Timur und sein Trupp

(Kolumne in der interim)

Autonomie gegen Krieg, Massenmord und Antisemitismus
Interim 574 Mitte Juni 2003
Vielen Dank für die um Ernsthaftigkeit bemühte Antwort der Interim-Redaktion Nr. 572 auf unsere Attacke in der Nummer 570. Immerhin hält diese zum Teil unbefriedigende Antwort die Debatte um die politische Ausrichtung dieses Projektes offen.
Lösungen
Interim 570 vom April 2003
In der letzten Interim-Ausgabe sind wir über das Vorwort gestolpert. Nach einigen bedenkenswerten Sätzen gegen das von Yankees und Briten im Irak entfesselte Massenmorden, findet sich mit einem Male eine ungewöhnlich sensible Auseinandersetzung mit einem in dieser Ausgabe dokumentierten Text eines sogenannten "Bündnisses gegen Antisemitismus usw".
Der Krieg soll nur noch 48 Jahre dauern
Interim 568 vom 22.3.2003
Seit dem 11. September 2001 werden durch die Chefs der Welt in einer ganzen Reihe von Inszenierungen die politischen Koordinaten auf dem Globus ziemlich groß gezogen. US-Vizepräsident Cheney, der im Unterschied zu dem Trottel George W. Bush der eigentliche Kommandant im Weißen Haus ist, hat schon kurz nach den Anschlägen verlauten lassen, das der nun von der US-Regierung erklärte Krieg gegen den Terror "ungefähr 50 Jahre dauern" werde.
Protest der Heinzelmännchen
Interim 561 Dezember 2002
In der ersten Novemberhälfte ist es der Polizei mal wieder gelungen einen Castor-Transport in den euphemistisch Zwischenlager genannten Kartoffelagerschuppen Gorleben zu bringen. Es war insgesamt der sechste seit Bestehen dieses Standortes.
Solidarität mit allen Nationalstaaten auf der Welt?
Interim 554 Juli 2002
Von der Redaktion der Interim-Ausgabe Nr. 550 wurde im Mai des Jahres 2002 ausgerechnet auf dem Titelblatt mit dem demonstrativen der Nationalstaatsflagge Israel ein publizistischer Coup gelandet.
Zur Weltlage
Interim 544 Februar 2002
Mitte Januar wurde in einem Hörsaal der Hamburger Universität durch die KONKRET- Redaktion eine Art mehrstündiger Veranstaltungsmarathon unter dem wenig leidenschaftlichen Titel "Deutschland führt Krieg" durchgezogen. Daran nahmen ca. 500 Leute teil, die sich im Verlauf der rund 9 Stunden andauernden Vorträge darum bemühten den Ausführungen der zumeist älteren Referenten zu folgen. Diese okkupierten jedenfalls für den Gesamtverlauf dieser Veranstaltung bestimmt über 80% der gesamten Redezeit. Jedenfalls korrespondierte das Schweigen der einen mit der nimmermüden Redseligkeit der anderen. Was gibt es nun neben der deprimierend schlechten Form."inhaltliches" zu berichten?
Nicht nervös werden
Interim 537 Dezember 2001
Am Nachmittag des 11. September konnte man in der Glotze sehen, wie das World Trade Center an der Südspitze Manhattans von Passagiermaschinen angegriffen wurde Das sah aus wie in einem Untergangsfilm aus Hollywood. Sterbende oder Tote sah man insgesamt so gut wie gar nicht — dafür sorgte die schnell konzertierte Regie. Wenn die wegretuschierten Toten nicht wären, könnte man fast fragen, ob mit der Zerstörung der Twin Towers nicht eine alte Phantasie der globalen Linken in Erfüllung gegangen ist: das Jerusalem des Kapitalismus ins Herz getroffen - man denke nur an die Fotografien eines John Heartfield, der die Wolkenkratzerskyline in gigantischen Fluten untergehen ließ?
(K)ein Ende der Gewalt ...
Interim 526 Mai 2001
Was für eine Zeit am Beginn des 21. Jahrhunderts: Ein als Innensenator angestellter ehemaliger Geheimdienstbulle aus dem westdeutschen Biedermeier fängt ein Demonstrationsverbots-Ping-Pong auf der totaldemokratischen Anti-Extremismusfolie an.
