Chronologie:
August
1986
Faruk Bozkurt wird in Hamburg verhaftet und damit der PKK ein angeblicher
versuchter Sprengstoffanschlag auf das türkische Generalkonsulat angelastet.
Januar
1987
Gegen die PKK werden Ermittlungsverfahren nach §129a eröffnet.
22.
Februar 1988
Bundesanwaltschaft erlässt Haftbefehl gegen zahlreiche PKK-Mitglieder.
24.
Oktober 1989
Beginn des bislang grössten Prozesses wegen Terrorismus-Vorwurfs gegen
PKK-Anhänger/innen in Deutschland (Düsseldorf).
26.
März 1992
Waffenlieferungsstopp aus der BRD in die Türkei. Newroz-Delegationen belegen
Waffeneinsatz gegen die Zivilbevölkerung.
31.
März 1992
Bundesverteidigungsminister Stoltenberg tritt wegen illegaler Lieferung
von 15 Leopard-I-Panzern Ende 1991 zurück.
1.
August 1992
1. Internationales Kurdistan-Festival in Bochum.
23.
September 1992
Bundesverteidigungsminister Rühe kündigt Lieferung neuer Flugzeuge, Geschütze
und Panzer an die Türkei an.
23.
Oktober 1992
Türkei gibt zu, aus Deutschland gelieferte Panzer für die PKK-Bekämpfung
genutzt zu haben. Fotos belegen durch diese Panzer zu Tode geschleiften
Gefangenen.
29.
Mai 1993
Erste kurdische Großdemonstration in Bonn mit 100.000 Teilnehmer/innen
für die friedliche Lösung der Kurdenfrage.
24.
Juni 1993
Protestaktionen in europäischen Städten gegen türkische Vertretungen und
Geschäfte, 14-stündige Besetzung des Konsulats in München.
7.
Juli 1993
Bundeswehr-Generalinspekteur Naumann bezeichnet Kampf des türkischen Staates
gegen die PKK als "völlig legitim".
4.
November 1993
Protestaktionen in europäischen Städten gegen türkische Vertretungen und
Geschäfte.
26.
November 1993
Bundesinnenminister Kanther (CDU) verfügt das Verbot jeder Betätigung
der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und der Nationalen Befreiungsfront
(ERNK), die Auflösung des Berxwedan Verlags GmbH, der kurdischen Nachrichtenagentur
Kurd-Ha, der "Föderation der patriotischen Arbeiter- und Kulturvereine
aus Kurdistan in der Bundesrepublik e.V. (FEYKA Kurdistan)" sowie
von 29 örtlichen kurdischen Vereinen und des "Kurdistan-Komitees
e.V." in Köln.
Begründung u.a.: "Die Tätigkeit der PKK sowie ihrer Teilorganisationen
ERNK, Berxwedan Verlags GmbH und Kurd-Ha verstößt gegen den Gedanken der
Völkerverständigung, gefährdet die innere Sicherheit, die öffentliche
Ordnung und sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland."
Zur Erläuterung wird auf kurdische "Anschlagswellen" in der
Bundesrepublik im Jahre 1992 sowie im Juni und im November 1993 verwiesen.
Als Verbotsgründe werden weiter genannt "innerparteiliche gewaltsame
Auseinandersetzungen" in der BRD 1987 und 1988. Im einzelnen heißt
es dann: "Die von Anhängern/Sympathisanten der PKK/ERNK begangenen
Straftaten in Deutschland und der Türkei mit dem Ziel, einen Teil des
türkischen Staatsgebietes in einen noch zu gründenden kurdischen Staat
zu überführen, erfüllen diese Voraussetzungen. Die Straftaten stören das
friedliche Zusammenleben zwischen Kurden und Türken sowohl in der Türkei
als auch in Deutschland." Zudem würden die kurdischen Aktionen in
der BRD "das Verhältnis zum türkischen Staat" "erheblich"
"stören". Türkische Stellen (ausdrücklich genannt wird u.a.
die Ministerpräsidentin Tansu Ciller) hätten den Vorwurf erhoben, "die
Bundesregierung dulde PKK-Aktivitäten auf deutschem Boden und kontrolliere
sie nicht oder nur mangelhaft". (...) "Die politische Agitation
der PKK und ihr nahestehender Organisationen hat zwischenzeitlich ein
außenpolitisch nicht mehr vertretbares Ausmaß erreicht. (...) Diese Aktivitäten
schädigen bereits heute Deutschlands Ansehen in der Türkei und die bilateralen
Beziehungen erheblich." (...) "Eine weitere Duldung der PKK-Aktivitäten
in Deutschland würde diese deutsche Außenpolitik unglaubwürdig machen
und das Vertrauen eines wichtigen Bündnispartners, auf das Wert gelegt
wird, untergraben." (aus der Verbotsverfügung).
Praktisch zeitgleich mit den Verboten eröffnet die Bundesanwaltschaft
in Karlsruhe gegen eine unbekannte Zahl von kurdischen Politiker/innen
Ermittlungsverfahren wegen Bildung bzw. Unterstützung einer "terroristischen
Vereinigung".
10.
Dezember 1993
In der Türkei lässt die Regierung Ciller die Büros der prokurdischen Tageszeitung
Özgür Gündem überfallen und alle 210 Mitarbeiter/innen festnehmen.
Januar
1994
Eine kurdische Delegation in der BRD aus Mitgliedern der "Demokratie-Partei"
(DEP) und des Menschenrechtsverein IHD, darunter der stellvertretende
Vorsitzende der DEP, Remzi Kartal, der Bürgermeister der kurdischen Stadt
Hakkari, Necdet Bulgan, der IHD-Vorsitzende Ercan Kanar u.a., kritisiert
das PKK-Verbot als "Ermunterung" für den türkischen Staat bei
seiner "Unterdrückungs- und Gewaltpolitik".
Anfang
1994
In der Türkei verkündet Ministerpräsidentin Ciller, 1994 werde man die
PKK "auslöschen". Im Vorfeld der für den 27. März angesetzten
Kommunalwahlen eskaliert der Terror gegen die DEP-Partei. Während einer
Parteisitzung in Ankara explodiert eine Bombe: eine Person kommt ums Leben,
20 Menschen werden verletzt. Anfang März wird die Immunität der sechs
Abgeordneten der DEP im türkischen Parlament aufgehoben, die Abgeordneten
(darunter Leyla Zana, Hatip Dicle, Orhan Dogan u.a.) wegen "Separatismus"
und Mitgliedschaft in bzw. Untersützung einer "bewaffneten Bande"
(gemeint PKK) verhaftet.
20.
März 1994
In der BRD eskalieren zum kurdischen Neujahrs- und Widerstandsfest "Newroz"
die Konfrontationen der Polizei mit Kurd(inn)en. In fast allen Städten
werden Newroz-Veranstaltungen verboten und anreisende Busse auf der Autobahn
von der Polizei angehalten. Dabei kommt es zu heftigen Auseinandersetzungen
bis hin zu Selbstanzündungen von Kurd(inn)en. Besonders eskalieren die
Auseinandersetzungen in Augsburg, wo CSU-Innenminister Beckstein die Stadt
abriegeln und jeden Versuch der Kurd(inn)en, ihr Fest zu feiern, brutal
angreifen lässt. Ca. 500 Personalienfeststellungen zur Einleitung von
Ermittlungsverfahren sind die Folge; mindestens 17 Personen werden festgenommen,
viele sollen so rasch wie möglich abgeschoben werden.
