|
Juni 2000 |
So
|
Mo
|
Di
|
Mi
|
Do
|
Fr
|
Sa
|
18. Woche | |||||||
19. Woche | |||||||
20. Woche | |||||||
21. Woche | |||||||
22. Woche |
Donnerstag, 1. Juni |
Donnerstagsdemo
Rund 1.000 bis 1.100 Menschen (TATblatt-Zählung), bzw. nach Angabe
des Aktionskomitees 3.500 Menschen, zogen – nach dem nun jeden ersten
Donnerstag im Monat stattfindenden "Frauenauftakt" bei der Skulptur
"Die Wächterin" beim Burgtheater – vom Ballhausplatz über
Ring, Schwarzenbergplatz, Prinz-Eugen-Straße zum Südbahnhof,
durch dessen Kassenhalle, weiter zum Postzentrum Wien Süd, ein
bisserl über das Post-Gelände, und anschließend
über Favoritenstraße, Karlsplatz, äußere
Kärntner Straße, Albertinaplatz sowie Ring zurück zum
Ballhausplatz.
Der geplante Weg durch die Innenstadt wurde einmal mehr von der Polizei
verhindert. Ein mehrreihiger Polizei-Kordon mit Schilden und
Schlagstöcken
blockierte z.B. die Kärntner Straße. Tretgitter gab es
keine,
was darauf schließen lässt, dass die Polizei vor allem sich
selbst nicht in ihrer Bewegungsfreiheit einschränken wollte, also
zu einem gewalttätigen Einsatz durchaus bereit war. Weitere
Versuche,
ins Zentrum vorzudringen, wurden dadurch verhindert, dass die
übliche
erste Reihe allzu rasch wieder zum Ring abdrehte.
Ein gleichartiger Polizei-Kordon erwartete die DemonstrantInnen auch
am Ballhausplatz. Der Ausgang Richtung Schauflergasse und
Bruno-Kreisky-Platz
war hermetisch abgeriegelt. Nachdem sich die Demo auflöste, zog
sich
auch die Polizei zurück. Zwischenfälle gab es keine.
Freitag, 2. Juni |
(Noch) keine Aktionen bekannt.
Samstag, 3. Juni |
Sonnenbaden gegen Blauschwarz
Nachdem nur rund 100 Leute (TATblatt-Zählung) zum Volkstanz-Termin
auf den Ballhausplatz gekommen waren, wurde auf eine Demo diesmal
verzichtet.
Dafür gab es Volkstanz-Sound-Berieselung von der einen Seite und -
zumindest bis kurz vor 16 Uhr - Marschmusik-Berieselung anlässlich
des Tages der Blasmusik von der anderen. Zwischenfälle gab es
keine.
Schattenplätze aber waren rar.
Sonntag, 4. Juni |
Keine Aktionen bekannt. Versuche, sich zwecks Störung der
ORF-Talkshow
"Zur Sache" vor dem Haas-Haus am Stephansplatz zu treffen, dürften
trotz Aufrufs in der STOPfpoe-Mailinglist wieder einmal gescheitert
sein.
Montag, 5. Juni |
ZiviManöver 2000: Streiktag
Im Rahmen des am 1. Juni von ZiviTroika
und der Plattform
für
Zivildiener ausgerufenen "Außerordentlichen
Zivildienstes" - Anlassfall: durch die am 1. Juni in Kraft getretene
ZD-Novelle ist es "zu einer schwerwiegenden Krise gekommen [...] und
ein
'ordentlicher' Zivildienst nicht mehr gewährleistet" - fand von
8.00
bis 18.00 ein Zivildiener-Streiktag statt. Am Vormittag wurde
Nationalratspräsident
Fischer eine von über 16.811 Personen unterschriebene Petition
überreicht.
Ab 10 Uhr gab's eine Demo zu Innenministerium, Rossauer Kaserne, einem
Sozialamt, Gewerkschaftsjugend und Verfassungsgerichtshof. So war es
zumindest
geplant. Über den tatsächlichen Verlauf der Aktionen liegen
uns
bislang nur Informationen über den ersten Teil der Demo vor: Bericht
vom ersten Teil der Demonstration
Uni-Freiluftvorlesungen
Um gegen Einsparungen im Uni-Bereich zu protestieren finden seit heute,
die ganze Woche über, Vorlesungen auf der Straße vor dem
Haupteingang
der Uni-Wien statt. Organisiert wurde dies von der Strv Komparatistik
und
der Gewi-Fakultätsvertretung.
Dienstag, 6. Juni |
Nachtrag: HausbesorgerInnen werfen
mit
Unterschriftenlisten
Rund 64.000 Unterschriften gegen die Streichung der gesetzlichen
Grundlagen
der HausbesorgerInnen wollten HausbesorgerInnen dem Arbeits- und
Wirtschafts-Minister
in seinem Ministerium übergeben. Nachdem sie dort jedoch
abgewimmelt
wurden, da der Minister gerade im Nationalrat weilte, folgten sie
diesem
einfach ins Parlament. Dort warfen sie ihm einige der
Unterschriftslisten
auf kurzem Weg von der BesucherInnengallerie aus zu. Die Bögen
segelten
in die Abgeordnetenreihen.
GewerkschafterInnendemo
Zwei Tage bevor die EisenbahnerInnengewerkschaft über ihren
möglicherweise
ersten Streik seit Jahrzehnten entscheidet, demonstrierten Montagabend
rund 300 Bau-Holz-GewerkschafterInnen (ORF-Angabe) mit Fackeln von der
Universität zum Wirtschafts-und-Arbeits-Ministerium um gegen die
Regierungspläne
im Sozial- und Gesundheitsbereich zu protestieren.