Alles gut geregelt
Interim 515 November 2000
Fünf Tage, nachdem tausend Nazis mit Hilfe der doppelt so starken Berliner Polizei einen schönen Spaziergang Unter den Linden durchgeführt haben, verlief auch die "Demonstration für Mitmenschlichkeit und Toleranz" der Reichen, Berühmten und Schönen ohne größere Zwischenfälle. 200.000 Teilnehmerinnen sollen es gewesen sein; viele waren es auf jeden Fall, die in dem Gebiet zwischen Oranienburger Straße, Friedrichstraße und Unter den Linden unterwegs waren. Auf großen Leinwänden bekam man beim Brandenburger Tor all` die Cyborgs zu sehen, die sonst auch in der Glotze herumturnen.
Erinnern - Gedenken - Aufstören
Interim 472 Frühjahr 1999
In der letzten Ausgabe der Interim kurz vor Weihnachten wurden wir durch das Konterfei des ehemaligen DKP-Freundes Martin Walser erschreckt, das mit dem Wort "Arsch" versehen war. Diese senile Schwatztüte wurde derart präsentiert, weil eine "Antinationale Fraktion" sich wieder einmal dazu entschieden hatte, ausgerechnet in der Interim ein wenig Schabernack zu treiben.
"kein mensch ist illegal" und das Problem des großen JA
Interim 481/Sommer 1999
Es ist nicht mehr lang hin bis zum Sommercamp der Kampagne "kein mensch ist illegal" im Zittauer Gebirge. Trotz dem weitgehend unsichtbar erscheinenden Grenzregime ist es dort wunderschön; das gut gekühlte Schwarzbier an den Imbißständen schmeckt lecker; die anderen Touristen sind auch irgendwie nett, und überhaupt werden wir da ganz sicher einen Haufen Freunde und Freundinnen treffen. Oh ja, da schwimmen wir alle erst mal in einem riesig großen "Ja". Ja zu allem, ja zu Urlaub, ja zu Fun , ja eben: Wer könnte auch zum Slogan "kein mensch ist illegal" öffentlich "Nein" sagen.
Auf dem Weg nach Willnix
Interim 472 Frühjahr 1999
Demnächst trauen sich die Redaktionen der Zeitschriften arranca und analyse und kritik doch wirklich, in der Humboldt-Uni unter dem eigentlich schönen Slogan: "Schluss mit dem Stress" eine sogenannte "Arbeitskonferenz" zu veranstalten. Und die soll "für Existenzgeld und eine radikale Arbeitszeitverkürzung" eintreten und "zur Kritik der Lohnarbeitsgesellschaft" motivieren.
Regierungswechsel
Interim 463 November 1998
So oft hat man einen Bundesregierungswechsel in der ultrastabilen BRD nicht erlebt: Das gab`s 1969 als Reaktion auf die Studentenrevolte und im Zusammenhang mit der Notwendigkeit einer außenpolitischen Neuorientierung gegenüber dem Ostblock; und dann 1982/83, als das Regime des Helmut Schmidt wegen des drohenden Zerfalls der SPD durch die Friedensbewegung am Ende war, und sich damit der NATO-Hochrüstungskurs gegen die Sowjetunion nicht mehr durchsetzen ließ. Doch, mit Verlaub, warum gibt es jetzt einen, so ganz deutlich ist das nicht.
Eine Scheibe Schinken ?
Interim 459 September 1998
Im Unterschied zu Millionen hier lebender sogenannter "Ausländer" haben wir als Inhaber deutscher Personalausweise eine Wahlbenachrichtigung erhalten. Darin werden wir aufgefordert am 27. September für ganze zehn Stunden, für einen kurzen Moment in einer nicht besonders großen Wahlkabine eingepfercht, die "Macht" mit einem Stimmzettel auszuüben. Danach soll sie dann wieder für die nächsten vier Jahre futsch sein. Schönen Dank auch. Aber immerhin: Nach der bürgerlichen Revolution haben wir wenigstens ein Wahlrecht, und so können wir uns überlegen, was wir damit machen können. Mittendrin sind wir dann in den schönsten Spekulationen, wie der Bundestag im Oktober `98 aussieht, bei denen man allzuleicht vergißt, wie zynisch die Geschäftsgrundlage dieser sind.
American Football ?
Interim 452 Juni 1998
Mit irgendwie gemischten Gefühlen haben wir uns auch diesmal an den revolutionären Rosa-Luxemburgplatz (RL) 1. Mai-Feierlichkeiten beteiligt. Jünger sind wir seit dem '87er "und dennoch hat sich Bolle janz köstlich"-Amüsement nicht geworden und ein Abenteuerlebensgefühl ist uns auch ein wenig abhanden gekommen.
Arm dran ?
