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Einleitung zur Ausstellung "11 Jahre Flora" ++ Vorgeschichte ++ Staatsgewalt contra Flora ++ Die Verhandlungen 1992 ++ Aufbau F ++ So sehen uns die Anderen ++ Musik und Politik - Konflikte innerhalb der Roten Flora ++ Plenum, VV, ZK ++ eine Organisationsgeschichte der Flora ++ Sexismus in der Flora und der Szene


Sexismus in der Flora

Die radikale Linke hat sich in den 90er Jahren intensiv der Auseinandersetzung um Patriarchat und Sexismus speziell in den eigenen Reihen zugewandt. Auch in der Flora wurden solche Debatten geführt. Eine ganze Reihe davon drehten sich direkt um das Verhalten einzelner Männer; die können und wollen wir hier nicht nachzeichnen. Aber es gibt einige eng mit der Flora verbundene Konflikte, die nicht unerwähnt bleiben dürfen. Die Wahrnehmung der Flora über das Haus hinaus war häufig von den Positionen in Sexismusdebatten gekennzeichnet.

Die Ausstellung "World War III"
Im Sommer 1990 organisierten einige Mitglieder der Veranstaltungsgruppe eine Ausstellung von Comic-Geschichten amerikanischer ZeichnerInnen in der Flora. Eine der Geschichten handelte von einem gesellschaftlichen Verlierer, der durch New York streift, mit einer Prostituierten schläft und anschließend von ihrem Zuhälter zusammengeschlagen wird. Eine Zeichnung stellte den Geschlechtsverkehr dar, wobei auch ein Penis zu sehen war. Diese Darstellung wurde überklebt und der Penis selbst rausgeschnitten.
Die Verantwortung übernahm hierfür eine Frauengruppe, die die Flora als einen weiteren Ort von Sexismus ausmachte. Der Organisator der Ausstellung versuchte darüber eine offene Diskussion einzufordern, die aber nicht stattfand. Stattdessen erschienen mehrere Flugblätter, die sich zwischen der Ignoranz gegenüber Sexismus, allgemeinem Unverständnis und dem Vorwurf der Lustfeindlichkeit bewegten. Nicht wenige der direkt an der Diskussion Beteiligten verließen bald die Flora: Der Verfasser des Flugblattes "Einige Männer" flog raus, der Ausstellungsorganisator zog sich frustriert zurück und FrauenLesben-Zusammenhänge gingen noch stärker auf Distanz zur Flora.



Heiter bis wolkig: Ein Skandal erschüttert die Stadt

Seit Ende der 80er Jahre tourte eine Kölner Komödiantengruppe durch die Republik, die gerne szeneinterne Grausamkeiten aufs Korn nahmen, was sogar der gegnerischen Presse auffiel. Im Februar 1994 traten "Heiter bis Wolkig" erneut in der Flora auf. Ihr damaliges Programm enthielt eine Lindenstraßenpersiflage, in der einer der Akteure (als Vater Beimer) mit einem Besenstiel penetriert wurde.
Einige anwesende Frauen und Männer waren nicht nur von dieser Szene irritiert, sondern vor allem von den Reaktionen des (überwiegend männlichen) Publikums. Die Szene wurde mit Kommentaren wie "tiefer, tiefer" und anderem bejohlt. Die Irritierten bestiegen die Bühne - zuallererst, um dem Publikum zu sagen, wie scheiße sie es finden. Sie mussten allerdings ob dieser vermeintlichen Spaßunterbrechung fast fluchtartig die Bühne verlassen, woraufhin sie und einige andere Anwesende den Abbruch der Veranstaltung erzwangen.
Die Aktion wurde in weiterem sehr stark darauf reduziert, dass eine "Verge-waltigungsszene" damit angegriffen wurde. In anderen Städten – z.B. Hannover – liefen dann Aktionen gegen die Band. In Hamburg selbst eskalierte die Situation, als ein "feministisches Zensurkommando" den Fanladen St. Pauli mit Buttersäure und Plakaten attackierte, da in der Fan-Zeitung "Übersteiger" das Vorgehen gegen "Heiter bis Wolkig" kritisiert wurde. Nun entstand ein Riss in der gesamten Szene. Einerseits die, für die "Heiter bis Wolkig" gewissermaßen Speerspitze gegen Lustfeindlichkeit und "political correctness"-Denken waren, andererseits die Fraktion, für die das ganze Geschehen den Sexismus in der Szene und die fehlenden Auseinandersetzungen darum bewies. Und in der Mitte die Mehrzahl der Indifferenten und Uninteressierten.
Eine weitere Verschärfung der Auseinandersetzung trat ein, als eine Paderborner Frauengruppe einem Mitglied von "Heiter bis Wolkig" vorwarf, eine Frau vergewaltigt zu haben. Dies führte zum endgültigen Bann gegenüber der Gruppe, die aber von einem Teil der Szene nicht mitgetragen wurde. Zusammen mit den Boykottaktionen gegenüber dem Satiriker Wiglaf Droste, die ebenfalls 1994/95 liefen, wurde sich wechselseitig Verrat an linken Inhalten vorgeworfen.
In der Flora war die Position zu "Heiter bis Wolkig" weitgehend einhellig: Die Gruppe galt als sexistisch und wurde boykottiert. Die Auseinandersetzungen mit dem Fanladen hatten zur Folge, dass in einigen Hamburger Szenekreisen die Flora als Hort stalinistischer ZK-Dogmatiker gesehen wurde.


Darüberhinaus....
Die Flora kann sicher als für das Thema Sexismus sehr sensibilisiert gelten. Immer wieder gab und gibt es Auseinandersetzungen um einzelne Personen, um Stimmungen und Werbung für Partys. Hier zeigte sich jedoch auch, dass zwischen dem Plenum und anderen Aktiven und manchen NutzerInnen eine große Lücke klafft.
Als im März 1995 das"Love Tank Soundsystem" eine Party organisierte, für die mit MoPo-Sexanzeigen als Layouthintergrund auf dem Plakat geworben wurde, beschloss das Plenum einen Boykott der Party und überklebte die Plakate im Schanzenviertel. Dessen ungeachtet wurde die Party gut besucht, was dem Plenum deutlich machte, dass es nur noch wenig Volk vertritt. Dies löste unter anderem die Auflösung des Plenums im Sommer 1995 aus. (siehe auch: "eine Organisationsgeschichte der Flora")