Mittwoch, 7. Juni |
Keine Aktionen bekannt.
Donnerstag, 8. Juni |
Donnerstagsdemo:
Die Donnerstagsdemo stand diesmal ganz im Zeichen der von der
EisenbahnerInnengewerkschaft
erwogenen Streikmaßnahmen. Zuerst zogen die DemonstrantInnen zum
Sitz der EisenbahnerInnengewerkschaft am Margaretengürtel, wo sie
von einem Gewerkschafter von den - wider Erwarten doch noch recht
unkonkreten
- Ergebnissen einer kurz zuvor zu Ende gegangenen Sitzung zum Thema
Kampfmaßnahmen
unterrichtet wurden. Dann ging es weiter zum Westbahnhof, wo die Hallen
wieder einmal durchquert und dabei die EisenbahnerInnen an der Basis
lautstark
zum Streik aufgefordert wurden.
Die Zugänge zu den Bahnsteigen waren diesmal von zahlreichen
PolizistInnen,
darunter auch WEGA-Beamte, bewacht, die automatischen Schiebetüren
in geschlossener Stellung abgeschaltet.
Zu einem Zwischenfall kam es beim Ausgang des Bahnhofs. Ein
Demonstrant,
der einen Bekannten getroffen und länger mit diesem geplaudert
hatte,
wurde, als er der inzwischen weiter entfernten Demo nachgehen wollte,
von
WEGA-Beamten eingekreist, kontrolliert und kurzfristig auch mit
Festnahme
bedroht. Nach Feststellung der Personalien durfte er aber dann doch
weitergehen.
Es wurde ihm eine Anzeige wegen gefährlicher Drohung
angekündigt.
Worauf sich die Beamten dabei beziehen wollen, kann sich der
Demonstrant
selbst nicht erklären.
Kleinere Zwischenfälle gab es auch mit rechten Provokateuren,
die jedoch rasch aus der Demo entfernt werden konnten.
Beendet wurde die Demo um zirka 23 Uhr vor dem Parlament. Erstmals
seit Monaten gelang es dort einigen DemonstrantInnen wieder bis zur
Pallas
Athene vorzudringen, nachdem das davor aufgestellte Tretgitter
unbewacht
war und somit von einigen überklettert, von anderen stellenweise
zusammengeklappt
werden konnte. Das Besteigen der Statue, wie einst im Februar, wurde
aber
von dem inzwischen wieder in Betrieb genommenen Brunnen
verunmöglicht.
Für StatistikerInnen: insgesamt wurden 10,27 km mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 4,22 km/h zurückgelegt (Tacho-Angaben eines Radfahrers). Die genaue Route war: Ballhausplatz - Ring - Linke Wienzeile - Reinprechtsdorferbrücke - Schönbrunner Straße (gegen Einbahn) - Gürtel - Kongresshaus - Gürtel - Westbahnhof - Stollgasse - Kaiserstraße - Mariahilfer Straße - Babenbergerstraße - Ring - Parlament.
TeilnehmerInnenzahl: 1300 bis 1500 (TATblatt-Zählung), 1500 (Polizeiangabe laut Standard) oder 2.800 (Angabe des Aktionskomitees).
EisenbahnerInnen - noch immer kein Streikbeschluss
Lediglich zu eher unkonkreten Entscheidungen über
Kampfmaßnahmen
gegen die von der Regierung geplante Pensionsreform konnte sich am
Abend
die EisenbahnerInnengewerkschaft durchringen. Vorerst soll abgewartet
werden,
wie sich die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst verhält, deren
Vorstand am 9. Juni tagt. Für den 20. Juni wurde eine weitere
Sondersitzung
der EisenbahnerInnengewerkschaft angekündigt. Die Aktionsformen
können,
so wurde verlautet, vom "Verteilen von Informationsblättern" (!)
bis
zu Warnstreiks reichen.
Freitag, 9. Juni |
Keine Aktionen bekannt.
Samstag, 10. Juni |
Volkstanz
Nur an die 50 Leute (TATblatt-Zählung
zwischen
16 und 17 Uhr - danach sollen es noch rund 100 Leute geworden sein)
kamen
zur "Volkstanz"-Soundpolitisierung
auf den Ballhausplatz. Mit ein Grund dafür dürfte das
gleichzeitig
im alten AKH stattgefundene "Südwind"-Straßenfest
gewesen sein. Demo fand angesichts der geringen Beteiligung keine statt.
Sonntag, 11. Juni |
Bitte liebt Österreich – Ausländer Raus
Nach einigen einleitenden Worten zur politischen Situation in
Österreich,
vorgebracht von AktivistInnen der Demokratischen Offensive und aus
deren
Umfeld, startete um zirka 21 Uhr vor rund 500 bis 600 ZuschauerInnen
(TATblatt-Zählung)
der schlingensiefsche Beitrag zu den Wiener Festwochen: eine an die
Endemol-Show
"Big Brother" angelehnte Container-Behausung für so gen.
"Asylanten".
