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Mittwoch, 1. März
 
 

Ruhe. Die "Botschaft" wurde entgegen kursierender Befürchtungen - zumindest noch - nicht polizeilich geräumt. Der Präsidententrakt der Hofburg erstrahlte am Abend abermals im Lichte auf ihn projizierter antirassistischer Text-Dias. [Fotos]
 
 

Donnerstag, 2. März
 
 

Die donnerstägliche Demonstration gegen die Rechts-Rechtsextrem-Regierung war diesmal mit einem antifaschistischen Faschingstreiben rund um den Opernball verbunden. Zumindest am Anfang beteiligten sich daran rund 12.000 (Polizeiangabe) bis 15.000 (TATblatt-Schätzung) Menschen.
Die Demonstration führte vom Ballhausplatz quer durch die Innenstadt über Stephansplatz, Wollzeile, Parkring, Schubertring, Schwarzenbergplatz, Kärntner Ring in Richtung Staatsoper. Das Konzept, die Oper je nach von polizeilichen Absperrungen gebotenen Möglichkeiten zu umkreisen, konnte nicht realisiert werden. Während es an einer Polizeisperre Ecke Kärntner Ring / Akademiestraße mit einiger Mühe noch gelang, die Demo geschlossen an der Sperre abzulenken und weiterzuführen, teilten sich die DemonstrantInnen beim Karlsplatz auf die zur Oper führenden Straßen - Kärntner Straße und Operngasse - auf. Etliche zogen auch in Richtung Opernring weiter, um sich von dort der Oper zu nähern. Einigen dieser DemonstrantInnen gelang es in weiterer Folge beim Albertinaplatz die Zufahrt von Ballgästen empfindlich zu stören. Ein nicht unbeträchtlicher Teil der DemonstrantInnen dürfte auch den Heimweg angetreten haben.
Ab etwa 21.00 Uhr war die Demonstration auf mehrere Kundgebungen rund um die Oper aufgesplittert. An den polizeilichen Absperrungen - bestehend aus Tretgittern und mitunter mehreren Reihen von PolizistInnen mit Helm, Schlagstock und Schild - kam es zu lautstarken Missfallenskundgebungen. Versuche, die TeilnehmerInnen dieser aufgesplitterten Kundgebungen zu einem neuen, gemeinsamen Sammelpunkt zu bewegen, scheiterten.

Um ca. 22.00 Uhr ließ sich ein als Adolf Hitler verkleideter antifaschistischer Schauspieler in einem Luxuswagen zur Staatsoper chauffieren, stieg aus und ging in die Oper. Dort wurde er allerdings verhaftet. Ebenso verhaftet wurde sein Chauffeur, ebenfalls Schauspieler.

Während es bei den Opernballdemonstrationen der Jahre 1987-1990 stets ab 22.00, dem Zeitpunkt der Balleröffnung, zu brutalen Polizei-Prügeleinsätzen gekommen war, verhielten sich die BeamtInnen diesmal an den Sperren vorerst weiterhin friedlich.

Nachtrag: An der Ecke Nibelungengasse/Makartgasse kam es allerdings um ca. 22 Uhr zu einer ersten gewalttätig durchgeführten Ausweiskontrolle. Ein Demonstrant wurde dabei von einem Zivilpolizisten von hinten attackiert und auf die Straße geworfen. [dazu: AugenzeugInnenbericht]

Zu einer schweren Polizei-Provokation kam es um ca. 22.30 in der Nibelungengasse. Während die letzten paar hundert DemonstrantInnen von der Operngasse in Richtung Opernring abziehen wollten, fuhren plötzlich drei Mannschaftswägen in den Demonstrationszug. Dabei wurden DemonstrantInnen von den Bussen im Schrittdemo wiederholt angefahren und gestoßen. Verletzungsabsichten dürften damit nicht verfolgt worden sein. Eher schien es, als ob damit eine Eskalation provoziert werden sollte. Nachdem dies nicht gelang, und die DemonstrantInnen besonnen aber entschlossen weiterzogen, sprangen die BeamtInnen aus den Fahrzeugen und erweckten den Eindruck, dass jeden Moment losgeprügelt würde. Die DemonstrantInnen verhielten sich defensiv, gingen aber weiter. Letztlich zogen sich die Polizeibusse und die BeamtInnen in eine Seitengasse zurück. Die DemonstrantInnen konnten unbehelligt und unverprügelt weiterziehen.

Ein gröberer Polizei-Einsatz dürfte dann auch für den Albertinaplatz vorgesehen gewesen sein. An einer Absperrung, an der neben größeren Polizeikräften auch Wasserwerfer und ein Notarzt-Bus bereitgestellt waren, kam es zu einem härteren Polizeivorgehen, worüber uns bis jetzt leider noch keine genaueren Informationen vorliegen. Von Seiten der Demonstration gelang es, die Situation aber zu deeskalieren und schließlich wieder weiterzuziehen.

Danach teilte sich die Demonstration erneut auf. Während eine Gruppe die Oper über Kärntner Ring - Karlsplatz - Opernring und zurück zur Albertina umrundete, demonstrierte eine andere auf der inneren Kärntner Straße zwischen FPÖ-Zentrale und Oper. Kurz vor Mitternacht kamen beide Gruppen in der Kärntner Straße wieder zusammen. Gegen 0.30 lösten sich die letzten Reste der Demonstration auf. Auf den Demonstrationsschauplätzen war es bis dahin zu keinen weiteren Polizeiprovokationen mehr gekommen.

Deutlich weniger friedlich verhielt sich die Polizei abseits der Demonstration:

Bereits gegen 23 Uhr wurde in der Operngasse eine Person, die alleine unterwegs war, und - begründet oder unbegründet - als Demonstrant angesehen wurde, von zwei behelmten Polizisten erst niedergeschlagen und dann verhaftet. Ein Zeuge, der den Vorfall aus einem Lokal beobachtet hatte und zu fotografieren begann, wurde bedroht, ebenfalls niedergeschlagen zu werden. Zudem wurde versucht, ihm den Fotoapparat zu entreißen. Erst als etwa 25 weitere Lokalgäste zu Hilfe eilten, ließ die Polizei von ihm ab. Die Fotos blieben unbeschädigt. [dazu: Aussendung der GRAS: AugenzeugInnenbericht]

Nachtrag: Um ca. 23.50 Uhr wurde eine weitere Person auf dem Nachhauseweg am Burgring von Zivilpolizisten festgenommen. Nach ZeugInnenaussagen kam es zu schweren Übergriffen seitens der Polizei. Die Festgenommene wurde von Beamten gegen eine Mauer geschleudert und geschlagen. [dazu: AugenzeugInnenbericht]

Um ca. 0:45 wurden [Korrektur:] vier weitere vermutliche Demonstranten von vermummten Polizisten in Zivil mit gezogener Pistole aus einem Taxi gezerrt, zwei von ihnen verhaftet. Durch Zufall kamen andere DemonstrantInnen und ein Kamerateam dazu, wodurch eine weitere Eskalation von Seiten der Exekutive verhindert werden konnte.
[dazu: Augenzeugenbericht]
[FOTOS]

NEU: Ausschnitt aus dem Video von den Festnahmen nach der Demo am 2.3. in der Schwarzenbergstraße als MOV-Datei (QuickTime) ACHTUNG! große Datei (ca. 5MB)
(C) Copyright "Schnittpunkt - Film- und Multimediaproduktion", 2000
Für Anfragen bezüglich Verwendung der Bilder wenden Sie sich per E-Mail an: schnittpunkt@gmx.at


Eine weitere Frau wurde im Burggarten mit dem Kopf gegen eine Mauer geschlagen und anschließend verhaftet.

Insgesamt wurden an diesem Tag laut Rechtshilfe (Informationsstand 2.00 früh) 5 Personen verhaftet.  [dazu: Information der Rechtshilfe *** aktualisiert: Stand 3.3. 11 Uhr]
 
 

Freitag, 3. März
 
 

Die "Botschaft besorgter BürgerInnen" zog von ihrem Zelt in einen künstlerisch sowie fantasievoll gestalteten, vor allem aber wind- und wetterfesten Container um. Um punkt 10.00 Uhr wurde unter Anwesenheit von KünstlerInnen der Container am Ballhausplatz aufgestellt und geschmückt. Die Polizei griff nicht ein. Dadurch wurden auch die bestehenden Befürchtungen einer polizeilichen Räumung vorerst zerschlagen. Die in dieser Chronologie bei der Eintragung vom 29. Februar kritisierte EU-Fahne wurde übrigens längst wieder entfernt.