Interim 463 März 1998
Entstanden ist die Aktionsidee von Erwerbslosenaktionstagen zunächst aus der militanten Wucht der Proteste in Frankreich. Da waren auch wir erstmal freudig überrascht. Die Ausgeschlossenen lassen sich dort wohl nicht so still und billig abservieren wie das bislang in hiesigen Breitengraden der Fall ist. Doch fast ganz im Sinne einer in Deutschland nicht unüblichen "präventiven Konterrevolution" wurde die Idee von Arbeitslosenprotesten hier zunächst einmal zu einer Erfindung der Massenmedien.
2 x 0 Jahre Deutscher Herbst
Interim 430 1997 (link ins nadir-Archiv)
Jährt sich ein Datum auf Null, zuweilen auf fünf, so ist die Zeit der Jubiläen gekommen. Ausgangspunkt derartiger Bemühungen in der bürgerlichen Gesellschaft ist - wie gesagt - die Null, nicht die Politik heute und schon gar nicht die eigene Frage. Vor ein paar Wochen haben wir uns schon von einer als 'Dokumentation' gehegten Krimi-Schlure in der ARD angenehm die Zeit totspielen lassen. In den TV-Bildern war zwar so gut wie keine Wahrheit, aber der ein wenig rechtsradikal gewordene Regisseur Breloer ist ein wirklicher Entertainment-Profi. Also: Was gibt es heute noch substantielles bei einer Jubiläumsparty mitzuteilen? Nachfolgend ein Besinnungsauf-satz mit ein paar Gedanken "über den Tag hinaus".
Nie waren wir verärgerter ...
Interim 429 1997 (link ins nadir-Archiv)
In der Sommer 97 Ausgabe der Zeitschrift ARRANCA hat das ehemalige Mitglied der Bewegung 2. Juni Klaus Viehmann eine bemerkenswerte Replik hauptsächlich auf das Buch seiner ehemaligen Genossin Frau Viett: "Nie war ich furchtloser" geschrieben. Dabei stellt er seinen Bemerkungen über einige konkrete Vorgänge aus den 70er und frühen 80er Jahren längere einleitende Bemerkungen voran, in denen er die Frage reflektiert, welche Bedeutung "Terroristen- und Aussteiger" - Memoiren für heute besitzen. Treffend ist dabei seine Bemerkung, daß manchmal "Geschichtsschreibung die Summe der Lügen ist, auf die sich die Leute nach 20 Jahren geeinigt haben".
Eine wirklich solidarische Position in einer anderen Form
Interim 350/1995
Jetzt sitzen wir vor dem weißen Blatt Papier und möchten wieder ein "Wort zum Donnerstag" schreiben. Und zwar eins, was von allen diskutiert werden soll, was ja dann auch von daher wichtig ist. In der letzten Zeit sind wir auf dieser "Donnerstags-Seite" ein wenig einsam geworden, weil es wohl sonst niemanden mehr zu geben scheint, die sich hier das letzte Wort, das letzte Wort (tut, tut, tuwort) "singen, denn außer euch ist niemand da, dem sowas könnt' gelingen." (Schmetterlinge)
Qwahlen
Interim 347/1995
Landtagsqwahlen stehen in Bärlino vor der Tür und wir stehen vor der Entscheidung, ob wir nicht hingehen oder 'ins Jrüne fahrn'. Politik wird im Parlament ohnehin nicht gemacht, nur verkauft. Aber da (noch) Sonntags Ladenschluß ist, werden wir sie an diesem Tag auch nicht konsumieren. Darüber hinaus ist bekanntlich die politische Figur des Autonomen noch nie zu irgend einer Qwahl gegangen. Das ist gut und bleibt richtig so, und die Ausnahmen von dieser Regel sind erstens lediglich "privat" und bestätigen zweitens immer nur diese Regel.
Ausgebeutet ?
Interim 343/1995
Die Gründung einer Zeitschrift namens "Die "Beute"" kommt zu einem Zeitpunkt wo offenkundig ist, daß sich das asbach-uralt-linke Intelligenzblatt Konkret nicht mehr aus seinen realsozialistisch fundierten Stereotypen und Schablonen wird lösen können. So ist die "Beute" ein Forum für eine neue, zuweilen schreibwütige 80er-Jahre Generation linker Intelligenzler die sich ihren auf Sozialhilfesatz entlohnten Platz auf einen zunehmend kleiner werdenden Konsumentenmarkt suchen.
We `re all punks
Interim 342a/1995
In Hangover-Town griff für drei lange Tage das Chaos Platz. In ein paar Titelschlagzeilen der Bürgerpresse lesen wir von dieser oder jener Barrikade, in einem Billig-Supermarkt wurde nach Ladenschluß proletarisch eingekauft, ein paar goldene Automobilkälber sind ausgeglüht und doch soll der Sachschaden bei unter einer Million Deutsch-Maak liegen.