Bis 17. Juni haben Millionen Menschen in Österreich und dem Rest
der
Welt die Möglichkeit, via Internet (www.auslaenderraus.at)
rund um die Uhr die "Asylanten" zu beobachten und "an einem
öffentlichen
Prozess der Abschiebung teil[zu]haben" (Werbetext). Täglich werden
über Telefonabstimmung zwei KandidatInnen bestimmt, die die
Container
und: das Land verlassen müssen. Sie werden gut bewacht zur Grenze
gebracht, von dort weg könne aber, so Schlingensief, keine
Sicherheitsgarantie
mehr übernommen werden. JeneR "Asylant"In, welcheR am Schluss
übrig
bleibt, darf eineN ÖsterreicherIn heiraten, und hat so das
Aufenthaltsrecht
gewonnen.
Freilich werden auch prominente ÖsterreicherInnen und weniger
unerwünschte AusländerInnen für jeweils eine Nacht auf
Besuch
in die Container kommen. Den Anfang machte Paulus Manker, ihm folgen
Elfriede
Jelinek, Luc Bondy, Josef Bierbichler und Daniel Cohn-Bendit.
Um zirka 21.20 Uhr wurden die Asyl-KandidatInnen in einem Bus mit verklebten Fenstern vorgefahren und unter Blitzlichtgewitter und zünftigen Blasmusikklängen, dargeboten von einer Straßenbahnerkapelle, von Securities in die Container geleitet.
Und für alle die es bis zu diesem Zeitpunkt immer noch nicht
begriffen
haben, stellte Schlingensief mehrmals klar, dass es heute nur
"Schauspieler"Innen
seien, die da die Container bewohnen, die bloß "spielen", die
aber
die Zukunft Österreichs und Europas spielen, die "Haider bis zu
Ende
spielen". Konsequent zu Ende gedacht wurden auch die zahlreichen auf
die
Container plakatierten FPÖ-Zitate, und auf einer großen,
weithin
lesbaren Tafel oberhalb der Container so paraphrasiert, wie
FPÖ-PolitikerInnen
sie direkt sicher nie gesagt haben wollen: "Ausländer Raus".
Daneben
weht eine FPÖ-Fahne.
Schlingensief zu seiner Inszenierung: "Das ist die Wahrheit. Das ist
die FPÖ. Das ist die Kronen Zeitung. Das ist Österreich."
mehr Infos, Live-Stream, täglich
aktuelle
"Neue Lager Zeitung", Biographie der KandidatInnen und nicht zuletzt
die
Möglichkeit der Beteiligung an der Auswahl der Abzuschiebenden: www.auslaenderraus.at
Montag, 12. Juni |
Keine Aktionen bekannt.
Dienstag, 13. Juni |
Keine Aktionen bekannt. Der MinisterInnenrat findet diese Woche
wieder
erst Mittwoch statt! (Treffpunkt zur "Begrüßung": 9.30
Ballhausplatz)
Mittwoch, 14. Juni |
Unbegrüßter MinisterInnenrat
Mangels Beteiligung am Begrüßungskomitee mussten die
MinisterInnen
und StaatssekretärInnen diesmal unbegrüßt ihr Tagwerk
beginnen.
GewerkschafterInnenproteste
Mit einer als "Zug des Grauens" benamsten Oldtimer-Straßenbahn
fuhren am Vormittag GewerkschafterInnen rund um den Ring zum Karlsplatz
zu einer kleinen Kundgebung gegen das "Belastungspaket" der Regierung.
(Quelle: Medienberichte)
Donnerstag, 15. Juni |
Tag der freien Medien
Aus Protest gegen die Streichung
des ermäßigten Postzeitungsversands für die meisten
alternativen Zeitschriften und die Subventionskürzungen
bzw. -streichungen bei freien Radios und Netzkulturinitiativen fand
österreichweit ein "Tag der freien Medien" statt.
In Wien folgte Orange 94,0 am
Vormittag den Anregungen von Staatssekretär Morak und sendete von
6.30 bis 11.00 Uhr mit "Wake up, Vienna" und "Mit More Rock in den
Vormittag"
ausnahmsweise "kommerzielles Programm": "Die beste Musik im Powerplay,
das schnellste Service, die neuesten News, garantiert kunst- und
kulturfrei!"
Ab 11.00 bot Orange allen FreundInnen der Regierung am Naschmarkt bei
der Kettenbrückengasse die Möglichkeit, Morak bei der
Zerschlagung
freier Radios zu helfen. Wer wollte, konnte Tonbandkassetten mit
Radiosendungen
kaputtschlagen. Wer hingegen Sendungen freikaufen wollte, dem wurde die
Möglichkeit geboten, ein Radio-Abo zu erwerben.
An der Aktion bei der Kettenbrückengasse beteiligte sich auch
die Vereinigung alternativer
Zeitungen
und Zeitschriften (VAZ), die im Rahmen einer kleinen Leistungsschau
Ausgaben von TATblatt, ContextXXI und Sinn.haft verschenkte.
Eine für Österreich ganz und gar neue Variante der
Kommerzialisierung
freier Meinungsäußerung wählte am Nachmittag Public
Netbase.
Via Internet wurde die Möglichkeit von "Freier Meinung on Demand"
geboten. Unter der Adresse http://www.government-austria.at/meinung/
konnten vorbereitete Meinungsäußerungen aus einer Liste
ausgewählt
und dann per SMS an die MeinungsäußerInnen am Ballhausplatz
geschickt werden. Diese machten dann die gewünschte
Meinungsäußerung
auf gewünschte Weise öffentlich.
Public Netbase veranstaltete eine Online-Abstimmung über die Frage
der Finanzierung freier Medien (http://www.pvl.at/freiemedien
– vermutlich lief diese Aktion allerdings nur am 15. Juni).
