Riefenstahl
Olympia - Nürnberg 2003
Für
die Vergabe der Olympischen Spiele 2012 nach Leipzig
wollten sie werben - die deutsche olympische Gesellschaft Bezirk
Mittelfranken und ihr Vorsitzender Dr. Peter Schönlein (als
sozialdemokratischer Oberbürgermeister Nürnbergs zwischen
1987 und 1996 bereits auffällig geworden)
Was
kommt einem SPD-Politiker und Pädagogen in diesem Zusammenhang
als erstes in den Sinn?
Genau:
Der nostalgische Bezug auf die schöne Olympiade in Berlin 1936.
Zum Glück hat Leni Riefenstahl, die große alte Schachtel
des Nazipropagandafilms, das Ereignis damals in ihrer ganz speziellen
Ästhetik abgefilmt, mit seltsam belichteten Bildern sich
verrenkender deutscher Leiber garniert (Kunst!) und das fertige
Produkt ihrem Kameraden Dr. Goebbels zur Verfügung gestellt.
Prima
Material ist also da, und der sozialdemokratische
Provinzschuldirektor Schönlein entschließt sich, den
abendfüllenden ersten Teil von Riefenstahls Olympia-Film, Fest
der Völker, zu nutzen für ein geselliges
Beisammensein aller am olympischen Sport und seiner Historie
Interessierten und aller Riefenstahl-Begeisterten.
Der
neoliberale Nürnberger Kinomogul Weber, der Herrn Schönlein
einiges zu verdanken hat, stellt die Räumlichkeiten und seinen
privaten Sicherheitsdienst, Einladungen werden verschickt und am
10. November schließlich steigt die Party. Ein wenig
nervös sind sie schon, die Webers und Schönleins, aber
schließlich kann im benachbarten Erlangen diese Tage ein
Nazi-Durchhaltestück im Theater laufen, zusätzlichen Mut
machen die wie immer gegen antifaschistischen Protest bereitstehende
Polizei und die schon erwähnten Gorillas.
Auftritt
Antifa
Ganz
ungestört bleiben sie freilich nicht. Einige Dutzend
AntifaschistInnen belagern mit Schildern, Transparenten und
Flugblättern den Eingangsbereich des Multiplex-Kinos CineCitta
und informieren die BesucherInnen über die Vorgänge. Manche
haben Karten für die Veranstaltung (Das Geld dafür gibt´s
später von verlegenen CineCittamitarbeiterInnen zurück) und
befinden sich bereits im hübsch mit rüstigen GreisInnen
dekorierten Kinosaal, wo sie, abgesehen von einigen Zwischenrufen,
gegen die enorme Überzahl nicht viel ausrichten. Lustiger ist´s
im Foyer: Dort erhalten alle, die gegen die Pöbeleien und das
Nazi-Geschwätz von Schönleins Freunden protestieren
kurzerhand Hausverbot. Bevor dann der ehemalige Oberbürgermeister
in seiner Begrüßungsrede beteuern kann, dass er das
Naziregime irgendwie nicht so gut findet, gestattet er einer Gruppe
junger Antifas ein Flugblatt des Antifaschistischen
Aktionsbündnis Nürnberg zu verlesen, in dem u.a. auf
die verbrecherische Rolle Riefenstahls im dritten Reich hingewiesen
wird. Selbstverständlich erreichen sie im Saal lediglich, dass
sie beschimpft und verhöhnt werden und ein besorgter Schönlein
das Publikum beruhigen muss, bevor es sich zu explizit nazistisch
äußert.
Während
Dr. Schönlein kurz darauf erklärt, er hoffe auf eine
Diskussion mit den engagierten jungen Leuten nach dem
Film, werden den letzten dieser jungen Leute von uniformierten
Schlägern die Tür gewiesen - ein schönes Beispiel für
angewandte Sozialdemokratie.
Das
Ganze war sicher kein grosser Erfolg für die Antifa, trotzdem
eine sehr notwendige und letztlich gelungene Aktion. Der nächste
Versuch, Nazikultur gesellschaftlich und politisch zu integrieren
kommt bestimmt
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