In Mannheim zünden sich zwei kurdische Frauen, Nilgün Yildirim und Bedriye
Tas, aus Protest gegen die Verbote und die Verfolgung ihres Volkes an
und sterben. Zur Verhinderung eines Trauerzugs in Mannheim zur Ehrung
der Verstorbenen werden am 27. März bundesweit nach Presseberichten fast
32.000 Polizisten eingesetzt. Der Marsch mit ca. 10 000 Kurd(inn)en findet
aber dennoch statt.
26.
März 1994
Die BAW gibt die Verhaftung von mutmaßlichen “Gebietsleitern” im Rahmen
ihres Ermittlungsverfahrens gegen eine angebliche "terroristische
Vereinigung" innerhalb der PKK bekannt.
27.
März 1994
Gründung von YEK-KOM (Föderation kurdischer Vereine in Deutschland).
März
1994
Die belgische Regierung erklärt, sie werde trotz Drängens der Türkei kein
PKK-Verbot verhängen.
8.
April 1994
Waffenlieferungen aus Deutschland an die Türkei werden eingestellt wegen
des Vorwurfs, deutsches Kriegsmaterial werde gegen Kurd(inn)en eingesetzt.
12.
April 1994
Das "Newroz-Koordinationsbüro" in Frankfurt legt der Öffentlichkeit
erneut Berichte über den Einsatz deutscher Waffen gegen die kurdische
Bevölkerung vor.
4.
Mai 1994
Bundesaußenminister Dr. Klaus Kinkel verkündet für die Bundesregierung
die Wiederaufnahme der unterbrochenen Waffenlieferungen an die Türkei.
Ein vertragswidriger Einsatz der Waffen sei trotz der zahlreichen Fotodokumente
der Newroz-Delegationen "nicht bewiesen".
18.
Mai 1994
"Internationale Kurdistan-Konferenz" in Brüssel: Kani Yilmaz
erklärt für die ERNK-Europavertretung die Bereitschaft der PKK, "jeden
von uns zu erwartenden Schritt für eine politische Lösung zu unternehmen".
PKK-Vorsitzender Öcalan richtet eine Friedensbotschaft an die Konferenz.
Nach einem IHD-Bericht soll die türkische Armee allein in den letzten
zwei Wochen 138 kurdische Dörfer zerstört haben, 35.000 Menschen seien
auf der Flucht vor der Armee nach Südkurdistan (Nordirak).
16.
Juni 1994
In der Türkei wird die Demokratie-Partei (DEP) verboten. Ihre sechs Abgeordneten
im türkischen Parlament sind zu diesem Zeitpunkt bereits dreieinhalb Monate
in Haft und 24 ihrer Funktionäre in der kurzen Zeit der legalen Existenz
von "unbekannten Tätern" ermordet worden.
25.
Juni 1994
In Frankfurt demonstrieren ca. 100.000 Kurdinnen und Kurden auf einer
Großdemonstration "für eine politische und demokratische Lösung in
Kurdistan". Aufgerufen hatten etwa 80 kurdische und deutsche Gruppen.
1.
Juli 1994
In Hannover wird der erst kurz zuvor in die BRD geflohene kurdische Jugendliche
Halim Dener von einer Zivilstreife (SEK) nachts beim Kleben von Plakaten
mit dem Aufdruck der ERNK von hinten erschossen. Die Polizeiversion: "Versehentlich"
habe sich ein Schuss gelöst, als der schon verhaftete kurdische Jugendliche
zu fliehen versucht habe.
9.
Juli 1994
Etwa 30.000 zumeist kurdische Demonstranten beteiligen sich an einem Trauermarsch
für den erschossenen Halim Dener. Der Hannoveraner Oberbürgermeister Herbert
Schmalstieg (SPD) drückt in einer Grußadresse sein tiefes Bedauern über
die Erschießung aus.
6.
Juli 1994
Das Bayerische Oberste Landesgericht verhängt Urteile gegen die (kurdischen)
Besetzer des türkischen Generalkonsulats in München im Sommer 1993. Neun
Angeklagte werden zu je viereinhalb Jahren Haft, einer zu zweieinhalb
Jahren verurteilt. Drei weitere Angeklagte erhalten je drei Jahre Jugendstrafe.
Alle Strafen erfolgen wegen "gemeinschaftlicher Geiselnahme".
19.-21.
Juli 1994
Der türkische Generalstabschef Güres ist zu Besuch in der BRD. Das DEP-Exilbüro
meldet am ersten Tag des Besuchs, die türkische Armee habe am 18. Juli
die kurdische Stadt Lice erneut in Brand gesteckt. Seit dem 1. Januar
1993 habe die Armee 1.274 kurdische Dörfer niedergebrannt, zerstört, entvölkert.
19.
Juli 1994
Das Bundesverwaltungsgericht setzt die 1993 verhängten Verbote gegen 21
örtliche kurdische Vereine wieder außer Kraft. Die Argumentation des Bundesinnenministers,
diese Vereine seien "Teilorganisationen von Feyka Kurdistan",
sei nicht haltbar.
18.
August 1994
Eine Fahrradtournee von ca. 150 kurdischen Jugendlichen, die zur Tagung
der UN-Menschenrechtskommission nach Genf führen soll, wird bereits bei
der Abreise in Bonn u.a. wegen Tragens von Halim-Dener-T-Shirts von der
Polizei mit Schlagstöcken und Tränengas angegriffen. Viele Jugendliche
kommen verletzt ins Krankenhaus. Die Aktion wird später dennoch fortgesetzt
und kommt - trotz weiterer Angriffe - in Genf an, wo die Jugendlichen
ihre Dokumente der UNO übergeben.
2.
September 1994
In Heilbronn werden vier kurdische Jugendliche wegen "Autobahnblockaden"
im Zusammenhang mit dem kurdischen Newrozfest zu 8 bzw. 6 Monaten Haft
auf Bewährung verurteilt. Allein in Baden-Württemberg sollen wegen dieser
Vorwürfe ca. 40 Kurdinnen und Kurden inhaftiert sein, bundesweit über
260.
12.
September 1994
Der Kölner Polizeipräsident teilt dem Vertreter des kurdischen Agri-Verlags
mit, dass gegen ihn wegen Verdachts auf Verstoß gegen § 90a StGB (Verunglimpfung
der BRD) ermittelt werde. Grund: Der "Kurdistan-Report", der
vom Verlag vertrieben werde, beschuldige deutsche Stellen der Beihilfe
zum "Völkermord in Kurdistan".
24.
September 1994
Ein in Hannover geplantes kurdisches Kulturfestival wird verboten. Es
findet daraufhin in der niederländischen Stadt Maastricht statt. Trotz
erheblicher Schikanen durch deutsche Behörden bei der Anreise nehmen über
100 000 Kurdinnen und Kurden teil.
26.
September - 3. Oktober 1994
Kurdische Frauen führen einen "langen Marsch gegen den Völkermord
in Kurdistan" von Mannheim nach Straßburg zum Europaparlament durch.
Auch dieser Marsch wird mehrfach von der deutschen Polizei angegriffen.
26.
Oktober 1994
Der ERNK-Europasprecher Kani Yilmaz wird in London auf dem Weg zu einem
Gespräch mit britischen Abgeordneten und Mitgliedern des Oberhauses über
eine mögliche politische Lösung des Kurdistankonflikts von der Polizei
verhaftet.
3.
Dezember 1994
Auf Befehl der Ministerpräsidentin Tansu Ciller explodieren in den Büros
der kurdischen Tageszeitung "Özgür Ülke" mehrere Bomben, ein
Redaktionsmitglied stirbt, fünf weitere werden schwer verletzt.
8.