Donnerstagsdemo:
• "Gefangenenbefreiung" aus
Schlingensief-Container
Die im Rahmen des von Christoph Schlingensief inszenierten Beitrags
zu den Wiener Festwochen bei der Oper aufgestellten
"Asylanten"-Container
(siehe dazu Eintrag vom 11. Juni
und
die Site www.auslaenderraus.at)
wurden kurz vor 20.30 Uhr von DonnerstagsdemonstrantInnen
gestürmt,
das Schild "Ausländer Raus" teilweise zerstört und mit
antirassistischen
Parolen übersprüht, und die von SchauspielerInnen
dargestellten
Asyl-KandidatInnen symbolisch befreit. Dabei drangen die
DemonstrantInnen
mit Leitern in das Containergelände ein. Während die ersten
Eindringlinge
das Schild zerstörten, sprachen andere mit den teilweise
erschrockenen
KandidatInnen. Mit ihnen und mit Christoph Schlingensief wurde
schließlich
vereinbart, dass die KandidatInnen gemeinsam mit einem Fahrzeug in
"Freiheit"
gebracht werden. Später sprach Schlingensief – streng seiner
Inszenierung
folgend –, dass nun alle gleichzeitig abgeschoben worden seien. Ob das
Container-Projekt fortgesetzt wird, blieb vorerst unklar. Schlingensief
hatte bereits am Nachmittag einen Abbruch angekündigt, nachdem in
den letzten Tagen ein Brandanschlag und ein Buttersäureangriff auf
die an der Aktion Mitwirkenden stattgefunden hatten (siehe dazu Dailies
bei www.auslaenderraus.at).
Während für einige DemonstrantInnen die Aktion eine
solidarische
Intervention in das schlingensiefsche Konzept, die europäische
Abschiebepolitik
bis zur letzten Konsequenz durchzu"spielen" bedeutete, indem
Fluchthilfe
und Gefangenenbefreiung als widerständische und lebensrettende
Optionen
dargestellt und damit denkbar gemacht wurden, beklagten andere die
Zerstörung
der vielbeachteten Sichtbarmachung der rassistischen Realität in
Österreich
und Europa, und dass Linke nun bewirkten, was die Rechten vehement
gefordert
hatten, nämlich die Beendigung der schlingensiefschen
Inszenierung.
Durch Applaus für Schlingensief wurde von den meisten
DemonstrantInnen
jedenfalls deutlich Unterstützung für dessen Aktion
ausgedrückt.
• Tagung im Hotel Marriott gestürmt
– Grasser-Rede abgebrochen – Schüssel-Auftritt abgesagt
Danach zogen die DemonstrantInnen zum Hotel Marriott, wo Bundeskanzler
Schüssel um 21.15 Uhr bei der "Volkswirtschaftlichen Tagung"
der Nationalbank einen Vortrag über "Aktuelle Fragen der
Wirtschaftspolitik"
hätte halten sollen. Während Fahnenträger der KPÖ
versuchten,
die Demonstration am Hotel vorbeizuführen, ging der Großteil
der DemonstrantInnen direkt zum Haupteingang. Rund 200 von ihnen
(APA-Angabe)
gelang es problemlos ins Hotel zu gelangen, ehe der Eingang abgeriegelt
wurde. Drinnen drangen sie bis zum Tagungsraum vor. Statt Schüssel
referierte zu diesem Zeitpunkt noch der freiheitliche Finanzminister
Grasser.
Als einige DemonstrantInnen den Raum stürmten, musste er seine
Rede
jedoch im Lärm von Trillerpfeifen und "Widerstand"-Rufen sowie
letztlich
auch angesichts einer auf ungeklärte Weise auf ihn zufliegenden
Polizeikappe
abbrechen. Die Rede Schüssels wurde – laut der Tageszeitung "Die
Presse"
– abgesagt. Als sich die bis dahin eher bescheidene Polizeipräsenz
– ein Polizeioffizier fühlte sich laut "Presse" von der
Erstürmung
überrumpelt – nach einer Viertelstunde deutlich erhöhte,
wurde
die Veranstaltung und das Hotel verlassen.
• Besuch von Schubgefängnis und
FPÖ-Zentrale
Anschließend ging es zurück in Richtung Ballhausplatz. Ein
Teil der DemonstrantInnen zog noch zum ganz realen Schubgefängnis
in der Rossauer Lände, um den Schubhäftlingen von der
Straße
aus lärmend Unterstützung zu signalisieren und deren Freiheit
und Bleiberecht zu fordern. Ein paar wenige demonstrierten auch noch
weiter
zur FPÖ-Zentrale in der Kärntner Straße. Zwischen
FPÖ-Zentrale
und Oper löste sich die Demo schließlich auf.
Die Polizei verhielt sich während der gesamten Demonstration friedlich. Es gab keine Festnahmen. Besonders im Marriott wurde allerdings ausgiebigst gefilmt. Neben Sicherheitswache und Staatspolizei begleiteten auch wieder SEK-Beamte die DemonstrantInnen.
• Statistisches
Die TeilnehmerInnenzahl betrug nach TATblatt-Zählung zu Beginn
der Demo – am Ring zwischen Ballhausplatz und Oper – zirka 1300. Die
Polizei
gab diesmal mit 600 (laut "Presse") eine auffallend niedrige und
unrealistische
Zahl bekannt. Deutlich abgenommen hat die Beteiligung an der Demo
jedoch
nach Einsetzen von Regen während der "Befreiungsaktion" bei den
Schlingensief-Containern.