An der Fahrrad-Demo "Zweirad gegen Doppelmoral" nahmen rund 40 Personen teil. Ab 16 Uhr wurde vom alten AKH über die so gen. 2er-Linie, durch den 7. Bezirk zum Gürtel und dann zum Schwarzenbergplatz gefahren. Nach 18 Uhr ging's mit etwas geringerer Beteiligung über 2er-Linie und Ringstraße zum Ballhausplatz. Die Polizei beteiligte sich nicht an der gemeinsamen Gestaltung von Verkehrchaos, sondern hielt sich von der Demo fern.

Bitte auch Ergänzungen bzw. Korrekturen bei den Einträgen vom 28. Februar und 2. März (Opernball) beachten. Ebenso ergänzt bzw durch aktuellere Versionen ersetzt wurden die AugenzeugInnenberichte über Polizeiüberfälle am 2. März sowie die Berichte der Rechtshilfe. Außerdem gibt es nun auch Fotos vom Einsatz der vermummten Zivilpolizisten am 2. März.

NEU: Ausschnitt aus dem Video von den Festnahmen nach der Demo am 2.3. in der Schwarzenbergstraße als MOV-Datei (QuickTime) ACHTUNG! große Datei (ca. 5MB)
(C) Copyright "Schnittpunkt - Film- und Multimediaproduktion", 2000
Für Anfragen bezüglich Verwendung der Bilder wenden Sie sich per E-Mail an: schnittpunkt@gmx.at

 

Samstag, 4. März
 
 

Nachdem immer noch mindestens drei der nach der Demonstration am 2. März festgenommenen Personen in Haft sind, führte die "Volkstanz"-Demo gegen die FPÖVP-Regierung abweichend von der angemeldeten Route samt DJ-LKW beim Landesgericht vorbei. Zumindest zwei der Festgenommenen waren bereits Freitag dorthin überstellt worden. Vor allem beim Eingang Alser Straße und in der Wickenburggasse wurde lautstark die Freilassung der politischen Gefangenen gefordert. Sprechchöre, die bereits üblichen Trillerpfeifen, Knallkörper und volle Bässe vom LKW sollten sicherstellen, dass die Demo auch von den Gefangenen gehört werden konnte, denen bislang jeder Kontakt nach außen verwehrt worden war. Auch ihrem Anwalt war bisher verweigert worden, mit ihnen zu sprechen.

Anschließend zog die Demo über Florianigasse, so gen. 2er-Linie, Linke Wienzeile, Hofmühlgasse, Gumpendorfer Straße, Gürtel, Mariahilfer Straße und Johnstraße zum Meiselmarkt.
Mit dabei waren diesmal - bei Wind und Schnee - deutlich weniger Leute als am 26. Februar. Zu Beginn der Demo - um 15 Uhr - gingen zwischen 300 und 500 Menschen mit. Am Meiselmarkt kamen drei Stunden später nur mehr knapp 100 an. Den Abschluss bildete - bis kurz vor 19 Uhr - eine Straßenparty.

Bereits in der Nacht auf Samstag wurde von Behördenseite versucht, den Botschafts-Container am Ballhausplatz abzutransportieren. Als für kurze Zeit keine "BotschafterIn" anwesend war, rückte plötzlich ein Kranwagen der Magistratsabteilung 48 an. Quasi in letzter Minute konnte die "Botschaft" durch herbeieilende AktivistInnen gerade nochmal gerettet werden.
 

NEU: Ausschnitt aus dem Video von den Festnahmen nach der Demo am 2.3. in der Schwarzenbergstraße als MOV-Datei (QuickTime) ACHTUNG! große Datei (ca. 5MB)
(C) Copyright "Schnittpunkt - Film- und Multimediaproduktion", 2000
Für Anfragen bezüglich Verwendung der Bilder wenden Sie sich per E-Mail an: schnittpunkt@gmx.at

 

Sonntag, 5. März
 
 

Korrektur: Mangels DemonstrantInnen ausgefallen ist eine Kundgebung vor dem Austria Center Vienna anlässlich des RadiologInnenkongress, zu dem ca. 15.000 ÄrztInnen aus aller Welt erwartet wurden. Im Aufruf zu der Leider-nicht-Demo war zu lesen: "Bei dem Publikum dürfen wir natürlich auch nicht fehlen. Zumal so ein Event (auch wenn schon ewig geplant) in Zeiten wie diesen nicht neutral ist, sondern von Schwarzblau und der Krone jubelnd als Blockadebruch interpretiert werden kann."
 
 

Montag, 6. März
 
 

Auf den Straßen war es wieder ruhig. Auf institutioneller Ebene zogen die Polizeiüberfälle von der Nacht vom 2. auf den 3. März nun aber ein erstes Nachspiel nach sich:
Der Grüne Parlamentsklub präsentierte in einer Pressekonferenz jenes Video der Medienöffentlichkeit, das die Festnahmen durch vermummte Polizisten nach der Demo vom 2. März zeigt. Zudem wurden zu den Vorfällen parlamentarische Anfragen an Innen- und Justizminister gestellt.
Nachdem das TATblatt bereits am 3. März einzelne Standbilder und am 5. März Teile des Videos als MOV-Datei im Internet veröffentlicht hatte (Copyright "Schnittpunkt - Film- und Multimediaproduktion", 2000), zogen nun auch ORF und ATV nach, und strahlten in ihren Informationssendungen jene Bilder aus, die beweisen, was die Polizei bis vor kurzem noch dementierte. Während sich die Polizei-Pressesprecherin Edelbacher am Freitag in einem Interview mit Orange 94,0, dem freien Radio in Wien, noch unwissend gab, und meinte, dass sie sich eine solche Vorgangsweise nicht vorstellen könne (Orange aktuell, 3.3.00), reagierte Polizeipräsident Stiedl via Austria Presseagentur nun offensiv. Er rechtfertigte den Einsatz damit, dass die Festgenommenen "führende Mitglieder der 'Aktionsgemeinschaft gegen die Polizei'" (APA-Meldung) seien und zur Gewalt gegen die Exekutive aufgerufen hätten.
Da wir bislang noch keineN finden konnten, die/der je von einer solchen Gruppe gehört oder gelesen hatte, stellt sich die Frage, worauf dieses Konstrukt von Exekutiv- bzw. Justiz-Seite gestützt werden soll.

Mittlerweile steht fest, dass allen drei Festgenommenen, von denen wir bisher wissen, Landfriedensbruch und Widerstand gegen die Staatsgewalt vorgeworfen wird. Bis spätestens 16. März muss eine Haftprüfung erfolgen. Bislang dürfte dafür jedoch noch kein Termin festgesetzt sein.
 
 

Dienstag, 7. März
 
 

76 Personen bildeten ab 10 Uhr eine Menschen- bzw. Transparent-Kette vor dem und teilweise um das Bundeskanzleramt am Ballhausplatz. Erklärtes Ziel der RegierungsgegnerInnen war es, den dienstäglich dort stattfindenden MinisterInnenrat "zu begrüßen". Nach 10.30 Uhr sorgte die Polizei mit sanftem aber entschiedenem Nachdruck dafür, dass die Kette vor dem Haupteingang unterbrochen wurde, um eine ungehinderte Ein- und Ausfahrt zu ermöglichen.
Bei dem diesen Polizeieinsatz vorangegangenen Wortwechsel zwischen dem ranghöchsten anwesenden Sicherheitswachebamten und dem staatspolizeilichen Behördenvertreter stellte der uniformierte Sicherheitswachebeamte die Frage in den Raum, wozu ein solcher Einsatz gut sein solle, und vertrat die Ansicht, dass damit ein unnötiger Konflikt ausgelöst würde. Der Staatspolizist berief sich auf eine Weisung "vom Generaldirektor" (für öffentliche Sicherheit?), wonach die Kette unterbrochen werden müsse.
Gegen 12 Uhr löste sich die Menschen-/Transparent-Kette auf.
Die Regierungsmitglieder waren bereits vor Beginn der Protestaktion und dementsprechend ungehindert in das Bundeskanzleramt gelangt. Zum Verlassen des Gebäudes dürften sie wieder einmal standesgemäß auf unterirdische Gänge ausgewichen sein.
 
 

Mittwoch, 8. März
 
 

Am Vormittag protestierten FrauenLesbenMädchen vor und bei einer davon empfindlich gestörten Pressekonferenz der Initiative freiheitlicher Frauen unter dem Titel "Frau sein allein ist kein Programm - Freiheitliche Zukunftspolitik für Frauen" mit FPÖ-Frauensprecherin Theresia Zierler und der Bundesvorsitzenden der "Initiative freiheitlicher Frauen", Frauenlandesrätin in Oberösterreich und Haider-Schwester Ursula Haubner.