Dezember 1994
Das Staatssicherheitsgericht in Ankara verurteilt die DEP-Abgeordneten
Leyla Zana, Orhan Dogan, Ahmet Turk und Selim Sadak wegen "Bildung
und Zugehörigkeit zu einer bewaffneten Gruppe" zu 15 Jahren Haft,
den Abgeordneten Surhat Yurttas zu siebeneinhalb Jahren und die Abgeordneten
Sirri Sakik und Mahmut Alinak zu je dreieinhalb Jahren.
12.
Dezember 1994
Bundesweiter genereller Abschiebestopp von Kurd(inn)en als Reaktion auf
die Verurteilung der DEP-Abgeordneten
16.
Februar 1995
In Baden-Württemberg finden erneut bei 21 Vorstandsmitgliedern kurdischer
Vereine Razzien der Polizei statt. Vorwurf: "Verdacht auf verbotene
Propagandatätigkeit" zugunsten der PKK.
2.
März 1995
Bundesinnenminister Kanther verbietet das "Kurdistan-Informationsbüro"
in Köln. Vorwurf: Das Büro sei Nachfolgeorganisation des 1993 verbotenen
"Kurdistan-Komitees" in Köln. In fünf Bundesländern werden in
Zusammenhang mit dem Verbot die Wohnungen von 9 Vereinsmitgliedern durchsucht.
Am gleichen Tag verbietet in Bayern CSU-Innenminister Beckstein erneut
5 kurdische bzw. deutsch-kurdische Vereine.
10.
März 1995
Bundesinnenminister Kanther und sein türkischer "Kollege" Mentese
tauschen einen Briefwechsel aus. Darin versichert der türkische Innenminister,
aus der BRD abgeschobene Kurd(inn)en würden in der Türkei rechtsstaatlich
einwandfrei behandelt. Der Bundesregierung ist dieser Briefwechsel seitdem
Vorwand für die bedenkenlose Abschiebung von Kurd(inn)en, trotz aller
Foltervorwürfe von amnesty international, türkischen und kurdischen Menschenrechtsvereinen
gegen die türkische Polizei.
15.
März 1995
Abschiebestopp ausgelaufen, nach türkischer Zusicherung vor Abschiebungen
über eine zu erwartende Strafverfolgung Auskunft zu erteilen.
29.
März 1995
Rüstungshilfe für die Türkei wird ausgesetzt wegen Benutzung deutschen
Kriegsgeräts bei türkischer Großoffensive in Südkurdistan (Nordirak).
12. April 1995
In Den Haag gründet sich das "Kurdische Exilparlament".
4.
Mai 1995
Der PKK-Vorsitzende Öcalan wendet sich erneut in einem Aufruf an die deutsche
Öffentlichkeit. Er fordert die Aufhebung des PKK-Verbots und Verhandlungen
über eine politische Lösung der kurdischen Frage und erklärt:"Wir
wollen nicht, dass es (in der BRD, d. Red.) zu Zwischenfällen kommt".
14.
Mai 1995
Beamte von SEK und GSG-9 stürmen eine Veranstaltung kurdischer Studierender
in Mainz und verhaften 111 Personen, von denen 70 bereits am gleichen
Abend, weitere 40 am nächsten Tag wieder freigelassen werden. Eine Person
bleibt in Haft. Sie soll angeblich der "Europäischen Führungszentrale"
der PKK angehört haben und für Anschläge verantwortlich gewesen sein.
1.
Juni 1995
In Köln wird der kurdische Agri-Verlag verboten und geschlossen, 15 Tonnen
kurdischer Literatur werden beschlagnahmt.
12.
Juni 1995
Die letzten Abschiebestopps deutscher Bundesländer für türkische Kurden
laufen aus.
13.
Juni 1995
Ein 6-monatiger Abschiebestopp wird in Hessen wegen Menschenrechtsverletzungen
verhängt
17. Juni 1995
In Bonn demonstrieren etwa 100 000 Kurdinnen und Kurden "für eine
politische Lösung in Kurdistan".
4.
Juli 1995
In vielen Städten beginnen Kurd(inn)en mit Hungerstreiks gegen das PKK-Verbot,
deutsche Waffenlieferungen an die Türkei und für eine politische Lösung
der kurdischen Frage.
13.-16.
Juli 1995
Deutsche und türkische Sicherheitsbehörden vereinbaren nach einem Besuch
des Staatssekretärs im Bundesinnenministerium, Dr. Kurt Schelter, in Ankara
eine engere Zusammenarbeit. U.a. will die BRD bei der "Modernisierung"
der türkischen Polizei durch "Aus- und Fortbildung" helfen.
26.
Juli 1995
Kani Yilmaz, seit 1994 in Großbritannien inhaftierter ERNK-Europasprecher,
wird an Deutschland ausgeliefert.
27. Juli 1995
In Frankfurt wird ein Hungerstreik durch einen brutalen Polizeiangriff
gewaltsam beendet. Die IG Medien in Frankfurt wirft der Polizei darauf
"Methoden türkischer Militärs" vor. Gegen die Teilnehmer/innen
des Hungerstreiks werden in der Folge 300 Ermittlungsverfahren eingeleitet,
einer der Teilnehmer wird ein Jahr später zu 3 Jahren Haft verurteilt,
weil er eine "gefährliche und schwere Körperverletzung" versucht
habe. Er hatte zum Zeitpunkt des Polizeiüberfalls ein Feuerzeug und den
Gaskocher (für Tee!) der Hungerstreikenden in Händen gehalten. Auch in
anderen Städten kommt es zu Polizeiangriffen auf Hungerstreikende.
In Berlin stirbt die Kurdin Gülnaz Baghistani nach einem Polizeieinsatz.
An einem Trauermarsch zu ihren Ehren beteiligen sich am 1. August 1995
etwa 10.000 Kurd(inn)en in Berlin.
Ende Juli 1995
In der deutschen Presse tauchen erstmals Meldungen auf, die PKK werde
als nächstes "Scharfschützen" gegen deutsche Polizisten einsetzen.
Quelle: Das niedersächsische Landesamt für Verfassungsschutz.
Ende
Oktober 1995
CDU-MdB Heinrich Lummer trifft in Damaskus Abdullah Öcalan. Er bietet
sich als Vermittler an und leitet im März 1996 ein Schreiben der PKK an
die türkische Regierung weiter.
10. November 1995
Eine für den 18. November in Köln geplante Demonstration für eine politische
Lösung in Kurdistan und gegen die Verbote kurdischer Vereine wird verboten.
Begründung: Die Anmelderin, die PDS-Abgeordnete Ulla Jelpke, sowie die
Veranstalter (u.a. BUKO, ASTEN, Antifa-Gruppen, PDS NRW, Dritte Welt-
und Kurdistan-Solidaritätsgruppen) seien "Strohleute" für die
PKK.
15.
November 1995
Der Kurdisch-Deutsche Freundschaftsverein Hevalti in Bremen wird von Innensenator
Bortscheller (CDU) verboten: Der Verein sei eine " Volkstanzgruppe
zur Förderung der PKK".
21. November 1995
Der bayerische Innenminister Beckstein verbietet den "Kurdischen
Elternverein" in München. Bei der polizeilichen Schließung des Vereins
kommt es zu heftigen Protesten der anwesenden Kurdinnen und Kurden, die
sich zeitweise in den Vereinsräumen verbarrikadieren. 16 "Besetzer"
werden daraufhin verhaftet.
14.
Dezember 1995
Der PKK-Vorsitzende Öcalan verkündet erneut einen einseitigen Waffenstillstand.
13.
