbüttel (KKB), erklärt", so der Originaltext in den Kieler Nachrichten vom 14.09.06.
In den Kieler Nachrichten wird Dr. Lutz-Peter Brandes weiter mit den Worten zitiert: "
'Die beiden Atomkraftwerke sind zwar gleichen Typs, sie weisen aber technische Unterschiede auf. Ein Störfall wie im schwedischen Kernkraftwerk ist hier ausgeschlossen', betonte Dr. Brandes am Dienstagabend beim „Klönschnack am Deich“, den das KKB einmal im Jahr veranstaltet. Vertretern der heimischen Unternehmen und Institutionen soll hier ein Gesprächsforum in lockerer Atmosphäre geboten werden."
"Bevor die weit mehr als 100 Gäste ausgiebig am Büfett plauderten, ging Dr. Brandes in seiner Begrüßungsansprache natürlich auf die aktuelle Diskussion um die Sicherheit des KKB [AKW Brunsbüttel] ein, die durch den Störfall in Forsmark entfacht wurde", so die Kieler Nachrichten weiter. "Der Verband Deutsche Umwelthilfe (DUH) hält den Atommeiler in Brunsbüttel für ein Sicherheitsrisiko und fordert die sofortige Abschaltung. Die Betreiberin, Vattenfall Europe, bestreitet, dass das Notstromsystem Sicherheitsmängel aufweist: Brunsbüttel habe eine gesicherte Notstromversorgung für alle denkbaren Störfälle. Dr. Brandes: 'Erste Informationen, die uns aus Schweden über den Störfall vorliegen, haben wir als Grundlage genommen, um zu prüfen, ob hier etwas Vergleichbares passieren kann. Das ist aber nicht der Fall.' Dieses Ergebnis teile auch die Aufsichtsbehörde, das Kieler Sozialministerium. Ein endgültiger Bericht des Sozialministeriums stehe allerdings noch aus."
"Bei der neuesten Untersuchung der Anlage habe man an einer Stelle „etwas gefunden, was wir verbessern wollen“. „Dabei handelt es sich aber nicht um eine konzeptionelle Änderung, sondern wirklich nur um eine Detailfrage“, so Dr. Brandes in den Kieler Nachrichten.
"Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) hat im Rahmen der Debatte um Brunsbüttel auf rechtliche Hürden hingewiesen, wenn die Laufzeit des Brunsbütteler Meilers durch Übertragung der Restlaufzeiten von jüngeren Kernkraftwerken verlängert werden soll. Würde die Übertragung von Restlaufzeiten nicht genehmigt, soll der Brunsbütteler Siedewasserreaktor im Jahr 2009 vom Netz gehen. Das ist im Atomkonsens vereinbart worden."
Gemäß dem Bericht in den Kieler Nachrichten "vermutet Dr. Lutz-Peter Brandes, dass Politiker die Diskussion um die Sicherheit des Brunsbütteler Meilers bewusst nutzen, um eine Verlängerung der Laufzeit zu verhindern."

13. September 2006
Vattenfall prüft Reststrommengen aus dem AKW Stade auf Brunsbüttel zu übertragen

Nach einem Bericht der Frankfurter Rundschau online (FR-online.de) vom 12.09.06 "sieht das Bundesumweltministerium  Überlegungen des Stromkonzerns Vattenfall zur Laufzeitverlängerung beim umstrittenen Atomkraftwerk Brunsbüttel mit großer Skepsis." FR-online.de weiter: "Laut Atomgesetz sei es zwar durchaus möglich, die festgelegten Reststrommengen - und damit Laufzeiten - von einem Kraftwerk auf ein anderes zu übertragen, sagte ein Ministeriumssprecher der FR. Sollte Vattenfall aber planen, Mengen von einem neueren Atomkraftwerk (AKW) auf Brunsbüttel zu übertragen, entspreche dies nicht dem Geist der Vereinbarung: 'Das müsste extra genehmigt werden.' Sinn der Übertragungsregelung sei es, ältere Kraftwerke mit niedrigeren Sicherheitsstandards früher vom Netz zu nehmen und dafür neuere länger laufen zulassen."

Vattenfall Europe hat inzwischen gegenüber der Frankfurter Rundschau die 'Katze aus dem Sack gelassen': Der Schrottreaktor im AKW Brunsbüttel könnte demnach länger als im Atomkonsens geplant in Betrieb bleiben, ohne daß es dagegen eine "rechtliche Handhabe" gibt. Der derzeit von Vattenfall Europe geprüfte Trick dazu: Die erforderlichen Reststrommengen für einen (zunächst zeitlich befristeten) Weiterbetrieb des AKW Brunsbüttel könnten von den nicht verbrauchten Reststrommengen aus dem vorzeitig stillgelegten AKW Stade bereitgestellt werden. - Von FR-online.de wird am 13.09.06 dazu aktuell berichtet: "Das umstrittene Atomkraftwerk Brunsbüttel könnte womöglich länger als im Atomkonsens geplant in Betrieb bleiben, ohne dass es dagegen eine rechtliche Handhabe gibt. Der Meiler, der regulär im Februar 2009 vom Netz müsste, könnte sich dazu der nicht verbrauchten Reststrommengen aus dem vorzeitig stillgelegten AKW Stade bedienen. Ein Sprecher des Betreibers Vattenfall bestätigte der FR, dass man im Zuge der Pläne für eine Laufzeitverlängerung für Brunsbüttel auch diese Möglichkeit einer Übertragung von Strommengen prüfe.
Laut FR-online.de vom 13.09.06 hatte "das AKW Stade bei seiner Stilllegung 2003 noch eine nicht genutzte Reststrommenge von 4700 Gigawattstunden übrig, die dem Eigner Eon zugeschlagen wurden. Eon ist zu einem Drittel auch an Brunsbüttel beteiligt und könnte mithilfe dieses Stromguthabens Brunsbüttel ein knappes Jahr länger laufen lassen als im Atomkonsens vereinbart. Der Meiler könnte so über die Bundestagswahl 2009 hinaus in Betrieb bleiben. Anders als Strommengenübertragungen von einem neueren auf ein älteres Kernkraftwerk, die laut Atomgesetz vom Bundesumweltministerium versagt werden können, könnte das in diesem Fall kaum unterbunden werden. Denn bei Stade handelte es sich formal um ein älteres AKW, das seine Reststrommengen an das um fünf Jahre jüngere Brunsbüttel weiter geben würde."

Kommentar: Das am 14.11.03 stillgelegte AKW Stade wurde am 24.01.1972 in Betrieb genommen, das AKW Brunsbüttel hingegen 'erst' am 13.07.1976. Damit gilt das AKW Stade nach dem sogenannten 'Atomkonsens' als das 'ältere' Atomkraftwerk. Eine Übertragung der Reststrommengen des AKW Stade (weil: 'älter') auf das AKW Brunsbüttel (weil: 'neuer') wäre nach dem derzeit geltenden Atomgesetz folglich rechtlich durchaus möglich. - Auch ohne eine "Extra-Genehmigung". - Dies entspricht zwar mit Sicherheit nicht dem 'Geist der Vereinbarung' des sogenannten 'Atomkonsens' (O-Ton Bundesumweltministerium) und damit dem Atomgesetz... Aber dies interessiert die Atomstrom-Produzenten nicht: Weil für die bekanntlich in erster Line die Profite, also Gewinne und Aktienkurse, im Vordergrund stehen.

10. September 2006
Atomkraftgegner blockierten Zufahrt zum AKW Brunsbüttel
Pressemitteilung der BI Lüchow-Dannenberg 
vom 10.09.06
Atomkraftgegner blockieren Zufahrt zum AKW Brunsbüttel
AKW Brunsbüttel stilllegen – jetzt!

Atomkraftgegner haben am Sonntagnachmittag die Zufahrt zum Atomkraftwerk Brunsbüttel blockiert. Sie wollen mit ihrer Protestaktion zum Schichtwechsel der AKW- Mannschaft bekräftigen, dass dieses Skandal-Kraftwerk keine Minute weiter laufen darf. „Die Betreiber des AKW Brunsbüttel vertuschen nicht zum ersten Mal gravierende Sicherheitsmängel, sowohl gegenüber der Öffentlichkeit, als auch gegenüber der Atomaufsicht. Wir können und wollen nicht akzeptieren, dass erst Menschen durch einen ‚GAU' zu Schaden kommen müssen, damit ein Atomkraftwerk außer Betrieb geht", so einer der Beteiligten.
„Uns reicht es! Wir fordern: Stoppt das AKW Brunsbüttel jetzt! - Wir belassen es nicht bei der Forderung, sondern wir werden uns aktiv dafür einsetzen, dass der Reaktor endlich vom Netz geht" heißt es in einer bislang von 38 Umweltinitiativen unterzeichneten „Brunsbütteler Erklärung".
„Die Stromkonzerne Vattenfall und E.on haben im „Atomkonsens" unterschrieben, das AKW Brunsbüttel an der Unterelbe bis spätestens 2009 stillzulegen", so der Text des Aufrufs, den weiter Einzelpersonen und Gruppen unterzeichnen sollen. Weiter: „Für alle Menschen im Umfeld des Pannenreaktors bedeutet diese Frist schon ein zu großes Risiko. Doch jetzt wollen die Betreiberfirmen Vattenfall und E.on sich nicht einmal mehr an diese Vereinbarung halten. Mit Unterstützung der CDU soll die Laufzeit – also die Zeit der immensen Gefahren – weiter verlängert werden."
Kaum ein anderer Reaktor in Deutschland musste so häufig auf Grund von Pannen und Störfällen vom Netz genommen werden wie das AKW Brunsbüttel. Seit Inbetriebnahme kam es immer wieder zu Schnellabschaltungen. Vattenfall deutet diese enorme Störfallserie einfach um: Wenn alle Teile schon einmal ausgetauscht wären, könne ja von einem runderneuerten AKW gesprochen werden, so die Betreiber. Doch geblieben ist das marode Herz der gesamten Anlage: der Reaktordruckbehälter. Er ist der strahlungsbedingten Versprödung am stärksten ausgesetzt. 
Erinnert wird in dem Aufruf, dass es bereits am 14. Dezember 2001 im Reaktor Brunsbüttel eine höchstgefährliche Wasserstoffexplosion gab. Dabei wurde eine Rohrleitung auf einer Länge von etwa drei Metern in unmittelbarer Nähe zum Reaktorkern zerfetzt. „Die Reaktorprüfer der schleswig-holsteinischen Atomaufsichtsbehörde kamen nach einer Kontrolle im Februar 2002 ‚leichenblass' aus dem Inneren des Reaktors zurück", wird aus einem SPIEGEL-Artikel zitiert. Ein Sprecher der mit-blockierenden BI Umweltschutz Lüchow-Dannenberg: „Bisher haben alle ‚Sicherheits'-Aussagen der Atomiker erheblich geringere ‚Halbwertszeiten' als die Entdeckung der Kernspaltung an sich. So stürzt eine als ‚Endlager' für schwach- und mittelaktiven Atommüll deklarierte Salzgrube in sich zusammen (Morsleben) oder säuft ab (Asse bei Wolfenbüttel, in dem mehr als 125.000 Atommüllfässer abgekippt worden sind). Auch der Gorlebener Salzstock steht in direktem Kontakt mit grundwasserführenden Kiesschichten – niemand kann für solche „End"-Lager die geforderte Sicherheit von einer Million Jahren garantieren!" Dennoch sollen Atomkraftwerke weiterlaufen, obwohl weiltweit niemand weiß, wohin mit deren Müll. „Wir werden uns das nicht weiter bieten lassen, und stellen uns quer – hier in Brunsbüttel, beim CASTOR-Transport im November nach Gorleben, vor der Urananreicherungsanlage in Gronau, am Schrott-AKW Biblis und überall", so die BI. „Wie die Ära Rot/Grün gezeigt hat, kann nur der ‚Druck der Straße' einen Atomausstieg wirklich voranbringen!"

Bilder unter: http://de.indymedia.org//2006/09/156823.shtml

Kontakt:
Dieter Metk, BI Umweltschutz Lüchow-Dannenberg,
vor Ort mobil: 0170 / 263 77 82
AKS –Aktionskreis Stillegen Brunsbüttel
Tel.: 04829- 70 80

( 10.09.2006 Atomkraftgegner blockieren Zufahrt zum AKW Brunsbüttel )  

Nachrichtenagentur ddp vom 10.09.06, 16:58 Uhr: "Atomkraftgegner haben am Sonntag vorübergehend die Zufahrt zum Atomkraftwerk Brunsbüttel blockiert. Die Polizei sprach von einer friedlichen Aktion im «kleinen Rahmen» mit 22 Teilnehmern. Auf einem Spruchband forderten sie die sofortige Abschaldung des Kernkraftwerks. Unterdessen erneute auch die stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Bärbel Höhn, ihre Forderung, den Meiler an der Unterelbe stillzulegen bis offene Sicherheitsfragen geklärt sind.
Brunsbüttel dürfe «keine Minute länger laufen», betonte die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, die sich an der Aktion beteiligte. Die AKW-Betreiber würden gravierende Sicherheitsmängel vertuschen. Kaum ein anderer Reaktor in Deutschland habe so häufig wegen Pannen vom Netz genommen werden müssen wie das AKW Brunsbüttel.

Zu Berichten, wonach der Betreiber Vattenfall eine längere Laufzeit für den Atommeiler prüfe, sagte Höhn: Bis heute habe Vattenfall für Brunsbüttel den von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) bereits bis zum 28. August geforderten Sicherheitsnachweis nicht liefern können. Vattenfall wolle jetzt eine Umstellung im Produktionsprozess vornehmen, um einen Fehler beim Wechselstrom wie in Forsmark auszuschließen. Das bedeutet, dass Vattenfall von der Sicherheit seines eigenen Atomkraftwerkes nicht überzeugt sei, betonte sie.
Es könne nicht sein, dass Deutschland niedrigere Sicherheitsstandards als in Schweden gelten, sagte die Grünen-Politikerin. Während in Deutschland ein Reaktor, der bereits mehrfach durch gravierende Sicherheitsmängel in die Kritik geraten sei, am Netz bleiben dürfe, werde in Schweden konsequent abgeschaltet.
Der Meiler an der Unterelbe war jüngst in die Kritik geraten, nachdem die Deutsche Umwelthilfe ähnliche Mängel wie beim Kraftwerk im schwedischen Forsmark ausgemacht hatte. Brunsbüttel soll nach dem Atomkonsens Anfang 2009 vom Netz gehen."

Nachrichtenagentur AP vom 10.09.06, 15:49 Uhr: "Rund 25 Atomkraftgegner haben am Sonntagmittag die Zufahrt zum Reaktor Brunsbüttel blockiert. Auf Transparenten forderten sie eine sofortige Abschaltung des Kraftwerks, wie ein Polizeisprecher berichtete. Aktueller Anlass sind nach Angaben der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg (BI) Überlegungen des Betreibers Vattenfall, möglicherweise eine Laufzeitverlängerung für den umstrittenen Atommeiler zu beantragen.
Vattenfall-Vorstand Reinhardt Hassa hatte in der «Frankfurter Rundschau» argumentiert, diese Möglichkeit sei im 2001 geschlossenen Atomkonsens für den Fall vorgesehen, dass Strommengen von anderen Atomkraftwerken auf Brunsbüttel übertragen werden.
Die Demonstranten vor dem Meiler in Schleswig-Holstein warfen Vattenfall dagegen vor, sowohl gegenüber der Öffentlichkeit als auch gegenüber der Atomaufsicht gravierende Sicherheitsmängel zu vertuschen und mit einer Verlängerung der Laufzeit auch «die Zeit der immensen Gefahren» für alle Menschen in der Umgebung zu verlängern. In einer von 38 Umweltinitiativen unterzeichneten Erklärung wurde daher der sofortige Stopp des AKW verlangt.
Die Polizei sprach von einer friedlichen Blockade: «So lange das so friedlich bleibt, brauchen wir auch nicht einzugreifen», sagte ein Sprecher."
 

10. September 2006
Deutsche Umwelthilfe nennt Vattenfall-Pläne zur Laufzeitverlängerung des AKW Brunsbüttel 'Zynismus pur'

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) nennt Vattenfall-Pläne zu Brunsbüttel in einer Presseerklärung vom 10.09.06Zynismus pur“. Laut der Deutschen Umwelthilfe will der Reaktorbetreiber [Vattenfall Europe] den Problemreaktor in Brunsbüttel länger als im Atomkonsens vereinbart betreiben - Auch 2004 war Brunsbüttel Schauplatz eines kritischen Störfalls - Brand an „gealterten“ Kabeln legte Strom-Eigenversorgung des Reaktors lahm und löste umfangreiche Austauscharbeiten aus - DUH Bundesgeschäftsführer Rainer Baake: „Dieser Reaktor ist erst sicher, wenn er endgültig abgeschaltet ist.

"Mitten hinein in die öffentliche Debatte über die Sicherheitsdefizite im Notstromsystem des Problemreaktor Brunsbüttel hat der Vattenfall-Konzern seine Entschlossenheit bekräftigt, den Meiler über das Jahr 2009 hinaus zu betreiben", so die DUH in ihrer Pressemitteilung. "In einem Interview mit der Frankfurter Rundschau vom Samstag [09.09.06] erklärte Vattenfall-Vorstand Reinhardt Hassa, sein Unternehmen plane einen entsprechenden Antrag im nächsten Jahr. Brunsbüttel könne wie andere Atomkraftwerke40 oder sogar 60 Jahre sicher laufen.“ Vattenfall platziert seine Ankündigung noch bevor der Konzern die von der Atomaussicht verlangten Nachweise über die Ausfallsicherheit von Wechselrichtern und Antworten auf Fragen nach dem Sicherheitsmanagement erbracht hat."
Die DUH stellt hingegen fest: „Der Konzern provoziert die Öffentlichkeit und er zeigt, dass in der Konzernzentrale Zynismus pur regiert“, erklärte DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer Baake. Er erinnerte daran, dass im Atomkonsens und im Atomgesetz als Regelfall die Übertragung von Strommengen von älteren auf neue Reaktoren vorgesehen sei. Grund sei der schlechtere Sicherheitszustand von alten Reaktoren wie Brunsbüttel. Wenn Vattenfall jetzt den umgekehrten Weg gehen wolle, dann zeige diese, wie es um die Sicherkultur dieses Unternehmens bestellt sei."
"Auch Hassas Begründung, es sei falsch Atomkraftwerke abzuschalten, die „preiswert Elektrizität liefern“", so die DUH weiter, "könne angesichts der jüngsten Preiserhöhungen für Privat- und Gewerbekunden in Berlin und Hamburg zum 1. Mai 2006 „nur mit Kopfschütteln quittiert“ werden. „Vattenfall und die anderen Atomkraftbetreiber produzieren den Strom in ihren abgeschriebenen Meilern zwar preiswert, aber sie verkaufen ihn teuer“. Auch das sei ein Grund, warum viele Deutsche von der Dominanz der Atomkonzerne genug hätten, erklärte Baake."
"Unwahr ist auch Hassas Erklärung, das Atomkraftwerk Brunsbüttel laufe seit der Wiederinbetriebnahme im März 2003 „unbeanstandet“", so die DUH in ihrer Pressemitteilung. - "Diese Behauptungist nicht einmal die halbe Wahrheit“, sagte Gerd Rosenkranz, der Leiter Politik und Öffentlichkeit der DUH. Erst im März 2006 hatte die schleswig-holsteinische Landesregierung in der Antwort auf eine Anfrage im Landtag erklärt, in „über 200 Prüfberichten“ von Sachverständigen seien „über 650 offene Fragen mit unterschiedlichen Inhalten ausgewiesen“". Die DUH stellt fest: "Der Öffentlichkeit wurden diese Sicherheitsdefizite bis heute nicht zugänglich gemacht. Hassa verschweigt auch einen Kabelbrand in der Strom-Eigenbedarfsversorgung des Kraftwerks, der am 23. August 2004 zu einer Reaktorschnellabschaltung und einem erneuten Stillstand der Anlage von 63 Tagen führte. Wegen „Alterungseffekten an Kabeln und PVC-Isolierungen“, die als Auslöser des Brandes galten, mussten anschließend alle vergleichbaren Kabel ausgewechselt werden. Dem Jahresbericht 2004 über „Meldepflichtige Ereignisse“ in deutschen Atomanlagen (nachzulesen im Internet-Auftritt des Bundesamts für Strahlenschutz, BfS) ist zu entnehmen, dass der Kabelbrand als „Eilmeldung“ der Stufe 1 der INES-Skala (International Nuclear Event Scale) eingestuft wurde. Das Feuer war damit eines der beiden kritischsten Ereignisse in einer deutschen Atomanlage im Jahr 2004 (von 154 Ereignissen insgesamt)." Zum Vergleich: Der dramatische Forsmark-Unfall wird bisher als INES-Stufe 2 eingestuft."
Die DUH in ihrer Pressemitteilung weiter: "Baake erinnerte daran, dass der Reaktor in Brunsbüttel im Dezember 2001 Schauplatz eines der schwersten Unfälle in einem deutschen Atomkraftwerk war, als eine Wasserstoffexplosion in unmittelbarer Nachbarschaft des Reaktorbehälters eine Rohr zerfetzte. Damals hatte der später von Vattenfall übernommene Betreiber HEW den Reaktor noch zwei Monate weiterbetrieben, bevor eine von den Atomaufsichtsbehörden erzwungene Begehung des Sicherheitsbehälters das ganze Ausmaß der Explosion offenbarte. Der Kraftwerksdirektor musste gehen. Nur Monate später offenbarten Störfallsimulationen mit einem neuen Simulator, dass das Notstromsystem des Kraftwerks Brunsbüttel eine ganze Reihe von Störfällen nicht wie vorgesehen beherrschen würde. Die Planungs- und Umsetzungsfehler waren zuvor seit der Inbetriebnahme 1976 niemandem aufgefallen. Auch nach der nachträglichen Herstellung des Zustandes, auf der die Betriebsgenehmigung aus den achtziger Jahren basierte, bescheinigte die Reaktorsicherheitskommission (RSK) der Bundesregierung dem Notstromsystem in Brunsbüttel massive Defizite. Anlässlich einer Sondersitzung stellte die RSK im März 2003 fest, dass selbst mit dem Austausch des defizitären Sicherheitsleitsystems gegen ein hochmodernes Systemkein Sicherheitsgewinn verbunden ist, da dies die Defizite im Anlagenkonzept hinsichtlich des Aufbaus der Notstromversorgung nicht ausgleicht.“"
"Auch das Atomkraftwerk Forsmark, das Ende Juni nur knapp einer Katastrophe entging, wies massive Sicherheitsprobleme im Notstromsystem auf. Betreiber wie in Brunsbüttel: Vattenfall", so der Wortlaut der DUH-Pressemitteilung. "Bei der Überprüfung der deutschen Kraftwerke in der Folge des Forsmark-Unfalls, hatte der Meiler in Brunsbüttel mit Abstand die größten Probleme nachzuweisen, dass Vergleichbares wie in Forsmark an der Elbe nicht geschehen könnte. Der Konzern verbreitete zwei Wochen lang objektive Falschinformationen über das Notstromsystem, korrigierte sich dann, erklärte den Reaktor gleichwohl für sicher und bot der Atomaufsicht schließlich einen Umbau des Notstromsystems an. Dazu jetzt Hassa gegenüber der FR: „Eigentlich nicht nötig, bringt aber noch mehr Beruhigung.“"
"Baake: „Dieses Unternehmen kommt voraussichtlich erst zur Besinnung, wenn ein katastrophaler Unfall geschieht. Soweit darf es nicht kommen, Dieser Reaktor ist erst sicher, wenn er endgültig abgeschaltet ist.“, so die Deutsche Umwelthilfe e.V. in ihrer Pressemitteilung abschließend.
 

09. September 2006
AKW Brunsbüttel: Laufzeitverlängerung durch Übertragung von Reststrommengen aus dem AKW Stade?

"Der Energiekonzern Vattenfall erwägt einen Antrag auf Laufzeitverlängerung für sein umstrittenes Atomkraftwerk Brunsbüttel", so die Nachrichtenagentur Reuters in einer Meldung vom 09.09.06. "'Wir prüfen, Brunsbüttel länger laufen zu lassen, indem wir Strommengen von anderen Kraftwerke auf diese Anlage übertragen', sagte Vattenfall-Europe-Vorstand Reinhardt Hassa der 'Frankfurter Rundschau' vom Samstag. Darüber werde voraussichtlich 2007 entschieden." Laut Reuters "reicht die Regellaufzeit von Brunsbüttel bis Anfang 2009." 
Aber: "Vattenfall kann Strommengen aus dem bereits stillgelegten Reaktor Stade nach dem Atomkonsens auf Brunsbüttel übertragen und braucht dafür keine gesonderte Genehmigung der Regierung", so der Wortlaut der Meldung von Reuters. "Somit könnte Brunsbüttel über die Wahlperiode hinaus länger laufen. Voraussetzung ist dafür allerdings, dass Vattenfall sich bei den Reststrommengen mit E.ON verständigt, mit dem Stade zusammen betrieben wurde."

Verbleibende Reststrommenge des stillgelegten AKW Stade

E.ON Kernkraft verfügt noch vom abgeschalteten Atomreaktor in Stade über ein knappes Jahr freie Restlaufzeit. - Nach Angabe der Umweltorganisation Robin Wood beträgt die Reststrommenge des AKW Stade laut dem 'Atomkonsens' 4,79 Terawattstunden (TWh). Diese verbliebene Reststrommenge kann vom Betreiber E.ON Kernkraft noch auf andere AKW übertragen werden. - Nach einem Artikel in der Gorleben Rundschau vom April 2005 sind 4786 Gigawattstunden (GWh) Restmenge des AKW Stade noch in die Reststrommenge anderer Kraftwerke des selben Betreibers zu übertragen, da Stade vor dem Verbrauch seiner gesamten Reststrommenge stillgelegt wurde. - Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) beziffert die verbleibende Reststrommenge für das am 14.11.03 stillgelegte AKW Stade exakt mit 4785,53 GWh.  

09. September 2006
Vattenfall prüft längere Laufzeit für das AKW Brunsbüttel

Die Nachrichtenagentur dpa meldet am 09.09.06: "Der Energiekonzern Vattenfall prüft für den umstrittenen Atommeiler Brunsbüttel in Schleswig-Holstein eine längere Laufzeit als im Energiekonsens vorgesehen." "Vorstand Reinhardt Hassa sagte der «Frankfurter Rundschau», eine Entscheidung darüber werde das Unternehmen im nächsten Jahr fällen", so dpa weiter. "Der Konzern werde in diesem Fall beantragen, Strommengen von anderen Atomkraftwerken auf Brunsbüttel zu übertragen, wie es der von Rot-Grün mit den Betreibern geschlossene Atomkonsens ermögliche."

Vattenfall-Vorstandsmitglied Reinhardt Hassa: "Brunsbüttel kann länger laufen"

Zur Person: Nach Darstellung von Vattenfall Europe wurde Dipl.-Ing. Reinhardt Hassa am 29. Juni 2005 mit Wirkung ab 1. Januar 2006 zum Mitglied des Vorstands der Vattenfall Europe AG bestellt und ist verantwortlich für das Ressort Erzeugung. Zugleich ist er Sprecher des Vorstands der Vattenfall Europe Generation Verwaltungs-AG und der Vattenfall Europe Mining AG.

In einem Interview mit der Frankfurter Rundschau (FR, Ausgabe vom 09.09.06) äußert sich Vattenfall-Vorstandsmitglied Reinhardt Hassa zu einer Laufzeitverlängerung des AKW Brunsbüttel:
FR: "Brunsbüttel muss laut dem Atomkonsens in drei Jahren abgeschaltet werden."
Reinhard Hassa: "Ich halte es für falsch, Atomkraftwerke abzuschalten, die preiswert und klimafreundlich Elektrizität liefern, während allgemein über zu hohe Strompreise geklagt wird. Wir prüfen, Brunsbüttel länger laufen zu lassen, indem wir Strommengen von anderen Kraftwerken auf diese Anlage übertragen. Der Atomkonsens ermöglicht das. Wir werden voraussichtlich 2007 darüber entscheiden. AKW können nicht nur 32 Jahre, sondern auch 40 oder sogar 60 Jahre sicher laufen."

Vattenfall-Vorstandsmitglied Reinhardt Hassa nimmt in dem Interview mit der FR auch zu Fragen über die Sicherheit im AKW Brunsbüttel aus der Sicht des Vattenfall-Konzerns Stellung:
FR: "Herr Hassa, haben wir in Deutschland die sichersten Atomkraftwerke der Welt?"
Reinhardt Hassa: "Unsere Atomkraftwerke sind sicher. Sie sind klar mit an der Weltspitze. Aber ich maße mir nicht an zu sagen: Sie sind sicherer als etwa die der Franzosen."
FR: "Gilt das auch für die alten Anlagen, etwa für das umstrittene AKW Brunsbüttel?"
Reinhardt Hassa: "Die Anlagentechnik ist, je nach Baujahr, teilweise unterschiedlich. Aber ich garantiere: Das Sicherheitsniveau liegt in Brunsbüttel nicht niedriger als anderswo."
FR: "Brunsbüttel hat nur drei, nicht vier Notstromdiesel wie moderne Reaktoren. Die Reaktorsicherheitskommission des Bundes hat geurteilt: Die Notstromversorgung in Brunsbüttel entspreche nicht 'dem Stand von Wissenschaft und Technik'. Und sie lasse sich auch nicht auf modernen Stand bringen. Das lässt Sie gut schlafen?"
Reinhardt Hassa: "Ich schlafe gut. Wir haben in Brunsbüttel ein ausgefeiltes, mehrstufiges Konzept für die Notstromversorgung. Das macht einen Vorfall wie in Forsmark unmöglich, der die aktuelle Sicherheitsdebatte ausgelöst hat."
FR: "Ein AKW wie in Brunsbüttel würde heute nicht mehr genehmigt."
Reinhardt Hassa: "Die Frage ist hypothetisch. Es geht doch darum, ob Brunsbüttel sicher ist. Und Brunsbüttel ist sicher. Auch die zuständige Aufsichtsbehörde in Kiel sieht offenbar keinen Grund für eine Abschaltung. Sonst hätte sie diese verfügt. Die Anlage ist nach einem langen Stillstand wegen einer Wasserstoffexplosion im Jahr 2001 repariert und saniert worden. Sie läuft seither unbeanstandet."
FR: "Nach dem Forsmark-Störfall hieß es: In hiesigen AKW gibt es keine Notsysteme mit Wechselrichter, wie sie dort versagten. Das war falsch. Es gibt sie in Brunsbüttel. Kannte Vattenfall die eigene Anlage nicht?"
Reinhardt Hassa: "Natürlich kennen wir sie. Hier hat es ein Missverständnis gegeben. Die Beunruhigung ist nicht in der Genehmigungsbehörde entstanden. Hier sind die Informationswege sauber eingehalten worden. Dafür aber entstand in der bei diesem Thema zu Recht aufmerksamen Öffentlichkeit ein falscher Eindruck. Das ist bedauerlich. Die Hauptaussage von damals stimmt aber weiter: Die Anlage ist sicher, einen Störfall wie in Forsmark kann es bei uns nicht geben, weder in Brunsbüttel noch in anderen Reaktoren."
FR: "Sie haben nun angekündigt, dass das Notstromsystem nachgerüstet werden soll. Wieso eigentlich, wenn es doch so sicher ist?"
Reinhardt Hassa: "Nach dem Forsmark-Vorfall haben wir das Notstromsystem noch einmal gecheckt. .Wir haben uns entschlossen, einen zusätzlichen Signalgeber einzubauen - für den Fall, dass mehrere Wechselrichter ausfallen."
FR: "Das soll ja nicht vorkommen können."
Reinhardt Hassa: "Richtig, bereits ohne diese Maßnahme ist die Stromversorgung gesichert. Es ist wie ein viertes oder fünftes Ersatzrad im Auto: eigentlich nicht nötig, bringt aber noch mehr Beruhigung."
FR: "Es gab keinen Druck aus Kiel oder von Bundesumweltminister Gabriel?"
Reinhardt Hassa: "Nein. Niemand, der sich bisher kritisch über Brunsbüttel geäußert hat, hat mit uns direkt Kontakt aufgenommen. Wir arbeiten mit der Kieler Behörde gut zusammen, die für uns zuständig ist."
FR: "Es soll im Kieler Ministerium eine Liste mit 260 Nachrüstforderungen geben."
Reinhardt Hassa: "Es sind Punkte, wie sie bei den in allen Kernkraftwerken üblichen periodischen Sicherheitsprüfungen auftauchen. Falls es 260 waren, sind es heute höchstens 40, und daran wird gearbeitet. Eine ganz normale Sache."

FR-Kommentar zum AKW Brunsbüttel: Ein Vertrauens-GAU

In der Frankfurter Rundschau (FR) vom 09.09.06 kommentiert Vera Gaserow: "Man muss sich den Satz auf der Zunge zergehen lassen: 'Ein Störfall wie im schwedischen Forsmark ist im Kernkraftwerk Brunsbüttel ausgeschlossen.' Schnee von gestern, diese offizielle Versicherung, vom Betreiber Vattenfall selbst ad absurdum geführt. Denn der Störfall ist längst eingetreten. Keine atomare Katastrophe zum Glück. Aber ein handfester Vertrauens-GAU, der sich zum Sicherheitsrisiko auswächst. Empört hatte Vattenfall dementiert, dass sein Brunsbütteler Meiler mit ähnlicher Technik arbeitet wie der schwedische Pannenreaktor. Was folgte, waren unrichtige Angaben, hinhaltende Erläuterungen und nun das verspätete Eingeständnis von Sicherheitsmängeln - in Form einer Nachrüstung."
Der Kommentar in der FR weiter: "So scheibchenweise bedienten die AKW-Betreiber die Aufsichtsbehörden mit der Wahrheit, dass es zwei Interpretationen dafür gibt: Man hatte etwas zu verbergen, oder man wusste selbst nicht genau, wie der eigene Reaktor funktioniert. Die eine Lesart wäre nicht weniger alarmierend als die andere. Gäbe es für das Hantieren mit dem Risiko Kernkraft einen Führerschein, Vattenfall wäre allein wegen seines Sicherheitsmanagements Kandidat für Entzug."
"Aber auch für die Politik gerät Brunsbüttel zum Störfall. Erst der Druck einer Umweltorganisation brachte die Atomaufsicht in Kiel auf Trab", so Vera Gaserow in dem Kommentar. "Erst nachdem andere die Sicherheitsrisiken von Brunsbüttel skandalisierten, erhöhte auch der Bundesumweltminister seinen Druck. Atomkraftgegner Gabriel hat dabei bisher keine gute Figur gemacht. Nach dem Störfall von Forsmark hat er den AKW-Betreibern zwar markig Fristen gesetzt. Doch die letzte, an die Brunsbütteler Adresse gerichtet, lief bereits vor gut einer Woche ab. Gestern konstatierte der Minister, die Sicherheitsnachweise seien nach wie vor nicht erbracht. Nun gibt es eine neue Frist. Auch die wird nur eine Konsequenz haben: es läuft und läuft und läuft, das AKW, bei dem sich keiner traut, den Ausknopf zu drücken."
 

08. September 2006
Bundesumweltminister Gabriel lehnt Abschaltung des Atommeilers Brunsbüttel ab

"Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) will das Atomkraftwerk Brunsbüttel (Kreis Dithmarschen) trotz des fehlenden Sicherheitsnachweises nicht abschalten - er hält das Notstromsystem für tauglich", dies wird auf VERIVOX am 08.09.06 berichtet. "'Wir geben beim Thema Sicherheit keinen Rabatt', sagte Gabriel am Donnerstag bei der Aussprache zum Umweltetat im Bundestag. Die Notstromversorgung in Brunsbüttel sei gesichert, auch wenn der Nachweis noch nicht erbracht sei, dass Probleme wie beim Notstromsystem im schwedischen Pannenreaktor Forsmark nicht in Brunsbüttel möglich seien. Die Grünen fordern die Abschaltung."
"In Schweden seien mehrere Reaktoren zur Sicherheit vom Netz genommen worden, sagte Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn" nach dem Bericht auf VERIVOX. "'Haben wir hier ein geringeres Sicherheitsniveau als in Schweden?' Die schleswig-holsteinische Atomaufsicht hat Vattenfall eine Frist bis 20. September gesetzt, um den Sicherheitsnachweis zu erbringen. Zuvor war bereits eine Frist Gabriels verstrichen."
"Zunächst hatte Vattenfall angegeben, die Panne im schwedischen Atommeiler Forsmark im Juli sei wegen der Gleichstromversorgung der Notstromdiesel nicht auf Brunsbüttel übertragbar. Der Atombetreiber gab später an, dass Teilfunktionen im Notstromsystem von Wechselstrom abhingen. Nun will Vattenfall das System ergänzen und die Funktion unabhängiger machen. In Forsmark waren nach einem Reaktorstopp zwei von vier Notstromaggregaten nicht angesprungen."
 

06. September 2006
AKW Brunsbüttel: Notstromversorgung muß umgebaut werden

In der tageszeitung (taz), Ausgabe vom 06.09.06, wird berichtet, daß das AKW Brunsbüttel "umgebaut werden muß": "Wie eine Sprecherin des Kieler Gesundheitsministeriums gegenüber der taz bestätigte, muss die Betreiberfirma Vattenfall bis 20. September einen so genannten Änderungsantrag für seine Notstromversorgung einreichen. Solche Anträge sind gemäß Atomrecht immer dann notwendig, wenn an der ursprünglich genehmigten Bauweise etwas geändert werden muss."
Hintergrund: "Nach einem Fast-GAU im schwedischen AKW Forsmark wiesen Experten auch auf die Notstromversorgung in Brunsbüttel hin", so die taz in ihrer aktuellen Ausgabe. "An der Elbe wie in Schweden wird der Strom für die Kühlpumpen über so genannte Wechselrichter erzeugt. Die Wechselrichter waren in Schweden nach einem Kurzschluss ausgefallen." "'Es geht darum, dass Wechselrichter für das autarke Zuschalten der Notstromversorgung keine Rolle mehr spielen dürfen', so Sprecherin Ursel Meenzen. Dies sei das Ergebnis des letzten atomaufsichtlichen Gesprächs, zu dem die für Atomaufsicht zuständige Ministerin Gitta Trauernicht (SPD) am 23. August Betreiber, Experten und Bundesumweltministerium geladen hatte."

Bundesumweltministerium: Vattenfall "tritt die Flucht nach vorne an"

"Zu der Ankündigung des Unternehmens Vattenfall, für das Atomkraftwerk Brunsbüttel einen Antrag zur vollständigen Umstellung der Notstromversorgung auf Gleichstrom zu stellen, erklärt Bundesumweltminister Sigmar Gabriel" in einer Pressemitteilung vom 06.09.06 des Bundesumweltministeriums (BMU):
"Vattenfall als Betreiberin des AKW Brunsbüttel hat bis heute nicht erklären können, warum das Unternehmen zum 8. August 2006 schriftlich gegenüber der Atomaufsicht erklärte, das Forsmark-Ereignis sei wegen der Gleichstromversorgung der Notstromdiesel nicht auf Brunsbüttel übertragbar, dann aber am 22. August diese Darstellung korrigierte. Bis heute hat Vattenfall seine neue Argumentation, wonach ein Ausfall der Wechselrichter aufgrund anderer Auslegung als in Forsmark nicht zu unterstellen sei, nicht durch technische Nachweise belegt", so der Wortlaut des Bundesumweltministers Gabriel.
Gabriel weiter: "Mit dem Antrag zur Umstellung der Notstromversorgung reagiert Vattenfall nunmehr offenbar auf das konsequente Vorgehen der Atomaufsicht und tritt die Flucht nach vorne an."
"Nach den Angaben der schleswig-holsteinischen Atomaufsicht liegt auch bei einem Misslingen der Nachweisführung kein Zustand vor, aus dem sich Gefahren ergeben könnten," so das Bundesumweltministerium in der Pressemitteilung mit der Begründung: "Die Störfallbeherrschung sei durch redundante Notstromdiesel garantiert, unabhängig von der Funktion der Wechselrichter. "
"Die Bundesaufsicht besteht ungeachtet dessen auf einer Aufklärung der Informations- und Entscheidungsprozesse bei der Betreiberin des AKW Brunsbüttel [Vattenfall], damit aus möglichen Fehlern im Sicherheitsmanagement gelernt werden kann" so das Bundesumweltministerium weiter. "Die Bundesaufsicht hat in dem aufsichtlichen Gespräch am 29. August darauf hingewiesen, dass menschliches Fehlverhalten als Risikopotential gegenüber technischen Defiziten nicht zu unterschätzen sei. Die schleswig-holsteinische Atomaufsicht hat die Betreiberin zu einer eingehenden Darlegung aufgefordert. Dabei sei von der Betreiberin insbesondere auch darzustellen, wie die Qualitätssicherung unter Berücksichtigung des vorhandenen Sicherheitsmanagementsystems gewährleistet worden sei."
Das Bundesumweltministerium abschließend: "Die SH-Aufsichtsbehörde hat hierfür der Betreiberin [Vattenfall Europe] eine Frist zum 20. September gesetzt."

Landesregierung Schleswig-Holstein: Die Sicherheit der Notstromversorgung bei einer Störung des Stromnetzes im AKW Brunsbüttel ist gewährleistet

"Im Rahmen der aufsichtlichen Gespräche hat die schleswig-holsteinische Reaktorsicherheitsbehörde die Betreiberin des Kernkraftwerks Brunsbüttel [Vattenfall Europe] aufgefordert, einen Änderungsantrag zur Notstromversorgung zu stellen. Der Antrag liegt nunmehr vor", wird von der Landesregierung Schleswig-Holstein (Ministerium für Soziales, Gesundheit, Familie, Jugend und Senioren) in einer Pressemitteilung vom 06.09.06 erklärt. "Dies teilte die zuständige Sozialministerin Dr. Gitta Trauernicht im Anschluss an die heutige Sitzung des Umweltausschusses des Deutschen Bundestages mit. Diese von der schleswig-holsteinischen Aufsichtbehörde veranlasste Maßnahme und die Entscheidung des Betreibers zur Realisierung werden auch vom Bundesumweltministerium positiv bewertet."
"Mit den beantragten Änderungen", so das Sozialministerium in Kiel weiter, "soll erreicht werden, dass in einem Notstromfall die Zuschaltung der erforderlichen Notstromverbraucher unabhängig von den vorhandenen Wechselrichtern erfolgt, wie dies auch in neueren Kernkraftwerken üblich ist."
"In einem gestern von der Sozialministerin anberaumten Gespräch mit externen Sachverständigen haben die Gutachter erneut bestätigt, dass auch aktuell die Sicherheit der Notstromversorgung bei einer Störung des Stromnetzes in Brunsbüttel gewährleistet ist. Trauernicht: 'Wir brauchen aber maximale Sicherheit bei allen Kernkraftwerken, deshalb ist die Optimierung der Anlage erforderlich.'"
"Die heutige Sondersitzung des Umweltausschusses des Deutschen Bundestages hat deutlich gemacht, dass die Atomaufsicht des Landes Schleswig-Holstein und das Bundesumweltministerium darin übereinstimmen, dass aktuell kein Anlass besteht, den Betrieb von Brunsbüttel einzuschränken oder einzustellen." "Einigkeit besteht auch darin, dass die Qualitätssicherung des Betreibers bei Auskünften und Informationen zum Kernkraftwerk Brunsbüttel verbessert werden muss. Eine entsprechende Aufforderung ist durch die Reaktorssicherheitsbehörde Schleswig-Holstein bereits erfolgt."