Zwischen 700 und Korrektur: 2000 FrauenLesbenMädchen demonstrierten anlässlich des internationalen FrauenLesbenMädchen-Kampftags bei zum Teil strömenden Regen vom Meiselmarkt in die Innenstadt - für befreite Gesellschaften, für ein Leben ohne Ausbeutung und Unterdrückung, und damit auch gegen die frauenlesbenmädchenfeindliche Politik der FPÖVP-Regierung. Zwischenkundgebungen gab es u.a. bei der Baustelle des "Kosmos-Frauenraums" und beim Landesgericht, wo die Freilassung der drei dort immer noch festgehaltenen, bei der Demo vom 2. März festgenommenen, Eva, Hermann und Werner gefordert wurde.

(Hinweis: Neu bei den AugenzeugInnenberichten von den Polizeiüberfällen in der Nacht vom 2. auf den 3. März: Bericht von der Festnahme von Eva L.)

Nachtrag (korrigiert und ergänzt): Kurz nach 18 Uhr drang während der vom Flughafensozialdienst angebotenen AusländerInnenberatung eine Polizeieinheit in das Lokal der Bezirksgruppe 4/5/6 der Wiener Grünen ein. Vorwand dafür war eine anonyme (!) Anzeige, derzufolge ein Schwarzer vor dem Lokal mit einer Waffe hantiert haben soll. Waffen wurden bei der Polizeiaktion freilich keine gefunden. Dafür wurden die dort anwesenden Menschen, die nicht als ÖsterreicherInnen angesehen wurden, perlustriert und acht Personen mitgenommen. Zwei Personen wurden wieder freigelassen. Sechs Personen wurden wegen Verstoßes gegen das Aufenthaltsrecht in Schubhaft genommen! Die Repression geht weiter ... [dazu: Aussendung der Grünen]
 
 

Donnerstag, 9. März
 
 

Zwischen 3000 (über ORF kolportierte Polizeiangabe), 5000 (TATblatt-Schätzung) und 6000 (andere Schätzung) Leute beteiligten sich an der donnerstäglichen Demonstration, die aus aktuellem Anlass vor allem zu Landesgericht und Schubgefängnis führte.

Mit einer ohrenbetäubend lauten Umrundung des Landesgerichts wurden die nach der Demo vom 2. März verhafteten und immer noch in Untersuchungshaft befindlichen Eva, Hermann und Werner gegrüßt und einmal mehr deren Freilassung gefordert.

Danach ging es über Alser Straße, Spitalgasse, Nußdorfer Straße, Alserbachstraße zum Franz-Josefs-Bahnhof. Bei einer Durchquerung der Bahnhofshalle wurden unter anderem die EisenbahnerInnen zum Streik aufgefordert.

Die weitere Route führte über Friedensbrücke, Brigittenauer Lände, Obere Donaustraße, Roßauer Brücke vorerst mal nur in die Nähe des Schubgefängnisses an der Rossauer Lände. Dort werden unter anderem jene sechs Menschen festgehalten, die am 8. März beim Polizeieinsatz gegen die AusländerInnenberatung im Bezirkslokal 4/5/6 der Grünen festgenommen wurden.

Nachdem die wieder einmal die Demospitze übernommen habenden VertreterInnen trotzkistischer Gruppen wie SLP eine Solidarisierung mit den Schubhäftlingen vor dem Gefängnis in unfassbarer Weise verhindern wollten, bog die Demo erst in die Berggasse ein. Nach einigem guten Zureden konnten die ersten Reihen dann aber doch zur Rückkehr zum Schubhäfen überredet werden. Schließlich wurde das Gefängnis umrundet und die Freiheit für alle Schubhäftlinge sowie ein Bleiberecht für alle gefordert.

Nachtrag: Die SLP stellte dazu unterdessen klar, dass sie keine Solidarisierung verhindern wollte, sondern über den Gefangenhaltungsort der Schubhäftlinge falsch informiert worden war.

[siehe dazu Richtigstellung der SLP]
Abschließend wurde zurück zum Parlament demonstriert.

Die Polizei war diesmal deutlich präsenter als bei vergleichbaren Demos zuvor. Vor Landesgericht und Schubgefängnis waren Polizeiketten mit Helm, Schild und Schlagstock aufgefahren worden. Zumindest bis zum Ende der Demo verhielten sich die BeamtInnen aber ruhig.
Zu einem Zwischenfall mit einem privaten mutmaßlichen Rechtsextremisten kam es im 9. Bezirk. Der Mann kam in die Demo und schlug ohne Vorwarnung einer Frau mit der Faust ins Gesicht. Der Rechtsextremist konnte aus der Demo gedrängt werden. Die Frau wurde ins Spital begleitet. Über den Grad möglicher Verletzungen ist bislang nichts bekannt.
 
 

Freitag, 10. März
 
 

Um die 20 Leute fahrraddemonstrierten 13 km durch Wien: vom alten AKH u.a. über Gürtel, Roßauer Lände (Schubgefängnis, wo u.a. sechs der beim Polizeieinsatz gegen die AusländerInnenberatungsstelle im Grünen Bezirkslokal 4/5/6 am 8. März Festgenommenen festgehalten werden), Alser Straße, /Wickenburggasse (Landesgericht, wo die nach der Demo vom 2. März Festgenommenen sitzen), so gen. 2er-Linie, Mariahilferstraße, Wienzeile zum Schwarzenbergplatz.
Die Straßen wurden dabei über die gesamte Breite in Beschlag genommen. Polizei fuhr zwar mit, versuchte aber lediglich, den Autoverkehr von der Demo fernzuhalten.
Ab sofort gilt als Treffpunkt für die Fahrraddemo nur noch: jeden Freitag, 16 Uhr: Altes AKH, Hof 1. Am Schwarzenbergplatz ist dann meistens Schluss.

Nachtrag: Die Gattin von Reverend Victor I., einem Aktivisten der Association for Human Rights and Democracy in Africa wurde am Freitag wegen "Widerstands gegen 3 Polizisten" verhaftet. Ihrem Gatten wurde die Kontaktaufnahme mit ihr im Polizeigefängnis am Deutschmeisterplatz verweigert.
Nähere Umstände waren bei Redaktionsschluß nicht bekannt. Die Frage ist, ob sich dieser Vorfall in die Serie der rassistischen Polizeiübergriffe der letzten Tage einreihen läßt. Informationen bitte auch an die Rechtshilfe weiterleiten. mail: rh_wien@yahoo.com
(Quelle: Für eine Welt ohne Rassismus)

Eva ist frei!!!

Eva, eine der drei nach der 2. März-Demo festgenommenen Leute, wurde am Freitag, den 10. März aus dem Gefängnis entlassen! Um rauszukommen, musste sie allerdings ein Gelöbnis [Korrektur:] ablegen, sich während des Verfahrens von Demonstrationen fernzuhalten. Das heißt: ihr wird damit explizit ein Grundrecht entzogen.
Genauer bekannt sind nun auch die Vorwürfe, die ihr gemacht werden. Sie soll - laut Begründung für die Aufhebung der Untersuchungshaft - "mit weiteren Personen ein Absperrgitter in Richtung der Absperrkette der Sicherheitswachebeamten getragen und in der Folge gegen diese geworfen" haben. Weiters wird ihr - in Bezug auf die Stunden später stattgefundene Festnahme - vorgeworfen, "habe sie versucht, sich der Festnahme zu entziehen". Eva selbst bestreitet alle diese Vorwürfe.
In der Begründung wird übrigens auch ausdrücklich festgehalten: "Während der Demonstration, insbesondere durch das gegenständliche Eisengitter, wurde kein Beamter verletzt."

Noch nicht verifizierten Polizeiaussagen im Fernsehen zufolge, sollen auch zwei der sechs nach dem Polizeieinsatz gegen die AusländerInnenberatung im Grünen Bezirkslokal 4/5/6 am 8. März in Schubhaft gesteckten Personen wieder freigelassen worden sein.
 
 

Samstag, 11. März
 
 

Zirka 300 Menschen demonstrierten mit dem "Volkstanz"-Soundpolitisierungs-LKW quer durch die Innenstadt, vom Heldenplatz über Graben, Stephansplatz zur Marienbrücke, dann weiter zum Karmelitermarkt im 2. Bezirk, und wieder zurück über Taborstraße, Stephansplatz und Graben zum Heldenplatz.
Bereits vor Beginn der Demonstration gab es von vielen Leuten Kritik daran, dass die - bei der Polizei angemeldete - Demonstrationsroute nicht am Landesgericht und dem Schubgefängnis vorbeiführte, wo immer noch zwei der nach der 2.-März-Demo  bzw. zumindest vier der bei dem Polizeieinsatz gegen die AusländerInnenberatung in einem Grünen Bezirkslokal am 8. März Festgenommenen festgehalten werden, und die VeranstalterInnen aus der Gruppe "Volkstanz" diesmal zu keiner Änderung der Route bereit waren. Sie begründeten dies unter anderem damit, dass ihnen die Polizei bereits nach der Routenänderung am 4. März mit Schwierigkeiten gedroht hätte. Unter anderem soll ihnen angekündigt worden sein, dass künftige Soundpolitisierungs-Demos bei weiteren kurzfristigen Änderungen untersagt würden.
Immerhin wurde am Graben, bei einem der zahlreichen Zwischenstopps, die Freilassung der Gefangenen gefordert.
 