Beim Schubgefängnis kamen nur mehr zirka 100 bis 200
DemonstrantInnen
an. Bei der FPÖ-Zentrale waren es bestenfalls 30.
Die genaue Route war: Ballhausplatz – Herbert-Karajan-Platz
(Schlingensief-Container)
– Ring – Marriott (1. Stock) – Ring – Währinger Straße –
Hörlgasse
– Liechtensteinstraße – Berggasse – Hahngasse –
Grünentorgasse
– Roßauer Lände (Schubgefängnis) – Franz-Josefs-Kai (ab
Höhe Schottenring auf der Nebenfahrbahn) – Rotenturmstraße –
Stephansplatz – Kärntner Straße.
Vom Ballhausplatz losgezogen wurde um 19.50 Uhr. Die Auflösung
der Demo erfolgte kurz nach 23.00 Uhr.
Freitag, 16. Juni |
Keine Aktionen bekannt.
Die am Donnerstag symbolisch aus den Schlingensief-Containern
"befreiten"
AsylwerberInnen wurden wieder symbolisch inhaftiert und erneut zur
telefonisch
reihenbaren Abschiebung freigegeben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt
gegen
Schlingensief, weil er einen Ausspruch des neuen
niederösterreichischen
FPÖ-Obmanns Windholz auf den Containern angebracht und somit
mutmaßlich
gegen das NS-Verbotsgesetz verstoßen hat. FPÖ-Klubobmann
Westenthaler
und Sicherheitssprecherin Partik-Pablé fordern ein härteres
polizeiliches Vorgehen gegen die DonnerstagsdemonstrantInnen. ...
Samstag, 17. Juni |
Regenbogenparade gegen BlauSchwarz
Zwischen 50.000 und 100.000 Menschen (Polizei- bzw.
VeranstalterInnenangabe),
64 Gruppen, Vereine und Initiativen, 17 Sattelschlepper, 6 LKWs, 2
Traktoren,
1 Spielzeugbahn, 2 Motorradgruppen und 7 PKWs
(VeranstalterInnenangaben)
zogen zwischen 15 und 18 Uhr "andersrum" über die
Ringstraße.
Dabei wurde nicht nur les/bi/schwul/transgenderes Lebensgefühl
demonstriert,
sondern auch explizit gegen die ÖVP/FPÖ-Regierung
protestiert,
um zu verhindern, dass in den letzten 30 Jahren mühsam
Erkämpftes
wieder weggenommen wird. Entlang der Paradenroute gab es mehrere
Bühnen,
beim "HeldInnentor" eine Schlusskundgebung. In einem Moment der
Stille,
als die Spitze der Parade vor einer "Mauer des Schweigens" anstand,
wurde
der Opfer homophober Gewalt und von Aids gedacht, ehe die Mauer
durchbrochen
wurde.
mehr dazu:
über die Hintergründe der Parade und des Christopher Street Day in dem Artikel: "Andersrum" um den Ring
alle Infos (und Fotos) rund um die Parade auf der Site des Vereins Christopher Street Day Wien (CSD Wien)
Kundgebung gegen Veranstaltung der rechtsextremen "Olympia"
Einen Liederabend mit dem berüchtigten rechtsextremen Liedermacher
Franz Rennicke veranstaltete die deutschnationale, schlagende
Burschenschaft
Olympia in ihrem Haus in der Gumpendorfer Straße. Zirka 100
AntifaschistInnen
(TATblatt-Zählung) versuchten, diese Veranstaltung von der
Straße
aus durch laute Musik zu stören. Die Polizei verhinderte jedoch
mit
Tretgittern, dass die DemonstrantInnen näher als rund 200 Meter an
die Burschenschaft gelangten.Letztendlich wurde ein kleines
Straßenfest
draus, das einige Kinder und Jugendliche aus der Gegend anlockte.
Die Kundgebung dauerte von 19.00 bis kurz vor 21.00 Uhr.
Kurzfristige Besetzung der nun leerstehenden
Schlingensief-Container
Drei Stunden nachdem die schlingensiefsche Abschiebeaktion in den bei
der Oper aufgestellten Containern (siehe dazu Eintrag vom 11.
Juni und 15. Juni)
planmäßig
zu Ende gegangen war, besetzten ein paar AntirassistInnen
vorübergehend
die Container-Siedlung, um "die Zustände, die in diesem Land
herrschen,
[zu] bekämpfen". Wie sie das durch eine Container-Besetzung
bewerkstelligen
wollten, vermochten sie allerdings nicht zu erklären. Jedenfalls
ersetzten
sie die FPÖ-Fahne durch eine anarchosyndikalistische und
überhängten
das "Ausländer Raus"-Schild mit einem "Smash Austria"-Transparent.
Der Sinn der Besetzung dürfte auch den meisten Beteiligten
verborgen
geblieben sein, sodass die Bereitschaft, sich gegen die Polizei zu
verteidigen,
ziemlich gering war. Nachdem ein paar Polizisten vorerst erfolglos in
das
Gelände einzudringen versucht hatten, verzogen sich die
BesetzerInnen
wieder, noch während die Beamten auf Verstärkung warteten.
Ein Polizist verletzte sich angeblich am Fuß, als er beim
Versuch,
in das Gelände einzudringen, diesen Fuß in dieTür
stellte,
während die BesetzerInnen diese zu schließen
trachteten.
Von außerhalb des Geländes wurden die Polizisten zudem mit
Flaschen
und Dosen beworfen.
Zumindest eine Person soll eine Anzeige bekommen haben, Festnahmen
gab es keine.