Vattenfall Europe: "Kein Komplett-Umbau der Notstromversorgung geplant"

Vattenfall Europe, der Betreiber des AKW Brunsbüttel, hat in einer Pressemitteilung am 06.09.06 darauf aufmerksam gemacht, daß "die Notstromversorgung des Kernkraftwerks Brunsbüttel nicht komplett auf Gleichstrom umgestellt werden soll". "Darauf hat die Vattenfall Europe Nuclear Energy GmbH (VENE) als verantwortlicher Betreiber hingewiesen."
"VENE-Geschäftsführer Dr. Bruno Thomauske widersprach anders lautenden Meldungen nach der Sitzung des Bundestags-Umweltausschusses am Mittwoch", so Vattenfall Europe in ihrer Pressemitteilung vom 06.09.06. "Das Notstromsystem in Brunsbüttel solle lediglich durch eine Komponente ergänzt werden, sagte Thomauske. " „Eine Systemeinheit soll zusätzlich an eine bereits vorhandene Gleichstromversorgung angeschlossen werden.“"
"Einen entsprechenden Antrag hat die VENE am vergangenen Freitag dem Kieler Sozialministerium als zuständiger Aufsichtsbehörde vorgelegt", so Vattenfall Europe.
"Die Notstromversorgung in Brunsbüttel ist allerdings auch ohne diese Maßnahme in allen Eventualfällen gesichert“, erklärte erwartungsgemäß der Vattenfall-Geschäftsführer. "Das Anlagenkonzept in Brunsbüttel wird seit einigen Jahren zwischen Betreiber und Aufsichtsbehörde diskutiert, um mögliche technische Verbesserungen zu erörtern. Dazu liegt seit rund eineinhalb Jahren ein Konzept der VENE im Ministerium zur Prüfung vor."
Thomauske führt dazu weiter aus: "„Dabei geht es um mögliche technische Verbesserungen, nicht aber um die Sicherheit des Kraftwerks - dazu hat die Aufsichtsbehörde [Sozialministerium in Kiel] wiederholt erklärt, dass es keinerlei Hinweise auf Sicherheitsmängel in Brunsbüttel gibt. Das hat auch Umweltminister Sigmar Gabriel in der heutigen Sitzung des Umweltausschusses bestätigt.“"
"Anlass der aktuellen Überlegungen ist der Störfall im schwedischen Kernkraftwerk Forsmark Ende Juli. Dort waren nach einem Kurzschluss im Netz zwei für die Notstromversorgung nötige Wechselrichter ausgefallen. Thomauske erklärte, in Brunsbüttel sei, anders als in Forsmark, der redundanz-übergreifende Ausfall von Wechselrichtern auszuschließen. „Insofern ist die Versorgung von wechselspannungsabhängigen Komponenten auch im Notstromfall gesichert.“ Einzelne Funktionen wären nur bei einem - für Brunsbüttel nicht zu unterstellenden - Ausfall mehrerer Wechselrichter beeinträchtigt", so der Vattenfall-Geschäftsführer Thomauske weiter. "„Gleichwohl haben wir für diesen nicht zu unterstellenden Fall als weitere Verbesserungsmaßnahme eine zusätzliche Batteriepufferung vorgesehen“, sagte Thomauske. Der Antrag liege der Aufsichtsbehörde seit vergangenem Freitag vor. „Auch hier bleibt festzuhalten, dass die Notstromversorgung in Brunsbüttel auch ohne diese Maßnahme in allen Eventualfällen gesichert ist.“"

Deutsche Umwelthilfe fordert: AKW Brunsbüttel vorzeitig abzuschalten

"Nach der Ankündigung des Vattenfall-Konzerns, das marode Notstromsystem des Atomkraftwerks Brunsbüttel nachrüsten zu wollen, verlangt die Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) in einer Pressemitteilung vom 06.09.06 die (berechtigte!) "vorzeitige Stilllegung des Reaktors":
In ihrer Pressemitteilung begründet die Deutsche Umwelthilfe einleitend ihre Forderung nach der sofortigen Stillegung des AKW Brunsbüttel: "'Die Deutsche Umwelthilfe hat die Absicht des Vattenfall-Konzerns scharf kritisiert, den Siedewasserreaktor Brunsbüttel mit kosmetischen Änderungen am Notstromsystem weiter betreiben zu wollen. Mit Änderungen im Detail seien die grundlegenden Sicherheitsmängel, die die Reaktorsicherheitskommission (RSK) der Bundesregierung dem Siedewasserreaktor an der Elbe schon im März 2003 bescheinigt hatte, nicht zu heilen, erklärte die Organisation. Es sei „in höchstem Maße befremdlich, dass der Betreiber Vattenfall mehrere Wochen benötigt, um zu verlässlichen Aussagen über die technische Ausgestaltung des Notstromsystems in seiner eigenen Anlage zu kommen“, sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer Baake. Dies werfe grundlegende Fragen zum Sicherheitsmanagement im AKW Brunsbüttel auf. Baake forderte den Konzern auf, das „Kraftwerk entsprechend den Regelungen des Atomausstiegsgesetzes  vorzeitig stillzulegen, statt sich weiter in Spekulationen über eine Laufzeitverlängerung zu ergehen“."
Die DUH begründet ihre berechtigte Forderung weiter: "Der Brunsbüttel-Betreiber Vattenfall Europe hatte zunächst erklärt, der Forsmark-Unfall sei auf Brunsbüttel nicht übertragbar, weil die Notstromversorgung in dem Reaktor nicht auf Wechselstrom angewiesen sei und diese Behauptung zwei Wochen später anlässlich einer Sitzung des Ausschusses „Elektrische Einrichtungen“ der RSK teilweise zurückgenommen wurde. Der Reaktor sei jedoch trotzdem sicher. Eine weitere Woche später musste Vattenfall offenbar einräumen, die von den Atomaufsichtsbehörden in Schleswig-Holstein und im Bundesumweltministerium verlangten Nachweise ohne Änderungen am technischen Konzept der Notstromversorgung nicht vollständig erbringen zu können. Ein entsprechender an die Kieler Atomaufsicht gerichteter Änderungsantrag wurde gestern erst nach Recherchen der tageszeitung, taz, bekannt und in einer Sondersitzung des Umweltausschusses des Bundestages diskutiert."
"'Auch nach der nun geplanten technischen Änderung sind die grundlegenden Zweifel an der Sicherheit des Systems, die die Experten seit Jahren umtreiben, keinesfalls ausgeräumt “, sagte Baake" von der DUH. "Hunderte offener Punkte, die sich nach einem Eingeständnis der Kieler Sozialministerin Gitta Trauernicht im Zusammenhang mit einer schon Jahre zurückliegenden Sicherheitsüberprüfung ergeben hätten, seien bis heute nicht geklärt."
Die DUH stellt in ihrer Pressemitteilung weiter fest: "„Wir sehen uns durch die neue Entwicklung in unserer schon vor drei Wochen veröffentlichten, detaillierten Kritik am Sicherheitszustand des Brunsbüttel-Meilers bestätigt. Vattenfall beschwört eine Sicherheit, die sich nach Überzeugung der Fachleute nicht einmal mit einer Vollsanierung des Reaktors herstellen ließe“, sagte der Leiter Politik der DUH, Gerd Rosenkranz und erinnerte in diesem Zusammenhang an eine RSK-Sondersitzung, in deren Verlauf die Experten im März 2003 festgestellt hatten, dass selbst mit dem Austausch des defizitären Sicherheitsleitsystems gegen ein hochmodernes System „kein Sicherheitsgewinn verbunden ist, da dies die Defizite im Anlagenkonzept hinsichtlich des Aufbaus der Notstromversorgung nicht ausgleicht.“"
"Die DUH kritisierte auch die Koalitionsparteien, die am Dienstag gemeinsam mit der FDP eine öffentliche Beratung des Umweltausschusses des Bundestages zum Thema Brunsbüttel verhindert hatten. „Da fürchten manche, dass die neue Sicherheitsdiskussion die mit aller Macht vorangetriebene Debatte über einen möglichen Wiedereinstieg in die Atomenergie in Deutschland stören könnte“, erklärte Baake. Im Ergebnis werde durch diese „kindische Geheimniskrämerei“ jedoch nur das Misstrauen der Menschen gegen diese Technologie und ihre Verfechter weiter wachsen", so die DUH in ihrer Mitteilung an die Medien.

06. September 2006
Genehmiger Bruno Thomauske: Für den Chef der AKW-Sparte von Vattenfall ist das AKW Brunsbüttel sicher

Auf nd-online.de wird am 06.09.06 über den Geschäftsführer der Vattenfall Europe Nuclear Energy GmbH (VENE), Dr. Bruno Thomauske, dessen berufliche Karriere zusammengefaßt:
"Der von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) geforderte Sicherheitsnachweis für die Notstromversorgung des umstrittenen Atomkraftwerks Brunsbüttel ist immer noch nicht erbracht, doch Bruno Thomauske behauptet: »Wir haben belegt, dass Brunsbüttel besonders gut auf mögliche Störungen in der Stromversorgung vorbereitet ist.« Thomauske ist Geschäftsführer der Vattenfall Europe Nuclear Energy GmbH (VENE), die die Atomkraftaktivitäten des schwedischen Energiemultis Vattenfall bündelt und gemeinsam mit E.on die norddeutschen AKW Brokdorf, Brunsbüttel und Krümmel sowie den stillgelegten Meiler in Stade betreibt.
Thomauske (Jg. 1949) ist in der Atomgemeinde kein Unbekannter. Vor seinem Job bei Vattenfall war der gelernte Physiker 20 Jahre lang in führender Position beim Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) tätig. Er leitete hier die Erkundung des Salzstocks Gorleben, übernahm später zudem die Verantwortung für die Endlagerprojekte Schacht Konrad und Morsleben. Zuletzt war er beim BfS für die Genehmigung der Castortransporte sowie der Zwischen- und Interimslager an den AKW-Standorten zuständig. Thomauske leitete die atomrechtlichen Anhörungen, diskutierte, erörterte – und genehmigte. Befürchtungen von Anwohnern wischte er als »unbegründet« vom Tisch. Für alle von den AKW-Betreibern beantragten Zwischenlager – einschließlich der Standorte Brunsbüttel und Krümmelgab er für das BfS Grünes Licht.
Nach seinem Wechsel zu Vattenfall im Herbst 2003 rückte Thomauske schnell in die Geschäftsführung auf. Ob er, wie Atomgegner mutmaßen, bei dem Energieunternehmen schon vorher unter Vertrag stand, ist unklar. Auf jeden Fall fordert die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg die Überprüfung sämtlicher unter Thomauskes Federführung erteilten Genehmigungen für Atomanlagen. Laut BfS ist das längst geschehen. Nach dem Wechsel zu Vattenfall habe die Stabsstelle für »Innenrevision und Korruptionsprävention« die Unterlagen der Verfahren zu den Zwischenlagern Brunsbüttel und Krümmel auf eine unzulässige Einflussnahme zugunsten von Vattenfall hin überprüft; Hinweise habe es nicht gegeben. Intern heißt es beim BfS jedoch: »Thomauske ist ein Problem.« Reimar Paul"

05. September 2006
taz:
Notstromversorgung im AKW Brunsbüttel muß umgebaut werden

Auf NDR.de wird am 05.09.06 gemeldet: "Das Notstromsystem des Atomkraftwerks Brunsbüttel im Kreis Steinburg muss einem Bericht der 'tageszeitung' (Mittwochsausgabe [06.09.06]) zufolge umgebaut werden." NDR.de berichtet dazu weiter: "Die Betreiberfirma Vattenfall Europa müsse bis zum 20. September einen so genannten Änderungsantrag für die Notstromversorgung in dem Meiler einreichen, bestätigte eine Sprecherin des für die Atomaufsicht zuständigen Gesundheitsministeriums in Schleswig-Holstein dem Blatt. Diese Anträge seien gemäß Atomrecht notwendig, wenn an der ursprünglich genehmigten Bauweise etwas geändert werden müsse."
Laut NDR.de ist dies das "Ergebnis eines atomaufsichtlichen Gesprächs": 'Es geht darum, dass Wechselrichter für das autarke Zuschalten der Notstromversorgung keine Rolle mehr spielen dürfen', erklärte die Sprecherin. Dies sei das Ergebnis eines atomaufsichtlichen Gesprächs, zu dem Ministerin Gitta Trauernicht (SPD) am 23. August Betreiber, Experten und Vertreter des Bundesgesundheitsministeriums geladen hatte."
"Experten hatten nach dem Störfall im schwedischen Atomkraftwerk Forsmark auf die Notstromversorgung im Meiler Brunsbüttel hingewiesen. Wie auch in dem schwedischen Meiler wird in dem Werk an der Elbe der Strom für die Kühlpumpen über so genannte Wechselrichter erzeugt. In Forsmark waren die Wechselrichter nach einem Kurzschluss ausgefallen", so die Meldung auf NDR.de abschließend.
Dieser Artikel auf NDR.de vom 05.09.06 ist zwischenzeitlich auch von hamburg1.de und der Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf die tageszeitung (taz), Ausgabe 06.09.06, inhaltlich bestätigt worden.
 

04. September 2006
Nachprüfbare Sicherheitsnachweise für das AKW Brunsbüttel liegen offensichtlich immer noch nicht vor

"Der Betreiber des Atomkraftwerks Brunsbüttel Vattenfall Europe hat die von der Atomaufsicht in Kiel und Berlin geforderten Sicherheitsnachweise eine Woche nach Ablauf der von den Behörden gesetzten Frist offensichtlich immer noch nicht erbracht", wird von der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH) in einer Pressemitteilung vom 04.09.06 festgestellt. "Die zuständige Atomaufsicht in Schleswig-Holstein sehe sich erkennbar „nicht in der Lage, zu bestätigen, dass Vattenfall vollständige und nachprüfbare Nachweise für die Sicherheit des Notstromsystems vorgelegt hat“, sagte der neue DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer Baake."
"Die Hinhaltetaktik von Vattenfall Europe sei angesichts der Tatsache, dass das Unternehmen seine Einlassungen zur Frage der Vergleichbarkeit der Notstromsysteme in Forsmark und Brunsbüttel schon einmal korrigieren musste, ein Skandal", so die DUH in ihrer Pressemitteilung weiter. "Baake: „Die schleswig-holsteinische Sozialministerin Gitta Trauernicht muss sich als zuständige Atomaufseherin die Frage gefallen lassen, wie lange sie sich von Vattenfall noch an der Nase herumführen lassen will.“ Der DUH-Bundesgeschäftsführer verlangte von der Ministerinein klares Ultimatum“ und forderte sie auf, „unverzüglich eine aufsichtliche Anordnung mit einer klaren und knappen Fristsetzung zu erlassen.“ Sollte die Frist wiederum verstreichen, ohne dass der Konzern die notwendigen Sicherheitsnachweise liefert, „muss das Atomkraftwerk stillgelegt werden“. "
Die DUH in ihrer Mitteilung rückblickend: "Das Atomkraftwerk Brunsbüttel war nach dem Forsmark-Unfall in die öffentliche Kritik geraten, nachdem die DUH bisher unveröffentlichte Sicherheitsdefizite im Notstromsystem des Reaktors bekannt gemacht hatte. Vattenfall Europe hatte zudem seine ursprüngliche Behauptung, in Brunsbüttel sei ein Unfall wie in Schweden nicht möglich, anlässlich einer Sitzung des Ausschusses „Elektrische Einrichtungen“ der Reaktorsicherheitskommission (RSK) der Bundesregierung zurückgenommen und eingestanden, dass Teile des Notstromsystems doch wie in Forsmark auf Wechselstrom angewiesen seien. Nach einem Ausfall bestimmter Wechselrichter wäre demnach auch das Kraftwerk Brunsbüttel nur noch eingeschränkt steuerbar."
Laut der DUH war Vattenfall eine Frist bis zum 28.08.06 gesetzt worden, um die geforderten Sicherheitsnachweise für das AKW Brunsbüttel vorzulegen: "Daraufhin hatten die Atomaufsichtsbehörden Nachweise gefordert, die die Sicherheit des Meilers belegen und dafür eine Frist bis vergangenen Montag (28. August 2006) gesetzt",  Am Mittwoch früh (6. September 2006, 8:00 Uhr) tritt der Umweltausschuss des Bundestags zusammen, um die Folgen des Forsmark-Unfalls für deutsche Atomkraftwerke, insbesondere den Reaktor in Brunsbüttel, zu beraten. Der Ausschuss tagt nicht öffentlich."

Bislang liegen keine Reaktionen Seitens des Sozialministeriums in Schleswig-Holstein und/oder von Vattenfall Europe auf die Forderungen der Deutschen Umwelthilfe vor...

02. September 2006
Seit 1976 mehr als 300 meldepflichtige Störfälle im AKW Brunsbüttel

Im AKW Brunsbüttel "haben sich in den vergangenen Jahren bereits zahlreiche Pannen ereignet. Die Statistik weist mehr als 300 meldepflichtige Störfälle nach, darunter über 40 der sofort meldepflichtigen Kategorien A und B." Dies wird auf nd-online.de am 02.09.06 berichtet. "Den größten Anteil an den schwereren Störfällen machten Schäden an Notstromdieseln aus."
- "Der schwerste Unfall ereignete sich" laut nd-online.de "im Juni 1978 - damals wurden mehrere Kubikmeter radioaktiver Dampf freigesetzt. Wegen der Reparatur von Rissen an den Rohrleitungen lag das Atomkraftwerk mehr als drei Jahre still."
- "Anfang 2002 führte vermutlich eine Wasserstoffexplosion zum Abriss einer Kühlwasserleitung im Sicherheitsbehälter des Reaktors. Die abgerissene Rohrleitung wurde nur zufällig bei einer Inspektion entdeckt, der Reaktor daraufhin für mehrere Monate erneut vom Netz genommen. Die Betreiber hatten die Anlage zunächst einfach weiterlaufen lassen."

"Eine sehr schlechte Bewertung" erhielt das AKW Brunsbüttel nach dem Bericht auf nd-online.de "auch in einer Sicherheitsstudie der Gesellschaft für Reaktor- und Anlagensicherheit, die die Bundesregierung nach den Anschlägen vom 11. September 2001 in Auftrag gegeben hatte. Darin wurde beschrieben, dass bei diesem Meiler schon der Absturz eines kleineren Verkehrsflugzeugs eine Katastrophe auslösen könnte."
"Dem Atomkonsens zufolge müsste das AKW Brunsbüttel an der Unterelbe noch in dieser Legislaturperiode (im März 2009) vom Netz gehen. Während die Betreiber Vattenfall und E.on eine längere Laufzeit für den 1976 in Betrieb genommenen Reaktor fordern, verlangen Umweltschützer die sofortige Stilllegung. Sie verweisen darauf, dass der Siedewasserreaktor in vielen Anlagenteilen praktisch baugleich mit dem schwedischen AKW Forsmark 1 ist." nd-online.de weiter: "Nach Ansicht der Deutschen Umwelthilfe ist Brunsbüttel auf schwere Störfälle sogar noch schlechter vorbereitet."
 

31. August 2006
Deutsche Umwelthilfe: Kieler
Sozialministerium soll "Brunsbüttel-Schwachstellenliste" veröffentlichen

Zum 'Brennpunkt AKW Brunsbüttel' hat die Deutsche Umwelthilfe e.V. am 31.08.06 in einer Pressemitteilung die Veröffentlichung der "Brunsbüttel-Schwachstellenliste" von der schleswig-holsteinischen Sozialministerin Gitta Trauernicht gefordert: "Die Kieler Sozialministerin Gitta Trauernicht (SPD) soll eine von ihr unter Verschluss gehaltene Liste mit 260 Fragen zu Schwachstellen des umstrittenen Atomkraftwerks Brunsbüttel sofort veröffentlichen", so die Deutsche Umwelthilfe in der Pressemitteilung vom 31.08.06. "Dazu hat die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) die für die Atomaufsicht in Schleswig-Holstein zuständige Ministerin heute in einem Schreiben aufgefordert. Damit reagierte die DUH, die Mitte August detailliert über gravierende und intern von Reaktorexperten schon seit 2002 diskutierte Sicherheitsmängel im Notstromsystem des Siedewasserreaktors berichtet hatte, auf eine Äußerung von Frau Dr. Trauernicht in der taz vom Donnerstag [30.08.06]." Die DUH dazu weiter: "Auf die von der DUH zuvor bekannt gemachte Tatsache angesprochen, in den Schubladen der Kieler Atomaufsicht schlummere eine Liste mit 260 Sicherheitsmängeln, räumte Trauernicht gegenüber der taz ein, es gebe eine Liste mit sehr vielen offenen Punktenzum Atomkraftwerk Brunsbüttel."
"„Entweder diese Schwachstellen-Liste ist harmlos, dann verstehen wir nicht, warum sie von Frau Trauernicht behandelt wird wie ein Staatsgeheimnis“, sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch, „oder die Liste offenbart Sicherheitsdefizite, die nach dem schweren Störfall im schwedischen Atomkraftwerk Forsmark eine sofortige Abschaltung des Brunsbüttel-Reaktors erfordern", teilte die DUH mit. 
"Die DUH hat Hinweise, dass diese Liste sehr wohl relevante Sicherheitsmängel auflistet, deren Beseitigung seit Jahren vom Kraftwerks-betreiber Vattenfall verweigert wird.  Es kann nicht sein, dass der Fortbestand der Sicherheitsmängel in Kauf genommen wird, weil den Betreiberinteressen an einem fortgesetzten Betrieb Vorrang eingeräumt wird. In jedem Fall", so die DUH weiter, "hat die Öffentlichkeit ein Recht darauf, zu erfahren, worüber der Reaktorbetreiber Vattenfall und die Atomaufsicht in Schleswig-Holstein offenbar seit Jahren einen schwelenden Streit ausfechten.“"
"Resch erinnerte daran, dass Vattenfall Europe auf die Fragen der Atomaufsicht zur Übertragbarkeit des Forsmark-Unfalls auf die Anlage in Brunsbüttel zunächst wochenlang „objektive Falschaussagen“ verbreitet habe", so die DUH wörtlich in ihrer Pressemitteilung. "Erst anlässlich einer internen Sitzung des Ausschusses „Elektrische Einrichtungen“ der Reaktorsicherheitskommission (RSK) der Bundesregierung am letzten Donnerstag hatte das Unternehmen plötzlich eingestanden, dass Teile des elektrischen Notstromsystems doch wie in Forsmark von der Funktionstüchtigkeit von Wechselrichtern abhängen. Damit stelle sich die Frage nach der im Atomgesetz zwingend vorgeschriebenen Zuverlässigkeit der Betreiber von Atomanlagen", so die DUH. "Die war bezüglich des AKW Brunsbüttel bereits nach einer schweren Wasserstoffexplosion im Dezember 2001 gestellt worden und hatte schließlich zur Entfernung des damals verantwortlichen Kraftwerksdirektors von seinem Posten geführt. Angesichts dieser Vorgeschichte dürfe es „nicht einmal den Anschein der Kungelei zwischen Atomaufsicht und Betreiber geben“, sagte Resch."
"Die DUH verlangt in ihrem heutigen Schreiben sofortige Einsicht in die Schwachstellenliste, die von Vattenfall angeblich nach und nach bei laufendem Reaktorbetrieb abgearbeitet werden soll. Die DUH hat daher heute auch Akteneinsicht nach dem Umweltinformationsgesetz (UIG) sowie dem schleswig-holsteinischen Informationsfreiheitsgesetz (IFG- S-H) beantragt und wird ihren Informationsanspruch gegebenenfalls auch gerichtlich durchsetzen", so die DUH abschließend.

taz: "Schwedische Verhältnisse in Brunsbüttel"

In der taz, Ausgabe vom 31.08.06, wird in einem längerem Artikel unter dem Titel "Schwedische Verhältnisse in Brunsbüttel" u.a. über die Pressemitteilung der Deutschen Umwelthilfe vom 31.08.06 berichtet:
"Ist die deutsche Atomaufsicht vertrauenswürdig?", so die Fragestellung in dem Bericht der taz. - Die taz beantwortet diese Frage im gleichem Atemzug: "Leider nur bedingt". Der Sachverstand der externen Experten und derer, die in den Ministerien arbeiten, besteht zweifelsfrei. Die Frage aber ist: Verstehen und beherzigen die zuständigen Politiker auch den Rat der Experten? Schleswig-Holsteins oberste Atomaufseherin, Sozialministerin Gitta Trauernicht (SPD), etwa beschwerte sich bei Bundesumweltminister Gabriel, von Forsmark aus der Presse - und nicht aus seinem Ministerium - erfahren zu haben. Tatsächlich aber hätte es Trauernicht besser wissen können. Als Atomaufsichtsbehörde ist auch ihr Haus an das Internationale Störfall-Meldesystem INES angeschlossen."
"Die Deutsche Umwelthilfe wirft der Kieler Aufsichtsbehörde vor, eine Liste mit 260 Nachrüstforderungen unter der Decke zu halten", so in dem taz-Artikel vom 31.08.06 weiter. "Diese Liste werde für den Fall in der Schublade gehalten, dass der Betreiber - wie erklärt - eine Laufzeitverlängerung beantragt, so der Vorwurf."
"Im Interview mit der taz bestätigte Ministerin Trauernicht zwar, dass es 'eine Liste mit sehr vielen offenen Punkten gibt, aber keine Liste mit 260 Sicherheitsmängeln'. Der konstruierte Zusammenhang sei 'Quark'."
Die taz weiter: "Allerdings verweigerte Gitta Trauernicht dem Interview die Freigabe. Was insofern delikat ist, als die Ministerin sowohl dem Betreiber als auch dem Bundesumweltminister schlechte Informationspolitik vorwirft."

Landesregierung Schleswig-Holstein: "Schwachstellenliste" ist Teil der ganzheitlichen Periodischen Sicherheitsüberprüfung des Kernkraftwerks Brunsbüttel

"Die von der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH) am 31. August beantragte Einsicht in eine von der DUH als "Schwachstellenliste" zum Kernkraftwerk Brunsbüttel bezeichnete Unterlage betrifft die nach dem Atomgesetz vorgesehene so genannte Periodische Sicherheitsüberprüfung", so die Reaktion der Landesregierung Schleswig-Holstein (Ministerium für Soziales, Gesundheit, Familie, Jugend und Senioren) auf die Forderung der DUH auf Akteneinsicht in einer Pressemitteilung vom 31.08.06. "Die Landesregierung hat - wie bei anderen Kernkraftwerken auch üblich - für das Kernkraftwerk Brunsbüttel unter Beteiligung von Sachverständigen eine solche ganzheitliche Überprüfung durchführen lassen. Zu der insoweit von der Betreiberin erstellten "Sicherheitsstatusanalyse" wurden von den Sachverständigen über 200 einzelne Prüfberichte vorgelegt. Insgesamt sind darin eine Reihe offener Punkte mit unterschiedlichen Inhalten ausgewiesen worden. Die Reaktorsicherheitsbehörde bewertet derzeit, wie diese offenen Punkte zu klassifizieren und welche Konsequenzen hieraus gegebenenfalls zu ziehen sind. Dies ist das allen Verantwortlichen bekannte und transparent gemachte Verfahren.
Über den von der DUH heute reklamierten Rechtsanspruch auf Überlassung sämtlicher Unterlagen muss unter Berücksichtigung aller davon betroffenen Rechtspositionen entschieden werden."

30. August 2006
Reaktorsicherheitsbehörde in Kiel vertieft Fragen zum AKW Brunsbüttel

"Das Sozialministerium Schleswig-Holstein als zuständige Reaktorsicherheitsbehörde hat heute (30. August) den Fragenkatalog zur Übertragbarkeit des Störfalls in dem schwedischen Kernkraftwerk Forsmark I vom 25. Juli 2006 erweitert", so die Landesregierung Schleswig-Holstein (Ministerium für Soziales, Gesundheit, Familie, Jugend und Senioren) am 30.08.06 in einer Pressemitteilung. "Die Betreiberin des Kernkraftwerks Brunsbüttel [Vattenfall Europe] wurde zu einer eingehenden Darlegung zur Aufarbeitung der Ursachen für Abweichungen in der bisherigen technischen Sachstandsdarstellung aufgefordert. Dabei ist von der Betreiberin insbesondere auch darzustellen, wie die Qualitätssicherung unter Berücksichtigung des vorhandenen Sicherheitsmanagementsystems gewährleistet wurde." 
Die
Landesregierung Schleswig-Holstein weiter: "Bei der ursprünglichen und dann korrigierten Darstellung ging es um die Bedeutung der im Kernkraftwerk Forsmark ausgefallenen Wechselrichter. Wie die Betreiberin nach vertiefter Prüfung einräumte, werden diese im Notstromfall auch beim Kernkraftwerk Brunsbüttel benötigt. Die Anlage ist jedoch" nach der Mitteilung der Landesregierung Schleswig-Holstein "so ausgelegt, dass Ausfälle in diesem Bereich nicht zu sicherheitstechnisch bedenklichen Zuständen führen. Wird dies dennoch unterstellt, so steht - anders als im Kernkraftwerk Forsmark - im Kernkraftwerk Brunsbüttel zusätzlich ein so genanntes Unabhängiges Notstandssystem (UNS) zur Verfügung, über das die Notstromversorgung sichergestellt werden kann. Diese Erkenntnisse wurden vom Sozialministerium und der Betreiberin in der dann folgenden Sitzung der Reaktorsicherheitskommission des Bundes vorgetragen und auch im Aufsichtsgespräch im Sozialministerium am 29. August fachlich erörtert. Die Prüfung der Übertragbarkeitsaspekte dauert weiter an", so die Landesregierung Schleswig-Holstein in ihrer Pressemitteilung abschließend.

29. August 2006
Rasches Aus für alle Atomkraftwerke ist «unproblematisch»

Nach Darstellung von Uwe Leprich, Energieexperte von der Saarbrücker Hochschule für Technik und Wirtschaft, in einem Interview mit der Netzeitung (netzeitung.de) vom 29.08.06 könnte nicht nur das AKW in Brunsbüttel rasch vom Netz gehen, sämtliche deutsche Atommeiler ließen sich ihm zufolge ohne Probleme früher abschalten.
=> Im Folgenden dokumentieren wir aus aktuellem Anlaß den Bericht von Uwe Leprich in der Netzeitung vom 29.08.06 im vollen Wortlaut:

"Nicht nur das umstrittene Atomkraftwerk Brunsbüttel sollte rasch vom Netz gehen - sämtliche deutsche Meiler könnten nach Einschätzung eines Fachmanns problemlos abgeschaltet und durch andere Kraftwerke ersetzt werden. «Die beschleunigte Abschaltung aller Atomkraftwerke ist unproblematisch», sagte Uwe Leprich, Energieexperte von der Saarbrücker Hochschule für Technik und Wirtschaft, der Netzeitung. «Das lässt sich viel zügiger als mit dem Atomausstiegsgesetz festgelegt bewältigen.»
Deutschland habe aktuell genügend Kraftwerkskapazitäten, «und wir haben vor allem auch Unternehmen, die darauf warten, neue Kraftwerke - beispielsweise Gas und GuD-Kraftwerke - zu bauen.» Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerke, die so genannten GuD-Kraftwerke, sind kombinierte Kraftwerke: In den Anlagen wird auch die bei der Stromproduktion anfallende Abgaswärme für den Antrieb einer Gasturbine genutzt - dadurch ergeben sich hohe Wirkungsgrade.
Der Neubau solcher Kraftwerke lässt sich Leprich zufolge in 18 bis 24 Monaten bewältigen. So sei der gesamte Zeitplan für die Abschaltung aller deutschen Meiler zu straffen, ohne Versorgungs- oder finanzielle Probleme fürchten zu müssen.

Vattenfall hält Brunsbüttel für sicher
Die von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) erwogene vorzeitige Abschaltung des Atomkraftwerks Brunsbüttel ist Leprich zufolge auch im Sinne der geltenden Atompolitik. «Die bisherige Sicherheitsphilosophie würde es durchaus erlauben, Brunsbüttel abzuschalten», erläuterte Leprich, der den Bundestag als sachverständiges Mitglied der Enquete-Kommission «Nachhaltige Energieversorgung» beriet. «Siedewasser-Reaktoren sind noch unsicherer als andere Atomreaktoren ohnehin schon», begründete er seine Forderung nach einer raschen Stilllegung.
Für eine Abschaltung wäre auch keine Gesetzesänderung erforderlich: «Dazu bedarf es keiner Änderungen am Atomausstieg. Schon das geltende Recht gibt eine Abschaltung von Brunsbüttel her.» Umweltminister Gabriel hatte nach dem Störfall im schwedischen Atomkraftwerk Forsmark eine vorzeitige Abschaltung des Meilers Brunsbüttel erwogen und den Betreiber Vattenfall Europe aufgefordert, die Sicherheit des Kraftwerks darzulegen. Gabriel zufolge wäre in Brunsbüttel ein ähnlicher Störfall wie in Schweden möglich. Vattenfall hatte die Vorwürfe zurückgewiesen und auf einen Weiterbetrieb bis 2009 gepocht, wie ihn der Atomausstieg vorsieht.

Alle Siedewasser-Reaktoren überprüfen
Leprich empfiehlt indes, nicht nur Brunsbüttel, sondern sämtliche deutsche Siedewasser-Reaktoren auf ihre Sicherheit zu überprüfen und notfalls vom Netz zu nehmen. «Auf Grund des Störfalls in Forsmark sollten in jedem Fall die Siedewasser-Reaktoren überprüft werden. Auch diese müssen auf dem neuesten Stand von Wissenschaft und Technik betrieben werden», begründete er seine Forderung.
Das Ergebnis könnte auch eine vorzeitigte Abschaltung sämtlicher Siedewasser-Reaktoren in Deutschland sein: «Gibt es nach dem Störfall in Forsmark neue Erkenntnisse über den Sicherheitsstand der Siedewasserreaktoren, müssen die deutschen Reaktoren diesen Erkenntnissen auch genügen. Tun sie das nicht, ist eine Abschaltung der Siedewasser-Reaktoren geboten», betont Leprich, der in diesem Jahr an der Pariser International Energy Agency (IEA) forschte. Probleme mit der Stromversorgung entstünden durch eine Abschaltung der deutschen Siedewasser-Reaktoren nicht: «Es wäre in jedem Fall verkraftbar.»" (netzeitung.de, 29.08.06)
 

29. August 2006
Landesregierung Schleswig-Holstein hat Bedenken beim AKW Brunsbüttel

Gegenüber der Netzeitung (Netzeitung.de) vom 29.08.06 äußerte sich Schleswig-Holsteins Sozialministerin Trauernicht:
... "Für die Landesregierung in Schleswig-Holstein sind die Aussagen von Vattenfall Europe zur Sicherheit des Atomkraftwerks (AKW) Brunsbrüttel nicht ausreichend. 'Ein erster Blick auf das Papier von Vattenfall macht deutlich: Wir haben noch einige Nachfragen', sagte Sozialministerin Gitta Trauernicht, die auch für Reaktorsicherheit zuständig ist, der Netzeitung. Demnach soll es ein weiteres Aufsichtsgespräch mit dem Betreiber im Ministerium geben."
"Ministerin Trauernicht geht davon aus, dass ein 'identischer' Störfall in Brunsbüttel ausgeschlossen ist. 'Es können aber ähnlich gelagerte Probleme auftreten', sagte sie. Die SPD-Politikerin glaubt auch den Versicherungen von Vattenfall nicht: 'Die Behauptung von Vattenfall, die Notstromversorgung sei sicherer als in anderen Reaktoren in Deutschland, stimmt einfach nicht', kritisierte sie. 'Wir als Atomaufsicht haben da eine ganz andere Meinung'. Der Reaktor sei 'immerhin schon 30 Jahre alt' und entspreche 'nicht dem Stand von Wissenschaft und Technik'."
"Für Trauernicht ist 'Reaktortechnologie eine Hochrisikotechnologie'. Nicht jeder Fehler sei vorhersehbar. 'Deshalb ist der Atomausstieg auch unabdingbar', sagte die Ministerin. Gleichzeitig erteilte sie einer vorzeitigen Abschaltung des AKW Brunsbüttel eine Absage: 'Nach derzeitigem Kenntnisstand ist ein solcher Schritt nicht notwendig und möglich'. Der Atomausstieg sieht vor, dass das AKW Brunsbüttel 2009 als eines der ersten Meiler vom Netz geht." ...

In einem Artikel des Hamburger Abendblatt vom 29.08.06 wird zu der von Vattenfall geplanten Laufzeitverlängerung des AKW Brunsbüttel berichtet: ..."Trauernicht [Sozialministerin in Schleswig-Holstein] geht davon aus, dass das KKB [AKW Brunsbüttel], wie im Atomkonsens vereinbart, im März 2009 vom Netz geht. Ein Antrag auf Verlängerung, den Vattenfall prüft, hätte keine Chance. "Gabriel hat sich eindeutig so geäußert."...

Die Landesregierung Schleswig-Holstein (Ministerium für Soziales, Gesundheit, Familie, Jugend und Senioren) teilte offiziell in einer Presseerklärung vom 29.08.06 mit: "Am 29. August fand im Sozialministerium Schleswig-Holstein ein Aufsichtsgespräch mit Vertretern der Betreiberin [Vattenfall] des Kernkraftwerkes Brunsbüttel, verschiedenen Sachverständigenorganisationen, Vertretern des Bundesumweltministeriums (BMU) sowie Vertretern des schleswig-holsteinischen Sozialministeriums als zuständiger Aufsichtsbehörde statt." "Gegenstand des Gespräches war die am 28. August übersandte Stellungnahme der Betreiberin des Kernkraftwerks Brunsbüttel zu den zwischen Bundesumweltministerium und der Aufsichtsbehörde abgestimmten Fragestellungen zur Notstromversorgung des Kernkraftwerks einschließlich der Wechselrichter." "Eine erste Sichtung der vorgelegten Unterlagen ergab noch diverse Nachfragen der Aufsichtsbehörde, der Sachverständigen und des BMU zu konkreten Detailpunkten. Im Rahmen des Aufsichtsgespräches wurden der Betreiberin weitere detaillierte Nachweise, Schaltpläne und Berechnungen abgefordert. Das Sozialministerium legt hierbei größten Wert auf die vollständige Übersendung belastbarer und abgesicherter Informationen." "In Zusammenarbeit mit den hinzugezogenen Sachverständigenorganisationen werden dann die eingereichten Unterlagen intensiv geprüft. Die abschließende Bewertung wird erst nach Auswertung dieser Prüfungen vorgenommen. Ein sofortiger Handlungsbedarf aufgrund der noch nicht vollständig vorliegenden Informationen wurde nicht festgestellt."

28. August 2006
Bundesumweltminister Gabriel will das AKW Brunsbüttel bis 2009 laufen lassen

Laut einer Meldung der Nachrichtenagentur AP vom 28.08.06 hat Bundesumweltminister Gabriel "klargestellt", daß er "keine vorzeitige Schließung des Atommeilers in Brunsbüttel plant".
"Im Streit um das Atomkraftwerk Brunsbüttel hat Umweltminister Sigmar Gabriel klargestellt, dass er keine vorzeitige Schließung plant. Voraussetzung sei allerdings, dass die Anlage sicher laufe, sagte sein Sprecher Michael Schroeren am Montag in Berlin. «Der Bundesumweltminister hat nicht die Absicht, aus Willkür heraus von seiner Seite aus das AKW stillzulegen
Somit darf das Kraftwerk voraussichtlich wie geplant bis 2009 laufen, vorausgesetzt, der Betreiber Vattenfall kann Sicherheitsbedenken ausräumen. Diese waren nach dem Störfall im schwedischen Meiler Forsmark I aufgekommen.
"Gabriel hatte erklärt, auch in Brunsbüttel könne es zu ähnlichen Problemen kommen, und hatte Sicherheitsnachweise von Vattenfall gefordert. Diese sollen am (heutigen) Montag bei der Atomaufsicht in Kiel eintreffen und danach auch von Gabriels Ministerium geprüft werden. - Gabriel hatte der «tageszeitung» mit Blick auf Brunsbüttel gesagt: «Es ist sinnvoll, solche Altanlagen früher vom Netz zu nehmen. Das Atomgesetz ermöglicht, die Reststrommenge auf jüngere Anlagen zu übertragen.» Damit habe Gabriel Kritik daran üben wollen, dass die Betreiber derzeit nur über Strommengenübertragungen von jüngeren auf ältere Kraftwerke nachdächten. Damit könnte die Abschaltung von weiteren Atomkraftwerken in dieser Legislaturperiode vermieden werden."
"Mit Verweis auf Forsmark kritisierte Gabriel in dem Interview die deutsche Atomindustrie: «Die Betreiber erklären ständig, das kann bei uns gar nicht passieren - und dann passiert eben doch etwas. Ich finde das angesichts des Schadensrisikos, das wir bei der Atomenergie haben, auf Dauer nicht vertretbar», wurde der Minister zitiert", so die Nachrichtenagentur AP weiter.