Ce drole de guerre
Interim 340/ Sommer 1995
Ende Juni `95 besorgte die Kohl-Kinkel-Bande und eine Mehrheit des Bonner Parlaments die Entscheidung für einen Kriegseinsatz der Bundeswehr im ehemaligen Jugoslawien. Zentrale Begründung für diesen historisch bedeutsamen Entschluß war der von der Bundesregierung hinter den NATO-Kulissen herbeigedrängelte Anspruch auf "Bündnisfähigkeit" und nicht der Einsatz gegen "ehtnische Säuberungen". Warum auch? Mit soetwas verfügt man ja in diesen Breitengraden, angefangen von Hoyerswerda, Mannheim-Schönau bis nach Rostock über eine Reihe von praktisch-politischen Erfahrungen.
Unsere "Bürgerrechtler"
Interim 337/1995
Was ist eigentlich aus der ehemaligen Oppositions-Scene der DDR geworden, nachdem dieser spätstalinistische Staat aus der Weltgeschichte abgetreten ist. Für dieses Milieu hat sich irgendwann einmal im öffentlichen Diskurs der zwielichtige Begriff des "Bürgerrechtlers" breit gemacht. Eine Beschäftigung lohnt sich deshalb, weil es sich doch bei der DDR-Opposition um eine Ansammlung von Nonkonformisten zu handeln schien, die sich in vielfältigen Formen dem Totalitätsanspruch des anderen deutschen Staates entzogen oder entgegengestellt haben. Und soetwas beansprucht zunächst allemal mehr Sympathie als beispielsweise das immer noch existierende STASI-Bullen-Milieu in der PDS.
Der 8. Mai ist endlich vorbei
Interim 333/1995
Am 8. Mai war mal wieder in Berlin, Reichshauptstadt, 'n "Staatsakt". Was auch sonst? Immerhin wurde an diesem Tag vor gerade mal 50 Jahren von der Anti-Hitler-Koalition endlich Schluß mit der Existenz eines aggressiven Staats-Faschismus in Europa gemacht. Nachdem man zunächst in der alten West-BRD diesem Datum bis in die 70er Jahre wg. der kontinuierlichsten Kontinuitäten nicht so recht gedenken konnte und wollte, und sich die DDR bereits in den 50er Jahre kurzerhand auf die Siegerseite der Geschichte mogelte, haben wir nun am diesjährigen 8. Mai allerorten Feiereien, Gedenkereien und dann auch noch zu allem Überdruß einen "Staatsakt" zugemutet bekommen.
Sing' doch Vogel sing', das Gorleben lebt; das sich dort der Totengräber seine eig'ne Grube gräbt...
Interim 329/1995
Wir wurden im April 1986 Zeugen der bislang größten bekannt gewordenen Reaktorkatastrophe in der sogenannten "zivilen Nutzung der Atomtechnologie": Der GAU des staatskapitalistischen Atomkraftwerkes Tschernobyl sorgte nicht nur für die auf unabsehbare Zeiten andauernde Verwüstung eines ganzen Landstriches, die Vertreibung der dort lebenden Bevölkerung und den siechen Strahlentod von Tausenden von Menschen. Das Grauen von Tschernobyl rief auch weltweit Forscher, Bullen und Militärs auf den Plan. Sie ließen sich die "Chance", dieses ersten großen Freilandversuches der Atomenergienutzung seit ihren militärisch motivierten Gründungsverbrechen in Hiroshima und Nagasaki nicht entgehen.
Geschichte gegen Politik ?
unveröffentlicht Ende 1995
Vorneweg erstmal ein dickes Lob: Lange ist`s her, daß uns zu Interim-Texten soviel eingefallen ist wie zu der in den letzten drei Nummern der Interim veröffentlichten Serie über die Jahre der Zeitschrift Radikal von 1980-84: Ihr Inhalt besticht durch seinen locker präzisen Zugriff auf den schillernden Gegenstand. Man hat beim lesen gleich das Gefühl, daß sich da Leute aus der Rückschau von einem Jahrzehnt an einer Fülle von Beispielen einen scharfen Blick sowohl für eine Reihe von politischen Fragen, aber vor allem auch deren jeweiligen Grenzen bewahrt haben. Endlich wird einmal der Bruch von "Sozialistische Zeitung für West-Berlin" hin zur "Zeitung für unkontrollierte Bewegungen" transparent illustriert. Ja, so ähnlich (falsch) könnte es damals gewesen sein, denkt man sich bei der Lektüre dieses Textes, ohne gleich dabei denken zu müssen, daß das heute etwa nur "peinlich" wäre.