 

Sonntag, 12. März
 
 

Ein Protestfest "Hora-Tanzen gegen Schwarz-Blau" veranstalteten die Vereinigung jüdischer HochschülerInnen in Wien, die jüdische Gemeinde und FreundInnen  am Nachmittag am Desider-Friedmann-Platz. Um die 100 Menschen kamen.
 

[Berlin: Nazi-"Solidarität mit Österreich" --- NPD-Aufmarsch und Antifa-Gegendemo --- Zahlreiche AntifaschistInnen festgenommen]

 

Montag, 13. März
 
 

Ruhe... Von einer von SLP/SOV angekündigten Kundgebung am Stephansplatz konnten beim besten Willen nicht einmal die VeranstalterInnen gefunden werden.
 
 

Dienstag, 14. März
 
 

Knapp 50 Menschen "begrüßten" eine Stunde lang links und rechts vom Haupteingang des Bundeskanzleramts den MinisterInnenrat, dessen Mitglieder aber - mit Ausnahme von Kunststaatssekretär Franz M. - einmal mehr unterirdische Gänge bevorzugten. Der Haupteingang selbst wurde diesmal von Anfang an von der Polizei freigehalten.

[Nachtrag zu Sonntag, 13. März:
Berlin: Nazi-"Solidarität mit Österreich" --- NPD-Aufmarsch und Antifa-Gegendemo --- Zahlreiche AntifaschistInnen festgenommen]

 

Mittwoch, 15. März
 
 

In einer HörerInnenvollversammlung im beinahe voll besetzten Audimax der Universität Wien wurde beschlossen, ab 22. März in einen "aktiven Streik" zu treten. "Aktiv" bedeutet dabei, dass alle StudentInnen aufgefordert werden, nicht einfach zu Hause zu bleiben, sondern sich an Aktionen zu beteiligen. Nach einer ersten Streik- und Aktionswoche soll in einer neuerlichen HörerInnenversammlung über das weitere Vorgehen beraten werden. Die Zeit bis zum 22. März soll zur Vorbereitung von Streik und Aktionen, insbesondere der Information der Studierenden genutzt werden. Dazu finden fortan täglich um 10 Uhr Plena im Audimax statt.

Das Audimax wurde mit sofortiger Wirkung als besetzt erklärt und soll fortan als Kommunikationszentrum für den Widerstand dienen. Dazu ist es wichtig, dass rund um die Uhr möglichst viele Leute anwesend sind (nach Möglichkeit Schlafsack mitnehmen!)

Ebenfalls der Kommunikation im Widerstand dienen soll "Strike!", eine neue Streikzeitung, die ab sofort täglich erscheint, und auch im Internet abrufbar ist: http://strike.action.at .

Während der HörerInnenversammlung kam es vereinzelt zu Störversuchen durch Mitglieder des Ringes Freiheitlicher Studenten (RFS). Es gelang jedoch rasch, die RFSler zum Verlassen der Versammlung zu bewegen.

Im Anschluss an die HörerInnenversammlung fand eine Spontandemonstration zum Landesgericht und zurück statt, um die Freilassung der nach der Demonstration vom 2. März festgenommenen, und immer noch in U-Haft befindlichen Werner und Hermann zu fordern. Daran nahmen allerdings nur knapp 70 Leute teil.

Mehr zur HörerInnenversammlung findet ihr in der Nullnummer der Streikzeitung.

Die am Freitag, den 10. März wegen angeblichen dreifachen Widerstands gegen die Staatsgewalt festgenommene Gattin von Reverend Victor I., einem Aktivisten der Association for Human Rights and Democracy in Africa, befindet sich unterdessen wieder in Freiheit. Genaueres ist uns immer noch nicht bekannt.

Richtigstellung: Zu unserer Meldung über die Freilassung von Eva am 10. März teilte uns die Rechtshilfe mit, dass sie das Gelöbnis, bis zum Ende ihres Verfahrens an keinen Demonstrationen teilzunehmen, entgegen unserer - inzwischen ausgebesserten - Bahauptung, nicht unterschrieben, sondern lediglich mündlich abgelegt hat.
 
 

Donnerstag, 16. März
 
 

Nach dem Audimax der Uni Wien wurde am Donnerstag um 18 Uhr auch die Aula der Akademie der Bildenden Künste am Schillerplatz besetzt. Nachtrag/Ergänzung: Initiiert wurde dies durch die Organisationen k0 (Kommune null), Volkstanz.net, Betazine.org und Gettoattack. Die Aula wurde allen Widerstandsinitiativen zur freien Verfügung gestellt. Sie soll mit der am 20. März eröffneten "Schluss!Aus!Stellung!" das Wohnzimmer des Widerstands werden.
Der Maler Markus Prachensky widmet seine Abschiedsausstellung als Akademie-Professor den BesetzerInnen. Am 28. März wird er mit seinen Werken dazustoßen und das Projekt finanziell mittragen.
Der ORF, der am 19. März in der Aula Szenen einer neuen Folge der Tatort-Reihe abdrehen wollte, musste die besetzten Räumlichkeiten von den WiderständlerInnen für einen Vormittag anmieten. Die erlösten 15.000 Schilling werden den nach der Demo vom 2. März Inhaftierten des Opernballs zur Verfügung gestellt. Die WiderständlerInnen, die die Akademie als Kommune besetzt halten, beschreiben ihre Vorgangsweise als "Wegelagerei gegen einen Staat, der vor Geiselnahme nicht zurückschreckt."

Um 19 Uhr zogen vom Ballhausplatz zwischen 2.500 (über ORF kolportierte Polizeiangabe) und 7.000-8.000 (TATblatt-Schätzung) Menschen zur donnerstäglichen Demonstration los. Über die Ringstraße wurde erst zur besetzten und widerständisch geschmückten Akademie der bildenden Künste gezogen, dann über die Wienzeile und kreuz und quer durch den 6. Bezirk zum Westbahnhof. Nach der fast schon traditionellen Bahnhofshallendurchquerung wurde eine Runde durch den 15. Bezirk gedreht, um anschließend, diesmal am Westbahnhof vorbei, über den Gürtel - nachträgliche Ergänzung: vorbei am Polizeigefangenenhaus Hernalser Gürtel, einem der Wiener Schubgefängnissen - und die Alser Straße zum Landesgericht zu demonstrieren. Dort wurde einmal mehr lautstark die Freilassung von Werner und Hermann und überhaupt aller politischer Gefangener gefordert. Abschließend wurde zur Uni Wien gegangen und die Demo schließlich um ca. 23 Uhr beim besetzten Audimax aufgelöst.
 
 

Freitag, 17. März
 
 

Nur gerade mal 10 Leute beteiligten sich an der freitäglichen Fahrraddemo, die erst zum besetzten Audimax der Uni Wien und dann über so gen. 2er-Linie und Mariahilfer Straße in den 7. Bezirk führte, wo sie sich nach relativ kurzer Fahrt auflöste. Polizei hielt sich von der Minidemo fern.