Landesregierung Schleswig-Holstein: Die Reaktorsicherheitsbehörde Schleswig-Holstein geht möglichen Schwachstellen auch im Kernkraftwerk Brunsbüttel nach

In einer Pressemitteilung vom 28.08.06 äußert sich die Landesregierung Schleswig-Holstein (Ministerium für Soziales, Gesundheit, Familie, Jugend und Senioren) ... "Bis heute ist festzustellen, dass noch immer keine gesicherte, ganzheitliche Darstellung über den Aufbau der Notstromversorgung in Forsmark sowie zum Ablauf des Störfalles und dessen Ursachen und Auswirkungen vorliegt. Auch in der zweiten Mitteilung des BMU [Bundesumweltministerium]  vom 22. August 2006 weist die GRS darauf hin, dass sie derzeit keine endgültige sicherheitstechnische Bewertung hinsichtlich der Übertragbarkeit des Ereignisses auf deutsche Anlagen abgeben könne, da hierzu noch weitergehende Informationen zur Ursache und zum Ablauf benötigt werden würden. Der Betreiber des Kernkraftwerkes Forsmark muss bis zum 6. September 2006 einen Bericht an die schwedische Aufsichtsbehörde [SKI] übermitteln. Erst nach Auswertung dieser zusammenfassenden Darstellung kann eine fundierte und umfassende Übertragbarkeitsprüfung erfolgen."
"Gleichwohl geht die Reaktorsicherheitsbehörde Schleswig-Holstein wegen der zwischenzeitlich erlangten Erkenntnisse aus dem Forsmark-Störfall möglichen Schwachstellen auch im Kernkraftwerk Brunsbüttel nach. Gegenstand der derzeitigen Untersuchungen sind die Wechselrichter in der Notstromversorgung. Diese stellen jedoch nur einen Aspekt der Übertragbarkeitsprüfungen im Hinblick auf das Forsmark-Ereignis dar."
"Grundsätzlich ist nach derzeitigem Kenntnisstand nicht ein Versagen von Bauteilen in Forsmark als Ursache für den Störfall in Betracht zu ziehen, sondern unter anderem nicht optimale Grenzwerteinstellungen der Überspannungsüberwachung und Verzögerungen bei Schaltvorgängen, die den ordnungsgemäßen Ablauf im Falle eines Kurzschlusses im Netz beeinflusst haben. Die hier derzeit besonders in den Blick genommenen Wechselrichter wurden in Forsmark aufgrund von sehr eng beieinander liegenden Grenzwerten abgeschaltet. Wie der Betreiber [Vattenfall] heute schriftlich nochmals dargelegt hat, ist eine solche Überspannungsabschaltung auf der Eingangsseite der Wechselrichter in der Anlage Kernkraftwerk Brunsbüttel nicht vorhanden. Daher könne ein vergleichbarer Störfall mit gleicher Wirkungskette nach derzeitigem Kenntnisstand in der Anlage Kernkraftwerk Brunsbüttel nicht ablaufen. Dies muss jetzt gutachtlich geprüft werden." ...

Vattenfall: Notstromversorgung in allen Fällen gesichert

Nach einer Pressemitteilung von Vattenfall Europe vom 28.08.06 soll die Notstromversorgung im AKW Brunsbüttel in allen Fällen gesichert sein. Vattenfall in der Mitteilung wörtlich:
"Das Kernkraftwerk Brunsbüttel verfügt über eine gesicherte Notstromversorgung für alle denkbaren Störfälle. Das hat die Vattenfall Europe Nuclear Energy GmbH (VENE) als Betreiber des Kraftwerks mit der Antwort auf einen Fragenkatalog des Bundesumweltministeriums belegt. Die Antwort wurde am Montag der zuständigen Aufsichtsbehörde, dem schleswig-holsteinischen Sozialministerium, zugestellt. Die Fragen beruhten auf der Auswertung des Störfalls im schwedischen Kernkraftwerk Forsmark vor einem Monat. 
Wir haben belegt, dass Brunsbüttel besonders gut auf mögliche Störungen in der Stromversorgung vorbereitet ist“, sagte VENE-Geschäftsführer Dr. Bruno Thomauske. „Damit bestätigen sich unsere bisherigen Äußerungen: Die Notstromversorgung in Brunsbüttel ist bei einem Ereignis wie in Forsmark und bei weiter gehenden Szenarien gesichert. Das hat auch unsere Kieler Aufsichtsbehörde bereits mehrfach bestätigt. Über mögliche weitere Verbesserungen in der Sicherheitstechnik sind wir mit der Behörde im ständigen Dialog.“ 
Im Fragenkatalog des Bundesumweltministeriums ging es um die Frage, ob die Notstromversorgung in Brunsbüttel durch ein Versagen der Wechselrichter ausfallen kann – sei es durch ein Ereignis wie in Forsmark, sei es aus anderen Gründen. Thomauske: „Ein gleichzeitiger Ausfall der Wechselrichter ist in Brunsbüttel, anders als in Forsmark, aber ausgeschlossen.“
Auch gegen Szenarien wie einen Brand in der Anlage ist die Notstromversorgung in Brunsbüttel gesichert, unter anderem, weil die sicherheitstechnischen Vorrichtungen mehrfach vorhanden und räumlich getrennt sind. Weiter gehende Untersuchungen haben gezeigt, dass selbst ein Ausfall aller Wechselrichter – der nach menschlichem Ermessen ausgeschlossen ist – in Brunsbüttel nicht zu einem Ausfall der Notstromversorgung führen würde. In einem solchen Fall würde eine zusätzliche Sicherung greifen: das Unabhängige Notstandssystem, eine durch zwei zusätzliche Diesel gestützte Anlage, die den sicheren Betrieb des Kraftwerks sowie aller bei einer Reaktorschnellabschaltung erforderlichen Maßnahmen gewährleistet."

27. August 2006
Bundesumweltminister Gabriel (SPD) will das AKW Brunsbüttel früher abschalten

"Bundesumweltminister Sigmar Gabriel will das Atomkraftwerk Brunsbüttel wegen möglicher Sicherheitsmängel früher als geplant stilllegen", so ein Bericht auf handelsblatt.com am 27.08.06. - Die Reaktion des Atomkonzerns Vattenfall darauf: Der "Betreiber Vattenfall sieht sich zu Unrecht an den Pranger gestellt und schießt zurück".
Umweltminister Gabriel äußerte sich demnach laut handelblatt.com vom 27.08.06 gegenüber der 'tageszeitung', Ausgabe vom 28.08.06: "Es ist sinnvoll, solche Altanlagen früher vom Netz zu nehmen. Das Atomgesetz ermöglicht, die Reststrommenge auf jüngere Anlagen zu übertragen, sagte der SPD-Politiker der Berliner „tageszeitung“ (Montagausgabe) einer Vorabmeldung zufolge. Brunsbüttel sei ein Kraftwerk, das nicht so sicher sei wie neuere Anlagen."
"Nach der Vereinbarung zum Atomausstieg soll das AKW [Brunsbüttel] an der Elbmündung im Jahr 2009 abgeschaltet werden. Die Behörden waren aber auf Brunsbüttel nach einem Störfall im schwedischen Kraftwerk Forsmark aufmerksam geworden. Nach Gabriels [Bundesumweltminister] Einschätzung könnte in dem deutschen Meiler ein ähnliches Problem auftreten. Der Minister hatte dem Betreiber Vattenfall eine Frist bis zum Montag gesetzt, um Nachweise zur Notstromversorgung zu bringen. Diese war in Schweden nach einem Stromausfall erst verspätet angesprungen; dadurch wäre es beinahe zur Katastrophe gekommen", so handelsblatt.com in seiner Ausgabe vom 27.08.06 weiter.
"Mit Verweis auf Forsmark kritisierte Gabriel in dem Interview die deutsche Atomindustrie: „Die Betreiber erklären ständig, das kann bei uns gar nicht passieren – und dann passiert eben doch etwas. Ich finde das angesichts des Schadensrisikos, das wir bei der Atomenergie haben, auf Dauer nicht vertretbar.“"

Der Atomkonzern-Vattenfall schießt zurück

Der Atomkonzern-Vattenfall schießt zurück: "Kraftwerksbetreiber Vattenfall sieht sich „zu Unrecht an den Pranger gestellt“, wie Bruno Thomauske, Geschäftsführer der Vattenfall Europe Nuclear Energy GmbH (VENE), dem Handelsblatt sagte. Es dränge sich der Eindruck auf, dass Bundesumweltminister Gabriel die aktuelle sicherheitstechnische Auseinandersetzung nutze, „um Brunsbüttel sicherheitstechnisch zu diskreditieren, um auf diesem Umweg eine Laufzeitverlängerung zu erschweren“."
"Nach Darstellung Thomauskes hat Brunsbüttel „eine gesicherte Notstromversorgung für alle Eventualfälle“. Entsprechende Dokumente werde man dem Ministerium vorlegen. Zudem habe Brunsbüttel ein unabhängiges komplettes Notstandssystem – anders als in Forsmark und anders als in anderen deutschen Anlagen. „Deshalb ist Brunsbüttel hier sogar besonders gut ausgestattet“, fügte Thomauske hinzu."
 

25. August 2006
Wie gefährlich ist das AKW Brunsbüttel? - Kommentar von Dr. Sebastian Pflugbeil

"Wie gefährlich ist Brunsbüttel?" unter diesem Titel wurde auf saar-echo.de am 25.08.06 ein interessanter Kommentar von Dr. Sebastian Pflugbeil "Forsmark und die deutschen Atomkraftwerke / Wie Betreiber und Politik die Bevölkerung für dumm verkaufen" geposted. Der gleiche Kommentar wurde z.B. auch auf oekonews.at am 26.08.06 veröffentlicht.
Der Physiker Dr. Sebastian Pflugbeil ist Präsident der Deutschen Gesellschaft für Strahlenschutz und Experte zum Thema. Als Minister sorgte der DDR-Bürgerrechtler 1990 dafür, daß sämtliche Atomkraftwerke im Osten Deutschlands abgeschaltet wurden.

Zum AKW Brunsbüttel erklärte Dr. Sebastian Pflugbeil in seinem Kommentar: 
"Jürgen Resch vom Deutschen Naturschutzring und Gerd Rosenkranz von der Deutschen Umwelthilfe haben mit einigem Aufwand erfolgreich hinter die Kulissen geschaut. Ihnen fiel zunächst auf, dass unter den frischen Berichten über den Sicherheitszustand der deutschen Atomkraftwerke einer fehlte: der Bericht zum Atomkraftwerk Brunsbüttel. Brunsbüttel gehört Vattenfall Europe und E.on. Das Atomkraftwerk wurde 1976 in Betrieb genommen, es ist ein Siedewasserreaktor. Brunsbüttel gehört für Reaktorfachleute zu den gefährlichsten deutschen Atomkraftwerken. Seit den 80er Jahren befassen sich die Experten in den zuständigen Gremien mit der mangelhaften Sicherheitstechnik dieses Reaktors. Schlagworte der Kritik sind zu hohe Komplexität, störanfällige Umschaltvorgänge in Krisensituationen, keine durchgängige Trennung der Sicherheitsstränge, nur drei statt vier Notstromdiesel. Es ist leider symptomatisch für das Verhältnis zwischen Aufsichtsbehörden und Atomkraftwerksbetreibern, dass es niemals zu bindenden Auflagen zur Anpassung der Sicherheitstechnik an den „Stand von Wissenschaft und Fortschritt“ gekommen ist. Es ist schwer zu sagen, ob die Atomaufsicht inkompetent, zu sehr verfilzt mit den Betreibern war oder ob sie Angst vor den drohenden Kosten eines eventuell verlorenen Gerichtsverfahrens hatte. (Die Personalbewegungen zwischen Atomaufsicht, Bundes- und Landeseinrichtungen, die mit den Atomkraftwerken zu tun haben und Betreibern sollen hier nicht näher diskutiert werden, sie sind abenteuerlich.) Die kritischen Diskussionen um die Sicherheitskultur des Atomkraftwerke Brunsbüttel erreichten einen überraschenden Höhepunkt im Jahr 2002. Bei Arbeiten an einem in Kanada gebauten Simulator, der zur gezielten Schulung von Reaktorpersonal gebaut worden war, zeigten sich nach einem Papier der Gesellschaft für Reaktorsicherheit gravierende „Planungsfehler in der Notstromversorgung und der Steuerung mehrerer Aggregate in den Not- und Nachkühleinrichtungen“."

Dr. Sebastian Pflugbeil weiter: "Es waren genau die technischen Bereiche mangelhaft, die in Forsmark in den jüngsten Störfall verwickelt waren. Weder die Hersteller des Reaktors, die Firma Siemens/KWU, noch die Betreiber (Vattenfall Europe und E.on Kraftwerke) und auch nicht die Genehmigungs- und Aufsichtsbehörden (z.B. das Kieler Ministerium für Finanzen und Energie, später das Sozialministerium) haben während der bis dahin 26jährigen Betriebszeit diese schweren Fehler bemerkt. Schließlich mußten die Betreiber sich zu den Fehlern gegenüber der Kieler Aufsichtsbehörde äußern. Sie meldeten sechs Planungsfehler in der Steuerung bei Notstromversorgung, drei Abweichungen für Schutzfunktionen beim Notstromfall und zwei Abweichungen in der Steuerung der Not- und Nachkühlsysteme. Die Betreiber meinten - und die darin steckende Denkweise ist wieder symptomatisch - „dass in den meisten Fällen ausreichende Redundanzen zur Verfügung standen“. Eine solche Darstellung wäre Grund genug, einem Würstchenbudenbesitzer die Lizenz zu entziehen. Die Reaktorsicherheitskommission tagte mehrfach zum Fall Brunsbüttel, die Einschätzungen waren niederschmetternd - trotzdem ging Brunsbüttel im Februar 2003 nach einjähriger Reparatur und Inspektion mit Zustimmung der Kieler Aufsicht wieder in Betrieb."

"Der frühere Sicherheitschefingenieur von Forsmark schätzt das Sicherheitsniveau von Brunsbüttel als schlechter als das in Forsmark ein. Die heute für das Atomkraftwerk Brunsbüttel zuständige Kieler Sozialministerin Gitta Trauernicht ist ebenso zuständig für die Thematik der Leukämiefälle bei Kindern in der Umgebung des Atomkraftwerkes Krümmel und des Forschungszentrums GKSS. Es wird berichtet, dass in der Schublade dieser Ministerin eine Liste mit 260 Nachrüstungsforderungen an die Betreiber des Atomkraftwerkes Brunsbüttel liegt. Diese Liste gehört auf den Tisch und nicht in die Schublade. Es gibt keinen anderen vernünftigen Weg, als die erforderlichen Sicherheitsnachrüstungen sofort vorzunehmen oder den Reaktor umgehend stillzulegen. Ministerin Trauernicht ist uns nun schon zwei Erklärungen schuldig," stellte Dr. Sebastian Pflugbeil abschließend fest.

25. August 2006
Deutsche Umwelthilfe: Vattenfall gesteht Falschaussagen zu AKW Brunsbüttel

"Nach dem Eingeständnis, das Bundesumweltministerium und das für die Atomaufsicht in Schleswig-Holstein zuständige Sozialministerium bisher nicht korrekt über die Probleme der Notstromversorgung im Siedewasserreaktor Brunsbüttel unterrichtet zu haben, fordert die Deutsche Umwelthilfe vom Betreiber Vattenfall Europe die sofortige Abschaltung des Meilers"in einer Pressemitteilung am 25.08.06 "Anlässlich einer Sitzung des Ausschusses „Elektrische Einrichtungen“ der Reaktorsicherheitskommission (RSK) der Bundesregierung hatte Vattenfall entgegen früheren Einlassungen überraschend erklärt, dass Teile des Notstromsystems doch wie in Forsmark auf Wechselstrom angewiesen seien. Nach einem Ausfall bestimmter Wechselrichter wäre auch das Kraftwerk Brunsbüttel nur noch eingeschränkt steuerbar."

Die Deutsche Umwelthilfe in ihrer Pressemitteilung weiter: "„Die Aussage der Vattenfall-Verantwortlichen, das Atomkraftwerk Brunsbüttel sei trotzdem sicher, reicht nach dieser Kehrtwende nicht mehr aus. Der Meiler muss sofort stillgelegt werden, und zwar solange seine Sicherheit nicht zweifelsfrei nachgewiesen ist“, sagte Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH). Der Vorgang bestätige auf ganzer Linie die seit Jahren intern vorgetragenen Bedenken mit dem Meiler befasster Fachleute, die in Brunsbüttel ein Sicherheitsleitsystem diagnostiziert hatten, das nicht annähernd dem heutigen Stand der Technik entspräche. Außerdem zeige sich, dass die Behauptung, der Störfall von Forsmark könne nicht „eins-zu-eins“ auf deutsche Anlagen übertragen werden, eher der Vernebelung als der Klärung diene. „Diese Aussage ist so richtig, wie banal – über die Robustheit der Sicherheitseinrichtungen deutscher Reaktoren sagt er nichts. Das Sicherheitssystem von Brunsbüttel ist unterdimensioniert und gerade deshalb überkomplex“, so Resch."

Die Deutsche Umwelthilfe wirft Vattenfall (Betreiber des AKW Brunsbüttel) "objektive Falschaussagen" vor: "Nachdem Vattenfall zunächst „objektive Falschaussagen“ über die Unabhängigkeit der Brunsbüttel-Sicherheitssysteme von Wechselrichtern verbreitet habe, stelle sich zum wiederholten Mal die Frage nach der im Atomgesetz von den Betreibern von Atomanlagen zwingend geforderten Zuverlässigkeit
Resch erinnerte daran, dass das Atomkraftwerk Brunsbüttel im Dezember 2001 Schauplatz einer schweren Wasserstoffexplosion in unmittelbarer Nachbarschaft des Reaktordruckbehälters gewesen sei. Damals hatte der Reaktorbetreiber das Kraftwerk zwei Monate weiterlaufen lassen, ehe das ganze Ausmaß des Unfalls bei einer Begehung des Sicherheitsbehälters ans Licht gekommen sei. In der Folge sei der Kraftwerksleiter ausgewechselt worden."

25. August 2006
Bundesumweltministerium: Ein ähnliches 'Problem' wie im AKW Forsmark könnte im AKW Brunsbüttel auftreten

In einer Pressemitteilung vom 25.08.06 äußerte sich das Bundesumweltministerium zu der Sicherheit des AKW Brunsbüttel:
"Die durch das Bundesumweltministerium veranlasste Überprüfung hat jetzt zu einem neuen Ergebnis geführt: In den Beratungen in der Reaktorsicherheitskommission (RSK) zur Auswertung der schwedischen Erfahrungen haben sich Fragen zur Notstromversorgung im Atomkraftwerk Brunsbüttel ergeben. Dabei geht es um den theoretischen Fall des Ausfalls der Notstromdiesel. In diesem Fall würde das Kraftwerk und vor allem die Überwachung auf einen Batteriebetrieb zurückgreifen müssen. In Brunsbüttel besteht dabei jedoch – anders als in anderen Atomkraftwerken – eine technische Regeleinrichtung, die auf Wechselstrom angewiesen ist. Käme es zum Ausfall dieser Regeleinrichtung, stünde die Stromversorgung für die Steuerung der Anlage nur noch eingeschränkt zur Verfügung. Es könnte damit ein ähnliches Problem wie in Forsmark auftreten, obwohl in Deutschland eine andere Technik genutzt wird.
Der Betreiber Vattenfall hat entsprechende Nachfragen in der RSK zwar beantwortet, jedoch bislang dafür noch keine Nachweise geliefert. In Übereinstimmung mit der zuständigen Atomaufsicht des Landes Schleswig-Holstein hat daher das Bundesumweltministerium heute diese Nachweise eingefordert. Dem Betreiber wird dafür eine Frist bis Montag eingeräumt. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel: 'Wir werden uns auch weiterhin nicht mit Erklärungen der Betreiber allein zufrieden geben, sondern bestehen in jedem Einzelfall auf einem einwandfrei überprüfbaren technischen Nachweis.'" 

Die Nachrichtenagentur AFP meldete am 25.08.06: "Im Atomkraftwerk Brunsbüttel könnte es nach Ansicht von Bundesumweltminister Siegmar Gabriel (SPD) womöglich zu einer ähnlich schweren Panne kommen, wie beim Ausfall der Notstromversorgung im schwedischen Atommeiler Forsmark." Dies teilte laut AFP das Bundesumweltministerium am Freitag in Berlin mit. "Gabriel forderte nach einer erneuten Bewertung der Forsmark-Panne den Brunsbüttel-Betreiber Vattenfall nun auf, bis kommenden Montag den Nachweis für die Sicherheit der Notstromversorgung im Atommeiler zu erbringen."

Vattenfall: Es gibt kein Sicherheitsrisiko im AKW Brunsbüttel

Von der Nachrichtenagentur Reuters wurde am 25.08.06 berichtet, daß nach Aussage von Vattenfall für das AKW Brunsbüttel "kein Sicherheitsrisiko" besteht:
"In dem von Vattenfall betriebenen Atomkraftwerk Brunsbüttel könnten nach Einschätzung des Bundesumweltministeriums ähnliche Probleme auftreten wie beim Störfall im schwedischen Reaktor Forsmark. - Vattenfall wies diese Darstellung zurück. In Brunsbüttel gebe es kein Sicherheitsrisiko."
"Ein Sprecher von Vattenfall sagte, selbst auf Grundlage der neuen Erkenntnisse aus Forsmark sei ein Störfall in Brunsbüttel ausgeschlossen. Die Abhängigkeit von Wechselstrom, der in Forsmark zu Problemen geführt hatte, sei zwar in einigen Messbereichen gegeben. Brunsbüttel verfüge aber seit einigen Jahren über ein zusätzliches Notstromsystem, das Wechselstrom-unabhängig arbeite und den Ausfall kompensieren könne. Dies habe man in der Kommission auch so dargelegt. Die Nachweise hierzu werde das Unternehmen dem Ministerium liefern. "Wir haben alles sorgfältig geprüft: es gibt kein Sicherheitsrisiko", fügte der Sprecher hinzu. Auch in dem weiter entwickelten Szenario sei ein Störfall in Brunsbüttel ausgeschlossen."

Landesregierung Schleswig-Holstein: Keine Stillegung oder Betriebseinschränkungen für die drei Atomkraftwerke in Schleswig-Holstein beabsichtigt

Die Landesregierung Schleswig-Holstein in einer Pressemitteilung dazu vom 25.08.06:
"Der Störfall im schwedischen Kernkraftwerk Forsmark I hat bisher keine Erkenntnisse erbracht, die Stilllegungen oder Betriebseinschränkungen für die drei Kernkraftwerke in Schleswig-Holstein notwendig machen. Dies teilte Sozialministerin Trauernicht am 25. August in Kiel mit. Die von der Reaktorsicherheitsbehörde initiierten umfangreichen gutachterlichen Untersuchungen würden jedoch fortgesetzt, zumal die schwedische Atomaufsicht den dortigen Störfall inzwischen ernster als zunächst angenommen einschätze. Auch aus diesem Grunde sei eine umfassende Auslegungsuntersuchung der elektrischen Einrichtungen in jedem der drei schleswig-holsteinischen Kernkraftwerke unerlässlich.
Um eine zuverlässige Nachwärmeabfuhr aus einem Reaktor auch bei Störfällen zu gewährleisten, ist die Funktionsfähigkeit der Notstromversorgung sicherzustellen. Die für ähnliche elektrische Überspannungsimpulse geforderte 'Robustheit' der elektrischen Energieversorgungsanlagen wird unter anderem nach Beratungen der Reaktorsicherheitskommission (RSK) am 24. August erneut Gegenstand von weiteren Untersuchungen sein. Für die drei schleswig-holsteinischen Anlagen, die man drei verschiedenen Kernkraftwerksgenerationen mit unterschiedlichen Auslegungsmerkmalen zuordnen kann, wird diese Überprüfung von der schleswig-holsteinischen Reaktorsicherheitsbehörde bereits seit dem 3. August in Zusammenarbeit mit den kerntechnischen Sachverständigenorganisationen durchgeführt. Damit soll insbesondere die getroffene Risikovorsorge im auslegungsüberschreitenden Bereich in den Blick genommen werden. Weitergehende Untersuchungen aufgrund der Erkenntnisse aus der RSK-Sitzung werden in enger Abstimmung mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit veranlasst."

21. August 2006
Bundesumweltminister Gabriel rügt den Zustand des AKW Brunsbüttel

Nach einer Meldung der Nachrichtenagentur ddp am 21.08.06 "lehnte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) den Wunsch der Stromkonzerne nach längeren Laufzeiten für ältere Kernkraftwerke strikt ab. Die Vorfälle im schwedischen Meiler Forsmark zeigten, daß es ein «völlig verrückter Vorschlag» der Kraftwerksbetreiber sei, ältere Atomkraftwerke länger laufen zu lassen und dafür jüngere früher vom Netz zu nehmen, sagte er der «Berliner Zeitung» (Montagausgabe) laut Vorabbericht. Die Stromkonzerne wollten ihre alten Atomkraftwerke nur über den nächsten Wahltermin retten, weil sie auf eine atomfreundlichere Regierung spekulierten". 
"Konkret rügte der Minister den Zustand des Kernkraftwerkes in Brunsbüttel. Die Sicherheitstechnik dort sei nicht so optimal, daß man den Meiler länger als bis 2009 laufen lassen könne wie im Atomausstieg vereinbart".

18. August 2006
Vattenfall: Störfall im AKW Brunsbüttel vor zwei Jahren war ähnlich wie im schwedischen Forsmark

Im Hamburger Abendblatt vom 18.08.06 unter dem Titel "Atomkraftwerk: Störfall vor zwei Jahren wie im schwedischen Forsmark" äußert sich der Sprecher des AKW-Brunsbüttel Betreibers Vattenfall, Ivo Banek, in einem Interview mit der Zeitung zu dem Störfall im AKW Brunsbüttel am 23.08.2004 mit den Worten: "Ein Störfall vor zwei Jahren im Kernkraftwerk Brunsbüttel (KKB) war ähnlich wie der kürzlich im schwedischen Reaktor in Forsmark". "Der äußere Ablauf war nahezu identisch. In Brunsbüttel hätten die Notsysteme aber funktioniert". - Hintergrund zu dieser Aussage von Vattenfall Europe: Die 'Deutsche Umwelthilfe' hatte behauptet, das AKW Brunsbüttel "sei schlechter auf diesen Störfall vorbereitet als Forsmark".
"Dennoch wird das KKB [AKW Brunsbüttel] möglicherweise nachgerüstet, um einige seit Jahren bekannte Mängel im Sicherheitskonzept so weit wie möglich zu beheben", so das Hamburger Abendblatt in seinem Bericht weiter. "Wir prüfen derzeit, ob die Vorschläge des Betreibers ausreichen", sagte dazu der Leiter der Atomaufsicht im Kieler Sozialministerium, Wolfgang Cloosters.
"In einem Punkt sind sich der Betreiber [Vattenfall] und die Atomaufsicht einig", berichtet das Hamburger Abendblatt: "Das KKB hat im August 2004 unter Beweis gestellt, daß es einen Störfall wie in Schweden meistern kann. Damals hatte es in einer armdicken Stromleitung zur Eigenversorgung des Meilers einen Kurzschluß gegeben. Nach der Schnellabschaltung des Reaktors sprangen die Notstromdiesel problemlos an. Ein Grund: Die Diesel in Brunsbüttel hängen direkt an Notbatterien, während in Forsmark sogenannte Wechselrichter vorgeschaltet sind. Sie können, wie in Schweden offenbar geschehen, bei einem Kurzschluß ausfallen". Der Leiter der Atomaufsicht im Kieler Sozialministerium Cloosters "wies auf einen weiteren und im Störfall entscheidenden Unterschied hin: Das Überwachungssystem des Meilers in Brunsbüttel hat eine eigene Energieversorgung. Ein minutenlanger Blindflug wie in Forsmark ist damit nahezu ausgeschlossen".
In dem Artikel des Hamburger Abendblatt weiter: "Auf größere Störfälle ist Brunsbüttel aber offenbar weniger gut vorbereitet. So beklagt die Deutsche Umwelthilfe, daß es im ältesten Reaktor in Schleswig-Holstein (seit 1976 in Betrieb) nur drei Notstromdiesel und zwei Stromschienen gibt. - Forsmark hat vier Diesel mit ebenso vielen Leitungen und kann so den Ausfall einzelner Systeme besser verkraften. Darüber hinaus gab es beim Bau des Kraftwerkes in Brunsbüttel Planungsfehler beim Störfall-Management. Sie wurden 2002 entdeckt und machten Schlagzeilen".
"Wir haben damals in Absprache mit der Atomaufsicht einige Veränderungen vorgenommen", so Vattenfall-Sprecher Banek. Es seien, so daß Hamburger Abendblatt, "aber weitere Maßnahmen nötig. Insider gehen davon aus, daß Vattenfall für die Nachrüstung einen zweistelligen Millionenbetrag investieren müßte. Der Reaktor soll aber nach dem Atomkonsens im März 2009 abgeschaltet werden".
 

16. August 2006
Sicherheitsmängel im AKW Brunsbüttel sind laut 'Deutscher Umwelthilfe' gravierender als in Forsmark

Laut einer Pressemitteilung der Deutschen Umwelthilfe (DUH) vom 16.08.06 sind die "Sicherheitsmängel im AKW Brunsbüttel gravierender als in Forsmark".
"Seit Jahren", so die DUH, "fordern Experten vergeblich die Anpassung der mangelhaften Notstromversorgung des Atomkraftwerks Brunsbüttel an moderne Standards - Die Betreiber Vattenfall und Eon verweigern die Nachrüstung und fordern gleichzeitig eine Laufzeitverlängerung - Die Deutsche Umwelthilfe veröffentlicht nach dem Forsmark Störfall interne Einzelheiten und verlangt vorzeitige Stilllegung des Atomkraftwerks oder eine grundlegende Nachrüstung bis zur regulären Abschaltung entsprechend dem Atomausstiegsgesetz".
"Unter allen deutschen Atomkraftwerken verfügt der Siedewasserreaktor Brunsbüttel über das gegen Betriebsstörungen anfälligste Sicherheitsleitsystem", so die DUH in ihrer Pressemitteilung. "Die Notstromversorgung ist auf Betriebsstörungen schlechter vorbereitet als der schwedische Reaktor in Forsmark, in dem sich am 25. Juli ein schwerer Störfall ereignete. Darauf hat die Deutsche Umwelthilfe (DUH) nach dem intensiven Studium zahlreicher interner Unterlagen der Reaktorsicherheitskommission der Bundesregierung, der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) in Köln, von Technikern des Kraftwerks und der schleswig-holsteinischen Aufsichtsbehörde hingewiesen."
Die DUH weiter: "Aus Protokollen und Sachverständigen-Gutachten geht hervor, dass die deutschen Aufsichtsbehören die Brunsbrüttel-Betreiber Vattenfall und Eon seit 2002 vergeblich zu einer grundlegenden Modernisierung der Notstromversorgung des Reaktors gedrängt haben. Auslöser waren gravierende Mängel in der Sicherheitsleittechnik des Reaktors, die erst im Zusammenhang mit der Inbetriebnahme eines neuen Simulators zur Schulung der Betriebsmannschaften erkannt wurden und die zuvor über Jahrzehnte niemand bemerkt hatte. Daraus ergab sich, dass schwere Störfälle wie jetzt in Forsmark von der komplexen und defizitären Sicherheitselektrik in Brunsbüttel möglicherweise nicht hätten bewältigt werden können."
"'Die Behauptung der Betreiber [des AKW Brunsbüttel, Gesellschafter: Vattenfall Europe (66,7%), E.ON Kernkraft (33,3%)], ein Störfall wie in Schweden sei in deutschen Reaktoren nicht möglich, ist definitiv falsch', sagt DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. 'Möglicherweise würde er im Detail anders ablaufen als in Forsmark, aber auf kritische Störfall-Situationen ist der Brunsbüttel-Reaktor erkennbar schlechter vorbereitet als der in Forsmark'," zu diesem Schluß kommt die DUH durch ihre Recherchen.
"Über die 'Planungsfehler in der Notstromversorgung und der Steuerung mehrerer Aggregate in den Not- und Nachkühleinrichtungen' (so der Titel einer GRS-Ausarbeitung) hatten sich Kraftwerkstechniker während der Abnahmetests für den Simulator per Fax ausgetauscht. Die Faxe, die der DUH vorliegen, geben einen Eindruck vom Ausmaß der Verwirrung, die über die über Jahrzehnte unentdeckten Mängel und Unstimmigkeiten herrschten. Die GRS stellt in einer unveröffentlichten Analyse fest, dass  'die in Brunsbüttel gefundenen Fehler sowohl bei Störfällen innerhalb der Auslegung als auch bei auslegungsüberschreitenden Ereignissen und bei weiteren zusätzlich zu unterstellenden Fehlern teilweise zu hohen Unverfügbarkeiten im Sicherheitssystem hätten führen können und so die Beherrschung der Ereignisse gefährdet hätten. Es hat sich zudem herausgestellt, dass die zum Teil vor über 20 Jahren vorgenommenen Inbetriebnahmeprüfungen verborgene Fehler in den komplexen Systemen nicht immer aufgezeigt hatten."
"Nachdem sich das für die Atomaufsicht zuständige Kieler Sozialministerium, mehrere Gutachterorganisationen (TÜV Nord, Energiesysteme Nord in Kiel, GRS) und die Reaktorsicherheitskommission (RSK) der Bundesregierung in den Jahren 2002/2003 über Monate in zahlreichen Sitzungen mit den aufgedeckten Defiziten in der Sicherheitselektrik des Siedewasserreaktors befasst hatten, durfte der Meiler nach einigen Änderungen im Detail wieder ans Netz, obwohl sich alle Experten einig waren, dass die grundsätzlichen Probleme nicht gelöst waren. Der RSK-Fachausschuss ´Elektrische Einrichtungen´ kam 'zu dem Ergebnis, dass auch nach Herstellung des Soll-Zustandes (Erfüllung der sicherheitstechnischen Anforderungen) ein Anlagenkonzept im KKB vorliegt, welches hinsichtlich einiger Auslegungsmerkmale, z. B. Abstimmung des Schaltkonzeptes zwischen Verfahrenstechnik und Energieversorgung, Unabhängigkeit der Teilsysteme und Einfachheit der Leittechnikfunktionen, nicht mehr dem Stand von Wissenschaft und Technik entspricht.' Nicht einmal eine - theoretisch mögliche - Nachrüstung mit modernster Leittechnik, urteilte die RSK abschließend, könne die Sicherheitsdefizite heilen, weil 'dies die Defizite im Anlagenkonzept hinsichtlich des Aufbaus der Notstromversorgung nicht ausgleicht'."
"'Selbst dieses vernichtende Urteil hat nicht verhindern können, dass der Reaktor Brunsbüttel im März 2003 wieder in Betrieb genommen wurde', sagte Gerd Rosenkranz, der Leiter Politik der DUH. Rosenkranz berichtete, dass über die Übertragbarkeit der Abläufe in Forsmark und Brunsbüttel im Gegensatz zur öffentlichen Wahrnehmung auch intern noch kein endgültiges Urteil vorliege. Zwar hätten die Gutachter der Kieler Aufsichtsbehörde in der vergangenen Woche gegenüber Bundesumweltminister Gabriel für die Kraftwerke Brokdorf und Krümmel Entwarnung gegeben, nicht aber für Brunsbüttel. Dazu habe bis Dienstag dieser Woche [15.08.06] eine Stellungnahme des TÜV Nord noch ausgestanden. Die Betreiber selbst hätten bezüglich eines offenen Punktes ('Auswirkungen zeitgleicher Ausfälle von redundanten Wechselrichtern oder Umschaltvorgängen auf das unterbrechungsbehaftete Netz')  erklärt, die Beantwortung sei 'wegen der Kürze der Bearbeitungszeit noch nicht möglich.' Rosenkranz: 'Das ist eine erstaunliche Einlassung, nachdem nach bisheriger offizieller Lesart Wechselrichter für die Sicherheit in deutschen Atomkraftwerken gar keine Rolle spielen'." 
"Resch forderte die Reaktorbetreiber Vattenfall und E.on auf, 'die Diskussion über eine Laufzeitverlängerung für Brunsbüttel und andere Altreaktoren in Deutschland sofort einzustellen. Das Kraftwerk Brunsbüttel ist auf Störfälle schlechter vorbereitet als der Pannenreaktor in Schweden. Die Alternative kann nur sein: Umfangreiche Nachrüstung und Stilllegung entsprechend der Vereinbarung zum Atomausstieg oder vorzeitige Abschaltung des Siedewasserreaktors.' Bei normaler Auslastung muss der Brunsbüttel-Reaktor entsprechend der Atomausstiegsvereinbarung im Jahr 2009 abgeschaltet werden."

=> Das "Hintergrundpapier Forsmark in Deutschland" der Deutschen Umwelthilfe befindet sich im Web als PDF-File unter: http://www.duh.de/uploads/media/Hintergrundpapier_Forsmark_in_Deutschland_01.pdf .

Landesregierung Schleswig-Holstein: "Keine vorschnellen Schlussfolgerungen"

In einer Pressemitteilung vom 16.08.06 hat die Landesregierung Schleswig-Holstein (Ministerium für Soziales, Gesundheit, Familie, Jugend und Senioren ) Seitens der in Schleswig-Holstein für die Reaktorsicherheit zuständigen Ministerin Dr. Gitta Trauernicht mit den Worten "Keine vorschnellen Schlussfolgerungen" auf die Pressemitteilung der Deutschen Umwelthilfe vom 16.08.06 reagiert.
'Die für die Reaktorsicherheit zuständigen Ministerin weiter: "'Die Koalition in Schleswig-Holstein hat vereinbart, dass das Kernkraftwerk Brunsbüttel entsprechend dem Atomkonsens Anfang 2009 vom Netz geht und damit die Restlaufzeiten gelten', sagte Trauernicht. Es ist selbstverständlich, dass die Reaktorsicherheit allen Hinweisen nach Sicherheitsdefiziten konsequent und sorgfältig nachgeht. Dies gilt insbesondere auch für die Notstromversorgung und das Reaktorschutzkonzept. Diese entspreche nicht dem neuesten Stand von Wissenschaft und Technik, wie er in jüngeren Anlagen realisiert ist. Mängel, die ein Abschalten der Anlage erforderlich machen würden, sind von den zugezogenen externen Sachverständigen wie auch der Aufsichtsbehörde bislang nicht festgestellt worden. Dieses ist auch Position des Bundesumweltministeriums und der Reaktorsicherheitskommission."
"Gleichwohl hat die Aufsichtsbehörde von der Betreiberin die Vorlage eines Konzeptes zur Optimierung des Reaktorschutzkonzeptes einschließlich der Notstromversorgung gefordert, um dies an den Stand moderner Anlagen heranzuführen. Dieses Konzept wird zurzeit von den Sachverständigen und Aufsichtsbehörde geprüft und bewertet. Nach Abschluss der Prüfungen wird über die Durchführung von Verbesserungsmaßnahmen zu entscheiden sein", so die Reaktorsicherheit zuständige Ministerin Seitens der Landesregierung Schleswig-Holstein abschließend.

Vattenfall Europe: "Keine Sicherheitsmängel in Brunsbüttel"

Vattenfall Europe hat in einer Pressemitteilung vom 16.08.06 zu den von der DUH vorgebrachten Sicherheitsmängeln im AKW Brunsbüttel wie folgt Stellung bezogen: "Ein Störfall wie im schwedischen Kernkraftwerk Forsmark ist im Kernkraftwerk Brunsbüttel ausgeschlossen". Zu dieser nicht wirklich überraschenden Aussage kommt Vattenfall Europe, der Betreiber des AKW Brunsbüttel. "Das hat die Vattenfall Europe Nuclear Energy GmbH (VENE) als Betreiber des Kraftwerks bekräftigt und damit Behauptungen des Vereins 'Deutsche Umwelthilfe' zurückgewiesen."
Vattenfall-Geschäftsführer Dr. Bruno Thomauske wörtlich: "Das Kernkraftwerk Brunsbüttel weist keine sicherheitstechnischen Mängel auf".
Bruno Thomauske weist in der Pressemitteilung der Vattenfall Europe "auf die Bewertung des schleswig-holsteinischen Sozialministeriums als zuständiger Aufsichtsbehörde hin". "Das Ministerium [Sozialministerium in Schleswig-Holstein] hatte nach Prüfung durch Sachverständige und Bewertung durch die Reaktorsicherheitsbehörde festgestellt, dass in den schleswig-holsteinischen Kernkraftwerken ein anders gestaffeltes Schutzkonzept für die Stromversorgung der Notstromdieselaggregate und der Warteninstrumentierung bestehe als in Forsmark", so Vattenfall Europe. "Dieser Befund betrifft ausdrücklich alle drei Kernkraftwerke in Schleswig-Holstein, also Brokdorf, Krümmel und Brunsbüttel, und liegt in schriftlicher Form dem Bundesumweltministerium vor".
"Zitate", so Vattenfall Europe um Erklärung suchend weiter, "mit denen die Umwelthilfe angebliche Mängel in Brunsbüttel belegen will, sind überholt und aus dem Zusammenhang gerissen". - "Selbstverständlich hat unser Unternehmen zu keinem Zeitpunkt notwendige Modernisierungen der Anlage verweigert", rechtfertigte Bruno Thomauske die Position von Vattenfall Europe.
Die Pressemitteilung von Vattenfall Europe weiter: "So hätten Tests mit einem neuen Simulator in Brunsbüttel 2002 Hinweise auf extrem unwahrscheinliche Ereignisse erbracht. Diese Erkenntnisse seien unmittelbar umgesetzt worden und hätten zu Anpassungen in der Leittechnik geführt. Zur erneuten Inbetriebnahme des Kernkraftwerks 2003 ist der Aufsichtsbehörde gegenüber die erforderliche Schadensvorsorge nachgewiesen worden. Auch die derzeit laufende umfassende Periodische Sicherheitsüberprüfung (PSÜ) hat keine Sicherheitsmängel ergeben".
"Über mögliche technische Verbesserungen gibt es einen ständigen Dialog mit der Aufsichtsbehörde. Neben der mehrfach abgesicherten Notstromversorgung (Generator, Fremdnetz, Notstromdiesel, Gasturbine, Batteriepufferung für Ansteuerung der Diesel und Überwachungstechnik) verfügt Brunsbüttel zusätzlich über ein unabhängiges Notstandssystem: eine durch zwei zusätzliche Diesel gestützte Anlage, die den sicheren Betrieb des Kraftwerks sowie aller bei einer Reaktorschnellabschaltung erforderlichen Maßnahmen gewährleistet", so Bruno Thomauske im Namen von Vattenfall Europe abschließend.

Von E.ON Kernkraft hat es bislang keine Reaktion gegeben...  

10. August 2006
Beim AKW Brunsbüttel sind Mängel in dreistelliger Zahl registriert worden

Nach einer Pressemitteilung des Bundesumweltministeriums (BMU) vom 10.08.06 sind laut Michael Müller, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesumweltministerium, "allein beim AKW Brunsbüttel Mängel in dreistelliger Zahl registriert worden".
"Für die Atomenergie spricht eigentlich nur, dass Atomstrom aus abgeschriebenen Kraftwerken vergleichsweise preiswert ist und den Betreibern hohe Gewinne bringt. Zwei Einwände sind notwendig. Erstens muss auch für alte Atomkraftwerke der Grundsatz "Sicherheit zuerst" gelten, dadurch sind oftmals teure Nachrüstungen notwendig. Allein beim AKW Brunsbüttel sind Mängel in dreistelliger Zahl registriert worden. Zweitens beziehen die Rechnungen die hohen Subventionen, die in die Atomkraft geflossen sind, nicht mit ein. Und auch die steuerbegünstigten Rückstellungen, die den Betreibern erhebliche Vorteile verschaffen, werden verschwiegen."  

