Zehn
Jahre
PKK-Verbot und kein
Ende ? |
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Vorwort
Rainer Ahues Prof. Dr. Andreas Buro Dr. Rolf Gössner Michael Heim Mark Holzberger Duran Kalkan Mehmet Demir Marei Pelzer Dr. Heinz Jürgen Schneider Monika Morres / Günther Böhm Dokumentation: Interview mit Engin Sönmez zum Prozess gegen Heyva Sor a Kurdistane erste Seite
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PKK/KADEK-Verbot oder Versöhnungspolitik?Von Prof. Dr. Andreas Buro Als die IRA bekannt gab, sie würde mit der Zerstörung ihrer Waffen beginnen, wurde von vielen Seiten dieser Schritt mit Zustimmung, ja mit Hochachtung als ein wesentlicher Beitrag zum Frieden in Nord-Irland bedacht, obwohl die IRA bislang zweifellos mit terroristischen Mitteln gekämpft hatte. Dies war klug im Sinne einer friedenspolitischen Ermutigung in diesem gewaltträchtigen, langen Konflikt. Doch warum anerkennt man nicht auch die friedenspolitische Neuorientierung der PKK und ermutigt auch sie? Die
Einordnung der PKK und ihrer Nachfolgeorganisation KADEK als terroristische
Vereinigungen im EU-Europa und den USA kann in der Gegenwart nur im Zusammenhang
mit der Haltung Ankaras gegenüber der kurdischen Bevölkerung und ihren
Organisationen verstanden werden. Die USA sehen in der Türkei einen wichtigen
Verbündeten, mit dem sie und Israel die Regionalmacht in Nah- und Mittelost
bilden. Sie folgen demgemäß den Wünschen Ankaras, die PKK zu diskriminieren,
und üben notfalls auch Druck auf die EU-NATO-Partner aus, es ihnen gleich
zu tun. Ich will deshalb zunächst einen kurzen Blick auf das Kernproblem
des türkisch-kurdischen Konflikts werfen. Die Furcht vor Separatismus ist das Problem Betrachtet
man ein am 16. Januar 2002 von der türkischen Tageszeitung "Hürriyet"
veröffentlichtes Memorandum des Militärs, so springt die zentrale Befürchtung
der politischen Klasse der Türkei ins Auge: Den Kurden ginge es nach wie
vor um die Gründung eines eigenen Nationalstaates. Dies ist übrigens nicht
eine Befürchtung aus der gegenwärtigen Situation, sondern das Kernproblem
des türkisch-kurdischen Konflikts von jeher und die wichtigste Ursache
für die rigide Haltung Ankaras, die sich in der Geschichte des Staates
immer wieder in massiver Unterdrückung entlud. Selbstverständlich ist
diese Befürchtung längst mit einer türkischrassistisch-nationalistischen
Ideologie umrankt, die den Kern der Ursachen für Unterdrückung der Kurden
verdecken soll. Diese Befürchtungen hatten durchaus einen realen Hintergrund,
nachdem das ursprüngliche Versprechen Kemal Atatürks, die Kurden als gleichberechtiges
Brudervolk in die Nationalstaatsbildung einzubeziehen, gebrochen wurde.
Die Kurden waren nun keine Brüder und Schwestern mehr, womit von Ankara
selbst die ‚nationale Frage' für die kurdische Bevölkerung auf die Tagesordnung
gesetzt wurde. Kurdische Identität bleibt bestehen Nicht
aufzugeben sind allerdings die Begriffe Kurden und kurdisch und die damit
verbundene Identität dieses bedeutenden historischen Volkes. Eine Politik
der Vertrauensbildung in diesem zentralen Bereich wird auch auf der kurdischen
Seite nach all den blutigen gegenseitigen Verletzungen und der türkischen
Arroganz nicht einfach durchzusetzen sein. Insofern geht es auch um einen
Klärungsprozess in den eigenen Reihen. Einen vergleichbaren Schritt haben
übrigens kurdische Parteien in Nord-Irak jüngst getan. Sie erklärten eindeutig,
sie strebten nicht einen eigenen Staat an, falls der Irak von den USA
angegriffen würde, sondern wollten mit gesicherten Rechten und Einfluss
Teil des irakischen Staates bleiben. Trotzdem misstraut Ankara dieser
Aussage und beabsichtigt, völkerrechtswidrig mit militärischer Gewalt
im Nordirak einzugreifen, um eine Autonomieregelung der dortigen kurdischen
Bevölkerung zu verhindern. Friedenspolitische Argumente ignoriert Die
Voraussetzungen für eine solche friedenspolitische Neuorientierung im
EU-Europa sind bis heute gut, denn die PKK hatte immer wieder betont -
und in der Zeit nach der Entführung und Inhaftierung Öcalans auch durch
Praxis bewiesen -, dass sie sich an die in der EU bestehenden Gesetze
halten und keine gewaltsamen Aktionen als Mittel ihrer Politik anwenden
wolle. Eine Aufhebung der Verbote hätte außerdem etwaige strafrechtlich
gebotene Verfolgungen nicht beeinträchtigt. Die deutsche Innenpolitik
hat leider diese friedenspolitischen Argumente ignoriert und statt dessen
sogar die Verbotspolitik verstärkt vorangetrieben. Dies war um so verwunderlicher,
als die rot-grün angehauchten Teile der politischen Klasse stets von präventiver
Friedenspolitik als einem wesentlichen Element ihrer Politikgestaltung
gesprochen hatten. Zudem waren diese Politiker/innen bestens mit den Problemen
in der Türkei vertraut. Trotzdem beschloss der EU-Rat Anfang Mai 2002
mit der deutschen Stimme, die PKK auf die Liste der terroristischen Organisationen
zu setzen. Militärpolitische Gründe der EU-Staaten Sie wollen ihre offensiven Militärpotentiale ausbauen, um zu einer eigenen militärischen Interventionsfähigkeit zu kommen. Dies jedoch ist ein weiter Weg und sie benötigen für eine wahrscheinlich lange Zeit wichtige Teile der NATO-Infrastruktur. Dem musste der NATO-Staat Türkei zustimmen. Ankara hatte damit einen wirksamen Hebel in der Hand, um die EU-Staaten unter Druck zu setzen. So siegte Militärpolitik gegenüber vielleicht vorhandenen friedenspolitischen Interessen. Friedliche Konfliktlösung unabdingbar Der
EU-Verbotsbeschluss vom 3. Mai 2002 signalisiert, dass die Lösung des
türkisch-kurdischen Konflikts über die Unterstützung oder gar Organisierung
eines friedenspolitischen Dialogs für die EU-Staaten gegenwärtig keine
Priorität hat. Bei den Anfragen aus der Zivilgesellschaft und auch von
einzelnen Parteien an die EU-Regierungen lautet die Antwort mehr oder
weniger deutlich: ‚Wir sehen die dortigen Probleme menschenrechtlicher,
kultureller und politischer Art, aber wir wollen dies alles dem EU-Beitrittsprozess,
der zwischen der Kommission in Brüssel und der Türkei ausgehandelt wird,
überlassen. In diesem Rahmen müssen die Probleme gelöst werden. Wir als
einzelne Staaten werden jedoch keine bedeutsamen Initiativen ergreifen.'
Diese Haltung ist unzureichend. |