Januar 1996
Eine Veranstaltung des AStA der Uni Hannover und des Frauenreferats beim
AStA unter Mitwirkung des "Freien Frauenverbands Kurdistan"
(YAJK) über "Auswirkungen des Krieges und der Flucht auf das Leben
von Frauen. Vergewaltigung und Folter als psychologische Kriegsführung.
Frauenorganisierung in Kurdistan, den türkischen Metropolen und Europa",
auf der u.a. die SPD-Landtagsabgeordnete Hulle Hartwig, die Grüne Landtagsabgeordnete
Heidi Lippmann-Kasten und die PDS-Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke sprechen
sollten, wird wegen unerträglicher Polizeipräsenz in den Veranstaltungsräumen
kurz nach Eröffnung abgebrochen.
19.
Januar 1996
Das EU-Parlament verabschiedet eine Entschließung "Zur Lage in der
Türkei und zum Waffenstillstandsangebot der PKK". Darin wird gegen
Menschenrechtsverletzungen und terroristische Taten in der Türkei protestiert.
Das Parlament "begrüßt" den einseitigen Waffenstillstand der
PKK und fordert die türkische Regierung auf, auf dieses Angebot einzugehen,
"Mittel und Wege zur Einleitung eines nationalen Dialogs zu prüfen"
und die inhaftierten DEP-Abgeordneten sofort freizulassen.
20.
Januar 1996
Eine kurdische Demonstration in Dortmund aus Anlass des 50. Jahrestages
der kurdischen Republik Mahabad wird von der Polizei verboten. Weil 60
000 Teilnehmer angekündigt seien, könne die Veranstaltung von der PKK
"umfunktioniert" werden, heißt es in der Begründung.
Anfang
Februar 1996
Der "Appell von Hannover" wird veröffentlicht, in dem unter
Mitwirkung des Kurdistan-Informationszentrums in Köln zahlreiche deutsche
Personen des öffentlichen Lebens für einen Dialog und eine politische
Lösung der Kurdistan-Frage aufrufen sowie die Aufhebung der in der BRD
verhängten Verbote gegen kurdische Vereine verlangen. In den folgenden
Monaten steigt die Zahl der Unterzeichner/innen auf über 500 Personen
an.
11./12.
Februar 1996
In Stuttgart kommt es im Zusammenhang mit einer angeblich geplanten und
verbotenen Demonstration des kurdischen Jugendverbandes zu einer breitflächigen
"Kurdenjagd" in der Stadt. Alle irgendwie kurdisch aussehende
Personen werden von Greifkommandos der Polizei überprüft, 98 Personen
festgenommen.
12.
Februar 1996
Das Bundesamt für Verfassungsschutz und das Bundeskriminalamt verbreiten
Warnungen vor angeblich drohenden neuen "Gewalttaten" der PKK
gegen deutsche und türkische Einrichtungen in der BRD. Das Kurdistan-Informationszentrum
in Köln protestiert, dies sei eine "Täuschung der Öffentlichkeit".
9.
März 1996
Bei einer Demonstration von etwa 1500 kurdischen und deutschen Frauen
in Bonn aus Anlass des Internationalen Frauentages kommt es zu schweren
Auseinandersetzungen mit der Polizei.
12.
März 1996
Eine für den 16. März angemeldete große kurdische Demonstration in Dortmund
wird verboten, u.a., weil sich die Demonstration unter der Losung "Politische
und demokratische Lösung in Kurdistan" auf den einseitigen Waffenstillstand
der PKK positiv beziehe. Deshalb sei eine Steuerung durch die PKK erkennbar.
In der Folge kommt es zu einer polizeilichen Abriegelung des Landes NRW.
An allen größeren Straßen, Bahnhöfen, Grenzübergängen und, Autobahnen
werden einreisende Kurdinnen und Kurden festgenommen, zurückgeschickt
oder an der Einreise gehindert. Dabei kommt es zum Teil zu heftigen Auseinandersetzungen
zwischen Kurd(inn)en und der Polizei. In der Folge überschlägt sich die
Presse gegen kurdische "Gewalttäter" in der BRD. Außenminister
Klaus Kinkel spricht von kurdischen "Mordkommandos", durch die
er sich persönlich bedroht fühle. Der kurdische Dachverband YEK-KOM appelliert
an die deutschen Behörden, zu einem "Dialog" zurückzukehren.
Grüne, Flüchtlingsorganisationen, PDS, Gewerkschaften u.a. kritisieren
die Eskalationspolitik und das PKK-Verbot. CDU/CSU und FDP dagegen kündigen
eine Verschärfung der Strafgesetze und Abschiebungsregelungen gegen kurdische
Straftäter und Verdächtige an.
23./24.
März 1996
Der 20. Strafverteidigertag in Essen verurteilt das "PKK-Verbot".
Die Bundesrepublik habe damit die "politische Auseinandersetzung
mit dem kurdischen Unabhängigkeitskampf zugunsten einer polizeilich/polizeistaatlichen
Unterdrückung aufgegeben." Das Verbot verstoße gegen das Völkerrecht
und nehme der kurdischen Bevölkerung in der BRD ihre "Grund- und
Freiheitsrechte".
3.
April 1996
Bundesinnenminister Manfred Kanther teilt mit, dass er die Verbote von
20 örtlichen kurdischen Vereinen nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
"aus formalen Gründen" aufgehoben habe. Er halte die Vereine
jedoch weiterhin für "verbotsbedürftig". Betroffen seien Vereine
in NRW, Berlin, Bremen, Hessen, Baden-Württemberg, Hamburg, Schleswig-Holstein,
Saarland.
4.
April 1996
Der britische Sender BBC strahlt ein Interview mit dem PKK-Vorsitzenden
Öcalan aus, in dem er diesen nach den in Deutschland in der Presse kursierenden
angeblichen Drohungen der PKK gegen deutsche Politiker befragt. Öcalan
nennt diese Drohungen frei erfunden. Gewaltaktionen in Deutschland seien
"sinnlos und naiv" und würden von ihm abgelehnt.
10.
April 1996
In Stuttgart beginnt ein §129a-Prozess wegen angeblicher Mitgliedschaft
und/oder Unterstützung einer "terroristischen Vereinigung in der
PKK", diesmal gegen drei kurdische und einen türkischen Angeklagten.
26. April 1996
SPD-Innenminister Birzele von Baden-Württemberg verbietet den Deutsch-Kurdischen
Freundschaftsverein in Stuttgart. Dieser fördere und ermögliche in den
von ihm gemieteten Vereinsräumen und auf seinen Veranstaltungen systematisch
die Fortsetzung der Tätigkeit der verbotenen PKK.
30.
April 1996
Das BVG Bundesverwaltungsgericht stellt fest, Kurd(inn)en aus Türkei hätten
keinen generellen Anspruch auf Asyl.
Mai 1996
In mehreren deutschen Rundfunk- und Zeitungsinterviews bestreitet Öcalan
Morddrohungen gegen deutsche Politiker, räumt fehlerhaftes Verhalten der
PKK in der Vergangenheit beim Auftreten in Deutschland ein und versichert
künftig Gewaltverzicht der PKK in Deutschland.
8.
Mai 1996
Vor dem Landgericht Hannover beginnt der Prozess gegen den SEK-Beamten
Klaus T. wegen der Tötung des kurdischen Jugendlichen Halim Dener. Das
Verfahren platzt nach wenigen Verhandlungstagen wegen schwerer Formfehler
der Kammer.
13. Mai 1996
Der verantwortliche Redakteur des Infoblattes "Biji - Informationen
aus Kurdistan und der BRD" wird wegen 10 Verstößen gegen das "PKK-Verbot"
durch Abdruck von PKK-, ERNK- oder ARGK-Dokumenten verurteilt.