Sonntag, 18. Juni |
Keine Aktionen bekannt.
Montag, 19. Juni |
Keine Aktionen bekannt.
Dienstag, 20. Juni |
Keine Aktionen bekannt
Mittwoch, 21. Juni |
MinisterInnenratsbegrüßung neuerlich mangels Teilnahme entfallen
Vorankündigungen ÖGB-Aktionstag am 28. Juni –
Warnstreik
bei EisenbahnerInnen und StraßenbahnerInnen
Der ÖGB-Aktionstag am Mittwoch, den 28. Juni nimmt mittlerweile
Konturen an: Die EisenbahnerInnen machen ihre Streikdrohungen offenbar
doch wahr. Der Vorsitzende der EisenbahnerInnengewerkschaft,
Haberzettl,
kündigte an, dass am 28. Juni zwischen 11.00 und 12.00 Uhr aus
Protest
gegen die "unsozialen Maßnahmen" der Regierung – also nicht nur
gegen
die Eingriffe in die EisenbahnerInnenpensionsregelungen – keine
Züge
ihre Zugausgangsbahnhöfe verlassen werden. Züge, die bereits
unterwegs sind, werden allerdings nicht außerplanmäßig
gestoppt. Zudem sollen um "5 vor 12" alle Signalhörner und
Werkssirenen
der Bahn ertönen.
Seitens der Bediensteten der Wiener Linien wurde verkündet, dass
während des Stillstands der ÖBB-Züge auch keine
Straßen-
und U-Bahnlinien sowie Autobusse verkehren werden. In anderen Meldungen
ist davon zu lesen, dass die Wiener Linien an diesem Tag erst
später
ihren Betrieb aufnehmen würden.
Die Gewerkschaft der Gemeindebediensteten plane aber auch weitere
Aktivitäten,
meldeten die alternativen und grünen GewerkschafterInnen AUGE/UG.
Seitens der Gewerkschaft der Privatangestellten sei die
Durchführung
von möglichst vielen Betriebsversammlungen geplant, um zumindest
einzelne
Betriebe kurzfristig stiilzulegen, so die AUGE/UG. Die Gewerkschaft
Druck
und Papier kündigte an, die Auslieferung von Zeitungen zu
verzögern.
Vom ÖGB selbst ist über den Ablauf des Aktionstages noch
nichts
konkretes zu erfahren.
Donnerstag, 22. Juni |
Donnerstagsdemo
Nach einer von ein paar hundert ZuschauerInnen besuchten Vorstellung
des Elfriede-Jelinek-Stücks "Das Lebewohl – ein Haider-Monolog"
von
18 bis 19 Uhr am Ballhausplatz startete um 20.15 Uhr die
Donnerstagsdemo,
die diesmal unter betont antipatriarchalem Vorzeichen stand. Die
Demospitze
wurde von einem FrauenLesbenMädchen-Block gebildet. Die Route
führte
u.a. vorbei am kosmos-frauen.raum
in der Siebensterngasse, der Frauenzimmer-Buchhandlung
Ecke Zieglergasse/Seidengasse und dem "Kurier"-Redaktionsgebäude
in
der Seidengasse (Nachtrag:) in die
Alliogasse
in den 15. Bezirk, wo vor einigen Wochen eine junge Frau ermordert
worden
war, dann über den Gürtel, durch die Blindengasse, hinter dem
Gefangenenhaus Hernalser Gürtel vorbei, und schließlich
über
die Alser Straße, vorbei am landesgerichtlichen Gefangenenhaus,
zurück
zum Ballhausplatz.
Beim "Kurier" drangen einige FrauenLesbenMädchen – ungehindert
– ins Gebäude ein und bis in den ersten Stock vor. Nach wenigen
Minuten
verließen sie das Gebäude wieder freiwillig. Zurück
blieben
jedoch vereinzelte antirassistische und antipatriarchale Sprüche
an
den Wänden.
(Nachtrag:) In der Alliogasse wurde am
Ende des Demozuges eine Demonstrantin beinahe von einem Glaskrug
getroffen,
der aus einem Fenster im driten Stock geworfen wurde. Bei dieser
Höhe
könnte sowas durchaus äußerst gefährlich, wenn
nicht
gar tödlich ausgehen. Die Polizei sah freilich keinen Grund zum
Handeln.
Der größte Teil der Demo hat von dem Vorfall nichts
mitbekommen.
Nach 23 Uhr löste sich die Demo auf.
Zu Beginn nahmen zwischen 1.000 und 1.200 Menschen daran teil
(TATblatt-Zählung).
Die Polizei verhielt sich friedlich. Die verbalen Bemühungen von Seiten der ÖVP um Kriminalisierung und polizeiliche Verhinderung der Demonstrationen zeitigten offenbar noch keinen Erfolg.
Für den nächsten Donnerstag soll anlässlich von "Zirka 150 Tage[n] FPÖVP-Regierung" wieder etwas verstärkt zur Demo aufgerufen werden.
Freitag, 23. Juni |
Keine Aktionen bekannt.
externe Links zur Pressekonferenz der ÖVP zum Thema Verbot
der
Donnerstagsdemos:
Bericht auf der Ceiberweiber-Site: http://www.ceiberweiber.at/wahl/demoverbot.htm
Transkript auf der Site "Für eine Welt ohne Rassismus": http://www.no-racism.net/aufruhr_widerstand/DoDemosverbietenPKdOEVP230600.htm
(neue Adresse!, und dann ein bisserl nach unten scrollen)
Nachträge beim Bericht von der Donnerstagsdemo vom 22. Juni:
Die Demo führte unter anderem auch in die Alliogasse im 15.