23. Juni 2006
Atomkraftwerk Brunsbüttel wird 30 Jahre alt

Auf ndr.de wird am 23.06.06 berichtet: 
"Das Kernkraftwerk Brunsbüttel ist am Freitag 30 Jahre alt geworden. Am 23. Juni 1976 fand in dem ältesten Atomkraftwerk Schleswig-Holsteins die erste kontrollierte Kettenreaktion statt. Die Anlage liefert etwa 15 Prozent des in Schleswig-Holstein verbrauchten Stromes.
Bekannt ist das Kernkraftwerk Brunsbüttel einerseits durch eine lange Reihe von Störfällen und Stillständen.1978 beispielsweise war radioaktiver Dampf aus der Anlage ausgeströmt, später zeigten sich Risse in den austenitverstärkten Rohrleitungen - und nach einem Unfall im Jahr 2001 wurde die Vertrauenswürdigkeit der Betriebsleitung in Frage gestellt. Allerdings haben die Betreiber die Anlage immer wieder mit großem Aufwand nachgerüstet. Viele Techniker bewerten das Kernkraftwerk Brunsbüttel darum als sicher.
D
er Hauptbetreiber Vattenfall vertritt die Position, die Anlage erlaube eine wesentlich längere Laufzeit als bis zum Abschaltzeitpunkt im Jahr 2009, der sich aus dem Ausstiegsgesetz ergibt. Atomkraftgegner wie Bündnis 90/Die Grünen dagegen bezeichnen die Anlage wörtlich als Schrottreaktor, der nicht weiter laufen dürfte."
 

26. Mai 2006
Nach Beendigung der Jahresrevision ist das AKW Brunsbüttel wieder am Netz

Das Sozialministerium in Kiel als zuständige Reaktorsicherheitsbehörde hat bekannt gegeben, daß das AKW Brunsbüttel nach Abschluß des jährlichen Brennelementwechsels und der damit verbundenen planmäßigen Jahresrevision wieder am Netz ist. "Nach Abschluss aller Prüfungen bestanden keine sicherheitstechnischen Bedenken, die erforderliche Zustimmung zum Wiederanfahren der Anlage zu erteilen."
Diese ist in einer Pressemitteilung vom 26.05.06 von der Landesregierung Schleswig-Holstein (Ministerium für Soziales, Gesundheit, Familie, Jugend und Senioren) mitgeteilt worden.
"Das Kernkraftwerk Brunsbüttel (Kreis Dithmarschen) ist nach Abschluss des jährlichen Brennelementwechsels und der damit verbundenen planmäßigen Jahresrevision wieder am Netz. Das teilte das Sozialministerium als Reaktorsicherheitsbehörde am 26. Mai in Kiel mit."

Zur Durchführung der Jahresrevision war der Atommeiler an der Unterelbe am 22.04.06 abgeschaltet worden. Während des Brennelementwechsels wurden "120 der 532" im Atomreaktorkern befindlichen Brennelemente ausgetauscht. Bei den Revisionsarbeiten sind "umfangreiche wiederkehrende Prüfungen, Instandhaltungsarbeiten und Änderungen zur Optimierung der Sicherheit der Anlage und ihres Betriebs durchgeführt worden".
"Das Kernkraftwerk war am 22. April 2006 zur Durchführung der Revision vom Netz gegangen. Während des diesjährigen Anlagenstillstands wurden 120 der 532 im Reaktorkern befindlichen Brennelemente ausgetauscht. Wie im Vorjahr sind darüber hinaus wiederum umfangreiche wiederkehrende Prüfungen, Instandhaltungsarbeiten und Änderungen zur Optimierung der Sicherheit der Anlage und ihres Betriebs durchgeführt worden."

Die von Sachverständigen und der Aufsichtsbehörde begleiteten Prüfungen ergaben, daß in den Elbwasserleitungen, durch die das Kühlwasser für das AKW Brunsbüttel gepumpt wird, alterungsbedingte Schäden beseitigt werden mußten. Daher blieb der Atomeiler etwa 12 Tage länger abgeschaltet, als von Vattenfall ursprünglich geplant worden war.
"Die eingehend von Sachverständigen und der Aufsichtsbehörde begleiteten Prüfungen hatten unter anderem zur Folge, dass in den Elbwasserleitungen alterungsbedingte Schäden beseitigt werden mussten. Die Revisionsarbeiten verlängerten sich entgegen den Planungen der Betreiber dadurch um circa 12 Tage."

Die Betriebsgenehmigung für das AKW Brunsbüttel erlischt nach dem geltenden Atomgesetz und dem "Atomkonsens" "grundsätzlich" nach Erreichen der berechneten Reststrommenge. Dieser Zeitpunkt steht im "Jahr 2009" an, so das Sozialministerium in Kiel. Ein "normaler Weiterbetrieb" wird dabei unterstellt...

23. April 2006
AKW Brunsbüttel für Revision und Brennelementwechsel abgeschaltet

Nach einem Bericht in der Brunsbütteler Zeitung (BZ) vom 06.05.06 mit dem Titel "Das Jahr 2009 schon im Blick" ist das AKW Brunsbüttel am 23.04.06 um 03:00 Uhr zur  Revision und dem damit verbundenen Brennelementwechsel abgeschaltet worden. Schwerpunkte bei der diesjährigen Revision sind demnach die Inspektion und teilweise Erneuerung der elbwasserführenden Kühlwasserleitungen und die Überprüfung des Kondensationsturmes im Sicherheitsbehälter. An der großen Dampfturbine sind Wartungsarbeiten nötig, diversen Pumpen bekommen neue elektrische Leitungen. - Bei dem Brennelementwechsel werden 120 der insgesamt 532 im Atomreaktor befindlichen Brennelemente ausgetauscht. Für die Revision sind 15 Millionen Euro Kosten eingeplant worden. - Sofern für Vattenfall, dem Betreiber des AKW Brunsbüttel, alles 'nach Plan' läuft, soll der Atommeiler an der Unterelbe in der 20. Kalenderwoche, Mitte Mai, wieder ans Netz gehen...
"Seit Sonntag, 23. April, 3 Uhr ist das Brunsbütteler Kernkraftwerk vom Netz - zu turnusmäßigen Revision. Gut 1700 Mitarbeiter, der Großteil von Fremdfirmen, bringen den Meiler wieder auf Vordermann. Rund um die Uhr, im Drei-Schicht-System. Es gibt viel zu tun für die Monteure und Ingenieure. Insgesamt 1448 Positionen sind gelistet, die abgearbeitet werden müssen. Teilweise sind das Arbeiten, die standardmäßig in einem bestimmten Turnus anstehen, teilweise aber auch Verbesserungen und Reparaturen." ... "Rund 15 Millionen Euro Kosten sind für die laufende Revision eingeplant. Ein Schwerpunkt liegt diesmal in der Inspektion und teilweisen Erneuerung der großen Elbwasserleitungen. Außerdem wird der Kondensationsturm im Sicherheitsbehälter überprüft. Rund 2000 Tonnen Wasser mussten dazu in andere Behälter umgepumpt werden, damit Spezialisten die Beschichtung überprüfen können." ... "Auch Brennelemente werden ausgetauscht - diesmal 120 von insgesamt 532. Fünf Jahre sind die einzelnen Brennelemente im Einsatz. Dann werden sie durch neue ersetzt. Ausgediente Brennelemente kommen in ein mit Wasser gefülltes Abklingbecken - bis die Radioaktivität soweit abgeklungen ist, dass der sichere Abtransport in das Zwischenlager [am AKW Brunsbüttel] erfolgen kann. Die umfangreichen Arbeiten an den Elbwasserleitungen gestalten sich etwas zeitaufwändiger als ursprünglich geplant. Voraussichtlich bis Mitte Mai werden die Revisionsarbeiten deshalb andauern. 'Wir planen, in der 20. Kalenderwoche wieder ans Netz zu gehen', erklärt Frisch [Leiter der Revisionsplanung] - vorausgesetzt es gibt keine weiteren Verzögerungen." 

Vattenfall rechnet mit einer Laufzeitverlängerung für das AKW Brunsbüttel

Eine Entscheidung über eine Laufzeitverlängerung für das AKW Brunsbüttel wird von Vattenfall "mit Spannung" erwartet. Diese muß nach Artikel in der BZ "bis September" dieses Jahres gefallen sein, damit "für die Zeit nach 2009" geplant werden kann. Darf das AKW Brunsbüttel über das Jahr 2009 hinaus für mindestens weitere sechs Jahre betrieben werden, sind bereits heute "umfangreiche Erneuerungen geplant": So soll die Turbinen-Anlage modernisiert werden, die dann "um 30 Prozent höhere Leistung" bringen soll, auch die "Leittechnik" wird dann erneuert werden. 
"Dabei hat Frisch auch schon die kommenden Revisionen im Blick. 'Wir planen immer drei bis vier Jahre im Voraus.' Mit Spannung wird deshalb die Entscheidung in Sachen Laufzeitverlängerung erwartet. 'Bis September muss die gefallen sein, damit wir für die Zeit nach 2009 planen können.' Für den Fall, dass das Brunsbütteler Kernkraftwerk doch noch über das Jahr 2009 hinaus betrieben werden darf, sind umfangreiche Erneuerungen geplant. So soll es zum Beispiel Verbesserungen im Turbinenbereich geben, die um 30 Prozent höhere Leistung bringen werden. Außerdem ist geplant, die Leittechnik zu erneuern. Rund sechs Jahre würde es dauern, bis sich diese Investitionen amortisiert haben. Vorbereitet ist man im Kernkraftwerk darauf - fehlt nur noch grünes Licht aus Berlin."

21. April 2006
Revision und Brennelementwechsel im AKW Brunsbüttel angekündigt

In einer Pressemitteilung vom 21.04.06 ist von der Landesregierung Schleswig-Holstein (Ministerium für Soziales, Gesundheit, Familie, Jugend und Senioren) die Jahresrevision im AKW Brunsbüttel angekündigt worden. Demnach wird des Atomkraftwerk am 22.04.06 zum jährlichen Brennelementwechsel und der damit verbundenen "planmäßigen" Revision vom Netz genommen.
"Das Kernkraftwerk Brunsbüttel (Kreis Dithmarschen) wird am 22. April zum jährlichen Brennelementwechsel und der damit verbundenen planmäßigen Revision vom Netz genommen werden. Das teilte das Sozialministerium als Reaktorsicherheitsbehörde am 21. April in Kiel mit."
Bei dem Brennelementwechsel sollen 120 der 532 im Atomreaktor befindlichen Brennelemente ausgetauscht werden. Bei der Revision sind "umfangreiche wiederkehrende Prüfungen, Instandhaltungsarbeiten und Änderungen zur Optimierung der Sicherheit der Anlage und ihres Betriebs" vorgesehen.
"Während des diesjährigen Anlagenstillstands sollen 120 der 532 im Reaktorkern befindlichen Brennelemente ausgetauscht werden. Wie im Vorjahr sind darüber hinaus wiederum umfangreiche wiederkehrende Prüfungen, Instandhaltungsarbeiten und Änderungen zur Optimierung der Sicherheit der Anlage und ihres Betriebs vorgesehen. Zusätzlich zu dem vorhandenen Eigenpersonal werden circa 1.100 Personen von Fremdfirmen im Rahmen der Revision eingesetzt."

Von Vattenfall, dem Betreiber des AKW Brunsbüttel, wird in einer Pressemitteilung vom 21.04.06 die Abschaltung des Atomkraftwerkes an diesem Wochenende bestätigt. Laut Vattenfall stehen neben den "routinemäßigen Prüfungen und Wartungsarbeiten" auch "technisch aufwendige Ultraschallprüfungen am Reaktordruckgefäß und an Rohrleitungen sowie Arbeiten am Kühlwassersystem" an.
"Das Kernkraftwerk Brunsbüttel wird am Wochenende zur jährlichen Revision mit Brennelementwechsel vom Netz genommen. Während des Stillstandes sollen 120 der insgesamt 532 Brennelemente im Reaktorkern ausgetauscht werden. Neben den routinemäßigen Prüfungen und Wartungsarbeiten stehen auch technisch aufwändige Ultraschallprüfungen am Reaktordruckgefäß und an Rohrleitungen sowie Arbeiten am Kühlwassersystem an."
Dr. Lutz-Peter Brandes, Leiter des AKW Brunsbüttel, erklärt in der Vattenfall-Pressemitteilung gegenüber der Öffentlichkeit: "Unser Kraftwerk wird in den kommenden Wochen auf Herz und Nieren geprüft. Durch die jährliche Revision stellen wir den hohen Sicherheitsstandard und die gute Verfügbarkeit der Anlage sicher."
Hoher Sicherheitsstandard im AKW Brunsbüttel? - Nach den vier Quartalsberichten 2005 zu den "Meldepflichtigen Ereignissen in Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen in der Bundesrepublik Deutschland" vom BfS (Bundesamt für Strahlenschutz) hat es im Jahr 2005 im AKW Brunsbüttel 19 "meldepflichtige Ereignisse" gegeben, darunter "Nichtverfügbarkeit eines Notstromdiesels durch fehlerhafte Anregung des vorrangigen Aggregateschutzes" am 29.03.05, "Ausfall von 3 Hauptkühlwasserpumpen" am 10.05.05, "Rohrleckage an Zwischenkühlern von Nachkühlsträngen" am 29.05. und 18.06.05, "Funktionsstörung mit Nichtverfügbarkeit eines Nachkühlstranges bei Wiederkehrender Prüfung" am 17.11.05, ... 
"'Unser Kraftwerk wird in den kommenden Wochen auf Herz und Nieren geprüft', sagte Kraftwerksleiter Dr. Lutz-Peter Brandes. 'Durch die jährliche Revision stellen wir den hohen Sicherheitsstandard und die gute Verfügbarkeit der Anlage sicher.'  Das Kernkraftwerk Brunsbüttel (KKB) war im vergangenen Jahr bis auf den 32-tägigen Revisionsstillstand durchgehend am Netz und hat rund 6 Milliarden Kilowattstunden Strom produziert."  

Wann das AKW Brunsbüttel voraussichtlich wieder ans Netz gelassen wird, teilt weder die Landesregierung Schleswig-Holstein noch Vattenfall mit. - Zuletzt war die Atomanlage im Zeitraum vom 03.07.05 bis zum 04.08.05 zur Revision außer Betrieb genommen worden.

04. März 2006
D
urch Übertragung von Reststrommengen soll das AKW Brunsbüttel möglicherweise länger am Netz bleiben

Nach einem Bericht in den Lübecker Nachrichten vom 04.03.06 wird das AKW Brunsbüttel möglicherweise länger in Betrieb bleiben, als ursprünglich geplant. Bruno Thomauske, Geschäftsführer des Betreibers Vattenfall Europe, äußerte sich gegenüber den Lübecker Nachrichten: "Wir prüfen derzeit, Reststrommengen von anderen Kraftwerken zu übernehmen." Ursprünglich war geplant, das AKW Brunsbüttel im Jahr 2009 vom Netz zu nehmen. - Auf dem "Energiegipfel der Bundesregierung" im April wird voraussichtlich eine Entscheidung zu einer Laufzeitverlängerung des AKW Brunsbüttel fallen, so der Vattenfall-Geschäftsführer.
"Schleswig-Holsteins ältestes Atomkraftwerk in Brunsbüttel bleibt möglicherweise länger am Netz. 'Wir prüfen derzeit, Reststrommengen von anderen Kraftwerken zu übernehmen', sagte der Geschäftsführer des Betreibers Vattenfall Europe, Bruno Thomauske, den Lübecker Nachrichten. Eine Entscheidung darüber wird voraussichtlich auf dem Energiegipfel der Bundesregierung im April fallen."
Laut dem "Vattenfall-Chef" Thomauske sei das Alter des Schrottreaktors in Brunsbüttel hinsichtlich dessen Sicherheit kein Problem... Thomauske dazu in den Lübecker Nachrichten: "Das Alter von Brunsbüttel sei kein Maß für fehlende Sicherheit". - Die Lübecker Nachrichten berichten korrekt weiter, daß der Atommeiler in Brunsbüttel bereits 1977 in Betrieb genommen wurde und "seitem als pannenanfällig gilt".
Von den Lübecker Nachrichten wird in dem Artikel weiter berichtet, daß die Bundesregierung erst letzten Freitag "angebliche Zusagen an große Energiekonzerne für eine Verlängerung der Laufzeiten von Atommeilern dementiert" hat. Ein Sprecher des Umweltministeriums in Berlin zu entsprechenden Gerüchten: Es gebe auch keine "Nebenabsprachen in Nachkoalitionsverhandlungen".
"Die Bundesregierung hatte erst am Freitag angebliche Zusagen an große Energiekonzerne für eine Verlängerung der Laufzeiten von Atommeilern dementiert. Es gebe auch keine 'Nebenabsprachen in Nachkoalitionsverhandlungen', sagte ein Sprecher des Umweltministeriums in Berlin zu entsprechenden Gerüchten. Ursprünglich war geplant, das Atomkraftwerk Brunsbüttel im Jahr 2009 vom Netz zu nehmen."

Werden dazu Reststrommengen aus dem stillgelegten AKW Stade verwendet?

Auch vom NDR wird am 04.03.06 über eine mögliche Laufzeitverlängerung des AKW Brunsbüttel berichtet. Der NDR ergänzend dazu: E.ON und Vattenfall verfügen nach Berechnungen von Greenpeace "über eine Reststrommenge von knapp fünf Terawattstunden aus dem vorzeitig abgeschalteten AKW Stade".

09. Februar 2006
Der zweite Castor-Behälter soll ab dem Sommer im Standort-Zwischenlager Brunsbüttel eingelagert werden

Nach Aussage des Werksleiters des AKW Brunsbüttel, Lutz-Peter Brandes, in den Kieler Nachrichten vom 09.02.06 wird bereits in der zweiten Jahreshälfte von 2006 der zweite Castor-Behälter in der Atommüll-Lagerhalle von Brunsbüttel abgestellt werden.

"Der nächste Castor folgt in der zweiten Jahreshälfte."
05. Februar 2006
Erster Castor im Standort-Zwischenlager am AKW Brunsbüttel eingelagert

Von der Landesregierung Schleswig-Holstein (Ministerium für Soziales, Gesundheit, Familie, Jugend und Senioren) wird in einer Pressemitteilung vom 07.02.06, wird bekannt gegeben: 
Das Standort-Zwischenlager am AKW Brunsbüttel ist mit der Einlagerung eines Castor-Behälters mit 52 abgebrannten Brennelementen in Betrieb gegangen.
"Erstes atomares Zwischenlager in Schleswig-Holstein auf dem Gelände des Kernkraftwerks Brunsbüttel in Betrieb -  Das auf dem Gelände des Kernkraftwerks Brunsbüttel errichtete erste atomare Zwischenlager in Schleswig-Holstein ist mit der Einlagerung eines CASTOR-Behälters mit 52 abgebrannten Brennelementen in Betrieb gegangen. Dies teilte das für die Atomaufsicht zuständige Sozialministerium am 7. Februar in Kiel mit." ...
"Nach den Bestimmungen des Atomgesetzes war für die Genehmigung der Zwischenlager - anders als bei Genehmigungen für Kernkraftwerke - das Bundesamt für Strahlenschutz und nicht die Landesregierung zuständig. Die Genehmigung für das Zwischenlager wurde im Jahre 2003 erteilt und sieht vor, dass für einen Zeitraum von 40 Jahren bis zu 80 CASTOR-Behälter mit jeweils bis zu 52 abgebrannten Brennelementen dort gelagert werden dürfen."
"Dem schleswig-holsteinischen Sozialministerium obliegt die Aufsicht über die atomaren Zwischenlager. Während der gut zweijährigen Bauzeit hat die Reaktorsicherheitsbehörde die Errichtung intensiv unter Hinzuziehung verschiedener Sachverständigenorganisationen überwacht. Letzte vor der Inbetriebnahme erforderliche Prüfungen konnten mit positivem Ergebnis abgeschlossen werden. Der jetzt beginnende Betrieb des Lagers und das Einlagern weiterer CASTOR-Behälter werden mit der gleichen Konsequenz beaufsichtigt."

Nach der vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) am 28.11.03 ausgesprochenen atomrechtlichen Genehmigung 'Aufbewahrung abgebrannter Brennelemente in Zwischenlagern' dürfen in der Atommüllagerhalle auf dem AKW-Gelände von Brunsbüttel bis zu 80 CASTOR V/52-Behälter mit jeweils 52 abgebrannten Brennelementen abgestellt werden. Insgesamt dürfen dort bis zu 450 Tonnen Atommüll für (erst einmal?) maximal 40 Jahre lagern. - Ursprünglich hatten die Betreiber (Vattenfall Europe) sogar die Einlagerung von 1500 Tonnen Atommüll beantragt.
Gegen das Zwischenlager Brunsbüttel wurden 2300 Einwendungen erhoben.

Nach einem Bericht auf VERIVOX vom 08.02.06 erklärten u.a. der Geschäftsführer der Vattenfall Europe Nuclear Energy, Bruno Thomauske, und der Leiter vom AKW Brunsbüttel, Lutz-Peter Brandes, am 08.02.06 während der Vorstellung von Schleswig-Holsteins erstem atomaren Zwischenlager auf dem Gelände des Atomkraftwerks Brunsbüttel:
"Das Zwischenlager Brunsbüttel darf insgesamt 40 Jahre lang bis Februar 2046 genutzt werden. Da die Räumung eines Zwischenlagers rund 15 Jahre dauert, müsse ein betriebsbereites Endlager etwa im Jahr 2030 zur Verfügung stehen, sagte Thomauske: "Wenn die Standortsuche jetzt neu beginnt, könnte ein Endlager frühestens 2050 zur Verfügung stehen."
"Im Atomkraftwerk Brunsbüttel fallen im Schnitt jährlich 85 Brennelemente an. Der erste Atommüll-Behälter wurde am 5. Februar eingelagert. Nach Angaben der Betreiber bietet das 30 Millionen Euro teure Standort-Zwischenlager Brunsbüttel Platz für insgesamt 80 Atommüll-Behälter: Dabei schirmten die 1,20 Meter dicken Wände und die 1,30 Meter dicke Decke aus Stahlbeton die von den abgebrannten Brennelementen ausgehende Strahlung so weit ab, dass die Strahlenbelastung am Sicherungszaun deutlich unter dem gesetzlichen Jahresgrenzwert liege. "Die massive Bauweise bietet auch Sicherheit gegen den Aufprall eines großen Verkehrsflugzeuges", erläuterte der Leiter des Werks, Lutz-Peter Brandes."
"Zwischenlager werden benötigt, weil der Gesetzgeber den Transport ausgebrannter Brennelemente in Wiederaufarbeitungsanlagen seit Juli 2005 verboten hat. Das Zwischenlager in Brunsbüttel ist bundesweit das erste von insgesamt elf Standort-Zwischenlagern, das nach dieser Vereinbarung zwischen Bundesregierung und den Energie- Versorgungsunternehmen in Betrieb genommen wurde."

31. Oktober 2005
Pannen-AKW Brunsbüttel: Seit Inbetriebnahme zusammen rund sechseinhalb Jahre 'ungeplante Stillstandszeiten'

In der taz-Nord vom 31.10.05 wird unter dem Titel "Umstieg aus dem Ausstieg" u.a. ausführlich über den Schrottreaktor in Brunsbüttel berichtet. Im AKW Brunsbüttel haben sich bereits zahlreiche Störfälle ereignet, die Liste ist lang. Seit der Inbetriebnahme im Jahr 1976 belaufen sich die längeren 'ungeplanten Stillstandszeiten' des Atommeilers auf zusammen rund sechseinhalb Jahre. - Wir dokumentieren hier im folgenden einen Textauszug aus der taz über das AKW Brunsbüttel: 
... "Der Meiler ging 1976 in Betrieb, Eigentümer sind die Konzerne Vattenfall und Eon. Nach einer Ende August von Greenpeace veröffentlichten Studie geht vom Meiler an der Elbe eine besonders große Gefährdung für Umwelt und Bevölkerung aus.
Das Dach des Reaktorgebäudes halte gerade mal dem Absturz eines kleinen Sportflugzeugs stand, gegen einen Aufprall von Kampfjets oder gar Passagiermaschinen sei die Kuppel nicht gesichert. Zudem ist das Kraftwerk extrem pannenträchtig. 'Seit der Inbetriebnahme summieren sich allein die längeren ungeplanten Stillstandszeiten auf rund sechseinhalb Jahre', sagt der Physiker Helmut Hirsch. Die Liste der Störfälle ist lang. Nach nur wenigen Monaten Betriebszeit entwichen durch ein Leck an einer Dampfleitung zwei Tonnen radioaktiver Dampf in die Atmosphäre. Nach Auftreten des Lecks lief der Reaktor noch fast drei Stunden weiter. Ein automatisches System hätte ihn nach fünf Minuten abschalten müssen, es wurde aber laut Greenpeace von der Betriebsmannschaft manipuliert, um die Anlage am Netz zu halten.
1989 häuften sich die Probleme. Zunächst stellten Prüfer eine unzulässig lange Schließzeit bei einem Sperrventil fest, dann trat ein Schaden an einer wichtigen Abschlussarmatur eines Druckwassersystems auf. Bei der Anlagenrevision zeigte sich, dass 65 von insgesamt 248 Befestigungsschrauben wichtiger Isolationsventile defekt waren. Außerdem wurden vier Risse von je etwa 70 Millimetern Länge an Rohrleitungen des Kühlkreislaufes entdeckt. 1991 klemmte ein Sicherheits- und Entlastungsventil fest, 1997 war eine Einspeispumpe des Kernflutsystems gesperrt. Der größte Unfall war die Knallgasexplosion im Dezember 2001, als eine Rohrleitung zerbarst. Der Störfall ereignete sich nur wenige Meter entfernt vom Reaktordruckbehälter. 'Es war nur besonders glücklichen Umständen zu verdanken, dass damals kein ganz schwerer Unfall ausgelöst wurde', so der Reaktorexperte Hirsch.
Die Folgen waren gleichwohl gravierend. Die Explosion zerstörte eine Leitung auf einer Länge von fast drei Metern, ein abgerissenes Rohr schlug gegen den Innenbeton des Sicherheitsbehälters. Umher fliegende Trümmer der geborstenen Rohrleitung beschädigten unter anderem Kabel-Trassen und Lüftungskanäle. Spiegel online berichtete damals, die Betriebsmannschaft habe den Reaktor sofort herunterfahren wollen, sei aber von der Konzernzentrale in Hamburg daran gehindert worden. Erst nach Tagen wurde das Kraftwerk abgeschaltet - es ging erst 13 Monate später wieder in Betrieb. Als 'logische Konsequenz' aus der Pannenserie besteht Greenpeace auf der vereinbarten Stilllegung des Reaktors in dieser Legislaturperiode. Für die Betreiber ist eher eine Laufzeitverlängerung 'logisch' - damit sich der Betrieb des Reaktors noch ausreichend amortisiert." ...
( http://www.taz.de/pt/2005/10/31/a0072.nf/text )

15. September 2005
Standort-Zwischenlager in Brunsbüttel ist fertig gestellt

Nach einem Artikel in der Print-Ausgabe von der Brunsbütteler Zeitung (BZ) vom 16.09.05 ist das Standort-Zwischenlager am AKW Brunsbüttel (KKB) jetzt fertig gestellt worden. Nach Aussage von Dr. Lutz-Peter Brandes, Leiter des Atomkraftwerkes Brunsbüttel, gegenüber der BZ ist das Standort-Zwischenlager Brunsbüttel "technisch gesehen fertig". Am 15.09.05 war demnach die "Endabnahme durch die Untere Baubehörde der Stadt Brunsbüttel", die "keine Beanstandungen" hatte.
"„Die Anlage ist technisch gesehen fertig“, erklärt Dr. Lutz-Peter Brandes, Leiter des KKB. Gestern [15.09.05] war Endabnahme durch die Untere Baubehörde der Stadt Brunsbüttel: Es gab keine Beanstandungen."
Für die Inbetriebnahme der Atommüllhalle fehlt laut dem Artikel in der BZ noch die "atomrechtliche Zustimmung", die das "Sozialministerium in Kiel" erteilt. Dort wird zurzeit noch der "Anschluss des Zwischenlagers an den äußeren Sicherheitsbereich des KKB" geprüft. Die KKB GmbH muß dazu noch einige Nachweise einreichen.
Der Bau des 40 Millionen Euro teuren Atommüllagers, das 83 Meter lang, 27 Meter breit und 23 Meter hoch ist, war laut der KKB GmbH "komplikationslos" verlaufen. Spatenstich war nach dem Artikel in der BZ im Herbst 2003, Richtfest wurde im Sommer 2004 "gefeiert". Die Einlagerung von Atommüll ist für (zunächst) 40 Jahre genehmigt.

Die ersten Castor-Behälter mit abgebrannten Brennelementen aus dem AKW Brunsbüttel sollen "Anfang des kommenden Jahres" in das Standort-Zwischenlager gebracht werden. - Ein noch unbeladener Castor befindet sich bereits im Lager.
"Die ersten Castor-Behälter mit ausgebrannten Brennelementen aus dem Kernkraftwerk Brunsbüttel (KKB) sollen Anfang des kommenden Jahres in das Standort-Zwischenlager rollen, das direkt neben dem Atommeiler liegt."

In dem Standort-Zwischenlager dürfen maximal 80 Castor-Behälter mit je 52 Brennelementen abgestellt werden. Die Atommüll-Behälter werden unter Wasser im Abklingbecken des AKW Brunsbüttel mit den abgebrannten Brennelementen beladen und dann mittels LKW in das "Lager" transportiert. Laut der KKB sollen "pro Jahr zwei bis drei Castor-Behälter eingelagert" werden. Bevor die abgebrannten Brennelemente in die Castoren kommen, müssen sie "zwei bis drei Jahre" im Abklingbecken verweilen, damit die bei der "Kernspaltung im Reaktor gebildeten, kurzlebigen Radionuklide" "zerfallen" können.
"Rund 80 Castor-Behälter mit jeweils 32 Brennelementen haben später Platz in dem Lagergebäude aus Stahlbeton. Die KKB GmbH investiert mehr als 40 Millionen Euro in den Bau des Zwischenlagers. „Die Behälter werden unter Wasser beladen und dann per Lkw in das Lager transportiert“, erläutert Ingenieur Jens Seyer, Betriebsleiter des Zwischenlagers. Er rechnet damit, dass pro Jahr zwei bis drei Castor-Behälter eingelagert werden. Bevor die Brennelemente in die Castor-Behälter kommen, müssen sie zwei bis drei Jahre in ein sogenanntes Abklingbecken."

Die radioaktive Strahlung in dem Lager für den Atommüll ist laut dem Betriebsleiter des Zwischenlagers "minimal erhöht". Für die Öffentlichkeit findet der KKB-Leiter dazu gleich beruhigende Worte, denn "deshalb sind die Wände ja auch so dick, so dass bereits draußen am Zaun die zusätzliche Strahlenbelastung bereits so gering ist, dass man sie vernachlässigen kann". - Hört, Hört!
„Die radioaktive Strahlung im Lager wird an verschiedenen Stellen kontinuierlich gemessen“, erklärt Seyer. ... „Die radioaktive Strahlung im Lager ist minimal erhöht. Aber deshalb sind die Wände ja auch so dick, so dass bereits draußen am Zaun die zusätzliche Strahlenbelastung bereits so gering ist, dass man sie vernachlässigen kann“, sagt Dr. Brandes."

04. August 2005
AKW Brunsbüttel nach Revision und Brennelementwechsel wieder am Netz

Nach einer Pressemitteilung der Kernkraftwerk Brunsbüttel GmbH (KKB) vom 04.08.05 ist das AKW Brunsbüttel wieder angefahren und am 04.08.05 ans Netz gelassen worden.
Das AKW Brunsbüttel war am am 03.07.05 zur Revision und zum Brennelementwechsel "planmäßig" abgeschaltet worden. Laut der KKB wurden in dem Revisionszeitraum "84 der insgesamt 532 Brennelemente ausgetauscht" und "umfangreiche Prüfungen und Instandhaltungsarbeiten durchgeführt".
"Nach Abschluss der Revisionsarbeiten ist das Kernkraftwerk Brunsbüttel (KKB) wieder angefahren worden und am Donnerstag ans Netz gegangen. Vor vier Wochen war das Kraftwerk zur jährlichen Revision und zum Brennelementewechsel abgeschaltet worden. Es wurden 84 der insgesamt 532 Brennelemente ausgetauscht und umfangreiche Prüfungen und Instandhaltungsarbeiten durchgeführt."

Nach Darstellung der KKB hat das AKW Brunsbüttel im "vergangenen Jahr rund fünf Milliarden Kilowattstunden Strom produziert", dies sind "etwa 15 Prozent des in Schleswig-Holstein insgesamt erzeugten Stroms". - Von der KKB wird auch mitgeteilt, daß am kommenden Wochenende (06./07.08.05) das AKW Krümmel zur Jahresrevision und zum Brennelementwechsel heruntergefahren wird.

01. August 2005
Ministerium in Kiel erteilt Zustimmung zum Wiederanfahren vom AKW Brunsbüttel

In einer Pressemitteilung der Landesregierung Schleswig-Holstein (Ministerium für Soziales, Gesundheit, Familie, Jugend und Senioren) vom 02.08.05 wird bekannt gegeben, daß am 01.08.05 nach Beendigung der "planmäßigen" Revision und dem Brennelementwechsel im AKW Brunsbüttel die Zustimmung aus Kiel zum Wiederanfahren erteilt worden ist.
"Das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Familie, Jugend und Senioren hat als zuständige Reaktorsicherheitsbehörde gestern Abend die Zustimmung zum Wiederanfahren des Kernkraftwerkes Brunsbüttel erteilt. Nach Abschluss des planmäßigen Brennelementwechsels und der Beendigung der Revisionsarbeiten darf die Anlage damit wieder ans Netz gehen. Dies teilte das Ministerium heute (2. August) in Kiel mit."

Nach Aussage des Ministeriums in Kiel war der Atomreaktor in Brunsbüttel am 04.07.05 zur Durchführung der jährlichen Revision abgeschaltet worden. Während des Brennelementwechsels waren demnach 84 abgebrannte Brennelemente ausgetauscht worden.
"Das Kernkraftwerk Brunsbüttel war am 4. Juli 2005 zur Durchführung der Jahresrevision vom Netz genommen worden. Während des diesjährigen Anlagenstillstands wurden 84 Brennelemente ausgetauscht. Wie im Vorjahr sind umfangreiche wiederkehrende Prüfungen, Instandhaltungsarbeiten und Änderungen zur Optimierung der Sicherheit der Anlage und ihres Betriebs durchgeführt worden."

Nach der erteilten Zustimmung von dem zuständigen Ministerium in Kiel darf das AKW Brunsbüttel wieder angefahren werden und ans Netz gehen. Bislang liegen keinerlei Hinweise vor, daß die Atomanlage bereits wieder in Betrieb ist. - Damit ist allerdings in Kürze zu rechnen, falls nicht wieder beim Anfahren was schief läuft...

03. Juli 2005
AKW Brunsbüttel zu Revision und Brennelementwechsel abgeschaltet

Die Landesregierung Schleswig-Holstein (Ministerium für Soziales, Gesundheit, Familie, Jugend und Senioren) gibt in einer Pressemitteilung vom 01.07.05 bekannt, daß das AKW Brunsbüttel am 02.07.05 zur Revision und zum Brennelementwechsel vom Netz genommen werden soll.
"Das Kernkraftwerk Brunsbüttel wird am 2. Juli zum jährlichen Brennelementwechsel und der damit verbundenen planmäßigen Revision vom Netz genommen werden. Das teilte das Sozialministerium als Reaktorsicherheitsbehörde heute (1. Juli) in Kiel mit."
Bei dem Brennelementwechsel sollen insgesamt 64 der 532 Brennelemente im Atomreaktor ausgetauscht werden. Bei der Revision sind u.a. "umfangreiche wiederkehrende Prüfungen, Instandhaltungsarbeiten und Änderungen zur Optimierung der Sicherheit der Anlage und ihres Betriebs vorgesehen. Dabei soll insbesondere das Erdungssystem für das Kraftwerk verbessert werden."
"Während des diesjährigen Anlagenstillstands sollen 64 der 532 im Reaktorkern befindlichen Brennelemente ausgetauscht werden. Wie im Vorjahr sind darüber hinaus wiederum umfangreiche wiederkehrende Prüfungen, Instandhaltungsarbeiten und Änderungen zur Optimierung der Sicherheit der Anlage und ihres Betriebs vorgesehen. Dabei soll insbesondere das Erdungssystem für das Kraftwerk verbessert werden." ...
"Der derzeitige 18. Betriebszyklus der Anlage begann am 3. April 2004. Vom 23. August  bis 27. Oktober 2004 befand sich das Kernkraftwerk nach einem Kurzschluss in der Eigenbedarfsversorgung im Anlagenstillstand. Die Betreiberin des Kernkraftwerkes musste vor dem Wiederanfahren der Anlage im Oktober 2004 die für den sicheren Betrieb der Anlage notwendigen Starkstromkabel vollständig austauschen. Weitere Austauschmaßnahmen fanden betriebsbegleitend statt. In dieser Revision werden nun auch Kabel ersetzt, die außerhalb des sicherheitstechnischen Bereiches liegen." ...
Von der Kernkraftwerk Brunsbüttel GmbH (KKB) wird in einer Pressemitteilung vom 04.07.05 bekannt gegeben, daß das AKW Brunsbüttel am 03.07.05 zur Revision und zum Brennelementwechsel "planmäßig" abgeschaltet worden ist.
"Das Kernkraftwerk Brunsbüttel (KKB) wurde am Sonntag, den 3. Juli 2005 zum 18. Brennelementwechsel und zur planmäßigen Revision vom Netz genommen."
Während der Revision werden laut der KKB außer dem Brennelementwechsel schwerpunktmäßig Inspektionen im Turbinenbereich erfolgen.
"Während des Stillstandes sollen routinemäßig Brennelemente ausgetauscht und zahlreiche Prüfungen, Inspektionen (insbesondere im Turbinenbereich) und Watungsarbeiten durchgeführt werden."
Nach Aussage der KKB soll der Stillstand vom AKW Brunsbüttel drei Wochen dauern.
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Zuletzt war die Atomanlage im Zeitraum vom 06.03.04 bis zum 02.04.04 zur Revision außer Betrieb genommen worden.

27. Oktober 2004
AKW Brunsbüttel nach erneuten technischen Problemen wieder am Netz

Nach einer Pressemitteilung der Landesregierung Schleswig-Holstein (Ministerium für Soziales, Gesundheit und Verbraucherschutz) vom 28.10.04 ist das AKW Brunsbüttel am Mittwoch, den 27.10.04, in den späten Abendstunden wieder ans Netz gegangen. 
"Das Kernkraftwerk Brunsbüttel (Kreis Dithmarschen) ist seit dem 27. Oktober in den späten Abendstunden wieder am Netz."
Zu der Verzögerung beim Wiederanfahren vom Atomkraftwerkes in Brunsbüttel teilt die Landesregierung Schleswig-Holstein mit:
"Bei Prüfungen im Zusammenhang mit der bereits am Montag (25. Oktober 2004) eingeleiteten Wiederinbetriebnahme des Kernkraftwerks Brunsbüttel waren unerwartet Fehler im Erdungssystem festgestellt worden, die zu einer Verzögerung des Wiederanfahrens der Anlage führten." "Jetzt sind alle Maßnahmen abgeschlossen, die aus sicherheitstechnischen Gründen vor der Wiederaufnahme des Leistungsbetriebs zu fordern waren."
Vattenfall Europe und die KKB haben in zwei gleichlautenden Pressemiteilungen am 28.10.04 bekannt gegeben: "Das Kernkraftwerk Brunsbüttel liefert wieder Strom. Am Mittwochabend ging das Kraftwerk nach erfolgtem Anfahren wieder ans Netz."
In diesen Pressemitteilungen wird gegenüber der Öffentlichkeit verschwiegen, daß das Wiederanfahren vom AKW Brunsbüttel am Montag, den 25.10.04 aufgrund von technischen Problemen abgebrochen werden mußte! - Ein von der Atomindustrie 'normales' Verhalten: Verschweigen, Dementieren, Verharmlosen, ...

25. Oktober 2004
Probleme beim Wiederanfahren vom AKW Brunsbüttel - Leistungsbetrieb durfte nicht aufgenommen werden

Das Hochfahren von dem Atommeiler in Brunsbüttel am 25.10.04 ist schief gegangen! - Die Atomanlage durfte den Leistungsbetrieb nicht aufnehmen... 
Die Landesregierung Schleswig-Holstein (Ministerium für Soziales, Gesundheit und Verbraucherschutz) hat in einer weiteren, neueren Pressemitteilung (auch mit Datum vom 25.10.04) bekannt gegeben, daß sich die "Wiederaufnahme des Leistungsbetriebs" im AKW Brunsbüttel "verzögert". Bei der Wiederinbetriebnahme hat es demnach einen "unerwarteten Fehler im Erdungssystem" gegeben... 
- Vattenfall Europe bzw. die Kernkraftwerk Brunsbüttel GmbH (KKB) müssen nun den Fehler beseitigen, bevor das AKW Brunsbüttel den Leistungsbetrieb aufnehmen darf.
"Verzögerungen bei dem Wiederanfahren des Kernkraftwerks Brunsbüttel - Die Wiederaufnahme des Leistungsbetriebs im Kernkraftwerk Brunsbüttel (Kreis Dithmarschen) hat sich verzögert. Bei einer im Zusammenhang mit der Wiederinbetriebnahme vorzunehmenden Prüfung ist unerwartet ein Fehler im Erdungssystem aufgetreten. Die Betreiberin des Kernkraftwerks muss den festgestellten Fehler vor der Wiederaufnahme des Leistungsbetriebs zunächst beseitigen."
Vattenfall Europe und/oder die KKB hatten sich zu dem neuen 'Ereignis' in Brunsbüttel nicht geäußert...