Nachtrag: Am Nachmittag fand in Wien 10 eine Kundgebung gegen Zwangsarbeit statt, an der rund zwanzig Menschen teilnahmen. Für die Organisation zeichneten die "Revolutionär Kommunistische Liga (RKL)" und befreundete Gruppen verantwortlich. Unter dem Titel "Gegen Zwangsarbeit" und "Keine Regierung der Reichen" wurde dazu aufgerufen, die herrschenden Klassen zu bekämpfen. Mit etwas dogmatischen Redebeiträgen wurden die Menschen, die sich in Hörweite des Megaphons befanden, darüber informiert, warum die "Politik des kleinen Mannes" eine solche nicht sei, und dass eben diese "kleinen Leute" jetzt die Rechnung bezahlen würden. Im Laufe der Veransaltung kam es zu einigen verbalen Auseinandersetzungen mit rechtsextremen PassantInnen. (Danke an die Plattform für eine Welt ohne Rassismus für die Infos)
 
 

Samstag, 18. März
 
 

Diesmal ohne DJ-Truck, dafür aber mit unzähligen tragbaren Radiogeräten, machten sich um 15 Uhr rund 500 Leute bei der samstäglichen, von der Gruppe "Volkstanz" organisierten, Soundpolitisierungs-Demo gegen Schwarzblau auf den Weg. Das dazugehörige Radioprogramm mit Musik und inhaltlichen Beiträgen wurde von "Volkstanz"-AktivistInnen über Orange 94,0, dem freien Radio in Wien, beigesteuert.
Die Demo führte vom Heldenplatz erst zum Schillerplatz zur Akademie der bildenden Künste, deren Aula seit 16. März besetzt ist. Anschließend ging es zur Linken Wienzeile, selbige ein Stück stadtauswärts, dann über die Rechte Wienzeile zurück in die Innenstadt, die anschließend durchquert wurde.
In der Innenstadt stellte sich die Polizei mehrmals den DemonstrantInnen in den Weg und erzwang so justament bei einer der wenigen angemeldeten Demonstrationen unvorhergesehene Routenänderungen. Korrektur und Ergänzung: Am Michaelerplatz kam es dabei um ca. 17 Uhr zu einem Zwischenfall, als WEGA-Polizisten die DemonstrantInnen handgreiflich zurückdrängten - für WEGA-Verhältnisse allerdings eher sanft mittels Faustschlägen, Remplern und Fußtritten. Darüber, ob auch Gumminknüppel eingesetzt wurden, gibt es unterschiedliche Berichte. Es kam zu Verletzungen. Verhaftet wurde jedoch keineR.
Ergänzung (nach Informationen der Rechtshilfe): Kurz darauf entrissen PolizistInnen mit Helm und Schutzschirm einer Frau eine Videokasette und schlugen auch auf sie ein.
Die Demo konnte anschließend, wenn auch über einen kleinen Umweg, zum geplanten Zielpunkt, der Akademie der bildenden Künste, fortgesetzt werden. Korrektur und Ergänzung (nach Informationen der Rechtshilfe): Um 18 Uhr wurde ein Demo-Teilnehmer, der die Polizeieinsätze mit Videokamera aufzeichnete, von PolizistInnen angegriffen. Aufgrund des couragierten Einschreitens anderer DemonstrantInnen konnte eine Vehaftung jedoch verhindert werden. Es wurden "nur" seine Personalien aufgenommen. Die amtshandelnden PolizistInnen weigerten sich, sich mittels Dienstnummer zu legitimieren. Einer der Polizisten kommentierte dabei provokant unpassend, dass ihn das daran erinnere, wie im Nationalsozialismus die Juden auch nach ihrer Nummer gefragt worden waren.
Zwischen 50 und 60 DemonstrantInnen zogen von dort noch weiter zum Landesgericht, um die Freilassung von Werner und Hermann zu fordern, und schließlich ins seit 15. März besetzte Audimax der Uni Wien.
Auf  dieser nicht angemeldeten Route kam es zu keinen Provokationen der Polizei.

[LeserInnenbrief "Sexismus und Widerstand"
zu sexistischen Kabarett-Einlagen auf der Volkstanz-Demo über Orange 94,0
inklusive ersten Reaktionen]
Gleichzeitig fand im Vorstadtbezirk Simmering eine von lokalen Gruppen organisierte Demonstration "Simmering gegen Rassismus" statt, an der zwischen 100 und 120 Personen teilnahmen.
Die Route führte vom Einkaufszentrum Simmering an der Simmeringer Hauptstraße über Hasenleiten, wo in den 1930er-Jahren eine vor allem von Erwerbslosen bewohnte Barackensiedlung existierte, die Braunhubergasse, in der bis zu ihrer Zerstörung in der Reichspogromnacht eine Synagoge stand, und die Grillgasse, wo der für seine Beiträge zu lokalen rassistischen Diskursen berüchtigte FPÖ-Bezirkschef sein  "Kulturcafé Stadler" betreibt, zurück zum Einkaufszentrum. In fundierten Redebeiträgen wurden sowohl historische Fakten zu den genannten Orten als auch deren Bezüge zu heute dargestellt. Insbesondere jugendliche SimmeringerInnen schlossen sich unterwegs der Demo an.
Zu einem glimpflich verlaufenen Zwischenfall kam es zu Beginn der Demonstration, als ein Auto einem Radio-Orange-Reporter über den Fuß fuhr. Der Lenker eines nur zehn Meter entfernten Polizeautos (BP 1412) beschränkte sich darauf, den Reporter aufzufordern, Ruhe zu geben. Der Bitte, seine Dienstnummer mitzuteilen, kam der Beamte freilich nicht nach. Dem Mitorganisator der Demonstration Willi Stelzhammer war in seiner bekannt solidarischen Art der Vorfall ebenfalls nur ein Achselzucken wert, nachdem er kurz zuvor noch über Lautsprecheranlage die Leute aufgefordert hatte, die Straße zu betreten. Der Reporter selbst klagte über glücklicherweise nur leichte Schmerzen und konnte an der Demo weiter teilnehmen.
 
 

Sonntag, 19. März
 
 

keine neuen Aktionen, alle bekannten Besetzungen weiter aufrecht
Bitte auch die Korrekturen und Ergänzungen beim Eintrag zum 18. März beachten.
 
 

Montag, 20. März
 
 

Die für 8.00 Uhr befürchtete Erstürmung des Audimax durch Mitglieder des Ringes Freiheitlicher Studenten (RFS) fand - zumindest vorerst - nicht statt. Eine für diesen Zeitpunkt angesetzte Jus-Vorlesung wurde entgegen vorheriger Ankündigungen doch ins Juridikum verlegt. Für Entwarnung ist es aber dennoch zu früh. So kündigten RFS-ler inzwischen an, dass wenn die Besetzung Dienstag noch andauere, sie diese beenden wollen. Für Mittwoch 8.30 ist eine juristische Vorlesung des ehemaligen FPÖ-Abgeordneten Brauneder angesetzt. Aus diesen Gründen ist es weiterhin wichtig, dass zu jeder Tageszeit, insbesondere aber in der Nacht und in der Früh (Dienstag Jus-Vorlesung um 10.30 Uhr, Mittwoch Brauneder-Jus-Vorlesung um 8.30 Uhr) möglichst viele BesetzerInnen im Audimax anwesend sind.

In einer HörerInnenversammlung im Audimax, die wie derzeit jeden Tag um 10 Uhr begann, wurde mehrheitlich beschlossen, dass im Audimax angesetzte Prüfungen, so sie nicht verlegt werden können, stattfinden dürfen. Damit sollte vor allem verhindert werden, dass Studierende aufgrund der Besetzung wichtige Voraussetzungen für den weiteren Bezug von Stipendien oder von Visa nicht erbringen können. Vorlesungen sollen jedoch weiterhin verhindert werden, es sei denn, sie werden in Diskussionen über die Rechts-Rechtsextrem-Regierung umgewandelt, wozu sich bereits mehrere Vortragende bereit erklärt haben.

In zahlreichen Wortmeldungen wurde auch darüber diskutiert, inwieweit widerstandsbereite Studierende durch den Streikbeschluss des Audimax-Plenums überrollt und damit die Widerstandsbewegung an der Uni geschwächt würde. Insbesondere von Institutsgruppen, von StudierendenvertreterInnen, vom Kommunistischen StudentInnenverband (KSV) und vom Verband sozialistischer StudentInnen (VSStÖ) wurden Vorwürfe laut, dass im Audimax eine selbsternannte Speerspitze der Bewegung eine zentralistische Hierarchisierung der Bewegung forciere, welche in krassem Widerspruch zur vielfältigen, dezentralen und spontanen Struktur stehe, welche die seit dem 1. Februar anhaltenden Proteste auszeichnete. Solch ein Zentralismus behindere die Mobilisierung von Studierenden, und verhindere so einen Erfolg jener Aktionswoche ab dem 22. März, die bereits lange vor dem Streikbeschluss vorzubereiten begonnen wurde. RednerInnen vor allem trotzkistischer Gruppen wiesen diese Vorwürfe zurück und betonten die Wichtigkeit, die Proteste nun zu einem Streik weiterzuentwickeln, welcher Anstoß zu Streiks in der ArbeiterInnenklasse sein könnte und sollte, wodurch ein Rücktritt der Regierung erzwungen werden könne.

Der bereits am 15. März gefasste Beschluss, ab 22. März in den Streik zu treten, bleibt weiter aufrecht. Die bislang nur mäßig gut angelaufenen Vorbereitungen auf den Streik, insbesondere die Information der Studierenden, sollen bis dahin intensiviert werden.

bitte auch Ergänzungen, Korrekturen und Nachträge bei den Einträgen zum 16. März und zum 18. März beachten


Nachtrag: Da der normalerweise Dienstag stattfindende MinisterInnenrat wegen der für Dienstag geplanten Nationalratssitzung auf Montag verlegt wurde, und zudem die Parteivorsitzenden der Oppositionsparteien SPÖ und Grüne zu Gesprächen über einen "Schulterschluss" gegen die internationale Kritik an Österreich ins Bundeskanzleramt eingeladen waren, demonstrierten an die zwanzig Menschen am Ballhausplatz gegen die Rechts-Rechtsextrem-Regierung und gegen besagten "Schulterschluss".
 