27.
Mai 1996
Prof. Gottstein (IPPNW), Prof. U. Albrecht (Berlin), Prof. Norman Paech
(Hamburg) und Hans Branscheidt (medico international) bringen von einem
Besuch beim PKK-Vorsitzenden Öcalan einen Brief mit. In ihm weist er auf
den anhaltenden Waffenstillstand hin und unterstreicht sein Interesse
an einer politischen Lösung des Kurdistan-Konflikts. Er fordert die PKK-Anhänger
in der BRD auf, "die Rechtsordnung ihrer demokratischen Gastländer
zu befolgen".
15.
Juni 1996
In Hamburg demonstrieren unter der Losung "Frieden jetzt" mehrere
zehntausend Kurdinnen und Kurden. Der Innensenator und der Regierende
Bürgermeister senden Grußbotschaften und bedanken sich für den friedlichen
Ablauf.
18.
September 1996
Polizisten durchsuchen in Stuttgart, Tübingen und Reutlingen Privatwohnungen
und Büros. Betroffen sind Mitglieder des "Stuttgarter Komitees zur
Unterstützung der politischen Gefangenen" und des "Kurdischen
Kultur- und Sportvereins Tübingen". Anlass ist u.a. ein Flugblatt,
in dem das Vorgehen der Polizei gegen Kurdinnen und Kurden als "immer
brutaler" eingestuft wird. Das weckt den Verdacht einer Straftat
nach § 90a StGB ("Verunglimpfung der BRD") und der Zuwiderhandlung
gegen das PKK-Verbot.
21.
September 1996
In Köln findet im Müngersdorfer (Fußball)Stadion das 4. "Friedensfestival
Kurdistan" statt. Bundesinnenminister Kanther hatte in Briefen an
den NRW-Innenminister bis zuletzt vergeblich versucht, diesen zu einem
Verbot zu bewegen,weil das Festival "von der PKK gesteuert"
sei. Zwischen 60000 und 70000 Kurdinnen und Kurden nehmen teil.
Oktober
1996
Es wird bekannt, dass die BRD zwei Fregatten an die Türkei liefern wird.
Die Bundesregierung finanziert dies mit einem 150 Millionen DM Zuschuss.
22.
Oktober 1996
Im gesamten Bundesgebiet werden über 100 Durchsuchungen durchgeführt.
Vorwürfe sind u.a. Spendengelderpressung, Fortsetzung einer verbotenen
Vereinigung usw. Beweise: ein "Zeuge vom Hörensagen" (Spitzel).
Die Freilassung von zwei inhaftierten Kurden am gleichen Tag war vom Gericht
angeordnet worden. Zugleich wurde das §129a-Verfahren gegen sie einstellt.
Begründung: Die Beweismittel stammten aus illegalen Lauschangriffen der
Polizei.
Anfang
November 1996
Rechtsanwalt Hans-Eberhard Schultz veröffentlicht eine Übersicht über
§ 129a-Verfahren gegen Kurdinnen und Kurden in der BRD. Danach sind zu
der Zeit 3 rechtskräftig verurteilte kurdische Personen aus früheren Prozessen
in Haft. 24 weitere befinden sich in U-Haft; gegen 15 von ihnen ist der
Prozess eröffnet. Die BAW habe gegen 50 weitere Gesuchte fertige Haftbefehle.
Mitte
November 1996
Der Bundestag beschließt eine drastische Verschärfung der Abschiebungsbestimmungen.
So sollen künftig Personen beim bloßen Verdacht einer Straftat abgeschoben
werden können; eine gerichtliche Überprüfung der polizeilichen Beschuldigung
ist nicht mehr nötig.
13.
Dezember 1996
Die Bundesregierung beantwortet zwei Anfragen der PDS-Bundestagsfraktion.
Sowohl die Fragen nach rechtskräftigen Urteilen gegen angebliche "PKK-Anhänger"
wegen Rauschgifthandels (Drucksache 13/6580) wie auch wegen angeblicher
"Spendengelderpressungen" (Drucksache 13/6579) kann die Bundesregierung
nicht beantworten, weil sie darüber keine Statistik führe. Was den Vorwurf
des Drogenhandels betrifft, kann die Bundesregierung nur bestätigen, dass
türkische Stellen die PKK beschuldigen.
18.
Januar 1997
Die Polizei stürmt kurdische Vereinsräume in Kassel. 40 Personen werden
durchsucht, darunter Frauen, alte Leute und Kinder. Ihr persönliches Geld
wird unter dem Vorwand, es handele sich um "Spendengeld für die PKK",
beschlagnahmt. Kinderbücher und Musikkassetten werden konfisziert und
alle Anwesenden festgenommen.
21.
Januar 1997
Ein Frankfurter Richter stellt in einem Verfahren gegen Drogenhändler
in seiner mündlichen Urteilsbegründung fest, dass die frühere türkische
Ministerpräsidentin Tansu Ciller tief in den Heroinhandel verstrickt sei.
Die beiden Drogenhändler verfügten über "exzellente Verbindungen
zur türkischen Regierung". Diese reagiert empört. Eine Anfrage der
PDS-Bundestagsfraktion nach "möglichen kriminellen Verstrickungen
von türkischen Amtsträgerinnen und Amtsträgern und deren Verbindungen
in die Bundesrepublik Deutschland", in der auch nach den Kenntnissen
der Bundesregierung über den "Susurluk"-Skandal und mögliche
Einreisen des Mafiosi Catli in die BRD trotz internationalen Haftbefehls
gefragt wird, beantwortet die Bundesregierung ausweichend. (Drucksache
13/7183)
9.
April 1997
Der Bundesgerichtshof bestätigt ein Urteil gegen den presserechtlich Verantwortlichen
des Infoblatts "Biji - Informationen aus Kurdistan" und hebt
den Freispruch des Redakteurs des "Kurdistan-Rundbriefs" aus
der ersten Instanz auf. Tenor beider Urteile: Die Veröffentlichung von
Dokumenten von PKK und ERNK sei nach dem von Kanther verhängten PKK-Verbot
strafbar, die Pressefreiheit eingeschränkt.
13.
April 1997
Auf dem 21. Strafverteidigertag in Kassel verabschieden 500 Anwältinnen
und Anwälte bei wenigen Gegenstimmen eine Resolution, mit der die Aufhebung
des PKK-Betätigungsverbots gefordert wird. Das Verbot habe zu "Hunderten
von Verfahren bei den Staatsschutzkammern der Landgerichte" geführt
sowie zu noch mehr Verfahren wegen angeblicher "Nötigung" (Straßenblockaden).
Es habe sich "als Mittel der Eskalation mit der zwangsläufigen Folge
immer weiterer polizeilicher Maßnahmen und Strafverfolgung" erwiesen
und müsse aufgehoben werden. Nötig sei "Deeskalation und offene politische
Auseinandersetzung auch unter Anerkennung der Menschenrechte und des Selbstbestimmungsrechtes
des kurdischen Volkes".
17.-20.
April 1997
Eine Delegation aus Vertretern von Pro Asyl, dem früheren NRW-Innenminister
Schnoor (SPD), des Landeskirchenrats Rheinland u.a. reist in die Türkei.
In ihrem Abschlussbericht stellt die Delegation u.a. fest: Systematische
Folter, vom Staat gedeckt, zunehmende Rechtsunsicherheit und Unberechenbarkeit
durch die Aushöhlung und Zerstörung demokratischer Institutionen, Behinderung
und Zerstörung der kurdischen Kultur und der kurdischen Sprache und eine
akute Rückkehrgefährdung abgeschobener Asylbewerber/innen aus Deutschland.