25. Oktober 2004
AKW Brunsbüttel ist wieder in Betrieb

Das AKW Brunsbüttel an der Unterelbe ist am 25.10.04, nach einem "ungeplanten zweimonatigem Stillstand" wieder ans Netz gelassen worden... Dies wird in einer Pressemitteilung der Landesregierung Schleswig-Holstein (Ministerium für Soziales, Gesundheit und Verbraucherschutz) am gleichen Tage mitgeteilt.
Am 23.08.04 war es im Atommeiler in Brunsbüttel nach einem "Kurzschluss zu einem Brand in einem Starkstromkabel und zu einer Reaktorschnellabschaltung" gekommen. Aufgrund von diesem 'Ereignis' wurden in Brunsbüttel "umfassende Untersuchungen an Starkstromkabeln sowie die Überprüfungen des Sicherheitssystems der Anlage und der Funktionssicherheit aller an die Kabel angeschlossenen Aggregate" durchgeführt. - Mit alarmierenden Ergebnissen:

  • Weitere Kabel hatten bereits Vorschädigungen im Bereich der Isolation. Dabei handelte sich um Leitungen, die zum Zeitpunkt der Errichtung des Kernkraftwerks in den 70er Jahren verlegt worden waren. - Die folglich über dreißig(!) Jahre als waren...
  • Die Atomaufsichtsbehörde in Schleswig-Holstein führt diese Schädigungen an den Kabeln auf Alterung der Kunststoffisolierung zurück. - "Wegen der bundesweiten Bedeutung dieser Befunde hatte die Atomaufsicht unverzüglich auch das Bundesumweltministerium hierüber unterrichtet und entsprechende bundesweite Überprüfungen in anderen kerntechnischen Anlagen angeregt."

Vattenfall Europe (früher: HEW) als Betreiber vom AKW Brunsbüttel mußte vor dem Wiederanfahren der Atomanlage die für den "sicheren Betrieb der Anlage" notwendigen Starkstromkabel "vollständig austauschen" und eine "Reihe von weiteren technischen und administrativen Änderungen" vornehmen. - Welche dies sind, wird nicht genannt. - "Weitere überprüfte Kabel sollen in Anbetracht  ihres Alters auch kurzfristig betriebsbegleitend ausgetauscht" werden.
Bislang hat Vattenfall Europe schon rund "1,5 Millionen Euro" ausgegeben, um alle Kabel in dem betroffenen Abschnitt auszutauschen. Dies wurde von der KKB gegenüber den Kieler Nachrichten am 14.10.04 geäußert.

14. Oktober 2004
KKB beabsichtigt das Wiederanfahren vom AKW Brunsbüttel in der kommenden Woche

Die Kieler Nachrichten vom 14.10.04 berichten unter dem Titel "Atommeiler soll wieder ans Netz" über das geplante Wiederanfahren vom AKW Brunsbüttel: "Das Kernkraftwerk Brunsbüttel (KKB) soll in der kommenden Woche wieder angefahren werden. Das hat Leiter Dr. Lutz-Peter Brandes auf Nachfrage unserer Zeitung gestern mitgeteilt."

"Jetzt ist die Ursachenforschung nach Ansicht von Dr. Lutz-Peter Brandes abgeschlossen. „Uns liegen sämtliche Ergebnisse der Tests seit vergangener Woche vor. Wir können die Schadensursache eingrenzen.“ Das betroffene Kabel sei unter der Erde zu heiß geworden, weil die Wärmeabfuhr in diesem Bereich behindert gewesen sei. Dr. Brandes erklärt das so: „Im Frühjahr hatten wir die Kabelbrücke, durch die die Stromkabel laufen, mit einer Stahlhülle versehen, aus Blitzschutzgründen. Dadurch sind die Temperaturen in der Brücke angestiegen.“ [Frage: Was hat ein Kurzschluß in einem Erdkabel mit einer oberirdisch verlaufenden Kabelbrücke, in der aus Blitzschutzgründen die Stromkabel mit einer Stahlhülle versehen sind, zu tun?!]  „Die festgestellten Verfärbungen an der Isolierung sind Alterserscheinungen und hatten direkt nichts mit dem Kurzschluss zu tun.“ Inzwischen sind die Sanierungsarbeiten fast abgeschlossen: Alle Kabel in dem betroffenen Abschnitt wurden ausgetauscht. Kosten: Bislang rund 1,5 Millionen Euro. Geprüft werde nun von sämtlichen Kernkraftwerksbetreibern in Deutschland, ob Überwachungsprogramme für die Kabel erweitert werden müssen."

Für die Landesregierung Schleswig-Holstein ist hingegen die Ursachenforschung wegen des Kurzschlusses "noch nicht abgeschlossen". Und die Tatsache, daß das AKW Brunsbüttel in der kommenden Woche wieder ans Netz soll ist dort "unbekannt": „Aus Sicht des schleswig-holsteinischen Sozialministerium sei die Ursachenforschung, was den Kurzschluss betrifft, noch nicht abgeschlossen. Diese Auskunft erteilte Pressesprecherin Randy Lehmann gestern. Die Tatsache, dass das KKB in der kommenden Woche wieder ans Netz soll, war ihr unbekannt."

09. September 2004
Kurzschluß am 23.08.04 beschädigte Starkstromleitung zur Eigenbedarfsversorgung
Über 30 Jahre alte Kabel haben bereits Schäden an ihrer Isolierung

Das AKW Brunsbüttel ist seit zweieinhalb Wochen abgeschaltet: Der Atommeiler war am 23.08.04 nach einer "Störung in der Eigenbedarfsversorgung" und darauf folgender "Reaktorschnellabschaltung" vom Netz gegangen. Nach ersten Einschätzungen war die Störung der Eigenbedarfsversorgung vom AKW Brunsbüttel durch einen "Kurzschluß in einem erdverlegten Kabel" ausserhalb des Reaktorgebäudes verursacht worden.

Erste Ergebnisse der Ursachenforschung sind in einer Pressemitteilung von der Landesregierung Schleswig-Holstein (Ministerium für Soziales, Gesundheit und Verbraucherschutz) am 09.09.04 bekannt gegeben worden:
Bei den Untersuchungen ist bislang festgestellt worden, daß durch den Kurzschluß am 23.08.04 ein Brand in einem Starkstrom- kabel erfolgt ist. (Daraufhin kam es zu der Reaktorschnellabschaltung.) Dadurch wurden die Kabel für die Starkstromversorgung des Atommeilers beschädigt, "ihre Funktionssicherheit ist derzeit nicht uneingeschränkt gewährleistet".
Weitere Überprüfungen haben neue 'Vorkommnisse' zu Tage gebracht: Auch "weitere Kabel", die zum "Zeitpunkt der Errichtung des Kernkraftwerks in den 70er Jahren verlegt wurden", haben "bereits Vorschädigungen im Bereich der Isolation". - Diese Leitungen sind inzwischen über 30 Jahre alt...
Nach diesen ersten Resultaten ist naheliegend, daß eine defekte Isolierung an dem Starkstrom-Erdkabel zur Eigenbedarfsversorgung den Kurzschluß und Brand in Brunsbüttel verursacht hat! [Durch Alterungsprozesse werden Isolierungen brüchig, Feuchtigkeit tritt ein und dann gibt es einen Kurzschluß...]
"Im Kernkraftwerk Brunsbüttel sind Kabel für die Starkstromversorgung geschädigt. Ihre Funktionssicherheit ist derzeit nicht uneingeschränkt gewährleistet. Das teilte das Sozialministerium am 9. September in Kiel mit."
"Nach einem Kurzschluss im Kernkraftwerk Brunsbüttel war es am 23. August zu einem Brand in einem Starkstromkabel und zu einer Reaktorschnellabschaltung gekommen. Die von der Aufsichtsbehörde veranlasste Untersuchung hat heute ergeben, dass auch weitere Kabel bereits Vorschädigungen im Bereich der Isolation aufweisen. Es sind Kabel, die zum Zeitpunkt der Errichtung des Kernkraftwerks in den 70er Jahren verlegt wurden."
"Das Kernkraftwerk Brunsbüttel ist derzeit nicht am Netz."
"Die Aufsichtsbehörde hat trotzdem unverzüglich eine Überprüfung des Sicherheitssystems des Kernkraftwerks und der Funktionssicherheit aller an die Kabel angeschlossenen Aggregate veranlasst. Es wurde auch unverzüglich eine Überprüfung der übrigen schleswig-holsteinischen kerntechnischen Anlagen eingeleitet. Das Bundesumweltministerium ist umgehend informiert worden. Es ist nicht auszuschließen, dass auch andere kerntechnische Anlagen in der Bundesrepublik davon betroffen sein können." ...

Wann das AKW Brunsbüttel wieder ans Netz geht, ist bislang nicht absehbar
In einer Pressemitteilung vom 09.09.04 hat die Kernkraftwerk Brunsbüttel GmbH (KKB) zu den 'Vorkommnissen' Stellung gegenüber der Öffentlichkeit genommen:
"Zweieinhalb Wochen nach der Abschaltung des Kernkraftwerks Brunsbüttel dauert die Klärung der Ursachen, die zu dem Kurzschluss in einem Hochspannungskabel geführt haben, an." ... "Erste Untersuchungsergebnisse haben nun Auffälligkeiten (leichte Muldenbildungen/Verfärbungen) an der Innenseite der Kabelisolierung gezeigt. Der Sachverhalt wurde der Aufsichtsbehörde mitgeteilt und vorläufig als Meldepflichtiges Ereignis der Kategorie E eingeordnet.
Die Bedeutung des Kabelschadens ist noch nicht abschließend geklärt. Insbesondere Umfang und Dauer der nötigen Reparaturen sind aktuell nicht bestimmbar. Damit können auch noch keine belastbaren Aussagen zum Zeitpunkt für das Wiederanfahren des Kraftwerkes getroffen werden." ...

Die Tatsache, daß weitere, über dreißig Jahre alte Kabel bereits "Vorschädigungen im Bereich der Isolation" aufweisen bleibt allerdings von der KKB / Vattenfall Europe unerwähnt...

26. August 2004
Grenzwertunterschreitungen der Bor-Konzentration im AKW Brunsbüttel

Im AKW Brunsbüttel wurden Grenzwertunterschreitungen der Bor-Konzentration festgestellt, dies wurde von der Landesregierung Schleswig-Holstein (Ministerium für Soziales, Gesundheit und Verbraucherschutz) am 26.08.04  in einer Pressemitteilung bekannt gegeben.
"Der Betreiber des Kernkraftwerkes Brunsbüttel hat dem Sozialministerium als Reaktorsicherheitsbehörde ein meldepflichtiges Ereignis gemeldet, das er nach INES 1 (International Nuclear Event Scale) der siebenstufigen internationalen Skala bewertet hat. Das teilte das Sozialministerium heute (26. August) in Kiel mit."  
"Bei einer turnusgemäßen Funktionsprüfung war eine Grenzwertunterschreitung der Borkonzentration im so genannten Vergiftungssystem des Kernkraftwerks festgestellt worden. Durch Nachdosieren von Bor wurde umgehend die ordnungsgemäße Borkonzentration eingestellt." - "Das Vergiftungssystem ist eine nachrangige Sicherheitseinrichtung des Reaktors und kommt zum Einsatz, wenn die Schnellabschaltung des Reaktors sowohl durch das hydraulische Einschießen der Steuerstäbe als auch durch das motorische Einfahren der Steuerstäbe nicht funktioniert. Der Reaktor wird dann durch Einspeisen der Borlösung heruntergefahren." ...
"Das Ereignis steht in keinem Zusammenhang mit der automatischen Reaktorschnellabschaltung vom 23. August 2004 wegen einer Störung in der Eigenbedarfsversorgung. Hier erfolgte die Reaktorschnellabschaltung planmäßig durch die erste Stufe der Sicherheitseinrichtungen, das hydraulische Einschießen der Steuerstäbe."

Nach den Ursachen der zu niedrigen Bor-Konzentration wird zur Zeit noch geforscht. - Immerhin konnte 'schon' festgestellt werden, daß dies kein Einzelfall gewesen ist: In der Vergangenheit ist dies schon öfters vorgekommen... Dazu die Landesregierung Schleswig-Holstein: "Die Untersuchungen zu dem festgestellten temporären Verlust von Bor im Vergiftungssystem des Kernkraftwerkes sind noch nicht abgeschlossen. Die Auswertung von Messergebnissen aus den Vorjahren hat ergeben, dass es zu weiteren Grenzwertunterschreitungen gekommen war."
Die Kernkraftwerk Brunsbüttel GmbH (KKB) teilt in einer Presseinformation vom 26.08.04 dazu mit: ... "
Für die Bor-Lösung sind bestimmte Konzentrationen vorgeschrieben. Diese Werte waren, wie die Überprüfung im Juni ergab, unterschritten. Es erfolgte umgehend ein Nachdosieren von Bor, mit dem der vorgeschriebene Zustand wieder hergestellt wurde." ... "Bei der Untersuchung dieses Umstands wurde festgestellt, dass es bereits früher Abweichungen von den vorgeschriebenen Bor-Werten gab, die jeweils durch Nachdosieren behoben wurden. Dieser Sachverhalt wird derzeit untersucht." ...

Diese Problematik war folglich vor Ort schon länger bekannt. Warum haben die Betreiber des AKW Brunsbüttel nicht schon früher nach den Grund der sich verringernden Bor-Konzentration ermittelt?  (Nur mittels Nachdosieren lässt sich die Ursache der Konzentrations- abnahme jedenfalls nicht beseitigen!) - Und warum wurde von den zuständigen Stellen nicht schon eher über diese 'Vorkommnisse' informiert? - Diese Fragen bleiben unbeantwortet.

War der Atomreaktor Brunsbüttel im Notfall nicht mehr vollständig abschaltbar?
Ist die Reaktorschnellabschaltung durch das Einfahren/Einschieben der Regelstäbe aus irgendwelchen Gründen defekt und daher nicht möglich, so wird der Atomreaktor planmäßig durch das Einspeisen von Borlösung heruntergefahren. Durch das zudosierte Bor soll dann die kontrollierte Kettenreaktion der Atomkernspaltung gestoppt werden. - Ist die Konzentration an Bor jedoch zu gering, dann lässt sich der Atommeiler eben nicht mehr vollständig herunterfahren! 
Die KKB teilt dazu mit:
"Betroffen war das so genannte Vergiftungssystem des Reaktors. Es soll zum Einsatz kommen, wenn die primär für eine Schnellabschaltung vorgesehenen Systeme versagen, also weder das hydraulische Einschießen noch das motorische Einfahren der Steuerstäbe funktioniert. In diesem Fall soll der Reaktor durch Einleiten einer Bor-Lösung heruntergefahren werden."
Zur Zeit ist das AKW Brunsbüttel abgeschaltet und vom Netz.

23. August 2004
AKW Brunsbüttel nach Reaktorschnellabschaltung vom Netz genommen

Die Landesregierung Schleswig-Holstein (Ministerium für Soziales, Gesundheit und Verbraucherschutz) hat am 24.08.04 in einer Pressemitteilung bekannt gegeben, daß das AKW Brunsbüttel am 23.08.04 nach einer "Störung in der Eigenbedarfsversorgung" und darauf folgender "Reaktorschnellabschaltung" vom Netz gegangen ist. Demnach ist nach ersten Einschätzungen die Störung der Eigenbedarfsversorgung vom AKW Brunsbüttel durch ein defektes Erdkabel verursacht worden. - Durch die Panne in dem Atommeiler soll es "keine Auswirkungen auf Personen" gegeben haben, "es wurde keine Radioaktivität in die Umgebung freigesetzt". - Wann das AKW Brunsbüttel wieder in Betrieb gehen soll wird allerdings nicht mitgeteilt.
"Am Montag (23. August) kam es im Kernkraftwerk Brunsbüttel aufgrund einer Störung in der Eigenbedarfsversorgung zu einer automatischen Reaktorschnellabschaltung. Das teilte das Sozialministerium am 24. August in Kiel mit." ... "Nach erster Kontrolle liegt der Schadensbereich in einem erdverlegten Kabelkanal außerhalb des Reaktorgebäudes. Das Ereignis hatte keine Auswirkungen auf Personen, es wurde keine Radioaktivität in die Umgebung freigesetzt."

Nach Darstellung der Betreibergesellschaft Vattenfall Europe auf FAZ.NET am 24.08.04 sei die "unplanmäßige" Reaktorschnell- abschaltung durch einen "Kurzschluss in einem erdverlegten Kabel" außerhalb des Reaktorgebäudes "automatisch ausgelöst" worden.
"Das Kernkraftwerk Brunsbüttel ist am Montag durch eine unplanmäßige Reaktorschnellabschaltung vom Netz genommen worden. Dies teilte die Betreibergesellschaft Vattenfall Europe am Dienstag in Hamburg mit. Die Schnellabschaltung sei durch einen Kurzschluss in einem erdverlegten Kabel außerhalb des Reaktorgebäudes automatisch ausgelöst worden. Das Ereignis habe keine Auswirkungen auf Personen oder die Umgebung gehabt. Radioaktivität sei nicht ausgetreten, hieß es. Das am Montag nachmittag um 15.41 Uhr eingetretene Ereignis ist den Angaben zufolge meldepflichtig und wird vom Betreiber vorläufig in die Kategorie N (Normalbedingungen) eingestuft. Die Ursache des Kurzschlusses werde gegenwärtig ermittelt."

27. Juli 2004
Richtfest für das Standort-Zwischenlager in Brunsbüttel

Nach einem Bericht in der Hamburger Morgenpost (MoPo) vom 28.07.04 wurde am 27.07.04 für die Atommüll-Lagerhalle in Brunsbüttel Richtfest gefeiert. 
"... Jedes Kraftwerk muss sein eigenes Zwischenlager bauen. Gestern wurde Richtfest in Brunsbüttel gefeiert. Das Lager ist so groß wie eine Tennishalle. Ein Drittel der Stahlmenge des Eiffelturms wurde dafür verbaut. ..."
Während der Feierlichkeiten in Brunsbüttel äußerte sich laut MoPo der Geschäftsführer Bruno Thomauske von Vattenfall Europe/HEW auch zu der Sicherheit des Atommüll-Lagers in Brunsbüttel und der Castor-Behälter: "'Die Castorbehälter sind so sicher, dass wir sie auch im Freien aufstellen könnten', sagt Bruno Thomauske, Geschäftsführer der 'Vattenfall Europe Nuclear Energy GmbH' zuversichtlich. Durch diese massive Lagerhalle sei man aber insbesondere vor Terroranschlägen mit Passagierflugzeugen geschützt. Weder das Lager noch die sich darin befindenden Castorbehälter könnten zerstört werden."
Von Seiten des Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), dem früheren Arbeitgeber von Bruno Thomauske, wird diese Ansicht indirekt geteilt: "...Für den Menschen sollen diese Zwischenlager ungefährlich sein. Das Bundesamt für Strahlenschutz versichert 'Die Behälter für die Brennelemente gewährleisten den sicheren Einschluss des radioaktiven Inhalts.' Selbst wenn man ganzjährig am Zaun der Anlage stehe, würde der zulässige Grenzwert deutlich unterschritten. ..."
Nach dem MoPo-Bericht soll das Standort-Zwischenlager Brunsbüttel im April 2005 in Betrieb genommen werden. Dann sollen auch die ersten Castoren dort eingelagert werden: "Im April 2005 soll das 38 Millionen teure Projekt in Betrieb genommen werden. Dann kommen auch die ersten 80 Castorbehälter hinein. Lutz-Peter Brandes, Betriebsleiter des Kraftwerks, freut sich, dass die Zeit der Transporte in Zwischenlager in Frankreich und England vorbei ist. 'Das führt aber zu einer Konzentration von radioaktivem Material auf einer geringen Fläche', warnt Susanne Ochse, Greenpeace-Atomexpertin."
"... Für 40 Jahre soll der Atommüll in dem Lager beherbergt werden. Dann wird das radioaktive Material ins Endlager transportiert.
Aber eben dieses Endlager gibt es in Deutschland noch nicht. Gorleben wird als möglicher Standort diskutiert. Thomauske schätzt, dass es 50 Jahre dauert, bis ein Endlager gefunden wird. So werden die Zwischenlager faktisch mittelfristig zu Endlagern. ..."

02. April 2004
AKW Brunsbüttel nach Revision und Brennelementwechsel wieder am Netz

Von den HEW (Vattenfall Europe) wird am 05.04.04 in einer Pressemitteilung bekannt gegeben, daß das AKW Brunsbüttel wieder "am Netz" ist:
"Das Kernkraftwerk Brunsbüttel ist am Freitagabend, den 02.04.2004, nach Beendigung der Revision wieder angefahren worden und speiste am frühen Sonntagmorgen wieder in das Netz ein."
Interessant: Der Atomreaktor in Brunsbüttel ist bereits am Freitagabend (02.04.04) angefahren worden, doch die Einspeisung von Elektrizität begann erst am frühen Sonntagmorgen (04.04.04). - Was diese Verzögerung verursacht hat, wird von den HEW jedoch nicht mitgeteilt... - Die Revisionsdauer in Brunsbüttel war länger, als ursprünglich angekündigt. Statt drei Wochen war der Atommeiler gut vier Wochen vom Netz

"Während der Revision wurden 108 der insgesamt 532 Brennelemente ausgetauscht. Außerdem wurden zahlreiche Prüfungen, Inspektionen und Wartungsarbeiten durchgeführt. Die ursprünglich geplante Revisionsdauer verlängerte sich durch weitere ergänzende Arbeiten zur Optimierung des Kraftwerksbetriebs um eine Woche."
In einer Pressemitteilung der Landesregierung Schleswig-Holstein (Ministerium für Soziales, Gesundheit und Verbraucherschutz) vom 02.04.04 wird deren Zustimmung zum Wiederanfahren vom AKW Brunsbüttel mitgeteilt:
"Das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Verbraucherschutz hat nach Abschluss der Jahresrevision am 2. April 2004 die Zustimmung zum Wiederanfahren des Kernkraftwerks Brunsbüttel erteilt. Nach Abschluss des 17. Brennelementwechsels und der Beendigung der Revisionsarbeiten kann die Anlage damit wieder ans Netz gehen." ... "Im Ergebnis bestanden nach Abschluss aller Prüfungen keine Bedenken gegen das Wiederanfahren der Anlage." - Bis der altersschwache Atommeiler wieder durch ein "Ereignis" vom Netz fliegt...

06. März 2004
Revision und Brennelementwechsel im AKW Brunsbüttel

In einer Pressemitteilung von der Landesregierung Schleswig-Holstein (Ministerium für Soziales, Gesundheit und Verbraucherschutz) vom 05.03.04 wird mitgeteilt, daß das AKW Brunsbüttel zum "planmäßigen" 17. Brennelementwechsel mit Revision in der Nacht zum 06.03.04 vom Netz genommen wird. 
"Das Kernkraftwerk Brunsbüttel (KKB) wird in der Nacht zum 6. März 2004 zum planmäßigen 17. Brennelementwechsel mit Revision vom Netz genommen werden, teilte das Sozialministerium am 5. März in Kiel mit. Der derzeitige 17. Betriebszyklus der Anlage begann am 27. März 2003. Im 17. Betriebszyklus waren keine besonderen Auffälligkeiten zu verzeichnen. Lediglich im Sommer 2003 musste die Reaktorleistung aufgrund der erhöhten Elbwassertemperaturen zur Einhaltung der wasserrechtlichen Genehmigung gedrosselt werden. In der jetzt anstehenden Revision werden von den im Kernkraftwerk Brunsbüttel eingesetzten 532 Brennelementen (BE) insgesamt 104 niedrig reaktive BE durch frische BE ersetzt werden. Die abgebrannten BE werden zum Abklingen in das Brennelemente-Lagerbecken gestellt. Neben umfangreichen Prüfungs-, Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten sind etwa 50 verschiedenen Änderungsmaßnahmen geplant, die von der Aufsichtsbehörde zuvor geprüft worden sind. Die Instandhaltungs- und Änderungsmaßnahmen erfolgen unter der Aufsicht von Sachverständigen, die von der Aufsichtsbehörde entsprechend hinzugezogen worden sind. Im Zuge des Abfahrens der Anlage wird auch eine Reaktorschnellabschaltung zu Prüfzwecken ausgelöst.“

Nach einer Pressemitteilung der HEW vom 05.03.04 wird die Revision im AKW Brunsbüttel drei Wochen dauern, dann soll die Atomanlage wieder ans Netz gelassen werden. Sofern alles planmäßig verläuft...

30. Dezember 2003
Bundesumweltministerium: Betreiber sehen keinen Bedarf für das Interimslager Brunsbüttel

In einer Pressemitteilung vom Bundesumweltministerium vom 30.12.03 wird u.a. mitgeteilt: "...Das zuständige Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) hat inzwischen für alle beantragten 12 dezentralen Zwischenlager [Standort-Zwischenlager] die Genehmigung zur Einlagerung von abgebrannten Brennelementen erteilt. Die letzten atomrechtlichen Genehmigungen dafür erhielten am 19. Dezember die Betreiber von Philippsburg, Gundremmingen und Krümmel. Neben den drei genannten Standorten werden auch Zwischenlager in Brunsbüttel, Brokdorf, Unterweser, Grohnde, Biblis, Neckarwestheim, Grafenrheinfeld und Isar errichtet. Das Zwischenlager in Lingen ist bereits seit Dezember 2002 in Betrieb. Die Aufbewahrung der abgebrannten Brennelemente ist auf maximal 40 Jahre befristet. Dadurch wird gewährleistet, dass aus Zwischenlagern keine Endlager werden können. Neben den 12 dezentralen Zwischenlagern hat das BfS auch 4 Interimslager genehmigt, und zwar in Biblis, Philippsburg, Neckarwestheim und Krümmel. Davon sind 3 bereits in Betrieb. Der Betreiber von Brunsbüttel hat signalisiert, dass er für das Interimslager keinen Bedarf mehr sieht...."
Das Interimslager Brunsbüttel ist bislang vom BfS nicht genehmigt worden. Folglich müßte der atomrechtliche Antrag für das Interimslager Brunsbüttel in absehbarer Zeit zurückgezogen werden. (Dies gilt nicht für das bereits atomrechtlich genehmigte Standort-Zwischenlager in Brunsbüttel!)

28. November 2003
BfS genehmigt Standort-Zwischenlager in Brunsbüttel

Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) hat am 28.11.03 am AKW-Standort Brunsbüttel die atomrechtliche Genehmigung für die "Aufbewahrung abgebrannter Brennelemente in Zwischenlagern" erteilt. 
Gemäß der erteilten Genehmigung dürfen in der Lagerhalle auf dem AKW-Gelände bis zu 80 CASTOR V/52-Behältern mit bis zu 450 Tonnen Atommüll ("Schwermetallmasse") für maximal 40 Jahre lagern.
Ursprünglich hatten die Betreiber die Einlagerung von 1500 Tonnen Atommüll beantragt. - Gegen das Zwischenlager Brunsbüttel wurden 2300 Einwendungen erhoben.

Das BfS begründet in einer Pressemitteilung vom 28.11.03 die erteilte atomrechtliche Genehmigung u.a. mit: "Das BfS ist nach umfassender Prüfung und Bewertung der Eignung der Standorte, der Konzeption des Standort-Zwischenlagers sowie der Maßnahmen gegen mögliche Schäden durch die Aufbewahrung der Kernbrennstoffe zu dem Ergebnis gekommen, dass nach dem Stand von Wissenschaft und Technik hinreichende Vorsorge getroffen und der Strahlenschutz für die Bevölkerung und das Personal gewährleistet ist. Das gilt auch für die Prüfung eines gezielt herbeigeführten Absturzes eines Flugzeuges auf die Zwischenlager. Selbst bei ungünstigen Annahmen würde dieses Ereignis nicht zu erheblichen Freisetzungen radioaktiver Stoffe führen."

"Für die Errichtung des Zwischenlagers Brunsbüttel liegt bereits eine baurechtliche Genehmigung der Stadt Brunsbüttel vor."

07. Oktober 2003
Baubeginn für das Standort-Zwischenlager in Brunsbüttel

Aus dem 'Jahresbericht 2003' vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) geht hervor, daß am 07.10.03 mit der Errichtung eines Standort-Zwischenlagers am AKW Brunsbüttel begonnen worden ist. - Mit den Bauarbeiten für diese Atommüll-Lagerhalle ist noch vor der Erteilung einer atomrechtlichen Genehmigung vom BfS begonnen worden!
"Am 22.09.2003 hat das BfS die Standort-Zwischenlager Biblis Isar, Neckarwestheim (Tunnel) und Unterweser sowie am 28.11.2003 die Standort-Zwischenlager Brokdorf und Brunsbüttel genehmigt." ...
"Die Zwischenlager Grafenrheinfeld und Brunsbüttel werden seit 22.09.2003 bzw. seit 07.10.2003 errichtet. Mit dem Bau des Standort-Zwischenlagers Grohnde und Biblis wurde am 01.12.2003 bzw. am 01.03.2004 begonnen. Die Errichtung des Zwischenlagers Neckarwestheim erfolgt seit dem 17.11.2003." ...

24. September 2003
Baurechtliche Genehmigung für das Standort-Zwischenlager erteilt

Am 24.09.03 hat die Stadt Brunsbüttel als 'Untere Bauaufsichtsbehörde' grünes Licht für das geplante Standort-Zwischenlager gegeben. Voraussetzung dafür war, dass das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) in Salzgitter, im Genehmigungsverfahren keine Bedenken angemeldet hatte. Die atomrechtliche Genehmigung steht allerdings noch aus. Damit wird von den HEW (Vattenfall) in den nächsten Wochen gerechnet.
Das 30.11.1999 von den Kraftwerksbetreibern beantragte Lagergebäude aus Stahlbeton hat Platz für insgesamt 80 Castor-Behälter mit jeweils 32 ausgebrannten Brennelementen. Sie sollen bis zu 40 Jahre in Brunsbüttel gelagert werden können
Die Bauarbeiten für das rund 1200Quadratmeter große Lagergebäude starten im Oktober 2003. Die Aufträge sind nach Auskunft der Betreiber schon vor Monaten vergeben worden. Die Kraftwerksleitung rechnet mit einer eineinhalbjährigen Bauzeit. Damit kann das neue Lager im Jahr 2005 in Betrieb gehen. Die Kosten betragen rund 30 Millionen Euro.

Das Genehmigungsverfahren für das am 15.08.2000 zeitgleich beim BfS in Salzgitter beantragte Interimslager auf dem Gelände vom AKW Brunsbüttel läuft noch.
Von der  Kernkraftwerk Brunsbüttel GmbH (KKB) wird das Interimslager als "Vorübergehende Aufbewahrung von Kernbrennstoffen außerhalb der staatlichen Verwahrung in Form von bestrahlten Brennelementen aus dem KKB in bis zu 18 Transport- und Lagerbehältern der Bauarten CASTOR® V/52 und TN 900/1-21 (Interimslager)" bezeichnet.

In dem Interimslager sollen 18 Castoren "in mobilen Umhausungen" abgestellt werden. Immerhin 140 Tonnen hochradioaktiver Atommüll...

26. März 2003
AKW Brunsbüttel ist wieder am Netz!

Nachdem die Landesregierung von Schleswig-Holstein am 25.03.2003 die Zustimmung zum Wiederanfahren vom AKW Brunsbüttel erteilt hatte, ist der Atommeiler in Brunsbüttel am  26.03.2003 wieder ans Netz gelassen worden.

Das AKW Brunsbüttel der HEW war insgesamt über 13 Monate(!) stillgelegt: Bereits am 14.12.2001 ereignete sich im AKW Brunsbüttel in der Nähe vom Reaktordruckbehälter eine Wasserstoff-Explosion, bei der rund drei Meter von einer Rohrleitung zerfetzt wurden. - Doch erst zwei Monate später, am 18.02.2002, wurde das AKW nach massivem Druck Seitens des Energieministerium Schleswig-Holstein von den HEW vom Netz genommen. Die Untersuchungen brachten das wahre Ausmaß dieses 'Ereignisses' zu Tage... - Auch das sich ein ähnlicher 'Vorfall' bereits vor zehn Jahren ereignet hat!

Störfälle & Stillstand sind in Brunsbüttel keine Seltenheit...

Der Atomreaktor Brunsbüttel hat inzwischen eine über 25jährige Geschichte von Störfällen. Brunsbüttel ist der älteste Siedewasserreaktor Deutschlands und hält einen traurigen Rekord: Seit der Inbetriebnahme 1977 summieren sich die Stillstandszeiten durch Defekte auf rund sieben Jahre.

Eine kurze Störfallauswahl, die sich noch verlängern läßt:
1992 wurden bei der ganz normalen Revision insgesamt 61 Risse an Rohrleitungen gefunden, der Atommeiler wurde für daraufhin für fast drei Jahre(!) stillgelegt: Am 25.08.1992 war das AKW zur Jahresrevision abgeschaltet worden und blieb aufgrund von den "Rißbefunden an Schweißnähten in reaktorwasserbeaufschlagten austenitischen Rohren" bis zum 16.06.1995(!) außer Betrieb; das betroffene Lagerdruckwassersystem wurde außer Betrieb gesetzt und entfernt.
1978 kam es zu einem der dramatischsten Störfälle in der Geschichte der Atomenergienutzung in der Bundesrepublik. Durch ein Leck an einer Dampfleitung entwichen damals zwei Tonnen radioaktive Gase. Die Betriebsmannschaft manipulierte kurzerhand das automatische Abschaltsystem und fuhr den lecken Reaktor noch fast drei Stunden weiter...

18. August 2002
HEW räumen Planungsfehler beim AKW Brunsbüttel ein

Nach 16 Jahren wurde entdeckt, daß der Atomreaktor Brunsbüttel eine Fehlkonstruktion ist. Im AKW liege ein "Planungsfehler in der Steuerung der Notstromversorgung vor", gab am 16.08.2002 der grüne Staatssekretär im schleswig-holsteinischen Energieministerium, Wilfried Voigt, bekannt. Dadurch würden in einem Notfall nicht alle Sicherheitssysteme in vollem Umfang zur Verfügung stehen. Dies sei, so Voigt, "ein Mangel aus der Zeit der Errichtung" des 1976 in Betrieb gegangenen Atommeilers. ... Der "Geburtsfehler" wurde erst jetzt bei einer Totalinspektion des abgeschalteten Meilers bemerkt, bei der immer mehr Schwachstellen zu Tage gefördert werden

Die HEW räumten am 16.08.2002 in einer Presseerklärung Planungsfehler beim AKW Brunsbüttel ein: Demnach wurden "Diskrepanzen in der Steuerlogik der Notkühlsysteme und der Notstromdiesel festgestellt. Eine Überprüfung ergab, dass in der Steuerlogik im Kraftwerk Planungsfehler vorhanden sind, die in Einzelfällen zur Fehlfunktion einzelner Stränge des Notkühlsystems führen." - Die "KKB hat nach Erkennen der Planungsfehler die atomrechtliche Aufsichtsbehörde informiert. Nach ersten analytischen Bewertungen hat KKB dieses Vorkommnis vorläufig als "Eilmeldung" nach der deutschen Meldeverordnung der Behörde gemeldet und auf der Stufe 1 der 7stufigen internationalen Bewertungsskala eingestuft.  

16. August 2002
KKB GmbH: "Planungsfehler in der Steuerung der Sicherheitssysteme"

In einer Pressemitteilung der KKB GmbH vom 16.08.02 werden "Planungsfehler in der Steuerung der Sicherheitssysteme" eingeräumt. Die KKB GmbH dazu weiter:
"Zur Schulung des Betriebspersonals wird zur Zeit ein neuer Kraftwerks-Simulator gebaut. Dieser Simulator soll die verschiedenen Systeme des Kraftwerks mit hoher Detailtreue abbilden, um eine möglichst realitätsnahe Schulung des Personals zu ermöglichen.
Bei den Abnahmeprüfungen wird der Simulator daher im Lieferwerk umfangreichen Tests unterzogen. Bei diesen Tests stellte man Diskrepanzen in der Steuerlogik der Notkühlsysteme und der Notstromdiesel fest. Eine Überprüfung ergab, dass in der Steuerlogik im Kraftwerk Planungsfehler vorhanden sind, die in Einzelfällen zur Fehlfunktion einzelner Stränge des Notkühlsystems führen.
Eine erste Bewertung kam zu dem Ergebnis, dass die zur Störfallbeherrschung erforderlichen Systemfunktionen bei Eintritt eines echten Anforderungsfalls in ausreichendem Umfang verfügbar gewesen wären. Im vorliegenden Fall zeigt sich der Vorteil der Auslegungsphilosophie, die durch mehrfach vorhandene Teilsysteme, Einzelfehler verschiedenster Ursache, so auch Planungsfehler, berücksichtigt.
KKB hat nach Erkennen der Planungsfehler die atomrechtliche Aufsichtsbehörde informiert. Nach ersten analytischen Bewertungen hat KKB dieses Vorkommnis vorläufig als "Eilmeldung" nach der deutschen Meldeverordnung der Behörde gemeldet und auf der Stufe 1 der 7stufigen internationalen Bewertungsskala eingestuft. Die Bewertung ist noch nicht abgeschlossen. Die Beseitigung der Fehler erfolgt nach Zustimmung durch die Aufsichtsbehörde.
"

08. August 2002
Atomkraftwerk Brunsbüttel bleibt vorerst abgeschaltet

"Das nach einem Störfall vom Netz genommene schleswig-holsteinische AKW Brunsbüttel bleibt abgeschaltet", so die Nachrichtenagentur dpa in einer Meldung vom 08.08.02. "Der Betreiber müsse an wesentlichen Stellen überzeugendere Lösungsvorschläge vorlegen, sagte der Kieler Energiestaatssekretär Wilfried Voigt der dpa. Es seien noch etliche Fragen offen. Im AKW Brunsbüttel waren bei einer Wasserstoffexplosion am 14. Dezember 2001 rund drei Meter einer Rohrleitung zerstört worden. Seit dem 18. Februar ist die an der Unterlebe im Kreis Dithmarschen gelegene Anlage abgeschaltet."

05. August 2002
Spiegel-online: "Explosion kommt nach zehn Jahren ans Licht"

Von Spiegel-online wird am 05.08.02 berichtet:
"Im Februar nahmen die Betreiber das Atomkraftwerk Brunsbüttel bei Hamburg vom Netz, weil eine Explosion Teile des Kraftwerks stark beschädigt hatte. Nun wurde bekannt, dass sich bereits vor zehn Jahren ein schwerer Zwischenfall ereignet haben könnte."
"Die Reaktorsicherheitskommission des Bundes werde am Mittwoch und Donnerstag bei einer Sitzung in Hamburg prüfen, ob und warum eine Wasserstoffexplosion zu Beginn der neunziger Jahre unbemerkt blieb, teilte der Staatssekretär des schleswig-holsteinischen Energieministeriums in Kiel, Wilfried Voigt, mit. 'Dies unterstreicht die außerordentliche Bedeutung, die dem Brunsbüttel-Störfall in Expertenkreisen beigemessen wird.'
Hinweise auf den alten Vorfall fand man bei der Untersuchung einer Wasserstoffexplosion vom 14. Dezember 2001. Dabei wurde die so genannte Deckelsprühleitung des Kraftwerks zerstört. Rund drei Meter Rohrleitung waren zerfetzt worden. Dabei war Dampf ausgetreten, aber keine radioaktive Strahlung gemessen worden. Der Umfang des Schadens kam erst nach und nach an die Öffentlichkeit, was zu Spannungen zwischen der Aufsichtsbehörde und dem Betreiber, den Hamburgische Electricitäts-Werken (HEW), führte.
Bei der Untersuchung wurde auch der frühere Schaden entdeckt, sagte Voigt. Im Stutzen der betroffenen Leitung sei eine Aufweitung bemerkt worden. Die HEW nähmen an, dass diese ebenfalls von einer Wasserstoffexplosion verursacht worden sei. Bei früheren Revisionsarbeiten wurden lediglich die Schweißnähte überprüft, deshalb habe man die Aufwölbung des Rohres nicht bemerkt.
Unterdessen hätten die HEW die Demontage der Deckelsprühleitung beantragt, da diese für die Sicherheit nicht erforderlich sei. Das Energieministerium prüfe diesen Antrag, sagte Voigt. Nach wie vor drängt das Energieministerium auf die Klärung des Hergangs vom 14. Dezember sowie eine Überprüfung des gesamten Atomkraftwerks zwecks Verhinderung weiterer Wasserstoffexplosionen. Die rot-grüne Landesregierung fordere zudem eine bundesweite Überprüfung der Kontrollstandards in Atomkraftwerken, so der Staatssekretär.
In der hierarchischen Kette müsse die Sicherheitsphilosophie von oben her gelebt werden, kritisierte Voigt das Sicherheitsmanagement des Betreibers. Hier bestehe erheblicher Verbesserungsbedarf. 'Wir bestehen energisch darauf, dass ein schlichter Personalaustausch in Brunsbüttel nicht ausreicht.' Die HEW hatten nach dem Vorfall im Dezember in größerem Umfang Personal in dem Kraftwerk ausgewechselt.
Wann das AKW wieder ans Netz gehen kann, ließ der Staatssekretär offen. Gemäß dem Atomenergiekonsens zwischen der Bundesregierung und der Atomstromwirtschaft läuft die Lebenszeit des Reaktors im Jahr 2008 aus. Jedoch können Stillstandzeiten auf diese Frist aufgeschlagen oder einem anderen Atomkraftwerk zugerechnet werden."

05. August 2002
Explosion in Atomkraftwerk Brunsbüttel blieb offenbar unbemerkt

"In dem seit Februar wegen einer Explosion abgeschalteten Atomkraftwerk Brunsbüttel bei Hamburg hat sich offenbar schon vor mindestens zehn Jahren eine ähnliche Explosion ereignet, die nicht bemerkt wurde", dies wird am 05.08.02 von der Nachrichtenagentur AP berichtet. "Staatssekretär Wilfried Voigt vom schleswig-holsteinischen Energieministerium in Kiel teilte am Montag mit, die Reaktorsicherheitskommission des Bundes werde die Sache prüfen.
Sie befasst sich laut Voigt am kommenden Mittwoch und Donnerstag bei einer Sitzung in Hamburg mit den Problemen in Brunsbüttel. «Dies unterstreicht die außerordentliche Bedeutung, die dem Brunsbüttel-Störfall in Expertenkreisen beigemessen wird», sagte Voigt.
Auf den alten Vorfall wurde man bei der Untersuchung einer Wasserstoffexplosion vom 14. Dezember 2001 aufmerksam. Dabei wurde die so genannte Deckelsprühleitung des Kraftwerks zerstört. Der wahre Umfang des Schadens kam erst nach und nach an die Öffentlichkeit, was zu Spannungen zwischen der Aufsichtsbehörde und dem Betreiber Hamburgische Electricitätswerke (HEW) führte.
Bei der Untersuchung wurde laut Voigt auch der frühere Schaden entdeckt. Im Stutzen der betroffenen Leitung sei eine Aufweitung bemerkt worden, sagte Voigt. Die HEW nähmen an, dass diese ebenfalls von einer Wasserstoffexplosion verursacht worden sei. Die Aufwölbung des Rohres sei bei früheren Revisionsarbeiten nicht aufgefallen, weil dabei lediglich die Schweißnähte überprüft würden. Die Landesregierung aus SPD und Grünen fordert nach Angaben von Voigt jetzt eine bundesweite Überprüfung der Kontrollstandards in Atomkraftwerken.
Die HEW hätten unterdessen den Ausbau der Deckelsprühleitung beantragt, da diese für die Sicherheit nicht erforderlich sei, teilte Voigt mit. Sein Haus prüfe diesen Antrag.
Nach wie vor dringt das Energieministerium auf die Klärung des Hergangs vom 14. Dezember sowie eine Überprüfung des gesamten Atomkraftwerks zwecks Verhinderung weiterer Wasserstoffexplosionen. Voigt kritisierte das Sicherheitsmanagement des Betreibers: «In der hierarchischen Kette muss die Sicherheitsphilosophie von oben her gelebt werden.» Hier bestehe erheblicher Verbesserungsbedarf. «Wir bestehen energisch darauf, dass ein schlichter Personalaustausch in Brunsbüttel nicht ausreicht.» Die HEW hatten in größerem Umfang Personal in dem Kraftwerk ausgewechselt.
Wann das AKW wieder ans Netz gehen kann, ließ der Staatssekretär offen. Gemäß dem Atomenergiekonsens zwischen der Bundesregierung und der Atomstromwirtschaft läuft die Lebenszeit des Reaktors im Jahr 2008 aus, jedoch können Stillstandzeiten auf diese Frist aufgeschlagen oder einem anderen Atomkraftwerk zugerechnet werden."

