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Einleitung zur Ausstellung "11 Jahre Flora" ++ Vorgeschichte ++ Staatsgewalt contra Flora ++ Die Verhandlungen 1992 ++ Aufbau F ++ So sehen uns die Anderen ++ Musik und Politik - Konflikte innerhalb der Roten Flora ++ Plenum, VV, ZK ++ eine Organisationsgeschichte der Flora ++ Sexismus in der Flora und der Szene


Vor- und Frühgeschichte der Flora


Dora, komm in die Flora" - hundert Jahre vor der Besetzung

Die Geschichte der Flora ist natürlich älter als die zehnjährige Besetzung. Ab den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts befand sich an diesem Ort ein Ausflugsgarten, und 1888 wurde der jetzt noch stehende Gebäudeteil als "Concerthaus Flora" erbaut. Der Name leitete sich von einem künstlichen Garten mit Hunderten Lampen in Blütenkelchen ab, der auf dem Gelände angelegt war. Das Gebiet um das Schulterblatt sollte auf Altonaer Seite der hamburgischen Reeperbahn Konkurrenz machen, neben der Schilleroper – damals als fester Zirkus erbaut – entstand im heutigen Flora-Park der Kristallpalast, eine große Glaskonstruktion, als Zentrum für Operette, Varieté und andere Vergnügungen.

Aber der Charakter eines Gebäudes ergibt sich immer nur aus den Menschen, die es nutzen. Dies scheint manchmal vergessen zu werden, wenn alte Stilelemente aus dem Programm der früheren Flora auch heute noch dann und wann genutzt werden, um dem besetzten Zentrum eine längere Kontinuität zu verleihen und sentimentale oder ironische Anschlüsse an vergangene Zeiten zu suchen.
So hieß es 1990 in einem Flugblatt: "1964 wurde die ‚Tradition‘ des Gebäudes als Kulturzentrum mit dem Einzug einer Haushaltswarenkette unterbrochen." - und 1989 wieder aufgenommen, wäre zu ergänzen.

Paul Lincke, bekannter Operettenkomponist Anfang dieses Jahrhunderts, dichtete zu der Blütezeit des Konzerthauses sogar einen "Flora-Marsch":

"Dora – komm in die Flora
die so viele Reize hat.
Sie liegt am Schulterblatt,
ist ganz in deiner Näh‘,
das schönste Varietè"


Möglicherweise wäre bereits damals Widerstand gegen das Umstrukturierungsprojekt berechtigt gewesen, who knows? Zumindest wenn Veranstaltungen wie Militärmärsche abgehalten wurden oder andere nationalistische Jubelfeiern. Auswirkungen auf den Stadtteil hatte das Riesenvergnügungszentrum auch damals schon.

Die Geschichte des Gebäudes ist nach dem Ersten Weltkrieg eine Geschichte des langsamen finanziellen Abstiegs. Boxkämpfe, ein Kino und weiterhin Operetten- und Varietéaufführungen bestimmen den Charakter des unzweifelhaft beliebten Veranstaltungshauses. Ein Altkommunist benutzte es später als Beispiel für unpolitisches Verhalten: "Während die Kommunisten in diesen ersten Tagen von Hitlers Kanzlerschaft ihre Flugblätter verteilten, beschäftigten sich andere Eimsbüttler mit anderen Sensationen: (...) Im Varieté Flora am Schulterblatt treten ein Fakir und Austin, das boxende Riesenkänguruh, vor vollem Haus auf." (Helmut Warnke)

Den zweiten Weltkrieg überstand die Flora weitgehend unbeschädigt, der zweite Stock wurde erst in den fünfziger Jahren abgetragen. Da es an großen Veranstaltungsorten mangelte, fand kurz nach dem Krieg eine Veranstaltung der politischen Verfolgten des Naziregimes statt – ein tatsächlich begründeter Anschluss an die Geschichte des Hauses. Die Zeit der großen Varietés war jedoch vorbei, und die Flora wurde 1953 zum Kino umgebaut, das aber angesichts der Verbreitung des Fernsehers bald wieder einging. 1964, das Gebäude war von der Stadt gekauft worden, zog der Discountmarkt "1000 Töpfe" ein.