26.
April 1997
In Düsseldorf beteiligen sich etwa 65 000 Kurd(inn)en an einer Demonstration
"Zeit für Frieden in Kurdistan".
29.
Mai 1997
Im zweiten Anlauf beginnt der Prozess gegen den SEK-Beamten Klaus T. wegen
Erschießung des kurdischen Jugendlichen Halim Dener beim Plakate kleben
im Sommer 1995 in Hannover. Das Verfahren endet am 27.6. mit dem Freispruch
des SEKlers.
6. Juli 1997
In München werden die Räume des "Vereins für interkulturelle Zusammenarbeit
- Mesopotamia" von SEK und Bereitschaftspolizei durchsucht. Vorwand
ist ein geplanter Hungerstreik, in dem alewitische Vereine an das Massaker
von Sivas (Türkei) erinnern wollen, bei dem 1993 35 alewitische Intellektuelle
und Künstler von islamischen Fundamentalisten ermordet wurden. Die Münchner
Polizei vermutet in dem Hungerstreik einen "Verstoß gegen das PKK-Verbot".
8.
August 1997
Das Bundesjustizministerium bestätigt in einer Rechtsauskunft im Rahmen
eines Asylverfahrens vor dem Verwaltungsgericht Gießen einen beständigen
Datenaustausch zwischen deutschen und türkischen Justizbehörden, Polizei
usw. Grundlage sind mehrere Abkommen, so das "Europäische Übereinkommen
über die Rechtshilfe in Strafsachen" von 1959 plus Zusatzprotokollen,
sowie das "Europäische Übereinkommen zur Bekämpfung des Terrorismus"
von 1997. Danach werden den türkischen Stellen regelmäßig alle Strafnachrichten
übersandt sowie auf Ersuchen auch Daten von nicht rechtskräftig abgeschlossenen
Ermittlungsverfahren.
19.
August 1997
Der PKK-Vorsitzende Abdullah Öcalan sagt in einem ZDF-Interview bedingungslosen
Gewaltverzicht der PKK in Deutschland zu.
20. August 1997
400 Polizeibeamte durchsuchen 18 Wohnungen von Kurdinnen und Kurden und
sechs Vereine. Sechs Personen werden festgenommen und nach sieben weiteren
wird gefahndet. Vorwurf: Spendengelderpressung. Beweis: 2 verletzte Personen
sowie 10 weitere Zeugen, die angeblich "wie Spitzenpolitiker rund
um die Uhr" geschützt werden müssten.
August 1997
Der "Friedenszug Musa Anter", der am 26. August von Brüssel
nach Diyarbakir aufbrechen sollte, um für ein Ende des Krieges und eine
politische Lösung der Kurdenfrage zu werben, kann nach türkischer diplomatischer
Intervention nicht fahren. Bundesinnenminister Kanther weist kurz vor
Abfahrt des Zuges den Bundesgrenzschutz an, nicht-deutsche Mitreisende
des Zuges an der Einreise nach Deutschland zu hindern, da der Verdacht
bestehe, sie würden auf dem Boden der BRD gegen Strafgesetze verstoßen
wollen. Daraufhin kündigt die Bundesbahn den Vertrag mit den Organisatoren.
Die Teilnehmer müssen per Flugzeug nach Istanbul reisen. Ihr Versuch,
von dort mit dem Bus nach Diyarbakir zu gelangen, scheitert kurz vor der
Stadt an einer türkischen Militärsperre, die definitiv erklärt, bei Weiterfahrt
werde geschossen.
3.
September 1997
Im Hinblick auf PKK-Prozesse in der BRD zeichnet sich die Möglichkeit
für einen Kompromiss ab: Die BAW lässt Vorwurf der Rädelsführerschaft
in terroristischer Vereinigung fallen. Als Gegenleistung gestehen Angeklagte
Verantwortung innerhalb der PKK. Nach Einschätzung der "tageszeitung"
handelt es sich um einen Deal zwischen Öcalan und BAW, um nach vielen
Deeskalationsschritten den Boden für eine Aufhebung des PKK-Verbots zu
bereiten.
7. September 1997
Etwa 70 000 Kurdinnen und Kurden beteiligen sich im Müngersdorfer Stadion
in Köln am 5. kurdischen Kulturfestival.
24.
September 1997
Es wird bekannt, dass die Bundesregierung die Lieferung von "Beobachtungs-
und Aufklärungsgeräten zur mobilen Grenzüberwachung einschließlich Satellitentelefonen"
an die Türeki im Wert von 61,5 Mio. DM genehmigt. Empfänger: der Distriktgouverneur
von Diyarbakir. Die Grünen im Bundestag beantragen die Rücknahme dieser
Genehmigung (Drucksache 13/8564).
13.
Oktober 1997
In Frankfurt endet der §129a-Prozess gegen drei kurdische Angeklagte.
Sie werden zu Haftstrafen von zweieinviertel, sechseinhalb und elf Jahren
verurteilt wegen "Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung".
Damit werden sie für zahlreiche Taten in Hessen, bei denen es 1993 in
Wiesbaden einen Toten gab, politisch und strafrechtlich verantwortlich
gemacht, obwohl das Verfahren wegen des Wiesbadener Anschlags gegen kurdische
Beschuldigte schon vor Jahren eingestellt worden war. Das zuständige Gericht
hielt seinerzeits eine Steuerung des Wiesbadener Brandanschlags auf ein
türkisches Vereinslokal durch die PKK für nicht erwiesen.
3.-26. November 1997
Mit einer Rundreise unter der Losung "Dialog statt Verbot",
durch Infoveranstaltungen und Gespräche in Landtagen, versucht die YEK-KOM
auf eine Aufhebung des PKK-Verbots hinzuwirken. In mehreren Städten wird
die Delegation freundlich empfangen. In Niedersachsen und vor allem in
Bayern kommt es dagegen zu erheblichen Behinderungen bis hin zu direkten
Verboten von Informationsständen und Kundgebungen. Am Ende übergeben die
Teilnehmer/innen der Innenministerkonferenz in Schwerin ihre Forderungen.
Diese lehnt jedoch eine Aufhebung des PKK-Verbots ab. Im Zusammenhang
mit der Rundreise veröffentlichen grüne Politiker aus Schleswig-Holstein,
Hamburg, Bremen, Niedersachsen und Berlin eine "Norddeutsche Erklärung
gegen das PKK-Verbot".
9. Dezember 1997
Das Bundesverwaltungsgericht in Berlin bestätigt das von Kanther verhängte
Verbot des "Kurdistan-Komitees" in Köln, weil sich dieses in
die Strukturen der PKK eingefügt und innerhalb dieser Strukturen "arbeitsteilig"
mitgewirkt und sich von den "Anschlagswellen" von 1993 nicht
distanziert habe.
13.
Januar 1998
Generalbundesanwalt Kay Nehm: Die PKK werde künftig nicht mehr als eine"terroristische",
sondern als "kriminelle" Vereinigung eingestuft (mit Auswirkungen
auf das Strafmaß angeklagter PKK'ler).
15. Januar 1998
Das Europaparlament verabschiedet eine Resolution, in der eine internationale
Konferenz zur Lösung des "Kurdenproblems" vorgeschlagen wird.
11.
Februar 1998
Das Oberlandesgericht Celle verkündet das Urteil gegen den ERNK-Europasprecher
Kani Yilmaz: siebeneinhalb Jahre Haft. Da der Vollzug der Strafe zugleich
mit dem Urteil nach der halben Haftzeit beendet werden soll ("Halbstrafenregelung"),
wird er gleich nach der Urteilsverkündung freigelassen.