05. August 2002
Landesregierung Schleswig-Holstein: "Zweitägige Sondersitzung der Reaktorsicherheitskommission zu Brunsbüttel"

Die Landesregierung Schleswig-Holstein (Ministerium für Finanzen und Energie) teilt in einer Pressemitteilung vom 05.08.02 mit:
"Zwei Ausschüsse und eine Arbeitsgruppe der Reaktorsicherheitskommission (RSK) des Bundes werden sich in einer zweitägigen Sondersitzung am 7. und 8. August 2002 in Hamburg mit der aktuellen Problematik um das Atomkraftwerk Brunsbüttel intensiv befassen. 'Dies unterstreicht die außerordentliche Bedeutung, die dem Brunsbüttel-Störfall in Expertenkreisen und vom Bundesumweltministerium beigemessen wird', erklärte Energiestaatssekretär Wilfried Voigt am 5. August 2002 in Kiel.
Am 18. Februar 2002 war bei einer auf massiven Druck der schleswig-holsteinischen Aufsichtsbehörde durchgeführten Inspektion festgestellt worden, dass es in dem Kernkraftwerk Brunsbüttel im Sicherheitsbehälter bereits am 14. Dezember 2001 zu einer Wasserstoffexplosion gekommen war, die zum Abriss der in unmittelbarer Nähe des Reaktordruckbehälters befindlichen TC-Deckelsprühleitung führte. Dabei waren rund drei Meter Rohrleitung vollständig zerfetzt worden. Die Anlage befindet sich seit dem 18. Februar 2002 nicht in Betrieb. Die Untersuchungen der Atomaufsicht umfassen folgende vier Bereiche:

· Vollständige Klärung des Schadensmechanismus,
· Überprüfung des ganzen Atomkraftwerks zur zukünftigen Verhinderung von Wasserstoffexplosionen,
· Reparatur sämtlicher Schäden,
· Ausräumung aller Zweifel der Aufsichtsbehörde an der Zuverlässigkeit der Betreiberin.


Zur vollständigen Abarbeitung aller vier Punkte vor einem Wiederanfahren der Anlage hat sich die Betreiberin auch öffentlich verpflichtet.
Die RSK wird sich in der anstehenden Sondersitzung mit den durch die Wasserstoffexplosion ausgelösten Schäden und insbesondere mit den von der Betreiberin geplanten Vorsorgemaßnahmen und deren Wirksamkeit beschäftigen. 'Intensiv thematisiert wird aber auch das Betreiberverhalten und damit die Fragen der Zuverlässigkeit und Fachkunde sowie des Sicherheitsmanagements', sagte Voigt.
Zum aktuellen Stand der Bearbeitung des Störfalles durch die Aufsicht in Kiel erklärte Voigt: 'Seit nunmehr über fünf Monaten werden die vier großen Themenblöcke durch die Aufsichtsbehörde intensiv geprüft.' In diesem Zusammenhang seien von der Betreiberin umfangreiche Berichte und Unterlagen vorgelegt worden, die von einer Vielzahl von sachverständigen Experten im Auftrag der Aufsichtsbehörde geprüft würden. Abschließende gutachtliche Stellungnahmen lägen bislang nicht vor.
Voigt teilte mit, dass die Betreiberin im Rahmen der Ursachenklärung und der Ermittlung des Schadensumfanges von einer weiteren - bisher unbekannten - Wasserstoffexplosion ausgehe. Bei der Untersuchung des Stutzens der Deckelsprühleitung am Reaktordruckbehälter sei erstmalig eine Aufweitung festgestellt worden. Die Betreiberin gehe davon aus, dass dieses Schadensereignis bereits vor über zehn Jahren stattgefunden habe. 'Wir überprüfen dieses der Aufsicht und dem Bundesumweltministerium gemeldete Ereignis. Es bestätigt die Herangehensweise der Atomaufsicht zur vollständigen und umfassenden Klärung, die wir bereits im Februar 2002 mit der Forderung nach Aufklärung über möglicherweise unerkannte Schäden eingeleitet hatten', sagte Voigt.
'Die Aufarbeitung des wesentlichen Bereichs Zuverlässigkeit und Fachkunde der Betreiberin ist nach wie vor ein Problem und ist keineswegs durch den im übrigen auf Druck der Aufsichtsbehörde erfolgten Austausch von Führungspersonal erledigt', betonte Voigt. Dies hätten die Befragungen der Verantwortlichen und die Analyse der Experten ergeben. 'Wir haben der Betreiberin vor wenigen Tagen noch einmal schriftlich unmissverständlich unsere Position deutlich gemacht, nach der konsequentes Sicherheitsmanagement von ganz oben nach unten verbindlich organisiert und praktiziert werden muss', erklärte Voigt.
Hinsichtlich der Reparatur verwies der Staatssekretär abschließend darauf, dass die Betreiberin derzeit nicht plane, die zerfetzte Rohrleitung und damit das Deckelsprühsystem zu erneuern. Es sei vielmehr ein Antrag auf Ausbau und vorrübergehenden Entfall der Deckelsprüheinrichtung gestellt worden. Das Energieministerium prüfe diese Frage in einem atomrechtlichen Genehmigungsverfahren."

27. Mai 2002
Landesregierung Schleswig-Holstein: "Energieminister Claus Möller begrüßt personelle Änderungen im Atomkraftwerk Brunsbüttel"

Am 27.05.02 erklärt die Landesregierung Schleswig-Holstein (Ministerium für Finanzen und Energie) in einer Pressemitteilung:
"Energieminister Claus Möller hat heute (27. Mai 2002) die Ankündigung der HEW begrüßt, den Betriebsleiter des Atomkraftwerkes Brunsbüttel und 4 von 7 Bereichsleitern abzulösen. 'Die von der HEW angekündigten personellen Änderungen in der Leitungsebene im Atomkraftwerk Brunsbüttel sind ein wichtiger und erforderlicher Schritt zur Ausräumung der bei der Atomaufsichtsbehörde entstandenen Zweifel an der Zuverlässigkeit der Kernkraftwerksbetreiberin', sagte Möller.
Das Energieministerium hatte zuvor im Zusammenhang mit der Aufarbeitung des Brunsbüttel-Störfalls vom 14. Dezember 2001 das Sicherheitsmanagement im Atomkraftwerk Brunsbüttel kritisiert und die Zuverlässigkeit der Betreiberin in Frage gestellt. Die HEW hatten daraufhin eine lückenlose Aufklärung angekündigt. Zum Betreiberverhalten wurden der Aufsichtsbehörde verschiedene Berichte vorgelegt, ein umfangreicher Fragenkatalog des Ministeriums beantwortet und nunmehr von der HEW selbst erste Konsequenzen gezogen.
'Dies ist ein Schritt in die richtige Richtung zur Abarbeitung der Problematik', sagte Minister Möller. Vor einer Wiederinbetriebnahme der Anlage muss jedoch die behördliche Prüfung im Hinblick auf Fachkunde und Zuverlässigkeit verantwortlicher Personen noch abgeschlossen werden. Der Minister erinnerte zugleich daran, dass im Zusammenhang mit dem Ereignis eine vollständige Klärung des Schadensmechanismus und der Ausschluss einer Wiederholung eines solchen Ereignisses erfolgen muss.
Weiterhin wird von der Atomaufsicht eine gründliche Prüfung der geplanten Reparaturmaßnahmen durchgeführt werden und die Gewährleistung der Funktionssicherheit der beeinflussten Systeme vor einer Wiederinbetriebnahme des Atomkraftwerkes geprüft."

27. Mai 2002
HEW: "KKB-Untersuchungen abgeschlossen"

Die HEW geben in einer Pressemiteilung vom 27.05.02 bekannt, daß die "KKB-Untersuchungen abgeschlossen" sind. Die HEW erklären in ihrer Mitteilung an die Presse weiter:
"Im Kernkraftwerk Brunsbüttel trat am 14. Dezember 2001 ein Rohrbruch an der Deckelsprühleitung innerhalb des geschlossenen Sicherheitsbehälters auf. Diese Leitung hat keine sicherheitstechnische Bedeutung. Sie wird nur zum Abfahren der Anlage benötigt. Das Leck konnte bereits nach vier Minuten abgesperrt werden. Es wurden keine radioaktiven Stoffe in die Umgebung freigesetzt und es bestand keine Gefährdung für das Betriebspersonal. Der Betreiber der Anlage, die KKB GmbH, hat das Ereignis der atomrechtlichen Aufsichtsbehörde pflichtgemäß gemeldet.
Ursächlich für den Bruch der Leitung war eine Reaktion von Radiolysegas (Wasserstoff und Sauerstoff), das sich unbemerkt in größerer Menge angesammelt hatte.
Bereits am 14. Dezember letzten Jahres wurden alle denkbaren Ursachen für das Vorkommnis diskutiert. Dazu gehörte auch eine mögliche Radiolysegas-Reaktion. Aufgrund einer unzutreffenden Einschätzung der Leckrate ging das Betriebspersonal jedoch von einem sehr kleinen Leck aus und schloss deswegen das später gefundene Ausmaß des Schadens aus. Dieser Umstand und die fehlende Vorstellung über den tatsächlich eingetretenen Schaden führten zur Entscheidung, den Leistungsbetrieb des Kraftwerks ohne Inspektion der Leckstelle fortzusetzen. Diese Entscheidung hat zu einer Belastung des Verhältnisses zwischen dem Betreiber und der atomrechtlichen Aufsichtsbehörde in Kiel geführt.
Nach der Aufarbeitung aller offenen Fragen hat der Leiter des Kernkraftwerks Brunsbüttel die Verantwortung für die Belastung des Verhältnisses zwischen der Aufsichtsbehörde und dem Kernkraftwerk übernommen.
Er hat dem HEW-Vorstand und der KKB-Geschäftsführung seinen Rücktritt als Kraftwerksleiter angeboten, um das Vertrauensverhältnis zur Behörde wieder herzustellen, und um die zügige Wiederinbetriebnahme sowie die Sicherung der Arbeitsplätze der KKB-Mitarbeiter zu gewährleisten.
Vorstand und Geschäftsleitung haben das Angebot angenommen, obwohl dem Leiter der Anlage kein persönliches Verschulden angelastet werden kann. Sie danken ihm für die jahrzehntelange vertrauensvolle Zusammenarbeit und für sein fachliches und persönliches Engagement gerade in schwierigen Zeiten.
Unabhängig vom Ausscheiden des Leiters der Anlage wird die Geschäftsführung der KKB GmbH im Laufe des Jahres auf der Ebene der Bereichsleiter im KKB auf mehreren Positionen einen Generationswechsel einleiten.
Zur Zeit befindet sich die Anlage in der Jahresrevision. Die Kernkraftwerk Brunsbüttel GmbH hat alle technischen, organisatorischen und personellen Aspekte des Ereignisses gründlich untersucht und der atomrechtlichen Aufsichtsbehörde zur Prüfung vorgelegt.
Über die Zustimmung zur Wiederinbetriebnahme muss jetzt die Aufsichtsbehörde entscheiden.
"
 

27. Mai 2002
Werksführung wird nach Störfall im AKW Brunsbüttel abgelöst

Die Nachrichtenagentur AP meldete am 27.05.02: "Nach dem schweren Störfall im Atomkraftwerk Brunsbüttel werden der Direktor und mehrere Bereichsleiter abgelöst. Das teilten die Hamburgischen Electricitätswerke (HEW) als Betreiber am Montag mit. Der schleswig-holsteinische Energieminister Claus Möller nannte die Ablösung «einen wichtigen und erforderlichen Schritt zur Ausräumung der bei der Atomaufsichtsbehörde entstandenen Zweifel an der Zuverlässigkeit der Kraftwerksbetreiberin». Die HEW dagegen sehen in der Ablösung kein verkapptes Schuldanerkenntnis.
Der Hintergrund: Bei einer Explosion in der so genannten Deckelsprühleitung war ein Rohr mit zehn Zentimetern Durchmesser auf der Länge von drei Metern zerfetzt worden. Es diente dazu, den Deckel eines 25 Jahre alten Siedewasserreaktors beim Herunterfahren mit Kühlflüssigkeit zu versorgen.
Die wahre Dimension des Vorfalles vom 14. Dezember war erst Ende Februar bekannt geworden. Ursache war die Explosion einer größeren Menge von Wasserstoff und Sauerstoff, die sich unbemerkt angesammelt hatten. Das Personal hatte die Größenordnung des Schadens falsch eingeschätzt, wie die HEW nun bestätigten. Deshalb wurde nach der Explosion zunächst auch der Betrieb fortgesetzt, erst im Februar wurde das Ausmaß des Schadens klar. Dadurch war es zu schweren Spannungen zwischen HEW und der Aufsichtsbehörde in Kiel gekommen.
Nach Angaben der HEW hat der Kraftwerksleiter seinen Rücktritt angeboten, «um das Vertrauensverhältnis zur Behörde wieder herzustellen». Der HEW-Vorstand nahm das Angebot nach eigenen Angaben an. Das Ausscheiden von vier Bereichsleitern soll laut HEW einen Generationswechsel einleiten.
Der Reaktor steht zur Zeit still. Vor einem Wiederanfahren muss nach Behördenansicht die Ursache der Explosion völlig aufgeklärt werden. Außerdem muss eine Wiederholung ausgeschlossen sein."

18. April 2002
HEW nehmen Stellung zu den Vorwürfen des Energieministers Claus Möller

"Die HEW hat die heutige (18. April) Pressemeldung von Energieminister Möller zur Kenntnis genommen und nimmt wie folgt StellungDie Betreibergesellschaft KKB GmbH hat den umfangreichen Fragenkatalog des Ministeriums vom 28. März fristgerecht am 8. April beantwortet. Ein Großteil der Fragen bezog sich allerdings auf Punkte, die erst mit dem Untersuchungsprogramm, das mit dem Energieministerium vereinbart wurde, geklärt werden müssen und deswegen derzeit noch nicht beantwortet werden können. Diese Arbeiten müssen mit der gebotenen Sorgfalt durchgeführt werden und sind daher noch nicht abgeschlossen.
Die KKB-GmbH hat bisher keine Reaktion des Ministeriums auf ihr Antwortschreiben vom 8. April erhalten. Die Kritik des Ministers ist daher nicht nachvollziehbar.
Die HEW und die KKB-GmbH halten unverändert an dem erklärten Ziel fest, den Störfall gründlich und transparent aufzuarbeiten."

18. April 2002
Landesregierung Schleswig-Holstein: "Energieminister Claus Möller kritisiert Störfall-Aufklärung der Brunsbüttel-Betreiber"

Am 18.04.02 wurde in einer Pressemitteilung der Landesregierung Schleswig-Holstein (Ministerium für Finanzen und Energie) erklärt:
"Energieminister Claus Möller hat heute (18. April) in einem Schreiben an das HEW-Vorstandsmitglied Joachim Lubitz die Aufklärung des Störfalls vom vergangenen Dezember im Atomkraftwerkes (AKW) Brunsbüttel kritisiert: 'Obwohl die Betreiber in einer zweiten Erklärung gründliche und transparente Aufarbeitung des Störfalls zugesagt haben, sind meine Zweifel insbesondere an der Zuverlässigkeit der Betreiber weiter gewachsen', schreibt Möller in seinem Brief. Der Minister kritisierte vor allem dass die Fragen der Atomaufsichtsbehörde zum größten Teil nicht oder nur ausweichend vom Betreiber beantwortet worden seien.
Möller betonte in dem Schreiben außerdem, dass die vollständige Ausräumung der Zweifel an Zuverlässigkeit und Fachkunde der Betreiber Voraussetzung für die Zustimmung zum Wiederanfahren des AKW sei."

10. April 2002
taz: "Der Unfall im AKW Brunsbüttel hätte schlimmer Folgen nach sich ziehen können als bisher bekannt wurde"

Die taz berichtete am 10.04.02 zu dem schweren Unfall im AKW Brunsbüttel am 14.12.01: 
"Dass bei der Leitungsexplosion im Atomkraftwerk Brunsbüttel nichts schlimmeres passierte, ist 'nur dem Glück zu verdanken'. Zu diesem Schluss kommt der Atomexperte Helmut Hirsch in einem Kurzgutachten über den Störfall vom 14. Dezember. Das erschreckende Ausmaß des Schadens war erst zwei Monate später erkannt worden, weil sich die Betreiberin KKB, eine Tochtergesellschaft der HEW, geweigerte hatte, die Anlage zur Überprüfung herunterzufahren.
Innerhalb des Sicherheitsbehälters des Kraftwerks war eine armdicke Rockleitung auf zwei bis drei Metern Länge zerborsten. Hätte sich diese Knallgasexplosion näher am Reaktordruckbehälter ereignet, wäre radioaktiver Dampf aus dem Reaktor geströmt und hätte den Sicherheitsbehälter verstrahlt. 'Das wäre wohl das Aus für das Kraftwerk gewesen', vermutet der Staatssekretär im Schleswig-Holsteinischen Energieministerium Wilfried Voigt (Grüne).
Die Explosion hätte nach Einschätzung Hirschs aber noch sehr viel gefährlichere Folgen haben können: So hätten Trümmerteile den stählernen Sicherheitsbehälter durchschlagen können, so das der strahlende Dampf in die Umgebung gelangt und eine radioaktive Wolke auf das 20 Kilometer entfernte Itzehoe zugeschwebt wäre. Trümmer hätten auch das Reaktorschutzsystem zerstören können, so dass der Betriebsmannschaft entscheidende Daten für den Umgang mit dem Störfall gefehlt hätten. In beiden Fällen hätte es schließlich zur Kernschmelze und damit zum GAU kommen können.
Voigt hält derlei Szenarien, bei denen es zu einer Verknüpfung vieler unglücklicher Umstände kommen müsste, für verwegen. 'Es macht wenig Sinn, über worst-case-Fälle zu spekulieren', findet er. Viel wichtiger sei es, die Zuverlässigkeit der Betreiber sicherzustellen.
Nach dem jüngsten Spiegel-Bericht über angebliche Ohrenzeugen der Explosion habe man die KKB aufgefordert, sämtliche Mitarbeiter zu nennen, die sich zur fraglichen Zeit im Reaktorgebäude aufhielten, sagte Voigt. Anhand ihrer Aussagen soll festgestellt werden, ob kritische Informationen nicht weitergegeben oder vom Betreiber unterschlagen wurden. Dieser hatte ein harmloses Dichtungsleck unterstellt. Nach Recherchen des Energieministeriums gab es jedoch eine Vielzahl von Messdaten, die die Betriebsmannschaft hätten stutzig machen müssen."

08. April 2002
Spiegel-online: "Wie eine Handgranate"...

Von Spiegel-online wurde am 08.04.02 unter dem Titel "Wie eine Handgranate" ausführlich über den schweren Störfall im AKW Brunsbüttel am 14.12.01 berichtet. Als Dokumentation geben wir diesen Artikel im Spiegel ungekürzt wieder:

Die Explosion im Kernkraftwerk Brunsbüttel war weit gefährlicher als bisher bekannt. Erstmals räumt der Betreiber HEW "Fehlinterpretationen" ein.

Nach vier Minuten schien alles wieder im Lot zu sein. Per Knopfdruck schlossen die Betriebsmannschaften in der Leitwarte des Atomkraftwerks Brunsbüttel am 14. Dezember vergangenen Jahres kurz nach 13 Uhr ein Ventil. Ein paar weitere Befehle, und die zuvor vorsorglich abgebremste Kettenreaktion im Kern des Meilers erreichte wieder ihre volle Leistung. Fortan signalisierten alle Instrumente: Normalbetrieb.
Mehr als zwei Monate beharrten die Betreiber des 806-Megawatt-Reaktors an der Elbe stur auf ihrer ersten Diagnose. Eine "spontane Dichtungsleckage" in einem Teil der Anlage, der für den sicheren Betrieb des Kraftwerks völlig unerheblich sei, habe zu einem minimalen Kühlwasserverlust geführt. Ein Routineproblem, jenseits jeder Erregungsschwelle.
Inzwischen ist unter Experten unumstritten: Die Wasserstoffexplosion, die im Sicherheitsbehälter des Siedewasserreaktors Brunsbüttel eine Rohrleitung über etwa drei Meter völlig zerfetzte, war der bisher gravierendste Unfall in einem deutschen Atomkraftwerk. Nur eine simple Rückschlagklappe verhinderte, dass radioaktiver Wasserdampf über Stunden oder Tage unkontrolliert aus dem stählernen Kessel in den Sicherheitsbehälter strömte.
Fast täglich berichten Fachleute intern über neue, beunruhigende Details der Beinah-Katastrophe. Die Botschaft ist immer die gleiche: Bloß der Zufall hat Schlimmeres verhütet.
An der fraglichen Rückschlagklappe hinterließ die Explosion, die wenige Meter vom Reaktorkessel entfernt zündete, heftige "Stauchungen". Und wäre die berstende Leitung nicht von einem stabilen Splitterschutz abgebremst worden, hätte die Wucht der Detonation das Rohr vollständig aus der Verankerung gerissen - mitsamt der Rückschlagklappe.
Für Experten der Kölner Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) lag sogar ein noch dramatischeres Szenario "im Bereich des Möglichen". Weil der Splitterschutz unmittelbar über dem Druckbehälter aus Platzmangel fehlt, hätten Trümmerteile den Sicherheitsbehälter wie Geschosse durchschlagen können, wäre das Rohr an dieser verwundbaren Stelle explodiert. Radioaktiver Dampf wäre dann in die Reaktorhalle und von da auch in die Umgebung abgeblasen worden, selbst wenn die Notkühlsysteme funktioniert hätten und der Reaktor automatisch außer Betrieb gegangen wäre.
Schlimmstenfalls hätte eine radioaktiv belastete Wolke binnen Minuten das schleswig-holsteinische Itzehoe (34 000 Einwohner) erreichen können, das nur 20 Kilometer entfernt liegt, kurz danach auch die Millionenstadt Hamburg in 60 Kilometer Distanz oder die 75 Kilometer nordöstlich liegende Landeshauptstadt Kiel.
Seit ein Inspektorenteam am 18. Februar, mehr als zwei Monate nach dem Knall, das Trümmerfeld im Sicherheitsbehälter des Meilers entdeckte, stehen die Verantwortlichen der mittlerweile zum staatlichen schwedischen Energiemulti Vattenfall gehörenden Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW) unter dem Verdacht, bewusst die "harmloseste Variante" aller denkbaren Erklärungen für den Störfall unterstellt zu haben - zumal die Weigerung, den Meiler stillzulegen, den Betreibern zunächst zweistellige Euro-Millionenverluste ersparte.
Jetzt wird bekannt, dass sogar ein oder mehrere Kraftwerksmitarbeiter zu unmittelbaren Ohrenzeugen des Explosionsknalls am 14. Dezember wurden.
Mit der Aussage konfrontiert, reagiert HEW-Sprecher Johannes Altmeppen zunächst ausweichend: Selbst wenn wirklich jemand etwas gehört hätte, wäre keineswegs sicher gewesen, "ob der das nach oben weiterleitet". Schließlich sei ein Atomkraftwerk auch im Normalbetrieb keine stille Veranstaltung - drinnen dampft, pumpt und vibriert es.
Ende vergangener Woche folgt schriftlich die autorisierte Version: "Beim Ereignis vom 14. Dezember 2001" habe es in der Kraftwerkswarte "mehrere Störmeldungen" gegeben, versichert Altmeppen namens der Kernkraftwerk Brunsbüttel GmbH (KKB). "Meldungen von Mitarbeitern" seien nicht darunter gewesen.
Ein laues Dementi: Denn vieles deutet darauf hin, dass sich die Ohrenzeugen nicht sofort meldeten, sondern erst, als sich zwischen dem Kraftwerksbetreiber und der Aufsichtsbehörde, dem Kieler Energieministerium, ein zäher Kleinkrieg um die richtige Interpretation des Dezember-"Ereignisses" anbahnte. Auf erneute Nachfrage lässt der HEW-Sprecher die Möglichkeit einer verzögerten Information über einen lauten Knall in der Anlage offen: Am Tag des Unfalls habe es entsprechende Hinweise definitiv nicht gegeben. Aber, sagt Altmeppen ausweichend: "Wir mussten aus der damaligen Lage heraus urteilen."
Sollte sich der Verdacht im Zuge der offiziell angeordneten Mitarbeiterbefragungen erhärten, stünde erstmals in Deutschland die vom Atomgesetz zwingend vorgeschriebene Fachkunde und Zuverlässigkeit eines Reaktorbetreibers ernsthaft zur Disposition. Mögliche Folgen: Die Lizenz könnte entzogen oder das verantwortliche Personal ausgetauscht werden.
Experten der Reaktorsicherheitskommission und der mit der Analyse des Unfalls betrauten Kölner GRS bezweifelten ohnehin, dass eine Detonation von der Sprengkraft einer Handgranate in einem Atomkraftwerk völlig unbemerkt bleiben kann. Im Reaktorgebäude, sagen die Fachleute, hätte der Knall gehört werden müssen.
Die Zuverlässigkeit der Betreiber steht immer mehr in Frage, seit Detail für Detail nach außen sickert, was die Verantwortlichen über die Vorgänge im Sicherheitsbehälter des Meilers hätten wissen können, wenn sie es hätten wissen wollen.
Trotz drängender Nachfragen der Kieler Aufsichtsbehörde beharrte die Kraftwerksleitung auf ihrer Theorie von der "spontanen Dichtungsleckage", obwohl

  • zwei Thermoelemente an dem zerstörten Rohr binnen weniger Sekunden einen Temperatureinbruch um fast 60 Grad registrierten,
  • Brandmelder in unmittelbarer Umgebung des Störfallbereichs ansprachen,
  • Leckagemessungen den Verlust von bis zu 260 Litern Kühlwasser aus dem primären Kühlkreislauf in nur vier Minuten anzeigten,
  • die so genannte "Körperschallüberwachung", mit der Erschütterungen in der Anlage registriert werden sollen, zum Zeitpunkt der Explosion anschlug,
  • Druck und Temperatur im Sicherheitsbehälter während und nach der Stör- fallmeldung deutlich anstie- gen,
  • so genannte "Drehmomentschalter", die den Betriebsmannschaften in der Warte im Normalbetrieb signalisieren, wenn Ventile und andere fernbediente Armaturen nicht einwandfrei arbeiten, ohne erkennbaren Anlass Signale aussandten.

Mitglieder der Reaktorsicherheitskommission der Bundesregierung reagierten schon nach einer ersten Analyse Mitte März mit Kopfschütteln auf die dramatische Fülle der Hinweise. Entweder habe der Betreiber den Unfall "schamlos vernebelt", sagt einer aus dem Gremium, oder die Fachkunde in Brunsbüttel sei "skandalös unterentwickelt".
Ende vergangener Woche ruderte der Vor-Ort-Betreiber KKB auf Nachfrage des SPIEGEL erstmals zurück: Bei "genauerer Bewertung der Daten (insbesondere Leckagemenge und Temperaturverlauf)", heißt es in einer gewundenen Erklärung, hätte bereits früher "erkannt werden können, dass die Bewertung vom 14. Dezember hinsichtlich der Leckgröße eine Fehlinterpretation war".
Auf Druck aus Berlin und Kiel hatte im März erst die Kraftwerksleitung und später auch HEW-Vorstand Joachim Lubitz den freiwilligen Verzicht auf eine Wiederinbetriebnahme zugesagt, bis der "Schadensmechanismus vollständig geklärt und eine Wiederholung ausgeschlossen" sei. Seit diesem Kotau der Betreiber halten sich auch die Regierungen in Kiel und Berlin mit öffentlichen Schuldzuweisungen zurück.
Begründet wird die moderate Gangart vor allem damit, dass derzeit eine Gefährdung von Brunsbüttel nicht ausgehe. Der Meiler steht still. "Klar, zügig, am Ende konsequent" werde man den Unfall aufarbeiten, heißt es in Kiel und Berlin fast gleich lautend.
Mit persönlichen Konsequenzen müssen die Verantwortlichen dennoch rechnen. Als Beispiel steht ihnen das Personal-Revirement vor Augen, mit dem im vergangenen Herbst Gerhard Goll, der Chef des Karlsruher AKW-Betreibers Energie Baden-Württemberg (EnBW), auf offensichtliche Verstöße gegen Sicherheitsbestimmungen im Kraftwerk Philippsburg reagierte: Binnen Tagen mussten der Kraftwerksdirektor und zwei Vorstandsmitglieder gehen, obwohl die Nachlässigkeiten in den EnBW-Meilern ohne direkte technische Folgen blieben.
Wann und ob Brunsbüttel wieder in Betrieb gehen kann, ist offen. Die Reste des havarierten Rohrs werden derzeit in der Materialprüfungsanstalt in Stuttgart untersucht. Die Kieler Aufsichtsbehörde verlangt eine minutiöse Aufklärung möglicher "Sekundär- und Peripherieschäden", außerdem "Maßnahmen zur Vermeidung von Radiolysegasansammlungen" im gesamten Meiler, um eine Wiederholung auszuschließen.
Schließlich soll die so genannte Deckeldusche, deren Zuleitung in den Reaktordruckbehälter explodiert war, umkonstruiert werden. Sprecher Altmeppen hat dafür schon eine praktische Idee. Nach der Vereinbarung über den Atomausstieg darf Brunsbüttel noch bis 2008 Strom erzeugen. So lange, sagt der HEW-Mann, könne man auf die Deckeldusche, die ein beschleunigtes Abschalten der Anlage erlaubt, verzichten. Dann müsste der Reaktorbehälter nur von oben fest verschweißt werden. Altmeppen: "Deckel drauf und fertig!"

23. März 2002
taz: "Knapp am GAU vorbei"

Die taz-Hamburg berichtete am 23.03.02 über den schweren Störfall im AKW Brunsbüttel am 14.12.01:
"
Die Zuverlässigkeit der HEW als Betreiber des Atommeilers Brunsbüttel steht in Frage. Dass ist die Kernbotschaft der gestrigen Ausführungen von Energieminister Claus Möller (SPD) und des grünen Fraktionschefs Karl-Martin Hentschel vor dem Kieler Landtag zum gravierenden Störfall am 14. Dezember.
Nach einer Wasserstoffexplosion war eine Rohrleitung im Sicherheitsbehälter des Atommeilers abgerissen. Aber erst am 18. Februar wurde das AKW vom Netz genommen. Offen ist, wann es wieder in Betrieb geht. Als Voraussetzungen dafür nannte Möller die vollständige Aufklärung der Ursache, die Reparatur sämtlicher Schäden und die Überprüfung der Betreiber-Zuverlässigkeit.
'Die Schadensfotos machen selbst erfahrene Experten sprachlos', erkärte Möller: 'Die Rohrleitung mit einem Durchmesser von 100 Millimetern wurde durch eine Explosion über einen Teilbereich von rund drei Metern regelrecht zerfetzt.' Der Energieminister erklärte, der Störfall werfe komplexe Sicherheitsfragen auf. Er gehe auch der Frage nach, ob wirtschaftliche Erwägungen für das Verhalten des Betreibers maßgeblich waren und warum dieser nicht früher als am 18. Februar die letztlich von der Aufsichtsbehörde erzwungene Inspektion ausgeführt habe.
Hentschel, der von einem 'in der Geschichte der Kernenergie einmaligen Vorfall sprach', forderte die Überprüfung aller Siedewasserreaktoren. Eine vergleichbare Explosion nur drei Meter von dem Schadensort entfernt hätte zu einem Atomunfall führen können, nach dem 'Hamburg für Jahrhunderte hätte evakuiert werden müssen'. Es sei, so Hentschel, 'unglaublich, dass der Reaktor im Dezember wieder hochgefahren wurde, obwohl das Geschehen völlig unklar gewesen ist'.
CDU und FDP warfen Energieminister Möller verspätetes Eingreifen vor. Als Motiv vermutete sie Angst vor Schadenersatzforderungen für den Fall, dass ein Herunterfahren nicht ausreichend begründet wäre. Möller wies dies als "absurd" zurück. In der Vergangenheit sei er das Risiko hoher Schadenersatzforderungen trotz täglicher Stillstandskosten von 800.000 Mark mehrfach eingegangen, bis hin zu einem dreijährigen Stillstand des Kraftwerks."

22. März 2002
Landesregierung Schleswig-Holstein: "Vorraussetzung für ein Wiederanfahren des Kernkraftwerkes" Brunsbüttel

In einer Pressemitteilung der Landesregierung Schleswig-Holstein (Ministerium für Finanzen und Energie) wird am 22.03.02 mitgeteilt:
"Energieminister Claus Möller hat heute (22. März 2002 ) im Landtag umfassend über den Störfall im Kernkraftwerk Brunsbüttel (KKB GmbH) berichtet. 'Sobald die Dimension des Störfalls deutlich wurde haben wir das Bundesumweltministerium (BMU), die Öffentlichkeit und die Regierung detailliert informiert und werden auch bei den künftigen Ergebnissen ein Höchstmaß an Transparenz gewährleisten', sagte der Minister.
In Anwesenheit von Mitarbeitern der Aufsichtsbehörde und Sachverständigen wurde die Anlage am 18. Februar inspiziert. Dabei wurde festgestellt, dass es sich bei dem Ereignis vom 14. Dezember 2001 nicht um eine bloße Flanschleckage, sondern um den Abriss einer Rohrleitung im Sicherheitsbehälter gehandelt habe. Diese Rohrleitung mit einem Durchmesser von 100 mm wurde durch eine Explosion über einen Teilbereich von rund drei Metern regelrecht zerfetzt.
Die Anlage wurde daraufhin abgeschaltet.
Mit einem umfangreichen Untersuchungs- und Aufklärungsprogramm fordert das Ministerium für Finanzen und Energie, als Reaktorsicherheitsbehörde, von der Betreiberin eine detaillierte und vollständige Aufklärung des Vorfalls und benennt die Themenfelder, die im Detail abgearbeitet werden müssen.
Schon das Schadensausmaß bestätige den Kurs der Landesregierung aus der Atomenergie auszusteigen. Möller sagte, 'die Schadensfotos machen selbst erfahrene Experten sprachlos.'
Bedenklich sei ferner, dass es zwei Monate gedauert habe, die Betreiberin KKB GmbH zu einer Inspektion zu bewegen.
Vor einem Wiederanfahren der Anlage müssten nicht nur die Ursachen des Störfalles geklärt und sämtliche Schäden beseitigt werden, darüber hinaus müsse sichergestellt werden, dass es nicht zu einer Wiederholung kommen kann. Zuvor müssten auch die der bei der Aufsichtsbehörde entstandenen Zweifel an der Zuverlässigkeit und Fachkunde der Betreiberin ausgeräumt werden. 'Hier sind noch eine Reihe von Fragen offen', sagte Möller.
Er kündigte an, auch der Frage nachzugehen, ob wirtschaftliche Erwägungen für das Verhalten der Betreiberin maßgeblich waren und warum die Betreiberin nicht zu einem früheren Zeitpunkt die letztlich durch die Aufsichtsbehörde erzwungene Inspektion ausgeführt habe. 'Sicherheit darf niemals hinter wirtschaftlichen Erwägungen zurückstehen', sagte der Minister, sie müsse gerade in der Kerntechnik stets Vorrang vor allen anderen Erwägungen haben.
Auch wegen der nach wie vor offenen Fragen habe er am 20. März 2002 unter Beteiligung des zuständigen Abteilungsleiters des BMU mit dem für Kernkraftwerke zuständigem HEW-Vorstandsmitglied, Joachim Lubitz, ein ausführliches und konstruktiv-kritisches Aufsichtsgespräch geführt. HEW habe daraufhin am 21. März ausdrücklich bestätigt, den Vorgang vollständig und lückenlos aufzuklären und vier umfassende Forderungen der Aufsichtsbehörde zur Abarbeitung der Zuverlässigkeitsfrage zu erfüllen.
Die HEW stellen eine unabhängige Durchführung der Aufklärungsmaßnahmen sicher. Die HEW stelle sicher, dass die Betreiberin KKB GmbH einen Fragenkatalog für die Mitarbeiter erarbeitet, der eine vollständige, detaillierte und präzise Analyse der Entscheidungsabläufe vom 14. Dezember 2001 bis zum 18. Februar 2002 ermöglicht. Auf der Basis der Beantwortung des Fragenkatalogs werde eine Human-Factor-Analyse erarbeitet. Die HEW werde noch in diesem Jahr das Konzept eines Sicherheitsmanagementsystems auf der Basis subjektiver und objektiver Sicherheitsindikatoren vorlegen.
'Nur das konsequente sicherheitsorientierte aufsichtliche Verfolgen der Problematik hat zur Aufdeckung dieses Störfalls geführt.' In Zusammenarbeit mit dem BMU und der Reaktorsicherheitskommission werde das Ministerium den Aufklärungsprozess weiter kritisch und konstruktiv vorantreiben. Er wiederhole seine These, sagte Möller: 'Die größtmögliche Sicherheit bedeutet das Abschalten.'"

08. März 2002
Brunsbütteler Zeitung: Wasserstoffexplosion - Wie kam es dazu?

Der Kernkraftwerksleiter des AKW Brunsbüttel schildert die Ereignisse am 14. Dezember 2001 in der Brunsbütteler Zeitung vom 08.03.02:
"Die schleswig-holsteinische Atomaufsicht hat gestern die Stellungnahme der Hamburgischen Electricitätswerke (HEW) zum Störfall im Brunsbütteler Meiler erhalten. Zugleich hat die Kernkraftwerk Brunsbüttel (KKB) GmbH in dieser Woche beschlossen, die für Mai vorgesehene Jahresrevision vorzuziehen und am 11. März zu beginnen.
Dies teilte gestern Kraftwerksleiter Volker Brodale in einem Gespräch mit der DLZ/BZ mit, in dem er die auch die Ereignisse um den Störfall am 14. Dezember und danach beschrieb. Innerhalb des Sicherheitsbehälters war, wie sich erst später herausstellte, eine Kühlleitung an zwei Stellen durch eine Wasserstoffexplosion geborsten. Brodale: 'Wir waren sehr überrascht von dem, was wir bei der Inspektion sahen. Das hatten wir nicht erwartet.' Er wies in diesem Zusammenhang nochmals darauf hin, dass die Leitung für den Betrieb der Anlage nicht benötigt werde. Sie diene lediglich beim Abschalten des Reaktors der Verkürzung der Abkühlzeit von normalerweise 36 auf etwa zehn Stunden.
Doch zurück zum 14. Dezember vergangenen Jahres. Um 13.08 Uhr liefen in der Warte Meldungen von drei Armaturen auf, die auf eine Leckage mit Dampfaustritt hindeuteten. Der Schichtleiter habe sofort die entsprechende Armatur geschlossen. Die Dampffreisetzung sei nach vier Minuten beendet gewesen. Zugleichen  wurde die Anlagenleistung auf 55 Prozent heruntergefahren. Brodale: 'Das ist so üblich, bei solchen Ereignissen.'
Wenig später habe sich der aus Führungskräften bestehende Arbeitsstab zusammengesetzt, um alle Daten und Fakten auszuwerten und sich einen Überblick  darüber zu verschaffen, ob die Anlage weiter herunter- oder wieder hochgefahren werden könne. 'Nach Bewertung der Hinweise, die vorlagen, kamen wir zu dem Ergebnis, dass es sich offensichtlich um eine Flanschleckage handele. Die Reaktorleistung wurde um 16.30 Uhr wieder angehoben'.
Eine Weisung dazu aus Hamburg habe es nicht gegeben, erklärte Brodale gegenüber der DLZ/BZ. Allerdings sei der so genannte 'Lastverteiler' informiert worden, der in solchen Fällen entscheidet, ob vorsorglich auf dem Strommarkt Ersatz beschafft werden muss. 'Was dort geschah, wissen wir nicht. Das war nicht unser Problem. Uns ging es um das Abstellen der Leckage', unterstrich der Kernkraftwerksleiter.
 
Am 17. Dezember habe er telefonisch die atomrechtliche  Aufsichtsbehörde in Kiel informiert. In der Folgezeit habe es Gespräche und einen umfangreichen Schriftverkehr  über die möglichen Ursachen der Störung gegeben. Am 16. Februar habe der TÜV Norddeutschland in einer ersten sicherheitstechnischen Stellungnahme schriftlich dargelegt, dass gegen den Weiterbetrieb des Kernkraftwerkes keine Bedenken beständen.
Da jedoch die Auffassung bestand, die Anlage müsse zu einer Inspektion abgefahren werden, entschied die KKB, diese am 18. Februar zu inspizieren. Für diesen Tag waren eine der anstehenden  Wiederholungsprüfungen und eine Leistungsreduzierung geplant. Jetzt wurde das Ausmaß des Schadens sichtbar. Das spektakuläre Bild der an zwei Stellen geborstenen Rohrleitung hat die Runde gemacht. Erstaunlich ist auch für den Kraftwerksleiter, dass keine anderen Rohrleitungen durch die Trümmerteile getroffen wurden.
Fest steht nach der Inspektion: Ursache der Leckage war nicht eine Flanschleckage, sondern die völlige Zerstörung eines etwa 2,7 Meter langen Teils des Deckelsprühsystems. Als Folge wurden Verformungen benachbarter Kleinleitungen und Beschädigungen an Isolierungen und Lüftungskanälen festgestellt, die aber die Systeme nicht beeinträchtigten. Aufgrund dieses Bildes wird heute von einer Wasserstoffexplosion im Inneren der Rohrleitung ausgegangen. Allerdings ist der Zündmechanismus bisher nicht gefunden. Auch für Brodale stellt sich heute das Ereignis vom 14. Dezember als ein 'gravierender Störfall' dar."