 

Dienstag, 21. März
 
 

Zumindest bis Mittag ist der befürchtete Angriff von freiheitlichen Studenten auf das besetzte Audimax ausgeblieben. Unklar war am Vormittag noch, wie mit für den Nachmittag angesetzten Vorlesungen im Audimax umgegangen werden soll. Eine von einigen geforderte neuerliche Abstimmung darüber fand zwar nicht statt, doch zeigte sich ein gewisses Missverhältnis zwischen den zur Umsetzung des Beschlusses vom 20. März, alle Vorlesungen, die nicht zu regierungskritischen Alternativveranstaltungen umgewidmet werden, verhindern zu wollen, notwendigen und den tatsächlich vorhandenen Kräften. Die Besetzung bleibt jedenfalls - ungeachtet allfälliger Vorlesungen - aufrecht. Seit den Morgenstunden steht neben der Universität ein Mannschaftswagen der Polizei bereit.

Einigkeit bestand darüber, dass die für Mittwoch 8.30 Uhr angesetzte Vorlesung von Ex-FPÖ-Abgeordneten Brauneder verhindert werden soll. Mittwoch ab 8.00 Uhr sollen sich möglichst viele BesetzerInnen im Audimax einfinden, was angesichts des für diesen Tag angesetzten Streikbeginns kein Problem darstellen sollte.

Die Vorbereitungen auf den Mittwoch beginnenden Streik gehen indessen weiter - im Audimax und vielmehr noch auf den verschiedenen Instituten. Am Mittwoch um 17 Uhr findet im Audimax wieder eine große HörerInnenversammlung statt. Weitere Infos und Termine dazu finden sich in der Streikzeitung "Strike!"

Nachdem der normalerweise Dienstag stattfindende MinisterInnenrat bereits am Montag stattgefunden hatte, zogen die 20-30 Leute, die zum dienstäglichen Vormittagskundgebungs-Termin auf den Ballhausplatz gekommen waren, in Richtung Parlament, wo in der dort stattfindenden Nationalratssitzung die Budgetrede des Finanzministers am Programm stand. Die Mini-Demonstration löste sich aber bald auf.
 
 

Mittwoch, 22. März
 
 

Mit HörerInnenversammlungen, Alternativlehrveranstaltungen und Aktionen auf zahlreichen Uni-Instituten begann die vorerst bis 29. März angesetzte Widerstandswoche auf der Uni Wien. Der am 15. März im Audimax beschlossene Streik erwies sich hingegen als zumindest vorerst nicht durchsetzbar.

Dies wurde auch bei der HörerInnenversammlung von Studierenden aller Studienrichtungen um 17 Uhr im Audimax mehrheitlich erkannt. In zahlreichen Wortmeldungen wurde über die daraus zu ziehenden Konsequenzen debattiert. Schließlich wurden zwei alternative Vorschläge zur Abstimmung gebracht. Dem ersten - von einer SLP-Vertreterin eingebrachten - Vorschlag zufolge sollte der geplante Streik auf einen eintägigen Warnstreik am 29. März, also am Ende der Widerstandswoche, verkürzt werden, auf den in den nächsten Tagen gezielt hingearbeitet werden könnte. Außerdem vorgesehen in diesem Vorschlag: eine Großdemonstration der Studierenden am 29. März. Der zweite Vorschlag - eingebracht von einem Vertreter der Gruppe ArbeiterInnenstandpunkt - beinhaltete einen Streik am 23. März, der bei Erfolg verlängert werden sollte. Letztendlich wurde mit knapper Mehrheit für der ersten Vorschlag entschieden.

Eine Fortführung der Audimax-Besetzung wurde von keiner und keinem in Frage gestellt. Ein Antrag der GRUWI-Fakultätsvertretung, der die Ermöglichung der Durchführung von Lehrveranstaltungen im Audimax, die nicht verlegt werden können, forderte, wurde jedoch mehrheitlich angenommen - allerdings mit der Einschränkung, dass in Einzelfällen von HörerInnenversammlungen auch beschlossen werden könne, dass bestimmte Lehrveranstaltungen trotzdem verhindert werden sollen. Dieser Zusatz zielte vor allem auf die Vorlesung des ehemaligen FPÖ-Abgeordneten und Rechtsextremen Brauneder ab, die jeweils für Mittwoch 8.30 angesetzt ist. Heute war diese Vorlesung übrigens verlegt worden.

Schließlich wurde noch ein "Koordinationsrat" für die Koordination weiterer Aktivitäten eingesetzt, über den jede Woche neu abgestimmt werden soll.

Unabhängig vom Audimax sind für die Aktionswoche auf den einzelnen Fakultäten und Instituten vielfältige Aktionen geplant worden. Zur Information über weitere Aktivitäten im Rahmen der Aktionswoche an der Uni-Wien empfehlen wir die Site der Streikzeitung "Strike!" bzw. auf die Institute zu schauen und sich den dortigen Aktivitäten anzuschließen. Fortgesetzt wird der Widerstand freilich auch auf der Akademie der bildenden Künste, deren Aula selbstverständlich auch weiterhin besetzt bleibt. An der TU-Wien findet am Donnerstag, den 23. März um 15 Uhr eine HörerInnenversammlung statt. Aktionstage sind ab 23. März auch auf den Universitäten Innsbruck und Salzburg geplant. In Linz findet, ebenfalls am 23. März, um 14 Uhr ein offenes StudentInnenplenum statt.
 
 

Donnerstag, 23. März
 
 

Eine Gruppe von Lesben- und Schwulen-AktivistInnen besetzte am Vormittag für zwei Stunden die portugiesische Botschaft in Wien, um anlässlich des derzeit in Lissabon stattfindenden EU-Gipfels auf die massiven Menschenrechtsverletzungen an Homosexuellen in Österreich hinzuweisen.und einmal mehr die Aufhebung des Paragrafen 209 StGB sowie die Freilassung der nach diesem Gesetz inhaftierten Personen zu fordern. Dieser Paragraf beinhaltet ein Mindestalter für homosexuelle Beziehungen unter Männern von 18 Jahren, das somit vier Jahre über jenem für Heterosexuelle und Lesben liegt. Weiters wurde gefordert, dass die Bestimmungen des Opferfürsorgegesetzes auf die wegen ihrer sexuellen Orientierung verfolgten Personen ausgeweitet werden oder eine eigene gleichwertige gesetzliche Regelung geschaffen wird.

[dazu: Erklärung der BesetzerInnen]
Kreuz und quer durch die Innenstadt führte diesmal die abendliche Donnerstagsdemo. Unter anderem führte die Route an der portugiesischen Botschaft am Opernring vorbei, um die Solidarität mit den BesetzerInnen vom Vormittag auszudrücken und sich deren Forderungen anzuschließen.
Eine weitere Station war die ehemalige Börse am Schottenring, in der gerade die Schlusskundgebung des Ringes Freiheitlicher WIrtschaftstreibender für die Wirtschaftskammerwahl stattfand. Mit einer lautstarken Umrundung des Gebäudes wurde versucht, die Veranstaltung zu stören. Da der Demozug etwas länger als gedacht war, wurde nicht wirklich eine Umrundung daraus, sondern eine Spirale, bei der die erste Demoreihe bald beim Mittelteil der Demo anstand, und nicht mehr weiterkam. Die ehemalige Börse wurde dadurch etwas länger als geplant von der Außenwelt abgeschnitten, irgendwie ging es dann aber doch weiter.
Beim Landesgericht wurde wieder einmal die Freilassung der nach der 2.-März-Demo Festgenommenen gefordert und ihnen mit viel Lärm quer durch alle Mauern die Solidarität versichert. Dabei kam es - nachdem sich die Polizei bis dahin weitgehend zurückhaltend verhalten hatte, ziemlich überraschend - zu einem Angriff auf die Demonstration. Während die Demonstration langsam und laut am Eingang Wickenburggasse vorbeizog, wurde plötzlich von Sicherheitswachebeamten versucht, einen Demonstranten aus der Demo zu greifen. Da die Demo sofort stoppte, und in Richtung des Ortes dieses Vorfalls zusammenrückte, zogen sich die BeamtInnen rasch wieder aus der Demo zurück. Nachdem sich die Auffassung durchgesetzt hatte, dass keine Person festgenommen worden war, setzte sich die Demo wieder in Bewegung. Bis jetzt kann eine Festnahme aber noch nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden.
Abschließend zogen die DemonstrantInnen anlässlich der studentInnenischen Aktions- bzw. Widerstandswoche zur Universität. Ein Teil ging ins immer noch besetzte Audimax. Der Rest löste sich - kurz nach 22 Uhr - auf.