9.
Oktober 1998
Der PKK-Vorsitzende Abdullah Öcalan verlässt Syrien nach Drohungen der
Türkei und Truppenaufmarsch im Grenzgebiet.
20.
November 1998
Am 12. November 1998 erreicht Abdullah Öcalan Italien. Trotz eines bestehenden
Haftbefehls gegen Öcalan verzichtet Deutschland auf einen Auslieferungsantrag
an Italien. BRD und Italien verkünden eine Woche später gemeinsam, Öcalan
vor Gericht stellen zu lassen und eine europäische Initiative zur friedlichen
politischen Lösung der Kurdenfrage einleiten zu wollen.
15. Februar 1999
Verschleppung Öcalans aus Nairobi in die Türkei, anschließend weltweite
Proteste gegen Entführung und internationale geheimdienstliche Zusammenarbeit.
17. Februar 1999
Vor dem israelischen Generalkonsulat in Berlin werden durch israel. Sicherheitskräfte
4 Kurd(inn)en erschossen und 13 weitere teils lebensgefährlich verletzt.
Die Schützen werden sofort nach Israel ausgeflogen und genießen diplomatische
Immunität, während die Opfer der Schüsse teilweise noch mehr als drei
Jahre später vor Gericht stehen
25. Februar 1999
GBA Kay Nehm: "Es gibt keine ausreichenden Anhaltspunkte für zentral
gesteuerte Straftaten durch PKK" (FR 25.2.99, anlässlich der Proteste
wg. Öcalan-Entführung)
21. Juli 1999
Besuch von Bundesaußenminister Fischer in der Türkei. Gleichzeitig wird
Cevat Soysal, seit 1995 anerkannter politischer Flüchtling in Deutschland,
aus Moldawien in die Türkei verschleppt und schwer gefoltert. Er wird
am 25.2.2002 wegen Separatismus zu 18 Jahren und 9 Monaten Haft verurteilt.
2. August 1999
Öcalan ruft PKK zur Beendigung des bewaffneten Kampfes auf. Dies wird
am 5. und 6.8. von PKK und ARGK beschlossen.
10. Dezember 1999
Türkei erhält auf EU-Gipfel in Helsinki Kandidatenstatus für EU-Beitritt.
12. Januar 2000
In Deutschland werden 3 Büros und Journalistenwohnungen der Zeitung Özgür
Politika durchsucht, weil sie Öcalan- und PKK-Verlautbarungen veröffentlichen.
Analog hierzu auch Warnung des türkischen Justizministeriums an Medien
in der Türkei, Erklärungen von Öcalan zu verbreiten.
23. Januar 2000
Außerordentlicher 7. PKK-Parteikongress beschließt "demokratisch-politischen
Kampf als grundlegende Auseinandersetzungsform der neuen Parteistrategie".
Frühjahr
2000
Erklärung der Bundesregierung: Aufhebung des PKK-Verbots aus innenpolitischen
Gründen nicht vor nächster Bundestagswahl.
2. September 2000
Hohe Beteiligung beim Kölner Internationalen Kurdischen Kulturfestival
widerlegt Erwartungen auf Schwächung der PKK nach der Gefangennahme Öcalans
und bestätigt Friedenskurs der PKK.
Oktober
1999 - Oktober 2000
AZADI: 11 Verhaftungen, 71 Festnahmen, 175 Razzien in Vereinen und Wohnungen,
Gesamthaftstrafen 59 Jahre u. 9 Monate, Gesamtbewährungsstrafen 10 Jahre
u. 4 Monate, 45 kurdische polititische Gefangene in Deutschland.
31. Mai 2001
Beginn der Identitätskampagne in Europa und der Türkei als Einleitung
der “zweiten Phase” der PKK-Friedensoffensive.
13. Juni 2001
Die ersten 1 470 Selbsterklärungen der europaweiten Identitätskampagne
wurden dem Oberlandesgericht in Düsseldorf übergeben, wo zu diesem Zeitpunkt
das Strafverfahren gegen den kurdischen Politiker Sait Hasso verhandelt
wurde. In den folgenden Monaten haben Zehntausende Kurd(inn)en die Selbstbezichtigungen
unterschrieben, die von Delegationen in zahlreichen Städten der Bundesrepublik
an verschiedene politische Institutionen überreicht wurden. In der Erklärung
wurde auf die neue friedenspolitische Entwicklung der PKK hingewiesen,
auf die Rolle und Verantwortung Europas im vergangenen Jahrhundert bei
der Festlegung der Grenzen des Mittleren Ostens und auf das Fehlen einer
tatsächlichen Lösungsperspektive. Die Kurd(inn)en forderten die Einhaltung
der Kopenhagener Kriterien nicht nur von der Türkei, sondern auch von
Europa. Ferner betonten sie die Notwendigkeit der Aufhebung sämtlicher
Verbote, die gegenüber der PKK angewandt werden und die Freilassung des
inhaftierten PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan.
Bis zum Jahresende unterstützen etwa 120 000 Kurd(inn)en die Selbstanzeigen-Kampagne
in Europa. Allein in der BRD unterzeichnen 40 000.
29.
Oktober 2001
Festnahme des kurdischen Politikers Sahin Engizek wegen Mitgliedschaft
in einer krimineller Vereinigung. Seine Kontakte zu staatlichen und gesellschaftlichen
Institutionen und Personen seien nur die Erfüllung von PKK-Vorgaben für
die neue Friedensstrategie. Nachdem der Haftbefehl gegen Engizek wenige
Wochen später mit Auflagen außer Vollzug gesetzt wurde, konnte er am 25.
Januar 2002 aus der U-Haft entlassen werden.
5.
Februar 2002
Beschluss der PKK veröffentlicht, alle Arbeiten unter diesem Namen einzustellen.
Die Bundesanwaltschaft erklärt daraufhin, dass dies keine Auswirkungen
auf anhängige Strafverfahren gegen PKK-Funktionäre in Deutschland habe.
16. April 2002
Die Gründung des Kongresses für Frieden und Demokratie Kurdistans, KADEK,
wird bekanntgegeben.
Der bayerische Innenminister behauptet Übereinstimmung von Satzung und
Führungspersonal von PKK und KADEK. Bundesinnenminister Schily erinnert
an das im PKK-Verbot von 1993 festgeschriebene Verbot der Gründung von
Ersatzorganisationen. Dies sei bei der KADEK der Fall.
22. April 2002
In Kiel wurden 6 Wohnungen wegen angeblicher Unterstützung der PKK durchsucht.
Die Polizei beschlagnahmte hierbei Bücher, Zeitungen und Broschüren. Einer
der Betroffenen wurde zur erkennungsdienstlichen Behandlung auf eine Polizeistation
mitgenommen. Da bei ihm nichts gefunden wurde, sei er aufgefordert worden,
Aussagen hinsichtlich des Vorwurfs der Unterstützungstätigkeit zu machen.
Nach seiner Weigerung, sich dazu zu äußern, habe die Polizei ihm Angebote
zur Spitzeltätigkeit unterbreitet.
2.
Mai 2002
Die PKK wird auf die EU-"Terrorliste" gesetzt.
28.