08. März 2002
Landesregierung Schleswig-Holstein: "Erste Stellungnahme der Betreiberin wirft weitere Fragen des Ministeriums auf"

Von der Landesregierung Schleswig-Holstein (Ministerium für Finanzen und Energie) wird in einer Pressemitteilung vom 08.03.02 festgestellt:
"'Die von der KKB GmbH, der Betreiberin des Atomkraftwerks Brunsbüttel, gestern innerhalb der vom Energieministerium gesetzten Frist vorgelegte mehrseitige Stellungnahme zu Fragen der Zuverlässigkeit wirft eine Reihe von weiteren Fragen auf, denen in dem nicht abgeschlossenen Verfahren vertieft nachgegangen werden', sagte Energieminister Claus Möller heute (8. März 2002) in Kiel.
Parallel dazu werde der gesamte technische Forderungskatalog des Energieministeriums durch die Betreiberin abgearbeitet werden müssen. Möller betonte, dass Fragen der Zuverlässigkeit und Technik intensiv durch das Energieministerium aufgeklärt würden. Der Minister bestätigte, dass das Energieministerium in Abstimmung mit dem Bundesumweltministerium den als bedeutsam eingestuften Vorfall im Atomkraftwerk Brunsbüttel aufarbeiten werde.
Das Energieministerium hatte Verantwortliche der Betreiberin am Dienstag, 5. März 2002, aufgefordert, zu Fragen Stellung zu nehmen, mit denen geklärt werden soll, warum die Betreiberin das Atomkraftwerk Brunsbüttel erst auf massiven Druck der Aufsichtsbehörde inspizierte, ob insbesondere wirtschaftliche Erwägungen hierbei berücksichtigt worden sind und Vorrang vor sicherheitstechnischen Erwägungen gehabt haben. Bei der Inspektion am 18. Februar 2002 wurde festgestellt, dass es bei dem Störfall am 14. Dezember 2001 zum Abriss einer Rohrleitung gekommen war."

07. März 2002
Gegendarstellung der Kernkraftwerk Brunsbüttel GmbH zu den Vorwürfen des 'Spiegels'

Zum Beitrag von 'Spiegel online' vom 6.3.2002: 'Befahl die Konzernleitung den Weiterbetrieb trotz Störfall' stellt die Kernkraftwerk Brunsbüttel GmbH in einer Pressemitteilung vom 07.03.02 'richtig':
"1. Der verantwortliche Schichtleiter im Kernkraftwerk Brunsbüttel hat am 14. Dezember 2001 unverzüglich nach bekannt werden der Dampfleckage die Anlage auf etwa 50 Prozent ihrer Leistung reduziert. Dieses war eine sicherheitsgerichtete vorsorgliche Maßnahme, die für das verantwortungsbewußte Denken und Handeln der Betriebsmannschaft spricht. Nach Analyse der verfügbaren Informationen im Hinblick auf Ursache und potenzielle Folgen der aufgetretenen Betriebsstörung ergab sich aus sicherheitstechnischer Sicht keine Notwendigkeit, die Anlage abzuschalten. Die Anlagenleistung wurde daraufhin wieder erhöht und der Leistungsbetrieb fortgesetzt.
2. Wenn der Schichtleiter – wie im vorliegenden Fall – Hinweise hat, dass ein Abschalten der Anlage nicht auszuschließen ist und in absehbarer Zeit, nämlich nach Prüfung des Sachverhaltes, notwendig werden könnte, dann hat er die Anweisung, den Lastverteiler zu informieren. Aufgabe des Lastverteilers ist es, den Strombezug so sicher zu stellen, dass die Stromversorgung jederzeit gesichert ist. Der Lastverteiler trifft dann über das Nordic Powerhouse, die Stromhandelsgesellschaft der HEW, die erforderliche Vorsorge, um auch für einen möglichen Ausfall des Kraftwerkes vorbereitet zu sein.
Insofern ist das, was der „Spiegel“ einen „Beleg“ für einen Eingriff der Konzernleitung nennt, lediglich der Normalfall für verantwortungsbewußtes Handeln im liberalisierten Strommarkt.
Der „Spiegel“ hat Recht, dass ein vergleichbarer Vorgang bislang noch nie vorgekommen sei, denn das Nordic Powerhouse gibt es erst seit November letzten Jahres. Zu den Zeiten der Gebietsmonopole im Strommarkt wurde die Ersatzbeschaffung direkt zwischen den Lastverteilern der Verbundunternehmen geregelt.
3. Zu den Vorwürfen der Einflussnahmen auf die Entscheidungen der Werksleitung („Befahl die Konzernleitung ...“, „... anderweitige Order von oben ...“, „... aus Hamburg die gegenteilige Order ...“) verweist die KKB GmbH auf die HEW-Pressemeldung N&A 20/02"

06. März 2002
Neue Vorwürfe gegen Betreiber des AKW Brunsbüttel

Nach einer Meldung der Nachrichtenagentur AP vom 06.03.02 sollen die HEW das Abfahren des AKW Brunsbüttel gegen Willen der Kraftwerksleitung verhindert haben - Ersatzstrom wurde bereits eingekauft:
"Hamburg (AP) Die Betreiber des Atomkraftwerks Brunsbüttel sehen sich wegen des jüngsten Störfalls weiter mit Vorwürfen konfrontiert. So soll die Konzernleitung die von den Technikern bereits beschlossene Abschaltung des Meilers verhindert haben, wie «Spiegel Online» am Mittwoch berichtete. «Im Kraftwerk bestand an diesem Tag definitiv eine andere Auffassung als in der Zentrale», zitierte der Online-Dienst aus dem Umfeld der Konzernleitung. Die Hamburgischen Electricitätswerke (HEW) wiesen die Vorwürfe zurück.
Als Beleg für die Vorwürfe führt «Spiegel Online» ein Stromgeschäft an, das HEW am selben Tag über die Stromhandelstochter Nordic Powerhouse getätigt hat. Auf dem freien Markt wurde nach den Angaben bereits Ersatzstrom für den zunächst erwarteten Ausfall des AKW Brunsbüttel im Wert von etwa einer halben Million Euro beschafft. Nach der Entscheidung, das Werk trotz des Störfalls am Netz zu lassen, sei dieses Strombezugsrecht für weniger als die Hälfte weiterverkauft worden.
HEW-Sprecher Johannes Altmeppen bezeichnete die Zahlen als «Quatsch». Der Einkauf von Ersatzstrom sei aber ein Routinevorgang, sobald das Abschalten eines Meilers möglicherweise bevorstehe. Er betonte, die HEW habe mit der Entscheidung, den Meiler am Netz zu lassen, «nichts zu tun». Die Verantwortlichen hätten sich zudem zu keinem Zeitpunkt aus wirtschaftlichen Gründen gegen ein Herunterfahren des Reaktors ausgesprochen. Bei sicherheitstechnischen Entscheidungen sei der Leiter der Anlage absolut weisungsfrei vom HEW-Vorstand und der Geschäftsführung des Kernkraftwerks, erklärte Altmeppen.
Bei der Explosion war ein Rohr mit zehn Zentimetern Durchmesser auf der Länge von drei Metern zerfetzt worden. Es diente dazu, den Deckel eines 25 Jahre alten Siedewasserreaktors beim Herunterfahren mit Kühlflüssigkeit zu versorgen. Der Vorfall vom 14. Dezember war erst am vergangenen Mittwoch bekannt geworden."

06. März 2002
Spiegel-online: "Befahl die Konzernleitung den Weiterbetrieb trotz Störfall?"

Nachstehend dokumentieren wir einen Bericht auf Spiegel-online vom 06.03.02 zu dem 'Ereignis' im AKW Brunsbüttel am 14.12.01: "Neue Hinweise zum Streit um den schweren Störfall im Atomkraftwerk Brunsbüttel: SPIEGEL ONLINE erfuhr aus Unternehmenskreisen, dass die Kraftwerkstechniker die Anlage abschalten wollten, aber anderweitige Order von oben erhielten. Der Konzernsprecher will den Vorgang nicht kommentieren."
"Nach der Explosion einer Rohrleitung im Sicherheitsbehälter am 14. Dezember vergangenen Jahres wollten die diensttuenden Techniker das Atomkraftwerk Brunsbüttel (KKB) eigentlich sofort abschalten und vom Netz nehmen. Erst im Verlauf des Tages wurde diese Entscheidung revidiert.
Das erfuhr SPIEGEL ONLINE aus Unternehmenskreisen. 'Im Kraftwerk bestand an diesem Tag definitiv eine andere Auffassung als in der Zentrale', hieß es im Umfeld der Konzernleitung. Die Schichtleiter sowohl der Früh- als auch der Spätschicht der Kraftwerksmannschaft hätten vor Ort bereits das Abfahren der Anlage eingeleitet, als aus Hamburg die gegenteilige Order kam.
Ein Beleg für diesen Eingriff, den die Kieler Aufsichtsbehörde derzeit recherchieren lässt, sei ein am selben Tag durchgeführtes Stromhandelsgeschäft. Demnach hatte die HEW, eine Tochter des schwedischen Vattenfall-Konzerns, über die Stromhandelsfirma Nordic Powerhouse am selben Tag bereits Ersatzstrom für den zunächst erwarteten Ausfall des AKW Brunsbüttel im Wert von etwa einer Million Mark auf dem freien Strommarkt angekauft. Dieses Strombezugsrecht habe später nach der Entscheidung, den Meiler trotz des Störfalls am Netz zu lassen, für nur 200.000 Mark weiterverkauft werden müssen.
Ein vergleichbarer Vorgang sei in dem Unternehmen bislang noch nie vorgekommen. Es sei nicht auszuschließen, dass der technische Direktor des Atomkraftwerks, der sich am Störfalltag in Hamburg aufhielt, dort 'weichgeknetet' worden sei, dem Weiterbetrieb zuzustimmen.
Sollte sich diese Information bestätigen, könnte dies gravierende Folgen für das Unternehmen haben. Das schleswig-holsteinische Energieministerium prüft derzeit als zuständige Aufsichtsbehörde für das AKW Brunsbüttel, ob der Störfall aus Kostengründen vertuscht wurde. Bestätigt sich diese Annahme, stünde die 'Zuverlässigkeit des Betreibers' in Frage, die Voraussetzung für die Zulassung einer Atomanlage ist.
In dem 25 Jahre alten Siedewasserreaktor war am 14. Dezember [2001] eine Leitung nahe dem Reaktordruckbehälter explodiert. Nach vier Minuten gelang es der Betriebsmannschaft, ein Ventil zu schließen und das Austreten von heißem Wasserdampf zu stoppen. In der kurzen Frist waren bereits 260 Liter Wasser ausgeströmt. Wäre die Explosion wenige Meter näher am Reaktorbehälter erfolgt, hätte dies ein Rückschlagventil zerstört, mit der Folge eines so genannten Kühlmittelverlust-Störfalls.
Weil der Strompreis an den deutschen Strombörsen in den kalten Vorweihnachtswochen historische Höchstwerte erreichte, drohten dem KKB-Betreiber HEW Kosten für Ersatzstrom in zweistelliger Millionenhöhe.
Im Unternehmen [HEW] wird die prekäre Lage, die sich vor Weihnachten mit dem drohenden Ausfall des Meilers ergab, auch auf die Stilllegung des konventionellen HEW-Kraftwerks Hamburg-Moorburg zurückgeführt. Dies sei eine Entscheidung des Vattenfall-Konzerns gewesen, der auf einen Anstieg der deutschen Elektrizitätspreise durch Stromverknappung setze. Vattenfall betreibt als Mutter der Neuen Kraft, des im Entstehen begriffenen drittgrößten Stromkonzerns in Deutschland, auch die ostdeutschen VEAG-Braunkohlekraftwerke, die bisher wegen hoher Abschreibungen ihren Strom zu nicht wettbewerbsfähigen Kosten produzieren.
Erst bei insgesamt höheren Strompreisen erreichen diese Kraftwerke die Gewinnzone. Das Kraftwerk Moorburg galt früher als Reservekraftwerk der HEW für den Fall, dass eines seiner Kernkraftwerke ausfiel. Diese Rückversicherung stand nach der Explosion im Brunsbütteler Atommeiler nicht mehr zur Verfügung.
Die Kraftwerksgesellschaft KKB versicherte dagegen gestern in einer Pressemitteilung erneut, die über zwei Monate falsche 'Bewertung der Dampfleckage' sei 'nach rein sicherheitstechnischen Gesichtspunkten' erfolgt. Auch die von der Kieler Atomaufsichtsbehörde eingeschalteten TÜV-Gutachter hätten noch am 10. Januar 2002 die 'Unbedenklichkeit des Weiterbetriebs' bestätigt. Die hohen Preise für Ersatzstrom hätten bei der Entscheidung 'keine Rolle' gespielt.
HEW-Sprecher Johannes Altmeppen wollte die Vorgänge am Tag des Störfalls gegenüber SPIEGEL ONLINE nicht kommentieren. Zur Frage, ob am 14. Dezember Ersatzstrom eingekauft worden sei, weil das Abfahren der Anlage unmittelbar bevorstand, vermied Altmeppen ein Dementi: 'An solchen Spekulationen beteilige ich mich nicht.'"

05. März 2002
Atomkraftwerk Brunsbüttel bleibt zunächst vom Netz

Meldung der Nachrichtenagentur AP am 05.03.02: "Kieler Umweltministerium will Aufklärung - Zweifel an Zuverlässigkeit des Betreibers"
"Das Atomkraftwerk Brunsbüttel bleibt nach dem jüngsten Störfall auf unbestimmte Zeit vom Netz. Der schleswig-holsteinische Energieminister Claus Möller machte am Dienstag in Kiel deutlich, dass sein Ministerium «an einer rückhaltlosen Aufklärung» des Vorfalles vom 14. Dezember fest halte. Damit wächst der Druck auf den AKW-Betreiber HEW (Hamburgische Electricitätswerke) weiter, der dem Ministerium bis Mittwoch um 15 Uhr detaillierte Auskünfte zu dem Fall erteilen soll.
Die Landesregierung fordert eine vollständige Klärung des Schadensmechanismus, die Reparatur sämtlicher Schäden und die Gewährleistung der Funktionssicherheit der beeinflussten Systeme. Zudem müsse eine Wiederholung des Störfalls in anderen sicherheitstechnischen Bereichen ausgeschlossen werden. Wie lange diese Maßnahmen in Anspruch nehmen können, ließ Möller offen.
Auch die Zuverlässigkeit des Betreibers [HEW] soll überprüft werden. Bis Mittwoch um 15 Uhr müssen deshalb mehrere AKW-Mitarbeiter und die HEW Fragen beantworten, mit denen unter anderem die im «Spiegel» erhobenen Vorwürfe überprüft werden sollen. Das Magazin hatte berichtet, dass der Störfall, der erst vor einer knappen Woche bekannt wurde, aus Kostengründen vertuscht worden sei. Möller betonte in diesem Zusammenhang, dass zum Zeitpunkt des Falles der Strompreis «enorm hoch» gelegen habe. Zweifel an der Zuverlässigkeit der Betreiber können zum Widerruf der Betriebsgenehmigung führen.
Am 14. Dezember des vergangenen Jahres war es zu einer Dampffreisetzung im Sicherheitsbehälter des AKW gekommen. Erst auf Druck des Ministeriums wurde das Kraftwerk am 18. Februar inspiziert, wobei eine zerfetzte Rohrleitung festgestellt wurde. «Wäre die Explosion nur drei bis vier Meter weiter in Richtung Reaktordruckbehälter aufgetreten, wäre es zu einer Notkühlung gekommen», erklärte Voigt. Dies sei noch in keinem deutschen AKW der Fall gewesen. Der Schadenfall sei in seiner Art einmalig und könne Konsequenzen für alle sechs deutschen Siedereaktoren haben. Gemäß dem Atomkonsens soll das Atomkraftwerk Brunsbüttel im Jahr 2008 vom Netz."

05. März 2002
Zur Pressemeldung des Kieler Energieministerium vom 5. März 2002 erklärt die Kernkraftwerk Brunsbüttel GmbH

"1. Die Kernkraftwerk Brunsbüttel GmbH wird die vom Energieministerium erhobenen Forderungen abarbeiten und damit die Voraussetzungen für einen ordnungsgemäßen und sicheren Weiterbetrieb der Anlage schaffen.
2. Wir haben keinen Zweifel daran, dass die atomrechtliche Aufsichtsbehörde die angekündigten Untersuchungen mit der gebotenen Gründlichkeit nach rein sachlichen Gesichtspunktenohne politische oder ideologische Beeinflussungdurchführt.
Genauso hat die Werksleitung des Kernkraftwerkes Brunsbüttel – im Zusammenwirken mit den Gutachtern der Aufsichtsbehörde – die Bewertung der Dampfleckage nach rein sicherheitstechnischen Gesichtspunkten durchgeführt. Die momentan an den Strombörsen gehandelten Preise spielten dabei keine Rolle.
Daraus ableiten zu wollen, dass die Zuverlässigkeit des Betreibers in Frage gestellt wird und, wie es heißt „dass die entstandenen Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betreibers vollständig ausgeräumt würden“, ist nicht nachvollziehbar. Insbesondere nicht, da der TÜV am 10. Januar 2002 zu dem Ergebnis gelangte, dass die sicherheitstechnische Unbedenklichkeit des Weiterbetriebs der Anlage bestätigt werden könne, wie die Behörde in ihrer Pressemeldung bestätigt."

05. März 2002
Kieler Atomaufsicht nennt Vorfall in AKW Brunsbüttel gravierend

Auf schleswig-holstein.de wurde am 05.03.02 eingehend berichtet: "Der Störfall im Atomkraftwerk Brunsbüttel war nach Ansicht der Atomaufsicht in Kiel der vermutlich bisher gravierendste seiner Art in der Bundesrepublik. Energiestaatssekretär Wilfried Voigt (Grüne) sagte am Dienstag in Kiel, 'sowohl in seiner Art als auch in der Mächtigkeit der Explosion hat es so etwas in Deutschland bisher nicht gegeben.' 'Drei Meter weiter und Brunsbüttel wäre nie wieder ans Netz gegangen', unterstrich Energieminister Claus Möller (SPD).
Die Atomaufsicht des Landes [Schleswig-Holstein] habe deshalb vor einer Wiederanfahr-Genehmigung dem Betreiber, der Kernkraftwerk Brunsbüttel GmbH (KKB), einen umfangreichen Fragenkatalog geschickt. Erst wenn diese Fragen schlüssig beantwortet und die Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betreibers ausgeräumt seien, könne das Wiederanfahren des Reaktors genehmigt werden, teilten die Politiker nach der Kabinettssitzung in Kiel mit.
'Wir gehen davon aus, dass uns das Ereignis noch eine Weile beschäftigen wird', sagte Voigt und deutete an, dass der Atommeiler möglicherweise für einen längeren Zeitraum nicht wieder ans Netz gehen werde. Der Meiler war bereits in den 90er Jahren einmal für drei Jahre heruntergefahren worden.
Möller begrüßte die Zusage der Betreiber zur Kooperation mit der Atomaufsicht. Die KKB sicherte in Brunsbüttel (Kreis Dithmarschen) zu, alle vom Energieministerium erhobenen Forderungen abzuarbeiten und damit die Voraussetzungen für einen ordnungsgemäßen und sicheren Weiterbetrieb der Anlage zu schaffen.
Auch die Zuverlässigkeit des Betreibers will das Land klären. Je nach dem, wie das Ergebnis dieser Prüfung ausfällt, sind Konsequenzen für verantwortliche Mitarbeiter bis hin zum Entzug der Betriebserlaubnis möglich.
Zu den Fragen an die KKB gehört beispielsweise, wer etwas wann und wie über den Störfall vom 14. Dezember gewusst hat und warum erst durch beharrliches Nachfragen des Ministeriums aufgedeckt werden konnte, dass sich eine „spontane Dichtungsleckage“ als Explosion einer Rohrleitung im Sicherheitsbehälter entpuppte. Auf Druck des Ministeriums erklärte sich die KKB bereit, die Anlage am 18. Februar vom Netz zu nehmen.
Die Explosion in dem Rohr, das einen Durchmesser von 10 Zentimetern hat und dessen Wandstärke zwischen 5,6 und 8 Millimetern variiert, hätte nach Aussage von Voigt zu einem Kühlmittelverlust-Störfall geführt, wenn das Rohr drei Meter weiter geplatzt wäre. Ob in diesem Fall Radioaktivität freigesetzt worden wäre, könne derzeit noch nicht gesagt werden, erklärte Voigt.
'Im Grundsatz geht Sicherheit vor Wirtschaftlichkeit', meinte Möller zu Gerüchten, die KKB habe das Atomkraftwerk nicht vom Netz nehmen wollen, weil in den beiden ersten Monaten des Jahres die Strompreise sehr hoch gewesen seien. Die KKB hatte dies zurückgewiesen. Möller hingegen betonte, er sehe eine Tendenz der Kraftwerksbetreiber, im Sicherheitsbereich zu sparen. Begründet werde dies mit dem Argument des Kostendrucks durch die Liberalisierung des Strommarktes.
Auf Spekulationen, ob Brunsbüttel im Zuge des geplanten Atomausstieges überhaupt noch einmal ans Netz gehen werde, wollte sich die Landesregierung nicht einlassen. Möller erinnerte daran, dass in einem solchen Fall andere Atomkraftwerke für einen längeren Zeitraum laufen könnten. Ziel der Landesregierung sei es aber, dass die älteren Siedewasserreaktoren wie der in Brunsbüttel schneller abgeschaltet würden als die jüngeren Kernkraftwerke, unterstrich der Minister."

05. März 2002
Spiegel-online: "Brunsbüttel bis auf weiteres abgeschaltet"

"Nach dem Störfall vom 14. Dezember 2001 wird das Atomkraftwerk Brunsbüttel bis auf weiteres außer Betrieb bleiben. Die Explosion war die bisher gravierendste ihrer Art in der Geschichte der Bundesrepublik, schätzt die Atomaufsicht in Kiel". Diese wurde in einem Artikel von Spiegel-online am 05.03.02 berichtet. Der Spiegel dazu weiter:
"
Der schleswig-holsteinische Energiestaatssekretär Wilfried Voigt (Grüne) sagte am Dienstag in Kiel, 'sowohl in seiner Art als auch in der Mächtigkeit der Explosion hat es so etwas in Deutschland bisher nicht gegeben.' Energieminister Claus Möller (SPD) bemerkte zum Ort der Explosion innerhalb der Anlage: 'Drei Meter weiter und Brunsbüttel wäre nie wieder ans Netz gegangen.'
Die Atomaufsicht des Landes [Schleswig-Holstein] habe deshalb vor einer Wiederanfahr-Genehmigung dem Betreiber, der Kernkraftwerk Brunsbüttel GmbH (KKB), einen umfangreichen Fragenkatalog geschickt. Erst wenn diese Fragen schlüssig beantwortet und die Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betreibers ausgeräumt seien, könne das Wiederanfahren des Reaktors genehmigt werden, teilten die Politiker nach einer Kabinettssitzung in Kiel mit.
'Wir gehen davon aus, dass uns das Ereignis noch eine Weile beschäftigen wird', sagte Voigt und deutete an, dass der Atommeiler möglicherweise für einen längeren Zeitraum nicht wieder ans Netz gehen werde. Das Kraftwerk war bereits in den neunziger Jahren einmal für drei Jahre außer Betrieb genommen worden.
Möller begrüßte die Zusage der Betreiber zur Kooperation mit der Atomaufsicht. Die KKB sicherte in Brunsbüttel zu, alle vom Energieministerium erhobenen Forderungen zu erfüllen und damit die Voraussetzungen für einen ordnungsgemäßen und sicheren Weiterbetrieb der Anlage zu schaffen. Die KKB ist eine Tochtergesellschaft der Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW).
Schleswig-Holstein will auch die Zuverlässigkeit des Betreibers klären. Je nachdem, wie das Ergebnis dieser Prüfung ausfällt, sind Konsequenzen für verantwortliche Mitarbeiter bis hin zum Entzug der Betriebserlaubnis möglich.
Zu den Fragen an die KKB gehört beispielsweise, wer etwas wann und wie über den Störfall vom 14. Dezember gewusst hat und warum erst durch beharrliches Nachfragen des Ministeriums aufgedeckt werden konnte, dass sich eine 'spontane Dichtungsleckage' als Explosion einer Rohrleitung im Sicherheitsbehälter entpuppte. Auf Druck des Ministeriums erklärte sich die KKB bereit, die Anlage am 18. Februar vom Netz zu nehmen.
Die Explosion in dem Rohr, das einen Durchmesser von zehn Zentimetern hat und dessen Wandstärke zwischen 5,6 und 8 Millimetern variiert, hätte nach Aussage von Voigt zu einem Kühlmittelverlust-Störfall geführt, wenn das Rohr drei Meter weiter geplatzt wäre. Ob in diesem Fall Radioaktivität freigesetzt worden wäre, könne derzeit noch nicht gesagt werden, erklärte Voigt.
'Im Grundsatz geht Sicherheit vor Wirtschaftlichkeit', meinte Möller zu Gerüchten, die KKB habe das Atomkraftwerk nicht vom Netz nehmen wollen, weil in den beiden ersten Monaten des Jahres die Strompreise sehr hoch gewesen seien. Die KKB hatte dies zurückgewiesen. Möller hingegen betonte, er sehe eine Tendenz der Kraftwerksbetreiber, im Sicherheitsbereich zu sparen. Begründet werde dies mit dem Argument des Kostendrucks durch die Liberalisierung des Strommarktes."

05. März 2002
Landesregierung Schleswig-Holstein: "AKW Brunsbüttel arbeitet Forderungen der Atomaufsicht ab - Zuverlässigkeit der Betreiberin wird überprüft"

Die Landesregierung Schleswig-Holstein (Ministerium für Finanzen und Energie) gibt in einer Pressemitteilung vom 05.03.02 bekannt:
"Energieminister Claus Möller und sein Staatssekretär Wilfried Voigt haben heute (5. März) noch einmal umfassend Öffentlichkeit und Kabinett über das Vorkommnis mit Abriss einer Kühlleitung im Atomkraftwerk (AKW) Brunsbüttel informiert. 'Die Betreiberin will alle von unserem Ministerium als Atomaufsicht erhobenen Forderungen abarbeiten,' sagte Möller. Dazu gehörten insbesondere

  • eine vollständige Klärung des Schadensmechanismus’ und der Ausschluss einer Wiederholung auch in anderen sicherheitstechnischen Bereichen,
  • die Reparatur sämtlicher Schäden und die Gewährleistung der Funktionssicherheit der beeinflussten Systeme und
  • das Ausräumen der bei der Aufsichtsbehörde entstanden Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betreibers.

Am 14. Dezember des vergangenen Jahres [2001] war es zu einer Dampffreisetzung im Sicherheitsbehälter des AKW gekommen, die Betreiberin, die Kernkraftwerk Brunsbüttel GmbH (KKB GmbH), informierte das Energieministerium fristgerecht am 17. Dezember. Daraufhin forderte das Ministerium einen Bericht an und der TÜV Nord wurde gebeten, gutachterliche Untersuchungen aufzunehmen. Die KKB GmbH, Betreiber des AKW, erklärte am selben Tag, eine spontane Dichtungsleckage sei als wahrscheinliche Ursache des Ereignisses anzusehen. Am 10. Januar 2002 gelangte der TÜV zu dem Ergebnis, dass die sicherheitstechnische Unbedenklichkeit des Weiterbetriebs der Anlage bestätigt werden könne. Allerdings forderte der TÜV bis Ende Januar zu ermitteln, ob ein Riss in einer Rohrleitung als Ursache der Leckage ausgeschlossen werden könne.
Das Ministerium forderte weitere Betriebsaufzeichnungen an und drängte, eine Inspektion vorzunehmen. Am 17. Januar erklärte die Betreiberin, bis Ende des Monats zu inspizieren, widerrief aber am 25. Januar diese Bereitschaft und legte weitere Analysen vor. Die Zweifel des Energieministeriums konnten nicht widerlegt werden. Das Ministerium forderte deshalb auf, sich bis zum 13. Februar abschließend zu einer Inspektion zu erklären. Andernfalls werde es eine ministerielle Anordnung geben. Daraufhin erklärte die Betreiberin sich bereit, die Inspektion am 18. Februar zu veranlassen.
An diesem Tag wurde - nachdem die Anlage auf rund 10 Prozent Leistung heruntergefahren war - inspiziert. Dabei stellten Inspektoren den Abriss einer Rohrleitung im Sicherheitsbehälter fest, bei dem rund drei Meter Rohrleitung zerfetzt worden waren. Wäre die Explosion etwa drei bis vier Meter weiter in Richtung Reaktordruckbehälter aufgetreten, wäre die druckführende Umschließung partiell zerstört worden. Damit wäre zu einem Kühlmittelverlust-Störfall mit der Anforderung von Notkühleinrichtungen gekommen. Bei auslegungsgemäßer Funktion dieser Notkühleinrichtungen hätten allerdings die sogenannten Störfallplanungswerte eingehalten werden müssen. Ob und in welcher Höhe es in diesem Fall zu Freisetzungen von Radioaktivität unterhalb des Störfallplanungswertes gekommen wäre, lässt sich derzeit nicht abschätzen. Die Anlage wurde daraufhin vom Netz genommen. Das Ministerium hatte wegen der Bedeutung dieses Ereignisses sofort das Bundesumweltministerium unterrichtet.
Möller begrüßte die Erklärung der KKB vom 4. März, das Atomkraftwerk Brunsbüttel nicht ohne eine ausdrückliche Zustimmung des Ministeriums wieder anzufahren. Nach der Betriebsgenehmigung bedürfe es nämlich einer solchen Zustimmung nicht. 'Das Ministerium hält an einer rückhaltlosen Aufklärung des Vorfalles fest', sagte Staatssekretär Voigt. Dazu gehöre auch, dass die entstandenen Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betreibers vollständig ausgeräumt würden. Mit einem detaillierten Fragenkatalog vom heutigern Tage hat das Energieministerium Verantwortliche des Betreibers zu einer ersten Stellungnahme aufgefordert. Außerdem habe die KKB angekündigt, die für Mai vorgesehene Revision nunmehr vorziehen zu wollen."

04. März 2002
Stellungnahme der HEW zu 'Spiegel-Vorwürfen'

In einer Pressemitteilung vom 04.03.02 teilen HEW und Kernkraftwerk Brunsbüttel GmbH (KKB) mit: "Der 'Spiegel' behauptet in seiner Vorabmeldung zur Ausgabe 10/2002, Seite 216:
1. ...Die Werksleitung des Kernkraftwerkes Brunsbüttel (KKB) soll nach dem Störfall für ein Abschalten der Anlage plädiert haben. Bei den Betreibern, den Hamburgischen Electricitäts-Werken (HEW) , ..., sei allerdings
'die Weisung' erteilt worden, das Kraftwerk weiter produzieren zu lassen.'
Die HEW weist die darin enthaltenen Vorwürfe mit Nachdruck zurück:

Der Vorstand der HEW hat der Werksleitung des Kernkraftwerks Brunsbüttel zu keinem Zeitpunkt eine
'Weisung' erteilt oder auf irgendeine andere Art Einfluss auf Entscheidungen der Werksleitungen des Kernkraftwerks Brunsbüttel genommen.
2. ..."Ein Abschalten des Meilers vor Weihnachten 2001 hätte für die Betreiber möglicherweise die Bereitstellung von Ersatzstrom aus dem freien Markt in der Größenordnung
'bis 80 Millionen Euro' zu den winterbedingten Höchstpreisen erfordert. Aus diesem Grunde hätten sich die Verantwortlichen gegen ein Herunterfahren des beschädigten Reaktors ausgesprochen.'
Die HEW weist die darin enthaltenen Vorwürfe mit Nachdruck zurück:
Die Verantwortlichen haben sich zu keinem Zeitpunkt aus wirtschaftlichen Gründen gegen ein Herunterfahren des Reaktors ausgesprochen. Im übrigen ist der Leiter der Anlage hinsichtlich sicherheitstechnischer Entscheidungen weisungsfrei vom Vorstand der HEW und den Geschäftsführern der Kernkraftwerk Brunsbüttel GmbH."

04. März 2002
Bundesumweltministerium: AKW Brunsbüttel wird nur mit Zustimmung der Atomaufsicht wieder ans Netz gehen

"Das Bundesumweltministerium (BMU) begrüßt Erklärung des Betreibers", so der Wortlaut des BMU in einer Pressemitteilung vom 04.03.02. "Auf gemeinsamen Druck der Landes- und Bundesaufsicht hat der Betreiber des Atomkraftwerkes Brunsbüttel heute erklärt, das wegen eines Vorfalls vom Netz genommene AKW nicht ohne Zustimmung der zuständigen Aufsichtsbehörde wieder anzufahren. Damit ist eine einstweilige Anordnung auf Stillegung nicht mehr erforderlich.
Das Bundesumweltministerium begrüßte die Erklärung des Betreibers, weil damit sichergestellt ist, dass das Atomkraftwerk Brunsbüttel erst wieder in Betrieb geht, wenn alle aus Sicht der Atomaufsicht erforderlichen Maßnahmen durchgeführt sind. Dazu gehört auch, dass alle Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betreibers ausgeräumt sind, bevor der Reaktor wieder angefahren wird.
Die Frage nach der Zuverlässigkeit des Betreibers stellt sich deshalb, weil der Betreiber ca. 2 Monate nicht bereit war, die Anlage für eine Inspektion herunterzufahren. Der Betreiber hat auch den Verdacht auszuräumen, dass er Wirtschaftlichkeit vor Sicherheit gehen ließ."

03. März 2002
Störfall im AKW Brunsbüttel soll aus Kostengründen vertuscht worden sein

Von der Nachrichtenagentur AP wurde am 03.03.02 gemeldet: "Nach Informationen des Nachrichtenmagazins `'Der Spiegel'' sollen die Hamburger Electricitätswerke (HEW) nach einer Rohrexplosion im vergangenen Dezember die Weisung zur Fortsetzung der Produktion erteilt haben, obwohl die Werksleitung für ein Abschalten der Anlage plädiert hatte. Die HEW wiesen dies mit Nachdruck zurück.
Ein HEW-Manager soll dem Magazin zufolge im kleinen Kreis gesagt haben, dass das Unternehmen in eine schwierige Finanzsituation geraten wäre, wenn es den Meiler sofort abgeschaltet hätte. Für die Bereitstellung von Ersatzstrom aus dem freien Markt hätten die Betreiber nach Berechnungen des Magazins bis zu 80 Millionen Euro bezahlen müssen.
Die HEW wiesen die Vorwürfe in einer schriftlichen Stellungnahme zurück. Der Vorstand der Betreibergesellschaft habe der Werksleitung zu keiner Zeit eine Weisung erteilt oder auf andere Art Einfluss auf Entscheidungen der Werksleitung genommen. Die Verantwortlichen hätten sich zudem zu keinem Zeitpunkt aus wirtschaftlichen Gründen gegen ein Herunterfahren des Reaktors ausgesprochen. Bei sicherheitstechnischen Entscheidungen sei der Leiter der Anlage weisungsfrei von HEW-Vorstand und Geschäftsführung des Kernkraftwerks, hieß es zudem in der Stellungnahme.
Bei der Explosion war ein Rohr mit zehn Zentimetern Durchmesser auf der Länge von drei Metern zerfetzt worden. Laut 'Spiegel' diente es dazu, den Deckel eines 25 Jahre alten Siedewasserreaktors beim Herunterfahren mit Kühlflüssigkeit zu versorgen. Der Vorfall vom 14. Dezember war erst am vergangenen Mittwoch bekannt geworden.
Die Landesregierung in Kiel hatte daraufhin die Zuverlässigkeit der HEW gerügt. 'Beim Sicherheitsbewusstsein der HEW besteht ohne jeden Zweifel Verbesserungsbedarf', erklärte Energie-Staatssekretär Wilfried Voigt. HEW-Sprecher Mario Spitzmüller hatte dies am Donnerstag zurückgewiesen. Sicherheit sei das oberste Unternehmensziel in Brunsbüttel. Zum Vorwurf, die HEW nähmen immer den harmlosesten Fall an, sagte Spitzmüller: `'Der wahrscheinlichste Fall wird angenommen. Wir operieren nicht nach Gefühl und Geschmack.''
'Die lügen ja richtig'', empörte sich Voigt laut 'Spiegel'', weil die HEW angedeutet hätten, dass die Aufsichtsbehörde bei der verharmlosenden Interpretation des Störfalls als Leck an einer Rohrverbindung von Anbeginn an assistiert habe. In Wirklichkeit sei es zu einem 'permanenten Ringen' um Unterlagen und Analysen gegangen, zitierte das Magazin den Staatssekretär und verwies zugleich auf Vermerke im Kieler Ministerium, in denen von der Hinhaltetaktik der Betreiber berichtet werde."

02. März 2002
Spiegel-online: "Explosion aus Kostengründen verharmlost?"

Im Folgenden dokumentieren wir einen Bericht auf Spiegel-online vom 02.03.02 zu dem 'Ereignis' im AKW Brunsbüttel am 14.12.01
"
Das Ausmaß des Atomunfalls im schleswig-holsteinischen Kernkraftwerk Brunsbüttel ist möglicherweise aus wirtschaftlichen Gründen verspätet erkannt worden. Die Betreiber sollen nach dem Störfall im Dezember die Weiterproduktion angeordnet haben."
"Die Werksleitung des Kernkraftwerks Brunsbüttel soll nach dem Störfall für ein Abschalten der Anlage plädiert haben. Bei den Betreibern, den Hamburgischen Electricitätswerken (HEW), die zum schwedischen Energiekonzern Vattenfall Europe gehören, sei allerdings "die Weisung" erteilt worden, das Kraftwerk weiter produzieren zu lassen.
Nach einer hausinternen Unfallanalyse seien durch ein "Leck" an der Kühlleitung in vier Minuten lediglich 260 Liter schwach radioaktives Wasser ausgetreten. Trotz massiven Drängens der Aufsichtsbehörde, des schleswig-holsteinischen Energieministeriums, haben Inspektoren die massiv zerfetzte Leitung erst zwei Monate später erkunden können. Fotos der zerstörten Nuklear-Aggregate im KKB liegen dem SPIEGEL ebenfalls vor.
Ein Abschalten des Meilers vor Weihnachten 2001 hätte für die Betreiber möglicherweise die Bereitstellung von Ersatzstrom aus dem freien Markt in der Größenordnung "bis 80 Millionen Euro" zu den winterbedingten Höchstpreisen erfordert. Aus diesem Grunde hätten sich die Verantwortlichen gegen ein Herunterfahren des beschädigten Reaktors ausgesprochen. Zu den gravierenden Vorwürfen wollte der HEW-Vorstand keine direkte Stellungnahme abgeben. Die Aufsichtsbehörden in Kiel wollen nun einen Sechs-Punkte-Plan für die Aufklärung und Beweissicherung des bundesweit ersten Atomunfalls dieser Art im Sicherheitsbehälter einer Nuklearanlage vorlegen."

28. Februar 2002
ROBIN WOOD verlangt Schließung des Atomkraftwerks Brunsbüttel

ROBIN WOOD in einer Pressemitteilung vom 28.02.02: "Umweltschutzorganisation ermuntert HEW-KundInnen zum persönlichen Atomausstieg": 
"Nach dem vertuschten Störfall im Atomkraftwerk Brunsbüttel fordert ROBIN WOOD Bundesumweltminister Trittin auf, dem Betreiber HEW wegen mangelnder Zuverlässigkeit die Betriebsgenehmigung für das AKW Brunsbüttel zu entziehen. An die KundInnen der HEW appelliert die Umweltorganisation, das unverantwortliche Vorgehen des Energiekonzerns zum Anlass zu nehmen, den Stromanbieter zu wechseln.
Am 18. Februar war bekannt geworden, dass es bereits im Dezember letzten Jahres im AKW Brunsbüttel zu einem größeren Störfall gekommen war, der gestern Thema im Umweltausschuss des Bundestages war. Die HEW hatte sich monatelang geweigert, den Reaktor herunterzufahren, eine Revision durchzuführen und die Störfall-Ursache zu ermitteln. 'Dieses Vorgehen zeigt, wie kaltschnäuzig die HEW vorgeht, im Blindflug ein Atomkraftwerk zu betreiben und ihr Gewinninteresse über alle Sicherheitsbedenken zu stellen.'
Erst Anfang der Woche hatte das Deutsche Atomforum damit geprahlt, dass in Deutschland noch nie soviel Atomstrom produziert wurde wie im vergangenen Jahr. Die Energiekonzerne werteten dies als einen 'Beweis für den sicheren und zuverlässigen Betrieb der deutschen Kernkraftwerke'. Doch das Gegenteil ist der Fall. 'Die deutschen Energiekonzerne sind deshalb Weltmeister beim Produzieren von Atomstrom, weil sie ihre Anlagen auf Biegen und Brechen am Netz halten - selbst wenn es gefährliche Störfälle gibt. Die hohen Gewinne sind nur einzufahren, weil den Betreibern die Sicherheit der Menschen offenbar egal ist', erklärt Bettina Dannheim, Energiereferentin von ROBIN WOOD.
Der Störfall hat gezeigt, dass Atomkraftwerke niemals sicher betrieben werden können. ROBIN WOOD fordert daher die endgültige Abschaltung des Atommeilers in Brunsbüttel sowie aller anderen deutschen Atomkraftwerke. Zudem ermuntert ROBIN WOOD alle zu einem persönlichen Ausstieg aus der Atomenergie-Nutzung. Seit der Liberalisierung des Strommarktes kann jede und jeder seinen Stromversorger selbst wählen. ROBIN WOOD hat eine Liste unabhängiger Stromversor
ger erstellt, die mit Atomstromkonzernen nicht verflochten sind und die ihre Gewinne in den Ausbau erneuerbarer Energien investieren."