Bezirk,
wo vor einigen Wochen eine junge Frau ermordert worden war.
In der Alliogasse wurde am Ende des Demozuges eine Demonstrantin
beinahe
von einem Glaskrug getroffen, der aus einem Fenster im driten Stock
geworfen
wurde. Bei dieser Höhe könnte sowas durchaus
äußerst
gefährlich, wenn nicht gar tödlich ausgehen. Die Polizei sah
freilich keinen Grund zum Handeln. Der größte Teil der Demo
hat von dem Vorfall nichts mitbekommen.
weitere Anmerkungen zur
Donnerstagsdemo vom 22. Juni
Samstag, 24. Juni |
Volkstanz
Eher bescheiden war die Teilnahme bei der "Volkstanz"-Soundpolitisierung
am Ballhausplatz (um 17 Uhr waren es gerade mal 40 Leute;
TATblatt-Zählung).
Demo gab es wieder mal keine – aus weiser Voraussicht auch nicht einmal
einen LKW, sondern bloß ein Zelt, in dem die Anlage aufgebaut
wurde.
Bereits kurz nach Beginn kamen ein paar Sicherheitswachebeamte und
beanstandeten
die Lautstärke – vorgeblich wegen AnrainerInnenbeschwerden. Sie
gaben
sich aber zumindest vorerst mit Leiserdrehen zufrieden.
Sonntag, 25. Juni |
Keine Aktionen bekannt.
NEU auf der TATblatt-Site: TATblatt Nr. +145 vom 22. Juni 2000 – siehe TATblatt-Inhaltsverzeichnis
externe Links zur Pressekonferenz der ÖVP zum
Thema
Verbot der Donnerstagsdemos:
Bericht auf der Ceiberweiber-Site: http://www.ceiberweiber.at/wahl/demoverbot.htm
Transkript auf der Site "Für eine Welt ohne
Rassismus":
http://www.no-racism.net/aufruhr_widerstand/DoDemosverbietenPKdOEVP230600.htm
(neue Adresse!, und dann ein bisserl nach unten scrollen)
Montag, 26. Juni |
(noch) keine Aktionen bekannt
Ergänzung zum FrauenLesbenMädchen-Block
bei
der Donnerstagsdemo vom 22. Juni: eine
weitere
Stellungnahme
Dienstag, 27. Juni |
Die Begrüßung des MinisterInnenrats fiel mangels
Beteiligung
wieder aus (das schlaft im Moment offensichtlich eher ein).
Mittwoch, 28. Juni |
ÖGB-Aktionstag: Betriebsversammlungen, Warnstreiks
Mit mehr als 500 Betriebsversammlungen und anderen Aktionen
protestierten
GewerkschafterInnen in ganz Österreich gegen die Belastungs- und
Umverteilungsoffensive
der Regierung.
Ein paar Highlights:
In der Früh nahmen die städtischen Verkehrsmittel in
zahlreichen
Städten erst verspätet – nach der Abhaltung von
Dienststellenversammlungen
– den Betrieb auf.
In Wien verkehrten die Straßenbahnen, U-Bahnen und Autobusse
erst ab zirka 7.00 Uhr wieder fahrplanmäßig. Rund 4000
Bedienstete
der Wiener Linien beteiligten sich an den Dienststellenversammlungen.
Das
Liberale Forum übte sich in arbeiterInnenfeindlichem Populismus
und
organisierte einen symbolischen Streikbruch in Form eines
"Alexandra-Bolena-Bus"ses
von Heiligenstadt zum Südbahnhof.
In Klagenfurt stand der öffentliche Verkehr bis etwa 8.00 Uhr
still. Die Versuche der Klagenfurter Vekehrsbetriebe, den Verkehr mit
StreikbrecherInnen
abzuwickeln, schlug weitgehend fehl. Deren Plan, die Busse bereits
Dienstagabend
außerhalb der üblichen Garagen zu parken, um einer Blockade
der Garagenausfahrten zuvorzukommen, konnte verhindert werden. Danach
weigerten
sich nach Auskunft eines Gewerkschafters die Postauto-Bediensteten,
einen
Ersatzverkehr durchzuführen. Und letztlich war auch die
Beauftragung
privater Busgesellschaften nicht wirklich erfolgreich, da deren
FahrerInnen
mitunter falsche Routen fuhren, so die Auskunft des Gewerkschafters.
In Salzburg wurde der öffentliche Verkehr nach Drohungen des
Dienstgebers
nur für zehn Minuten blockiert.
Die EisenbahnerInnen führten zwischen 11 und 12 Uhr
österreichweit
einen Warnstreik durch. Züge die ihren Zugausgangsbahnhof in
dieser
Zeit verlassen sollten, wurden bis zum Ende des Warnstreiks verhalten.
Internationale Fernzüge waren davon ausgenommen. Züge, die
bereits
unterwegs waren, wurden nicht aufgehalten. Zudem wurden während
des
Warnstreiks die Fahrkartenschalter geschlossen, und auf der Wiener
Schnellbahn
wurden für eine halbe Stunde die Zugzielanzeigen abgeschalten. Um
"fünf vor zwölf" heulten die Werkssirenen und pfiffen die
unterwegs
befindlichen Züge. Erst ab zirka 15.30 Uhr verkehrten die
Züge
in ganz Österreich wieder planmäßig.