Juni 2002
Der erste Prozess im Zusammenhang mit der im letzten Jahr begonnenen Identitätskampagne
wird eröffnet. Er findet statt vor der Großen Strafkammer 22 des Landgerichts
in Hamburg. Angeklagt ist Hamide S. Sie hat am 20. Juni 2001 gemeinsam
mit kurdischen Frauen einen Ordner mit mehreren hundert Selbstbezichtigungen
"Auch ich bin PKKler/in" der persönlichen Referentin der Hamburger
Bürgerschaftspräsidentin übergeben. Weil sie dort angeblich als Wortführerin
aufgetreten sei, habe sie nach Auffassung der Staatsanwaltschaft Hamburg
dem PKK-Verbot zuwider gehandelt, indem sie durch diese Aktion die Ziele
der PKK unterstützt, die Vereinstätigkeit im Inland gefördert und für
die PKK eine vorteilhafte Wirkung hervorgerufen hätte.
16.
Juli 2002
In Lüneburg findet eine Hausdurchsuchung bei einem Mitglied der Antifaschistischen
Aktion Lüneburg / Uelzen und der Kurdistan Solidarität Uelzen, statt.
Als Grund für die Durchsuchung wurde ein Ermittlungsverfahren wegen des
angeblichen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz (PKK-Verbot) genannt. Die
Polizei war auf der Suche nach einem Transparent, auf dem das Symbol der
verbotenen kurdischen Befreiungsfront abgebildet gewesen sein soll.
Oktober 2002
Auch die neue Bundesregierung hält an ihrer repressiven Politik gegenüber
der kurdischen Bewegung und ihrer Vertreter/innen fest. Der Mitteilung
des Generalbundesanwalts zufolge wurde der kurdische Politiker Ali K.
an der deutsch-tschechischen Grenze in Sachsen wegen Mitgliedschaft in
einer "kriminellen" Vereinigung (§ 129 StGB) festgenommen. Bundesregierung
und Strafverfolgungsbehörden haben offenbar entschieden, den von der PKK
im April diesen Jahres eingeleiteten fundamentalen Umwandlungsprozess
zu ignorieren bzw. zu torpedieren. Die politisch Verantwortlichen wollen
sich scheinbar einem friedlichen und demokratischen Verhältnis zur kurdischen
Bewegung entziehen und weiterhin auf Verbote und politische Verfolgung
setzen.
14.
November 2002
In einer großangelegten Durchsuchungsaktion hat der Münchner Staatsschutz
den kurdischen Kulturverein Med-Kulturhaus sowie über 30 Privatwohnungen
von Vereinsmitgliedern durchsucht. Dabei wurde eine Vielzahl von Computern,
Mobiltelefonen, Faxgeräten und Zeitschriften beschlagnahmt. An der Razzia
waren nach Schätzungen der Betroffenen mindestens 150 Beamte beteiligt.
28. Januar 2003
Das Landgericht Hamburg hat den Rechtsanwalt Dr. Jürgen Schneider wegen
Verstoßes gegen das Vereinsgesetz zu einer "Verwarnung mit Strafvorbehalt"
verurteilt. In diesem Fall bedeutet das konkret die Zahlung einer Geldbuße
von 1000 Euro auf zwei Jahre Bewährung. Schneider hat bereits in der Verhandlung
angekündigt, Revision gegen dieses Urteil einzulegen. Das Gericht begründete
das Urteil einerseits mit der Weigerung Schneiders, den Namen des Kurden
zu nennen, der ihn beauftragt habe, die Delegation als Anwalt zu begleiten.
Die Argumentation des Anwaltes, dass er sich an die Schweigepflicht gebunden
fühle und besagte Person nicht ebenfalls der Strafverfolgung aussetzen
wolle, hat das Gericht offenbar nicht überzeugt. Andererseits unterstellte
das Gericht dem Angeklagten, als Verteidiger in zahlreichen Prozessen
gegen Kurd(inn)en über geplante Kampagnen und Aktivitäten der kurdischen
Bewegung informiert gewesen zu sein.
28. März 2003
Entscheidung des Bundesgerichtshofs, dass die Teilnehmer/innen an der
Ende Mai 2001 begonnenen Identitätskampagne "Auch ich bin PKKler/in"
bestraft werden können. Mit dieser Entscheidung bestätigten die Richter
das Landgericht Düsseldorf, das eine Kurdin wegen des Verstoßes gegen
das Vereinsgesetz zu einer Geldstrafe von 600 Euro verurteilt hatte. Nach
Auffassung des Gerichts sowie nunmehr des BGH sei die Forderung nach Aufhebung
des PKK-Verbots vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. Weil die
Gerichte jedoch von einer "PKK-gesteuerten" Aktion ausgehen,
verstoße diese Unterschriftenkampagne gegen das Vereinsgesetz und müsse
somit bestraft werden. (siehe auch Dokumentation)
März 2003
Abkommenen zwischen der "Regierung der Bundesrepublik Deutschland
und der Regierung der Türkei über die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung
von Straftaten mit erheblicher Bedeutung, insbesondere des Terrorismus
und der Organisierten Kriminalität". Um das Abkommen umzusetzen,
sind auf deutscher Seite folgende Behörden zuständig: Bundesinnenministerium,
Bundesgesundheitsministerium, Bundeskriminalamt, Grenzschutzdirektion
und Zollkriminalamt. Auf türkischer Seite: Innen- und Gesundheitsministerium
und Staatssekretariat für Zoll des Ministerpräsidiums. Dieses Abkommen
wurde am 3.3.2003 ratifiziert, trat einen Monat später in Kraft und wurde
"auf unbestimmte Zeit geschlossen".
8. Juli 2003
Ohne einen Durchsuchungsbefehl wurden in den Räumlichkeiten des Mala Kurda-Vereins
in Köln Personalien von Anwesenden kontrolliert.
11.
Juli 2003
Prozessbeginn vor dem Landgericht Koblenz gegen die als gemeinnützig anerkannte
humanitäre Hilfsorganisation "Kurdischer Roter Halbmond" (Heyva
Sor a Kurdistane). Ihr wird vorgeworfen, im Zusammenhang mit dem PKK-Verbot
gegen das Vereinsgesetz verstoßen zu haben. Aufgrund von Aussagen des
von der Anklage eingeführten Kronzeugen Engin Sönmez soll Heyva Sor in
die PKK-Strukturen eingebunden sein und Millionenbeträge an die PKK weitergeleitet
zu haben. Am zweiten Vernehmungstag vor Gericht jedoch widerrief Sönmez
seine Aussagen und erklärte, von den Strafverfolgungsbehörden (Polizei,
Bundeskriminalamt und Bundesanwaltschaft) bedroht, unter Druck gesetzt
und für deren Zwecke instrumentalisiert worden zu sein. (siehe auch Dokumentation)
2.
August 2003
Der KADEK Exekutivrat stellt der Öffentlichkeit eine "Roadmap"
für eine friedliche und demokratische Lösung der kurdischen Frage in der
Türkei vor.
13. August 2003
Der Gesundheitszustand Öcalans verschlechtert sich zunehmend. Seit seiner
illegalen Verschleppung im Februar 1999 befindet sich Abdullah Öcalan
auf der Gefängnisinsel Imrali als alleiniger Gefangener in einer Zelle
von 13 qm. Die außerordentlichen klimatischen Verhältnisse und die schweren
Isolationshaftbedingungen haben seinen Gesundheitszustand stark angegriffen.
In einem Statement des Istanbuler Rechtsanwaltbüros, das Abdullah Öcalan
betreut, fordern die Anwälte eine sofortige Verbesserung der Haftbedingungen.
U.a. werden die Einsetzung einer unabhängigen Ärztekommission, die Verlängerung
der Besuchszeiten von Familienangehörigen (momentan 15 Min. pro Monat)
und die Verlegung an einen anderen Ort gefordert. Darunter verstehen die
Anwälte die Überführung ihres Mandanten in den Hausarrest.
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