28. Februar 2002
AKW Brunsbüttel: Störfall laut Greenpeace schwerer als angenommen

Greenpeace nimmt am 28.02.02 wie folgt Stellungnahme zu dem schweren Störfall im AKW Brunsbüttel am 14.12.01 gegenüber der Presse:
"Ein Knall - und eine Kühlleitung des Reaktordruckbehälter des Atomkraftwerks Brunsbüttel ist zerfetzt. Die Verantwortlichen der Hamburger Electricitätswerke (HEW) sehen trotz des durch die Explosion verursachten Störfalls keinen Bedarf zum Handeln. Der Reaktor bleibt am Netz. Eine Inspektion findet nicht statt.
Erst rund zwei Monate später wird die Unfallstelle im Atomkraftwerk in Augenschein genommen. Experten des Bundesumweltministeriums (BMU) sowie Vertreter von TÜV und Landesaufsichtsbehörde entdecken bei der Inspektion einen weitaus größeren Schaden, als zuvor angenommen. In einem Greenpeace vorliegenden Bericht aus dem BMU heißt es, dass eine massive Kühlleitung 'über eine Länge von 2 bis 3 Metern völlig zerborsten' sei. 'Ca. 25 Trümmerstücke lagen im Umkreis der beiden Bruchstellen, d.h. von der Leitung fehlten 2 bis 3 Meter gänzlich.'
Für die Fachleute des BMU ein Grund zur Sorge: 'Wäre die Explosion (...) etwa drei bis vier Meter weiter in Richtung Reaktordruckbehälter aufgetreten, so wäre die druckführende Umschließung partiell zerstört worden.' Damit wäre es zu einem Leck im sensibelsten Teil des Reaktors gekommen. Als Ursache vermutet die Betreiberfirma HEW eine 'Wasserstoffexplosion'.
Dieser Störfall wirft sowohl nach Ansicht des BMU als auch nach Auffassung der schleswig-holsteinischen Aufsichtsbehörde 'sehr komplexe Sicherheitsfragen' auf, die in dieser Form 'neu' seien. Das AKW Brunsbüttel ist deshalb seit dem 18. Februar abgeschaltet.
'Der Bericht des Ministeriums liest sich wie ein Krimi', sagt Greenpeace-Atomexperte Mathias Edler. 'Das Papier bestätigt, dass wir nur knapp an einem schweren Unfall vorbei geschlittert sind.' Greenpeace fordert die endgültige Stilllegung des AKWs Brunsbüttel. Edler folgert: 'Wenn die Aufsichtsbehörden ihre Glaubwürdigkeit gegenüber der Öffentlichkeit bewahren wollen, müssen alle Siedewasserreaktoren in Deutschland zur Überprüfung der Explosionsgefahr bis auf weiteres vom Netz genommen werden.' Zudem müsse die Position der Aufsichtsbehörden gegenüber den Betreiberfirmen gestärkt werden. Edler: 'Es kann nicht angehen, dass die Betreiber monatelang die Untersuchung von Störfällen blockieren können.'
Obwohl eine Dampfleckage am 14. Dezember 2001 auf den Störfall hingewiesen hatte, ignorierten die Verantwortlichen den Schaden. Das BMU zweifelt deshalb in seinem Bericht die Zuverlässigkeit des Betreibers [HEW] an, der 'trotz vorliegender Meldungen auf der Warte nur die harmloseste Variante unterstellt hat und nicht bereit war eine Inspektion durchzuführen.' Da bisher nicht geklärt ist, warum im Kühlkreislauf ein explosionsfähiges Wasserstoff/Sauerstoff-Gemisch entstehen konnte, fordert das BMU auch eine Untersuchung in den fünf weiteren deutschen Siedewasserreaktoren Gundremmingen 1 und 2, Philippsburg 1, Krümmel und Isar 1."

28. Februar 2002
Nach der 'Panne' im AKW Brunsbüttel wächst Kritik an den Betreiber HEW

Von der Nachrichtenagentur dpa wurde am 28.02.02 berichtet: "Zweieinhalb Monate nach einer schweren Panne im schleswig-holsteinischen Atomkraftwerk Brunsbüttel wächst jetzt die Kritik an dem Betreiber, den Hamburgischen Electricitäts-Werken (HEW). Das schleswig-holsteinische Energieministerium warf den HEW am Donnerstag vor, die Überprüfung verzögert und die Anlage nicht schnell genug heruntergefahren zu haben.
Im AKW Brunsbüttel war am 14. Dezember im Sicherheitsbehälter Dampf freigesetzt worden, nachdem wahrscheinlich eine Wasserstoff- Explosion ein Rohr zerstört hatte. Die HEW fuhr den Reaktor erst am 18. Februar zu einer Sonderinspektion herunter. Ein Bericht des Bundesumweltministeriums legte am Mittwoch das ganze Ausmaß des Schadens offen.
Als Konsequenz überprüft der TÜV nun drei Atommeiler in Bayern, in denen wie in Brunsbüttel Siedewasserreaktoren arbeiten. Es handelt sich um die Blöcke B und C in Gundremmingen und das Kraftwerk Isar I bei München. Wie das bayerische Umweltministerium am Donnerstag mitteilte, sind nach ersten Ergebnissen in den drei Reaktoren keine gefährlichen Gasansammlungen festgestellt worden. Die Umweltorganisation Greenpeace hatte am Mittwoch verlangt, außer Brunsbüttel auch die andern fünf deutschen Siedewasserreaktoren zunächst vom Netz zu nehmen, um die Explosionsgefahr zu überprüfen.
Zu der Panne in Brunsbüttel sagte der schleswig-holsteinische Energiestaatssekretär Wilfried Voigt am Donnerstag der dpa in Kiel: «Es ist ein zweimonatiger Kampf um die Inspektion der Anlage gewesen.» Der niedersächsische Umweltminister Wolfgang Jüttner (SPD) bezeichnete den Umgang der Kraftwerksbetreiber mit dem Störfall als «ziemlich brisant». Heftige Vorwürfe erhoben aufs Neue Umweltorganisationen.
Bei dem Störfall im Dezember wurde niemand verletzt und auch keine radioaktive Strahlung gemessen, hieß es. Erst drei Tage später wurde der Vorfall der Aufsichtsbehörde, dem Energieministerium in Kiel, mitgeteilt. In der Störfallmeldung hatte HEW aber zunächst die harmloseste Variante im Störfallszenario unterstellt. Dies kritisierte das Bundesumweltministerium am Mittwoch scharf.
Voigt sagte, die Auseinandersetzung mit den Betreibern von Brunsbüttel habe zwei Monate gedauert, «weil die der HEW drohende Anordnung, das Atomkraftwerk herunterzufahren, auch gerichtsfest sein musste». Es habe lange gedauert, bis die Aufsichtsbehörde alle notwendigen Unterlagen für eine Überprüfung vorliegen hatte. «Das Sicherheitsmanagement könnte deutlich verbessert werden, wenn die Aufsichtsbehörde auch ein Durchgriffsrecht hat», sagte der Staatssekretär.
Greenpeace-Energieexpertin Susanne Ochse sagte der dpa: «Wenn in deutschen Atomkraftwerken direkt am hochradioaktiven Herzen des Reaktors Rohre explodieren, dann ist das eine extrem kritische Situation.» Wenn die HEW davon zunächst nicht einmal etwas mitbekommen habe, «dann stellt sich die Frage, ob sie überhaupt in der Lage sind, Atomkraftwerke zu betreiben». Die HEW sind außer an Brunsbüttel auch an Krümmel, Brokdorf und Stade beteiligt. Die vier Kernkraftwerke werden gemeinsam mit E.ON betrieben."

Die Nachrichtenagentur AP berichtete dazu am 28.02.02: "Landesregierung fordert von HEW mehr Sicherheitsbewusstsein"
"Nach dem schweren Störfall im Atomkraftwerk Brunsbüttel hat die rot-grüne Landesregierung in Schleswig-Holstein vom Betreiber Hamburgische Elektrizitätswerke (HEW) ein erhöhtes Sicherheitsbewusstsein gefordert. «Beim Sicherheitsbewusstsein der HEW besteht ohne jeden Zweifel Verbesserungsbedarf», sagte Energie-Staatssekretär Wilfried Voigt am Donnerstag in Kiel. Die HEW wiesen den Vorwurf entschieden zurück.
Am Mittwoch war bekannt geworden, dass sich in dem Atomkraftwerk [Brunsbüttel] vermutlich eine Wasserstoffexplosion ereignete hatte. Der Vorfall war vom Betreiber erst verspätet gemeldet worden. Die HEW seien bei dem Störfall im Dezember vergangenen Jahres von der harmlosesten Variante ausgegangen, erklärte Voigt. Da der Stromversorger immer wieder zu einer derartigen Betrachtungsweise neige, müsse er sich Fragen nach seiner Zuverlässigkeit stellen lassen.
Am 14. Dezember 2001 war nach Behördeninformationen eine Rohrleitung von zehn Zentimetern Durchmesser über eine Länge von zwei bis drei Metern völlig zerborsten. Erst zwei Monate nach der Panne erklärten sich die HEW auf Drängen der Atomaufsicht zu einer Sonderinspektion bereit. Vermutlich war eine Wasserstoffexplosion die Ursache.
Die schleswig-holsteinische Landesregierung geht nun davon aus, dass alle sechs deutschen Reaktoren dieses Typs überprüft werden müssen. Wann das AKW [Brunsbüttel] wieder ans Netz geht, ist laut Voigt völlig offen. Nach dem Atomkonsens soll Brunsbüttel 2008 abgeschaltet werden.
HEW-Sprecher Mario Spitzmüller erklärte, Sicherheit sei das oberste Unternehmensziel in Brunsbüttel. Man widme sich ständig mit besonderer Aufmerksamkeit der Weiterentwicklung von Sicherheitsstandards. Zum Vorwurf, HEW nähmen immer den harmlosesten Fall an, sagte Spitzmüller: «Der wahrscheinlichste Fall wird angenommen. Wir operieren nicht nach Gefühl und Geschmack.»"

27. Februar 2002
HEW und KKB GmbH weisen Vorwürfe zurück

"Auf Vorwürfe über die angeblich verspätete Meldung eines Vorfalls am 14. Dezember 2001 erklärt die Kernkraft Brunsbüttel GmbH" in einer Pressemitteilung vom 27.02.02: "Wir weisen die Vorwürfe über die angeblich verspätete Meldung eines Vorfalls am 14. Dezember 2001 beim Bruch eines Rohrleitungsstückes an der Deckelsprühleitung als nicht zutreffend zurück. Die Meldung erfolgte damals unter strikter Einhaltung der Betriebsvorschriften und innerhalb der darin vorgeschriebenen Fristen. Das Gleiche gilt für den Betrieb der Anlage bis zur Abschaltung nach einer Sonderinspektion nach dem 18.2.2002.
Die Aufsichtbehörde in Kiel war und ist von Anbeginn an intensiv über die Analyse des Schadens informiert worden.
Am 14. Dezember 2001 kam es im KKB zu einer Beschädigung der Deckelsprühleitung im Reaktorwasserreinigungssystem (TC-System), das außerhalb des Reaktordruckbehälters und innerhalb des Sicherheitsbehälters verläuft. Durch das entstandene Leck ist eine kleine Menge Wasserdampf im Sicherheitsbehälter freigesetzt worden. Die beschädigte Leitung hat während des Leistungsbetrieb keine Funktion und besitzt keine Relevanz für die Sicherheit der Anlage. Sie ist gegenüber dem Reaktordruckbehälter abgesperrt. Beim jährlichen Abfahren der Anlage zur Revision dient die Deckelsprühleitung der beschleunigten Abkühlung des Druckbehälter-Deckels.
Im Nachgang zu dem Ereignis wurden analytische Untersuchungen unter Einbeziehung des Gutachters durchgeführt, um die Bewertung des Ereignisses aus den vorliegenden Informationen abzusichern. Diese Untersuchungen führten zu der Entscheidung, die Leistung der Anlage am 18. Februar 2002 abzusenken und den Sicherheitsbehälter im Beisein von Vertretern der Aufsichtsbehörde und des Gutachters TÜV Nord zu begehen. Bei dieser Inspektion wurde stellte sich der Schaden umfangreicher dar als ursprünglich angenommen.
Für uns ist es selbstverständlich, aus dem Vorfall zu lernen und geeignete Maßnahmen zur Vermeidung solcher Schäden in Zukunft zu ergreifen."

27. Februar 2002
Spiegel-online: "Störfall ernster als bisher bekannt"

Nachfolgend dokumentieren wir einen Bericht auf Spiegel-online vom 27.02.02 zu dem 'Ereignis' im AKW Brunsbüttel am 14.12.01: 
"Umweltverbände fordern die Schließung des Atomkraftwerks in Brunsbüttel (Schleswig-Holstein). Denn bei einem Störfall war der Schaden offenbar wesentlich größer als zuerst von den Betreibern angegeben."
"Zwar habe der Störfall im vergangenen Dezember nicht zu einem 'größten anzunehmenden Unfall' (GAU) führen können, versicherten der Betreiber und die zuständigen Behörden im Umweltausschuss des Bundestages. Im schlimmsten Fall hätte die Decke des Kühlwasserturms bei einer Notabschaltung nicht gekühlt werden können.
Aber das Bundesumweltministerium (BMU) hat wegen der Behandlung des Falles Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betreibers, der Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW). In dem Atomkraftwerk war am 14. Dezember im Sicherheitsbehälter Dampf freigesetzt worden. Menschen kamen nicht zu Schaden, auch wurde keine radioaktive Strahlung gemessen. Das Personal sperrte den Bereich mit einer fernbedienbaren Armatur ab und hielt das Problem laut BMU-Bericht damit für beseitigt. Die drei Tage später informierte Aufsichtsbehörde in Schleswig-Holstein habe sich damit nicht zufrieden gegeben. Aber erst nach längerem Sträuben sei die HEW am 18. Februar bereit gewesen, eine Inspektion zu ermöglichen. Das Unternehmen habe damit bis zum regulären Termin im Mai warten wollen.
Die Untersuchung zeigte laut BMU, dass eine Rohrleitung mit zehn Zentimetern Durchmesser, die Teil des Reaktordruckbehälter-Sprühsystems sei, 'über eine Länge von zwei bis drei Metern völlig zerborsten war'. Etwa 25 Trümmerstücke hätten im Umkreis der beiden Bruchstellen gelegen.
Als Ursache nimmt der Betreiber zurzeit eine Wasserstoffexplosion im Innern des Rohrs an. Eine solche Explosion hatte er auf Grund früherer Analysen und Modellrechnungen ausgeschlossen. Das Ministerium macht geltend, schlimmere Folgen hätten eintreten können, wenn das Rohr an anderer Stelle - nämlich drei bis vier Meter weiter in Richtung Reaktordruckbehälter - geborsten wäre. Dies hätte zu einem Kühlmittelverlust geführt und die Notkühlung hätte einsetzen müssen. Allerdings müsste nach Ansicht des Ministeriums auch ein solcher Vorfall beherrschbar sein.
Das BMU kritisierte, die HEW hätten nach der Störfallmeldung nur 'die harmloseste Variante unterstellt'. Bevor der Reaktor wieder in Betrieb genommen wird, verlangt das Ministerium Maßnahmen, die eine Wiederholung des Störfalls auch in anderen sicherheitstechnisch wichtigen Bereichen 'mit hinreichender Sicherheit ausschließen'.
Umweltverbände verlangten die Schließung des Atomkraftwerks und die Untersuchung von fünf Kraftwerken gleichen Typs. Dies sind die Reaktoren Gundremmingen I und II, Philippsburg I, Krümmel und Isar I. Für Greenpeace bestätigt der Bericht, 'dass wir nur knapp an einem schweren Unfall vorbeigeschlittert sind'.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (Bund) warf den HEW vor, sie hätten die Schwere des Vorfalls über Monate vertuscht und 'die Bevölkerung auf eine unverantwortliche Weise gefährdet'. Die Erlaubnis zum Betrieb von Atomanlagen müsse entzogen werden."

27. Februar 2002
Schaden im AKW Brunsbüttel sehr viel größer als angenommen

Von der Nachrichtenagentur dpa wurde am 27.02.02 gemeldet: "Der bei einem Störfall im Atomkraftwerk Brunsbüttel im Dezember entstandene Schaden ist sehr viel größer als zunächst angenommen. Das geht aus einem Bericht hervor, den das Bundesumweltministerium am Mittwoch im Umweltausschuss des Bundestages vorlegte. Zu einem «größten anzunehmenden Unfall» (GAU) hätte der Störfall jedoch nicht führen können, erläuterten der Betreiber [HEW] und die zuständigen Behörden im Ausschuss. Im schlimmsten Fall hätte die Decke des Kühlwasserturms bei einer Notabschaltung nicht gekühlt werden können.
Das Bundesumweltministerium äußerte wegen der Behandlung des Falles Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betreibers, der Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW). Umweltverbände verlangten die Schließung des schleswig-holsteinischen Atomkraftwerks und die Untersuchung von fünf AKW gleichen Typs. Für Greenpeace bestätigt der Bericht, «dass wir nur knapp an einem schweren Unfall vorbeigeschlittert sind».
HEW-Sprecher Mario Spitzmüller wies die Vorwürfe zurück. Das Unternehmen habe «unter strikter Einhaltung der Betriebsvorschriften und unter Wahrung der gegebenen Fristen» reagiert. Das Kieler Energieministerium sei von Anfang an über die Analyse des Schadens informiert gewesen. Im Dezember hätten die HEW eingeschätzt, dass die Größe des Schadens den Weiterbetrieb der Anlage nicht in Frage stellte. Am 18. Februar habe man sich entschlossen, das Kraftwerk zu einer Sonderinspektion herunterzufahren. «Dabei stellte sich der Schaden umfangreicher dar als zuvor angenommen», sagte Spitzmüller.
Im AKW Brunsbüttel war am 14. Dezember im Sicherheitsbehälter Dampf freigesetzt worden. Menschen kamen nicht zu Schaden, auch wurde keine radioaktive Strahlung gemessen. Das Personal sperrte den Bereich ab und hielt das Problem laut Bericht des Bundesumweltministeriums damit für beseitigt. Die drei Tage später informierte Aufsichtsbehörde habe sich damit nicht zufrieden gegeben. Aber erst nach längerem Sträuben sei die HEW bereit gewesen, eine Inspektion zu ermöglichen. Das Unternehmen habe damit bis zum regulären Termin im Mai warten wollen.
Die Untersuchung zeigte laut Bundesumweltministerium, dass eine Rohrleitung mit zehn Zentimetern Durchmesser, die Teil des Reaktordruckbehälter- Sprühsystems sei, «über eine Länge von zwei bis drei Metern völlig zerborsten war». Etwa 25 Trümmerstücke hätten im Umkreis der beiden Bruchstellen gelegen.
Als Ursache nehme der Betreiber [HEW] derzeit eine Wasserstoffexplosion im Innern des Rohrs an. Eine solche Explosion hatte er auf Grund früherer Analysen und Modellrechnungen ausgeschlossen. Das Ministerium macht geltend, schlimmere Folgen hätten eintreten können, wenn das Rohr an anderer Stelle - nämlich drei bis vier Meter weiter in Richtung Reaktordruckbehälter - geborsten wäre. Dies hätte zu einem Kühlmittelverlust geführt. Allerdings müsste nach Ansicht des Ministeriums auch ein solcher Vorfall beherrschbar sein.
Das Bundesumweltministerium kritisiert, die HEW hätten nach der Störfallmeldung nur «die harmloseste Variante unterstellt». Bevor der Reaktor wieder in Betrieb genommen wird, verlangt das Ministerium Maßnahmen, die eine Wiederholung des Störfalls auch in anderen sicherheitstechnisch wichtigen Bereichen «mit hinreichender Sicherheit ausschließen».
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) warf den HEW vor, sie hätten die Schwere des Vorfalls über Monate vertuscht und «die Bevölkerung auf eine unverantwortliche Weise gefährdet». Die Erlaubnis zum Betrieb von Atomanlagen müsse entzogen werden.
Nach Ansicht des Bundesumweltministeriums wirft der Vorfall in Brunsbüttel «sehr komplexe Sicherheitsfragen auf». Sie seien zum Teil in dieser Form neu, auch wenn weltweit schon verschiedentlich Wasserstoffexplosionen aufgetreten seien. Deswegen habe die Aufsichtsbehörde in Schleswig-Holstein vom Betreiber umfangreiche Untersuchungen und Bewertungen verlangt. Die Bundesaufsicht werde dafür sorgen, dass die mögliche Entstehung von Wasserstoff in den übrigen Siedewassereraktoren in Deutschland nicht zu ähnlichen Schadensfällen führt. Dies sind die Reaktoren Gundremmingen I und II, Philippsburg I, Krümmel und Isar I."

Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete am 27.02.02: "Ministerium stellt Zuverlässigkeit von AKW-Betreiber in Frage -  Nach der Prüfung eines Zwischenfalls im Atomkraftwerk Brunsbüttel hat das Bundesumweltministerium Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betreibers Hamburgische Electricitäts-Werke (HEW) angemeldet.
Das Ministerium erklärte am Mittwoch in Berlin anlässlich der Vorlage des Untersuchungsberichts, die HEW habe nur die harmloseste Problemvariante unterstellt und weitergemeldet. 'Es stellt sich die Frage nach der Zuverlässigkeit des Betreibers.' Es habe sich vermutlich eine Wasserstoffexplosion in der Nähe einer höchst sensiblen Stelle des Reaktors ereignet. An einer anderen Stelle des Reaktors hätte die Explosion zu einem Verlust von Kühlmittel führen können. Der Vorfall müsse komplett aufgeklärt und Sicherheitsmaßnahmen ergriffen werden, bevor der Reaktor wieder in Betrieb gehen könne.
Die Prüfung habe ergeben, dass im Dezember eine Rohrleitung in einem Sicherheitsbehälter des Reaktors auf eine Länge von bis zu drei Metern völlig zerborsten sei, teilte das Ministerium mit. Es sei bereits problematisch, dass sich in der Leitung ein explosives Wasserstoff-Sauerstoff-Gemisch habe bilden können. Ein schwerwiegenderer Störfall hätte sich ereignet, wenn das Gemisch an einer anderen Stelle drei oder vier Meter weiter explodiert wäre.
Das Atomkraftwerk [Brunsbüttel] war Anfang vergangener Woche für unbestimmte Zeit vom Netz genommen worden, nachdem bei einer Inspektion die abgerissene Rohrleitung entdeckt wurde. Das schleswig-holsteinische Umweltministerium hatte den HEW vorgeworfen, den Störfall am 14. Dezember falsch eingeschätzt und nicht bereits direkt im Anschluss untersucht zu haben.
Das Atomkraftwerk Brunsbüttel an der Unterelbe gehört zu zwei drittel der HEW und zu einem Drittel dem Energiekonzern E.ON. Es ist seit 1976 in Betrieb, musste aber wiederholt für außerplanmäßige Reparaturen vom Netz genommen werden."

Die Nachrichtenagentur AP meldete am dazu 27.02.02: "Wasserstoffexplosion vermutlich Ursache für AKW-Störfall - Bundesumweltministerium zieht Zuverlässigkeit des Betreibers in Zweifel - Umweltschützer fordern Stilllegung" 
"Der Störfall im Atomkraftwerk Brunsbüttel im Dezember war schlimmer als bisher bekannt: Eine Wasserstoffexplosion war wahrscheinlich
die Ursache für die Störung, wie das Bundesumweltministerium am Mittwoch unter Berufung auf den Betreiber HEW mitteilte. Das Umweltministerium zog wegen der sehr spät gemeldeten Panne die Zuverlässigkeit der HEW in Zweifel. Umweltverbände forderten die Abschaltung des Kraftwerkes.
Ein «größter anzunehmender Unfall» (GAU) sei auszuschließen gewesen, teilten Experten sowie der Betreiber Hamburgische Elektrizitätswerke (HEW) am Mittwoch dem Bundestags-Umweltausschuss mit. Nach Ansicht des Ministeriums hat das Personal das Ausmaß der Panne unterschätzt und der Betreiber viel zu zögernd reagiert.
Bei dem Vorfall war am 14. Dezember 2001 eine Rohrleitung von zehn Zentimetern Durchmesser über eine Länge von zwei bis drei Metern völlig zerborsten. Das [Atom-]Kraftwerk wurde trotzdem erst nach einer Intervention des Bundesumweltministeriums am vergangenen Montag herunter gefahren.
In einem Bericht an den Umweltausschuss kritisierte das Umweltministerium, der Betreiber habe den Reaktor trotz des Störfalls weiter betrieben und sei erst auf Drängen der Kontrollbehörden zwei Monate nach der Panne zu einer Sonderinspektion bereit gewesen. HEW sei von der harmlosesten Variante eines Schadenfalls ausgegangen, was sich als falsch herausgestellt habe.
Dem Ministerium zufolge wollte HEW die Panne erst bei der nächsten routinemäßigen Überprüfung des Kernkraftwerks im August untersuchen. Das wäre aber viel zu spät gewesen, sagte ein Sprecher von Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne). Konsequenzen müssten umgehend gezogen werden, um ähnliche Vorfälle bundesweit verhindern zu können. Die Panne «wirft wichtige Sicherheitsfragen auf». Sämtliche Schäden müssten rasch beseitigt werden.
Laut HEW hätte im schlimmsten Fall die Decke des Kühlwasserturms bei einer Notabschaltung nicht gekühlt werden können. Die Untersuchungen über die Ursache dauern noch an. Der Betreiber hatte den Störfall am 17. Dezember dem schleswig-holsteinischen Energieministerium gemeldet. Das Bundesumweltministerium war aber erst am 18. Februar informiert worden, was in Berlin als «unverständlich lang» kritisiert wurde.
Befremden löste im Umweltausschuss nach Angaben des Bundestages die Aussage des Betreibers aus, auf Grund mehrerer früherer Analysen und Modellrechnungen sei ein Störfall dieser Art (Radiolyse) zunächst ausgeschlossen worden. Bei einer Radiolyse kann es durch radioaktive Strahlung im Wasserkühlkreislauf zu einer Trennung von Wasser- und Sauerstoff kommen, wobei hoch explosives Knallgas entstehen kann. HEW sei davon ausgegangen, das Problem bis zur nächsten Kontrolle beseitigen zu können.
«Der Bericht des Ministeriums liest sich wie ein Krimi», sagte Greenpeace-Atomexperte Mathias Edler über den Vorfall. «Das Papier bestätigt, dass wir nur knapp an einem schweren Unfall vorbei geschlittert sind.» Greenpeace forderte die endgültige Stilllegung des AKWs Brunsbüttel. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) forderte sogar, die vier Atomkraftwerke der gleichen Baureihe wie das AKW Brunsbüttel (Siedewasserreaktoren der Baureihe 1969) sofort vom Netz zu nehmen und auf ähnliche Schwachstellen im Reaktordruckbehälter-Sprühsystem zu untersuchen."

27. Februar 2002
Bundesumweltministerium: "Vorfall im Atomkraftwerk Brunsbüttel stellt Zuverlässigkeit des Betreibers in Frage"

Das Bundesumweltministerium teilte in einer Pressemitteilung vom 27.02.02 mit: "Das Bundesumweltministerium hat heute dem Umweltausschuss des Deutschen Bundestages einen Bericht zu einem Vorfall im Atomkraftwerk Brunsbüttel im Dezember letzten Jahres vorgelegt. Bei einer Inspektion vor Ort unter Beteiligung des Bundesumweltministerium und der Gesellschaft für Reaktorsicherheit wurde Ende letzter Woche festgestellt, dass eine Rohrleitung des Reaktordruckbehälter-Sprühsystems über eine Länge von 2 bis 3 Metern völlig zerborsten ist. Die präzise Ursache der Zerstörung der Rohrleitung ist bisher noch nicht ermittelt. Der Betreiber vermutet als Ursache eine Wasserstoffexplosion im Innern der Rohrleitung.
Das Ereignis bekommt eine besondere sicherheitstechnische Bedeutung sowohl dadurch, dass sich in einer Rohrleitung überhaupt ein explosibles Wasserstoff-Sauerstoff-Gemisch bilden konnte, als auch dadurch, dass dies in einem Rohrleitungsbereich geschah, der sich unmittelbar hinter der druckführenden Umschließung befindet. Wäre die Explosion etwa 3 bis 4 Meter weiter in Richtung Reaktordruckbehälter passiert, so hätte die druckführende Umschließung zerstört werden können, und es wäre zu einem Störfall mit Kühlmittelverlust und der Anforderung von Notkühleinrichtungen gekommen.
Nach Auffassung der schleswig-holsteinischen Aufsichtsbehörde und des Bundesumweltministeriums wirft dieses Ereignis sehr komplexe Sicherheitsfragen auf, die zum Teil in dieser Form neu sind. Vor einer eventuellen Wieder-Inbetriebnahme des Reaktors [in Brunsbüttel] muss der Schadensmechanismus vollständig geklärt und es müssen Maßnahmen ergriffen werden, die eine Wiederholung auch in anderen sicherheitstechnisch wichtigen Bereichen der Anlage mit hinreichender Sicherheit außchließen. Es stellt sich die Frage nach der Zuverlässigkeit des Betreibers [HEW]. Dieser hat trotz vorliegender Meldungen auf der Warte nur die harmloseste Variante unterstellt und weitergemeldet."

21. Februar 2002
KKB: "Bruch eines Rohrleitungsstückes an der Deckelduschleitung"

Die Kernkraftwerk Brunsbüttel GmbH (KKB) gab in einer Pressemitteilung vom 21.02.02 bekannt: "Am 14. Dezember 2001 kam es im KKB zu einer Beschädigung der Deckelduschleitung im Reaktorwasserreinigungssystem (TC-System), das außerhalb des Reaktordruckbehälters und innerhalb des Sicherheitsbehälters verläuft. Durch das entstandene Leck ist eine kleine Menge Wasserdampf im Sicherheitsbehälter freigesetzt worden. Die beschädigte Leitung hat während des Leistungsbetrieb keine Funktion und besitzt keine Relevanz für die Sicherheit der Anlage. Sie ist gegenüber dem Reaktordruckbehälter abgesperrt. Beim jährlichen Abfahren der Anlage zur Revision dient die Deckelduschleitung der beschleunigten Abkühlung des Druckbehälter-Deckels.
Das Ereignis am 14. Dezember wurde auf der Warte des KKB anhand von Meldungen erkannt und die Dampffreisetzung nach vier Minuten durch Absperrung einer Entwässerungsarmatur des relevanten Systembereiches beendet. Aus den zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Erkenntnissen und aufgrund der erfolgreichen Leckabsperrung bestand zunächst keine Notwendigkeit einer Begehung des Schadensbereiches. Es lagen keine Anzeichen für eine Beeinträchtigung sicherheitstechnisch wichtiger Komponenten vor.
Im Nachgang zu dem Ereignis wurden analytische Untersuchungen unter Einbeziehung des Gutachters durchgeführt, um die Bewertung des Ereignisses aus den vorliegenden Informationen abzusichern. Diese Untersuchungen führten zu der Entscheidung, die Leistung der Anlage am 18. Februar 2002 abzusenken und den Sicherheitsbehälter im Beisein von Vertretern der Aufsichtsbehörde und des Gutachters TÜV Nord zu begehen. Bei dieser Inspektion wurde der Abriss eines Rohrleitungsstückes im Bereich der Deckelduschleitung festgestellt.
Die Anlage wurde zur Durchführung ergänzender, detaillierter Inspektionen vorsorglich am selben Tag abgefahren. Der Aufsichtsbehörde wurde das Vorkommnis nach Kategorie "E" = Eilmeldung innerhalb von den festgelegten 24 Stunden gemeldet. Die Schadensursache wird durch Untersuchungen geklärt
."

19. Februar 2002
Atommeiler-Inspektion zwei Monate nach Platzen der Rohrleitung

Meldung der Nachrichtenagentur AP am 19.02.02: "Bundesumweltminister Jürgen Trittin hat von der schleswig-holsteinischen Landesatomaufsicht einen Bericht zu dem Vorfall angefordert, bei dem am 14. Dezember 2001 eine Rohrleitung im Atomkraftwerk Brunsbüttel platzte und abriss. Der Vorfall war erst bei einer Inspektion am Montag an die Öffentlichkeit gekommen. Das Kraftwerk wurde daraufhin heruntergefahren.
«Aus dem Vorfall ergeben sich eine Reihe von Fragen», erklärte Ministeriumssprecher Michael Schroeren am Dienstag. Die Fragen «müssen zufrieden stellend geklärt sein, bevor der zurzeit heruntergefahrene Reaktor wieder in Betrieb genommen werden kann».
Besonders kritisch zu hinterfragen sei das Verhalten des Betreibers Hamburgische Elektrizitätswerke (HEW), der die Anlage ungeachtet des Vorfalls einfach weiterfuhr und sich nur auf Druck und erst mehr als zwei Monate danach zu einer Inspektion entschloss. Klärungsbedürftig sei zudem, «wieso das Kieler Energieministerium als Landesatomaufsicht nicht in der Lage war, den Betreiber zu einer früheren Inspektion zu veranlassen und die Bundesaufsicht früher zu unterrichten», meinte Schroeren.
Das Bundesumweltministerium war erst am Montag offiziell von den Vorgängen informiert worden. Die Bundesaufsicht behalte sich vor, die Reaktorsicherheitskommission um eine Stellungnahme zu bitten, erklärte der Sprecher.
Die Rohrleitung war innerhalb des Sicherheitsbehälters abgerissen. Das Energieministerium in Kiel hatte am Montag mitgeteilt, die Leitung, die für das Kühlsystem beim Herabfahren des Reaktors von Bedeutung ist, sei «völlig zerfetzt» gewesen. Ursache und Umfang des Schadens könnten erst nach Herunterfahren ermittelt werden. Die HEW hatten erst auf Druck der Reaktorsicherheitsbehörde die geforderte Inspektion ausgeführt. Die HEW habe dagegen bis zur routinemäßigen Jahresrevision warten wollen.

19. Februar 2002
Bundesumweltministerium fordert Bericht zu Vorfall im AKW Brunsbüttel an

Laut einer Pressemitteilung des Bundesumweltministerium vom 19.02.02 müssen die "Ursachen" des Vorfalls im AKW Brunsbüttel" vor dessen "Wiederinbetriebnahme geklärt" sein
"Das Bundesumweltministerium hat von der schleswig-holsteinischen Landesatomaufsicht einen Bericht zu dem Vorfall angefordert, bei dem am 14. Dezember vergangenen Jahres eine Rohrleitung im Atomkraftwerk Brunsbüttel platzte und abriss. 'Aus dem Vorfall ergeben sich eine Reihe von Fragen. Diese müssen zufriedenstellend geklärt sein, bevor der zur Zeit heruntergefahrene Reaktor wieder in Betrieb genommen werden kann', erklärte BMU-Sprecher Michael Schrören.
Besonders kritisch zu hinterfragen ist nach Ansicht des Bundesumweltministeriums das Verhalten des Betreibers, der die Anlage ungeachtet des Vorfalls einfach weiterfuhr und sich erst mehr als zwei Monate danach zu einer Inspektion entschloss.
Klärungsbedürftig ist zudem, wieso das Kieler Energieministerium als Landesatomaufsicht nicht in der Lage war, den Betreiber [HEW] zu einer früheren Inspektion zu veranlassen und die Bundesaufsicht früher zu unterrichten. Das Bundesumweltministerium war am gestrigen Montag offiziell von den Vorgängen informiert worden.
Schrören: 'Die Bundesaufsicht wird den Vorfall nach Vorliegen des Berichts aus Kiel bewerten. Dabei behalten wir uns vor, die Reaktorsicherheitskommission um eine Stellungnahme zu bitten'."

18. Februar 2002
Landesregierung Schleswig-Holstein: "Rohrleitung im Atomkraftwerk Brunsbüttel abgerissen"

Von der Landesregierung Schleswig-Holstein (Ministerium für Finanzen und Energie) wird in einer Pressemitteilung vom 18.02.02 erklärt:
"Im Atomkraftwerk Brunsbüttel ist es innerhalb des Sicherheitsbehälters zum Abriß einer Rohrleitung im Bereich der sogenannten TC-Deckeldusche gekommen. Dies ist das Ergebnis einer Inspektion, die heute (18. Februar) in den frühen Morgenstunden in Anwesenheit der Aufsichtsbehörde durchgeführt wurde. Das Atomkraftwerk wird seit 6 Uhr heute morgen nunmehr abgefahren. Der genaue Umfang des Schadens kann erst nach dem Abfahren ermittelt werden. Die Rohrleitung schließt an den Deckel des Reaktordruckbehälters an und dient beim Abfahren der Anlage zur Verkürzung der Abkühlzeit.
'Ich bedaure, dass die Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW) die von meinem Ministerium geforderte Inspektion erst auf Druck der Reaktorsicherheitsbehörde ausgeführt hat', kritisierte Energieminister Claus Möller das Verhalten der HEW. Diese hatte die geforderte Inspektion erst in der ab Mai geplanten routinemäßigen Jahresrevision durchführen wollen, während das Energieministerium angekündigt hatte, die Inspektion anzuordnen.
Hintergrund für die vom Energieministerium verlangte Sonderinspektion war die Meldung über eine Störung vom 14. Dezember 2001. An diesem Tag war es im Sicherheitsbehälter des Kernkraftwerks zu einer Dampffreisetzung gekommen. Diese wurde von der Betreiberin auf einen undichten Flansch im Bereich des Deckelduschsystems zurückgeführt. Der Schaden war auf der Warte anhand von Meldungen erkannt und die Dampffreisetzung nach vier Minuten durch Absperren des relevanten Systembereichs beendet worden. Energieministerium und Sachverständige hielten aber eine weitergehende Überprüfung des Ereignisses für unverzichtbar und haben seither eine vertiefte Sachverhaltsermittlung durchgeführt.
'Die heute sichtbar gewordenen Befunde bestätigen, dass es sich bei dem Ereignis entgegen der Einschätzung der HEW nicht nur um eine Flanschleckage gehandelt haben kann, sondern dass es massive Erschütterungen oder Druckstöße im Rohrleitungsbereich gegeben hat', sagte Möller.
'Der Umfang des dabei entstandenen Schadens sowie die Ursache hierfür müssen umfassend aufgeklärt werden', sagte Möller. Das Energieministerium werde hierzu weitere Sachverständige hinzuziehen. Das Bundesumweltministerium sei über dieses relevante Ereignis heute unterrichtet worden, erklärte der Minister, 'Radioaktive Freisetzungen hat es nicht gegeben. Personen sind nicht geschädigt worden.'"

18. Februar 2002
Greenpeace: Störfall im AKW Brunsbüttel vermutlich durch Explosion

In einer Presseerklärung vom 18.02.06 teilt Greenpeace mit: "Störfall im Atomkraftwerk Brunsbüttel offenbar durch Explosion verursacht" - "Rund zwei Monate nach der Leckage einer Kühlleitung im AKW-Brunsbüttel ist die Ursache für den Unfall heute gefunden worden. Der Grund: eine abgerissene Kühlleitung. Der Kraftwerksbetreiber HEW bestätigte Greenpeace, dass der heute entdeckte Leitungsabriss durch eine Wasserstoffexplosion im Sicherheitsbehälter des Reaktors verursacht worden sein könnte. Die abgerissene Kühlwasserleitung führt unmittelbar in den Reaktordruckbehälter, den sensibelsten Bereich des Atomkraftwerkes. Der betroffene Kühlkreislauf wird zum Herunterfahren des Reaktors benötigt.
'Hier haben wir es mit einem schweren Störfall zu tun', sagt Greenpeace-Atomexperte Mathias Edler. 'Die Betreiberfirma HEW handelt unverantwortlich, wenn erst zwei Monate nach der mutmasslichen Explosion das Leitungssystem des Reaktors Brunsbüttel untersucht wird. Ein Leitungsabriss im Kühlsystem, auch wenn es sich nicht um das Primärkühlsystem handelt, ist nur einen kleinen Schritt von einem gefährlichen Unfall mit nicht abzuschätzenden Folgen entfernt'.
Darüber hinaus muss sich der Betreiber HEW fragen lassen, wie es überhaupt zu einer Explosion im Sicherheitsbehälter des Reaktors kommen kann. Das Atomkraftwerk Brunsbüttel ist bekannt für ständige Probleme im Leitungssystem.
Die jüngste 'Fehlzündung' der Atomindustrie unterstreicht, dass den Konzernen Profite wichtiger als Sicherheit sind. Trotz Störfall lassen die Betreiber das Atomkraftwerk aus Kostengründen weiterlaufen. Greenpeace fordert, dass Brunsbüttel abgeschaltet bleibt und das HEW-Management des AKW´s zur Verantwortung gezogen wird."

18. Februar 2002
Atomkraftwerk Brunsbüttel nach Rohrabriss vom Netz genommen

Von der Nachrichtenagentur Reuters wird am 18.02.06 gemeldet: "Das Atomkraftwerk Brunsbüttel ist nach Angaben des Kieler Landesenergieministeriums am Montag nach einem Störfall für unbestimmte Zeit vom Netz genommen worden. Bei einer Inspektion sei eine abgerissene Rohrleitung in einem Sicherheitsbehälter entdeckt worden, teilte das Ministerium mit. 'Radioaktivität wurde nicht freigesetzt', sagte der Sprecher.
Das Ministerium warf dem Betreiber des Atomkraftwerkes - die Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW) - Nachlässigkeiten vor. Die gründliche Inspektion sei trotz erster Hinweise auf eine Störung Mitte Dezember erst jetzt auf Druck der Aufsichtsbehörde erfolgt, teilte das Ministerium mit. Der Reaktor müsse mindestens mehrere Wochen außerplanmäßig vom Netz bleiben, um die Ursache des Abrisses ermitteln zu können.
Die Sonderinspektion in Brunsbüttel wäre nach Ansicht des Kieler Ministeriums schon unmittelbar nach einer am 14. Dezember gemeldeten Störung notwendig gewesen. Damals sei in dem Sicherheitsbehälter aus unerklärlichen Gründen Dampf freigesetzt worden. Die HEW-Verantwortlichen hätten aber die Probleme in dem Sicherheitsbehälter erst in der Routine-Inspektion im Mai untersuchen wollen, teilte Energieminister Claus Möller (SPD) mit. Der am Montag festgestellte Rohrabriss belege eine Fehleinschätzung bei der HEW, die lediglich ein Leck vermutet hatte. Das Energieministerium werde nun zusätzliche Sachverständige für die Untersuchung der Schadensursache heranziehen." ...
"Das Atomkraftwerk Brunsbüttel an der Unterelbe gehört zu zwei Dritteln der HEW und zu einem Drittel dem Energiekonzern E.ON. Es ist seit 1976 in Betrieb, musste aber wiederholt für außerplanmäßige Reparaturen vom Netz genommen werden."

14. Dezember 2001
Schwerer Störfall im AKW Brunsbüttel

Im AKW Brunsbüttel ereignete sich am 14.12.01 ein schwerer Störfall. Dessen wahres Ausmaß (Wasserstoffexplosion in einer Rohrleitung in unmittelbarer Nähe des Reaktordruckbehälters, durch die diese Rohrleitung über eine Länge von zwei bis drei Metern völlig zerborsten war) wurde erst am 18.02.02(!), zwei Monate nach dem 'Ereignis', nach dem Herunterfahren des Atommeilers und nachfolgender Inspektion festgestellt.

Detailaufnahmen der explodierten Rohrleitung des Reaktordeckel-Sprühsystems im AKW Brunsbüttel

 

 


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