In Oberösterreich wurde "Miba", die Firma des Präsidenten
der Industriellenvereinigung, Mitterbauer, der in Flugblättern als
"Drahtzieher dieser scharz-blauen Regierung und ihres Kurses"
bezeichnet
wurde, durch Betriebsversammlungen über Stunden weitgehend
lahmgelegt.
In Salzburg bummelten Müll- und Straßenreinigungsfahrzeuge
durch die Stadt und blockierten den Verkehr, während
Flugblätter
verteilt wurden.
In Graz demonstrierten Straßenreinigungs- und andere
Gemeindebedienstete,
indem sie Belastungspakete vor sich her kehrten.
In Wien überreichten GewerkschafterInnen vor der Wirtschaftskammer
einer Unternehmer-Puppe auf einem "Gabenthron" symbolisch ihren Beitrag
zum Sozialabbau.
Vor dem Wirtschaftsministerium protestierten MitgliederInnen der
Gewerkschaft
Handel, Transport und Verkehr mit transparentbehangenen LKWs.
Am Flughafen Wien Schwechat verteilten PilotInnen und FluglotsInnen
in der Früh Flugblätter.
3.500 Gemeindebedienstete (ÖGB-Angabe) beteiligten sich an einer
Informationsveranstaltung hinter dem Rathaus.
Und am Ballhausplatz demonstrierten zur Abwechslung mal PolizistInnen
und GendarmInnen vor dem Bundeskanzleramt.
usw. usf.
Eine ausführlichere Zusammenfassung der Aktivitäten findet
sich auf der Website des ÖGB.
Repressionsversuche gegen Donnerstagsdemo
Versuchte Konstruktion eines "Veranstalters"
Kurt W., der Mediensprecher des "Aktionskomitees gegen Schwarzblau",
bekam dieser Tage ganze 14 Ladungsbescheide zugestellt. Ihm wird
vorgeworfen,
die Donnerstags-Demos organisiert und dabei verabsäumt zu haben,
diese
anzumelden. Kurt W. weist die Anschuldigung selbstverständlich
zurück
und sieht darin einen "plumpen Einschüchterungsversuch" sowie
einen
direkten Zusammenhang mit der am 23. Juni von der ÖVP erhobenen
Forderung
nach Verbot der Demonstrationen. Und überhaupt, so Kurt W., folgen
die TeilnehmerInnen an den Donnerstagsdemos nicht einem Aufruf des
Aktionskomitees,
sondern demonstrieren aus eigenem Antrieb gegen die Regierung (Haben
wir
doch immer schon gesagt!; Anm. Tb).
Eine ausführlichere Erklärung dazu von Kurt W. findet sich
im Widerst@nd – MUND vom
28.
Juni.
Donnerstag, 29. Juni |
Donnerstagsdemo
Von einem verhältnismäßig massiven Polizeiaufgebot
begleitet demonstrierten zwischen 1.000 und 1.300 Menschen
(TATblatt-Zählung)
(Nachtrag:)
bzw. 1.000 (Polizeiangabe) oder 3.000 Leute (Angabe des
Aktionskomitees)
vom Ballhausplatz zuerst über Ringstraße, ÖVP-Zentrale
in der Lichtenfelsgasse und so gen. Zweierlinie zur
Open-Air-Übertragungsleinwand
der Fußball-Europameisterschaft im Sigmund-Freud-Park, dann
über Zweierlinie, Karlsplatz, Schwarzenbergplatz,
Prinz-Eugen-Straße
zur ArbeiterInnenkammer, über die Argentinierstraße zum
ORF-Funkhaus,
und schließlich über Argentinierstraße,
Gußhausstraße,
Karlsplatz und Ring zurück zum Ballhausplatz.
Die begleitende Polizei setzte mit mitgeführten, aber nicht
aufgesetzten
Helmen und teilweise einsatzbereit in den Händen gehaltenen
Schlagstöcken
im Gegensatz zu den letzten Malen offensichtlich auf
Einschüchterung,
verhielt sich aber während der Demo weitgehend friedlich. Leute,
die
die Demo veließen, wurden jedoch teilweise aufgehalten und deren
Personalien aufgenommen.
Nachtrag: Nach der ArbeiterInnenkammer
war die Prinz-Eugen-Straße aus nicht näher bekannten
Gründen
– (Nachtrag zum Nachtrag:) nach Auskunft
eines
Beamten: zum Schutz der türkischen Botschaft – abgeriegelt und
damit
der ursprünglich geplante Zug zum Südbahnhof verhindert
worden,
(Nachtrag zum Nachtrag zum Nachtrag): den die erste Reihe aber
inzwischen
ohnehin nicht mehr gehen wollte. Die Demo wich wie oben beschrieben in
Richtung Argentinierstraße aus und begab sich zurück in
Richtung
Innenstadt.
Die Zahl der BeamtInnen war laut "Standard" gegenüber den letzten
Demos verdoppelt worden. Jedenfalls war die Polizei deutlich
sichtbarer.
Stellenweise wurden die DemonstrantInnen in lockerem Spalier begleitet.
Freitag, 30. Juni |
Keine Aktionen bekannt.
|
©TATblatt,
2000
Alle Rechte vorbehalten
Nachdruck, auch auszugsweise, nur in linken,
alternativen und ähnlichen Medien ohne weiteres gestattet
(Quellenangabe und Belegexemplar erbeten)!
In allen anderen Fällen Nachdruck nur mit
Genehmigung der Medieninhaberin (siehe Impressum)