Über die TeilnehmerInnenzahlen gibt es wie immer recht unterschiedliche Angaben. Laut ORF schätzten sowohl Polizei als auch Aktionskomitee 5.000 bis 6.000 TeilnehmerInnen. Die TATblatt-Schätzung beläuft sich auf 8.000-9.000 Leute, und liegt damit erstmals über jener des Aktionskomitees. Ein Vergleich der Polizeiangaben von dieser und der letzten Donnerstagsdemo lässt allerdings den Schluss zu, dass diesmal deutlich mehr Menschen unterwegs gewesen sein dürften als zuletzt, was eher für unsere Schätzung spricht.
 
 

Freitag, 24. März
 
 

Sehr klein und kurz fiel die Fahrrad-Demo "Zweirad gegen Doppelmoral" aus. Die nur sechs TeilnehmerInnen führen gemeinsam zum Ballhausplatz und beschlossen dort, die Fahrraddemo fortan statt am Freitag am Montag abzuhalten, um mehr Menschen die Möglichkeit zur Teilnahme zu bieten. Neuer Termin für die Fahrraddemo ab sofort: Treffpunkt jeden Montag, 18 Uhr Ballhausplatz (beginnend mit Mo. 27. März).

Anlässlich des Jahrestages des NATO-Überfalls auf Jugoslawien demonstrierten ab 18 Uhr zirka 800 Menschen gegen WEU und NATO, gegen Beistandspflicht, gegen Sozialabbau zu Gunsten von Aufrüstung und für den Erhalt der Neutralität.
 
 

Samstag, 25. März
 
 

"KUNSTvoller Widerstand" wurde von Studierenden der drei Kunstuniversitäten Wiens im Rahmen der samstäglichen "Volkstanz"-Demo organisiert.
Zirka 1.000 Menschen zogen vom Heldenplatz über die Ringstraße zur Akademie der Bildenden Künste am Schillerplatz, weiter über Ring, Heumarkt und Vordere Zollamtsstraße zur Hochschule für Angewandte Kunst  am Stubenring, über Ring und Stubenbastei zur Universität für Musik und Darstellende Kunst in der Seilerstätte und schließlich zur Oper.
Dort veranstalteten KunststudentInnen ein Konzert des Widerstands gegen Sexismus, Rassismus und Faschismus. Zusätzlich gab es Farbbeutelwerfen gegen ein "Schwarz-Blau"-Transparent, Theatereinlagen und Diaprojektionen. Eine - nicht zuletzt durch Volksmusik - erheblich erweiterte Palette dargebotenener Musikstilrichtungen ließen die Veranstaltung erstmals wirklich zu einem richtigen Volxtanz werden. Unzählige DemonstrantInnen und von ihnen aufgeforderte ZuschauerInnen und TouristInnen verwandelten zu den Klängen des Donauwalzers den Platz neben der Oper zum vielleicht antifaschistischsten Ballsaal der Welt.

[Nachtrag zu Samstag, 18.März:
LeserInnenbrief "Sexismus und Widerstand"
zu sexistischen Kabarett-Einlagen auf der Volkstanz-Demo über Orange 94,0
inklusive ersten Reaktionen]

[Nachtrag zu Do., 9. März: Richtigstellung der SLP]


 

Sonntag, 26. März
 
 

bislang keine Aktionen bekannt (außer den fortdauernden Besetzungen des Audimax der Uni Wien und der Aula der Akademie der Bildenden Künste, der immer noch vor dem Bundeskanzleramt am Ballhausplatz bestehenden "Botschaft besorgter BürgerInnen", den nächtlichen Diaprojektionen auf das Bundeskanzleramt usw. usf.)

Aus dem Gefängnis gelangte ein Brief eines der nach der Demonstration vom 2. März Festgenommenen an die Öffentlichkeit.
 
 

Montag, 27. März
 
 

Die erstmals für Montag angesetzte Fahrrad-Demo entfiel, nachdem nur sehr wenige TeilnehmerInnen zum Treffpunkt gekommen waren. Der neue, erst letzten Freitag festgesetzte Termin (jeden Montag, 18 Uhr, Ballhausplatz) dürfte sich noch nicht wirklich herumgesprochen haben.
 

Information aus Linz:
Am Samstag, den 8. April findet in Linz (Brucknerhaus) der Bundesparteitag der FPÖ statt. Für den ganzen Tag sind Gegenveranstaltungen geplant. Dafür wurden im gesamten Raum rund um das Brucknerhaus Demos angemeldet.
Die Aktion Zivilcourage (eine Komitee verschiedenster linker Gruppen), die die bisherigen Kundgebungen gegen die blau-schwarze Regierung  organisiert hat, ruft zum Treffen und Aktionstag unter dem Motto "Party statt Parteitag" auf. Dafür ist die gesamte Donaulände am 8. April von 8:00 Uhr (Früh) bis 24:00 Uhr als Veranstaltungsortangemeldet. Vor dem BRUCKNERHAUS werden Kundgebungen und Straßenfeste stattfinden.
ergänzt: [Info aus Tirol: Prozess wegen "Widerstands gegen die Staatsgewalt" und "Körperverletzung"]

ergänzt: LeserInnenbrief "Sexismus und Widerstand" zu sexistischen Kabarett-Einlagen auf der Volkstanz-Demo über Orange 94,0 (Neu: Stellungnahme von Orange 94,0)


 

Dienstag, 28. März
 
 

Die dienstägliche "Begrüßung des MinisterInnenrats" entfiel, nachdem nur rund zehn DemonstrantInnen gekommen waren. Der nächste MinisterInnenrat, und damit auch die nächste "Begrüßung", findet ausnahmsweise erst am Mittwoch, dem 5. April, statt. Ein genauer Termin wird noch bekannt gegeben.
 
 

Mittwoch, 29. März
 
 

Nur wenig Beteiligung fand der Streik der Studierenden an der Uni Wien.

Nachtrag: An einigen Instituten gab es allerdings Aktionen und alternative Lehrveranstaltungen. So wurde bspw. am Institut für Ethnologie  ein alternatives Lehrprogramm mit Vorträgen, Diskussionen und Filmen gegen Rassismus, Antisemitismus und Sexismus abgehalten. Ein Hörsaal wurde in einen akustischen Musiksaal verwandelt.
Am Institut für Philosophie wurde in zahlreichen Vorlesungen die aktuelle Situation thematisiert, zahlreiche Studierende beteiligten sich an den Diskussionen.
Sprachwissenschafts-StudentInnen befestigten bereits zu Beginn der Widerstandswoche ein Transparent mit der Aufschrift "Normalisierung tötet" am Institutsgebäude in der Berggasse und verwandelten den Instituts-Hörsaal in ein Kommunikations- und Organisationszentrum für den "linguistischen WIderstand" um. Zur Untersuchung rassistischer und antisemitischer Rhetorik wurde eine Arbeitsgruppe gegründet, welche die Nutzung der Instituts-Infrastruktur für ihre Arbeit fordert. Die meisten Vortragenden widmeten nach Absprache mit HörerInnenvertreterInnen die Lehrveranstaltungen zur Besprechung von linguistischen Aspekten von Rassismen, Sexismen und Populismen um. Zumindest während der Demonstration entfielen die Lehrveranstaltungen. Mit der Entwicklung, Bewerbung und Verteilung von "Lingua Forte" wurde im öffentlichen Raum Diskriminierung durch rassistischen Sprachgebrauch thematisiert.

An der nachmittäglichen "Großdemonstration" nahmen nach TATblatt-Zählung nur zwischen 600 und 700 Leute teil. Im Audimax wurde von 1000 TeilnehmerInnen gesprochen. Jedenfalls waren es wesentlich weniger Menschen, als an den Donnerstagsdemos teilnehmen, und auch weniger Menschen, als zur HörerInnenversammlung am 15. März, bei der der Streik beschlossen worden war, ins Audimax gekommen waren.

Die Demoroute führte von der Uni zuerst zum Landesgericht, wo immer noch zwei nach der Demo vom 2. März Festgenommene festgehalten werden, und dann vor dem Landesgericht vorbei - also für die Gefangenen höchstwahrscheinlich nicht hörbar, da die Zellen hofseitig angeordnet sind und nur von der hinter dem Landesgericht liegenden Wickenburggasse akkustisch erreicht werden können. Anschließend wurde über den Ballhausplatz und quer durch die Innenstadt zur ÖGB-Zentrale in der Wipplingerstraße gezogen, wo die Gewerkschaft zu Kampfmaßnahmen aufgefordert wurde. Abschließend ging's zurück zur Uni.

