Redebeitrag Husemannplatz (Autonome Antifa Witten)
Auch wenn es vielen der hier versammelten Menschen mittlerweile als abgelutschtes Themenfeld erscheinen mag, wollen wir, die Autonome Antifa Witten, in diesem Redebeitrag zur Demo gegen das Nazibekleidungsgeschäft „Goaliat“ noch mal das Phänomen des neuen optischen Erscheinungsbildes der rechten Szene beleuchten. Dabei soll kurz und knapp der praktische Nutzen den der braune Mob aus der Verschleierung seiner Inhalte durch seriöseres Outfit oder auch die Übernahme von eher linken Dresscodes zieht beleuchtet werden. Aber auch mögliche Gegenmaßnahmen sollen kurz zur Sprache kommen.
Seit einiger Zeit wird in den Medien wenn über den erstarkenden Rechtsextremismus berichtet wird ein besonderes Augenmerk auf das scheinbar neue Thema „der Nazis neues Kleider“ gelegt. Dabei ist dieses so alt wie auch die Nazis selbst. Große Teile der Symbol und Bilderwelt des Nationalsozialismus sind von ihm aus anderen Kontexten geraubt und nach und nach umgedeutet worden bis ihr ursprünglicher Sinn verloren war und sie nur noch als Erkennungsmerkmal für die AnhängerInnen ihrer verbrecherischen Ideologie herhalten mussten. Dies gilt für Germanischen Runen, wie für die Umdichtung Kommunistischen Liedgutes, sowie auch für die Verwendung des Hakenkreuzes. Auch die zum Teil erfolgreiche Übernahme der ursprünglich antirassistischen Skinheadkultur ende der 70. Jahre des letzten Jahrhunderts, bzw. der Raub der Skinmode, die heute in breiten Teilen der Öffentlichkeit als Ausdruck des Nazitums schlecht hin gilt, ist ein Beleg für die These, dass dies alles kein neues Phänomen ist.
Das Ziel einer solchen Verschleierung ist faschistische Positionen salonfähig zu machen, die durch ihre modernisierte Bildsprache nicht mehr erkannt werden und so immer mehr zur Normalität werden können. Dies gilt für die bunthaarige Nazifrau genau so wie für die sportlich und modisch wirkende Nazimode von „Thor-Steinar“.
In beiden Fällen täuscht die Verpackung über den hässlichen Inhalt hinweg.
Das die Einflussnahme von rechten in anderen Szenen zum Teil funktioniert, sollte uns allen klar machen, dass wir als Linke uns in der Vergangenheit zu sehr auf die Wirkungskraft rebellischer Codes und Styles verlassen haben, ohne diese aber mit konkreten Inhalten zu füllen. Subkulturen sind erstmal nur Szenen, die sich über Mode , Musik und Lifestyle definieren und keineswegs resistent gegen faschistoide Tendenzen auch wenn sie noch so unkompatibel erscheinen. Eine Zurückdrängung solcher Einflüsse kann also nur aus den inneren der Szenen kommen, also z.B. von „Antifapunks“ die sich ihre Szene nicht von „Midgards Söner“ kaputt machen lassen wollen, oder von Hip- HopperInnen, die „Fler“ und Konsorten den gestreckten Mittelfinger entgegenstrecken. Denn ein aufmerksam machen oder Eingreifen von außen wird meistens als Störung von paranoiden und nicht- eingeweihten empfunden.
Im Fall von Thor Steinar zeigt sich zum einen das, die rechte Szene zum Teil im Mainstream angekommen zu sein scheint und keine vermeintliche Rebellenpose mehr braucht. Zum anderen können wir aber anhand des versuchten Biedermannimages welches die Marke T.S. selbst und auch besonders Goaliatinhaber Thorsten Kellerhoff zu vermitteln versucht noch etwas anderes erkennen:
Das Zusammenspiel von staatlicher Ächtung des Nazismus durch Politiker, die um Deutschlands Ansehen in der Welt fürchten und Antifaschistische Interventionen in den letzten Jahren, haben dazu geführt, dass sich viele Arbeitgeber oder Vermieter nicht an diesen heißen Eisen die Finger verbrennen wollen.
So trauen sich viele NationalistInnen nicht mehr offen ihre Gesinnung zu zeigen um nicht im gesellschaftlichen Abseits zu stehen.
Thor Steinar bietet den oben genannten die Möglichkeit sich ihres gleichen als Kamerad und Kameradin zu präsentieren, ohne am Arbeitsplatz oder im Sportverein anzuecken.
Diese Rechnung kann aber nur aufgehen, wenn WIR tatenlos zusehen.
Wir sind uns sicher, dass ohne Aufklärung der „Bevölkerung“, wie z.B. durch diese Demo hier, so mancher Ahnungslose Sportler Kellerhof und T.S. das Geld in den Rachen geworfen hätte.
In diesem Sinne:
Nazis bleiben Nazis, egal ob sie im Braunhemd, Che-shirt oder Thor-Steinar daherkommen !
Verteidigt eure Subkulturen und werdet nicht müde Aufklärung zu betreiben…es lohnt sich !
Kein Fußbreit dem Faschismus !