Bei der anschließenden HörerInnenversammlung wurde nach obligaten Schuldzuweisungen für das Misslingen von Aktionswoche, Streik und Demo über die weitere Vorgangsweise abgestimmt. Dabei wurde einstimmig beschlossen, künftig das so gen. ProminentInnenzimmer für Versammlungen und Alternativlehrveranstaltungen nutzen zu wollen.
Mehrheitlich wurde ferner beschlossen, dass

Im Audimax fanden an diesem Warnstreiktag übrigens keine Vorlesungen statt. Auch die Brauneder-Vorlesung war wieder verlegt worden.

Wie nun langsam bekannt wurde, kam es in den letzten Tagen zumindest zweimal zu Personalienaufnahmen und/oder Perlustrierungen von Audimax-BesetzerInnen durch PolizistInnen, die vom Sicherheitsdienst der Uni wegen angeblicher Sachbeschädigungen (bspw. einer schadhaften Türschnalle) gerufen worden waren. (Betroffene bitte unbedingt bei der Rechtshilfe melden - erreichbar während Demos unter der Tel.-Nr.: (01) 535 91 09)

Mit Blasmusik zelebrierte die EisenbahnerInnengewerkschaft zu Mittag eine Kundgebung am Westbahnhof anlässlich des "Internationalen Tags der Eisenbahner"Innen. Neben zahlreichen sozialdemokratischen GewerkschaftsfunktionärInnen nahmen auch eine Handvoll kommunistischer GewerkschafterInnen, AktivistInnen des ArbeiterInnenstandpunkts und anderer linker Gruppen sowie ein paar StudentInnen daran teil, die - weitgehend ignoriert - zu gewerkschaftlichen Kampfmaßnahmen aufriefen.  AK-Wien-Vizepräsident Stöger ging in seiner Rede kurz darauf ein, indem er sagte, dass Streiks in Österreich nicht notwendig seien, weil es ohnehin die AK und den ÖGB gebe! Der Vorsitzende der EisenbahnerInnengewerkschaft referierte vor allem über Wettbewerbsprobleme des Unternehmens ÖBB.
 
 

Donnerstag, 30. März
 
 

Rund 70 AntifaschistInnen standen zwischen 11.00 und 12.00 Uhr anlässlich einer Kundgebung des "Ringes Freiheitlicher Studenten" (RFS) vor der Uni etwa gleich vielen Rechtsextremen gegenüber. Der RFS polemisierte gegen, wie er es nannte, "Linksfaschisten, Berufsdemonstrierer und Chaoten" und forderte vom Rektor, Streikmaßnahmen entschieden entgegenzutreten und die Personalien der "Besetzer"Innen des Audimax feststellen zu lassen. Die AntifaschistInnen machten ihren Unmut gegen die rechtsextremen DemonstrantInnen mit Pfiffen, Parolen und vereinzelt Eiern Luft.
Bereits nach wenigen Minuten drängten WEGA-Bamte die AntifaschistInnen mit vorerst noch relativ geringer Gewaltanwendung ab und sorgten für einen Abstand von ca. 15 Metern zwischen RFS- und Gegendemo. Um 11.30 Uhr begannen die WEGA-Beamten ohne ersichtlichen Anlass in die antifaschistische Kundgebung hineinzuprügeln und damit weiter abzudrängen. Mehreren DemonstrantInnen wurde dabei mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Ein Demonstrant wurde gegen eine Glasscheibe eines U-Bahn-Abganges geschlagen, auf den Boden geworfen und verprügelt. Die Sicherheitsglasscheibe ging dabei zu Bruch. Der Demonstrant wurde dabei glücklicherweise nur leicht verletzt. Einige weitere DemonstrantInnen trugen nach Faustschlägen durch Polizisten Verletzungen im Mundbereich davon. Eine Demonstrantin wurde mit einem Krankenwagen abtransportiert, konnte aber nach ambulanter Behandlung wieder entlassen werden.
Festnahmen dürfte es nach unserem derzeitigen Informationsstand nicht gegeben haben. Auch Personalien dürften nicht aufgenommen worden sein. Der RFS filmte die ganze Stunde über mit einer Videokamera die Gesichter der durchwegs unvermummten AntifaschistInnen.

Nach der Besetzung des Audimax musste um zirka 17.00 Uhr auf sanften Druck der Uni-Security hin, auch die Besetzung des ProminentInnenzimmers aufgegeben werden.

Zwischen über 1.000 (Angabe des ORF) und 3.000 Menschen (TATblatt-Zählung - das entspräche fast zehn Prozent aller HausbesorgerInnen in ganz Österreich!) nahmen an einer Kundgebung gegen die Abschaffung des HausbesorgerInnengesetzes vor der ÖVP-Zentrale teil, die am 31. März im Nationalrat beschlossen zu werden droht. Diese würde für die zirka 32.000 HausbesorgerInnen in Österreich den Verlust  der gesetzlichen Grundlage des Dienstverhältnisses und die Gefahr, ihre Wohnungen zu verlieren, bedeuten. Organisiert wurde die Kundgebung von der Gewerkschaft Hotel, Gastgewerbe, Persönlicher Dienst. Ein Teil der KundgebungsteilnehmerInnen bewegte sich anschließend "Widerstand" und "Jetzt geht's los" skandierend zum Ballhausplatz zur Donnerstagsdemo.

Die Donnerstagsdemo war mit 2.500 bis 3.000 TeilnehmerInnen (TATblatt-Zählung) diesmal relativ schwach besucht. Die Stimmung war dafür ausgesprochen lustvoll-kämpferisch. Zuerst wurde zum Naturhistorischen Museum gezogen, wo Bundeskanzler Schüssel und Vizekanzlerin Riess-Passer gerade eine SportlerInnenehrung durchführten. Dann ging es kreuz und quer durch den 7.,  6., 1. und 4. Bezirk, wobei, nachdem in der ersten Reihe diesmal andere Leute als sonst gingen, durch zahlreiche plötzliche Richtungsänderungen nach langer Zeit wieder einmal die Polizei ziemlich auf Trab gehalten wurde. Unter anderem wurde dabei beim "Kurier", dem ORF-Funkhaus, der ArbeiterInnenkammer, dem Innenministerium und dem "Standard" vorbegezogen. Anschließend wurde wie immer zum Landesgericht gegangen, um die Freilassung der nach der 2.-März-Demo Festgenommenen und der Schubgefangenen zu fordern, und ihnen die Solidarität der Protestbewegung gegen die Rechts-Rechtsextrem-Regierung auszudrücken. Zu diesem Zeitpunkt waren allerdings nur mehr zirka 200 Leute anwesend. Schuld daran dürfte gewesen sein, dass die Demo zumeist viel zu schnell unterwegs gewesen war, was besonders im hinteren Teil immer wieder zu großen Lücken geführt hatte, und dass es inzwischen bereits relativ spät - ungefähr 22.30 Uhr - geworden war.

Auf dem Weg vom Landesgericht zur Universität fuhr in der Florianigasse plötzlich ein Auto in die Demonstration und verletzte dabei eineN DemonstrantIn leicht. Der Fahrer sprang daraufhin mit einem eisenstangenähnlichen Fitness-Gerät aus dem Wagen und attackierte weitere DemonstrantInnen, konnte aber durch entschlossenes Eingreifen von Demo-TeilnehmerInnen aus der Demo entfernt werden. Als er sich daraufhin an die Polizei wandte, nahmen die BeamtInnen überraschenderweise nur seine Personalien auf, ließen die Demo-TeilnehmerInnen aber in Ruhe. Das Auto wurde in der Folge mit einem Ei beworfen und die Nummerntafel - von DemonstrantInnen - abmontiert.

An dieser Stelle löste sich die Demo schließlich weitgehend auf. Bei der Universität kamen nur mehr rund 50 Leute an. Einige wenige schauten noch in die überraschenderweise nicht abgesperrte Uni, zogen es dann aber doch vor, wieder hinaus zu gehen. Um zirka 23.15 löste sich auch der letzte Rest der Demo auf.
 
 

Freitag, 31. März
 
 

Unter dem Titel "Budget saniert? - Gesellschaftspolitik ruiniert!" trafen sich um 9:45 Uhr ca. 70 Personen vor dem Finanzministerium in der Himmelpfortgasse 8, um "Sozialpolitik und Demokratie zu Grabe zu tragen". Der Trauerzug führte am Bundeskanzleramt vorbei zum Parlament, wo eine Kundgebung stattfand, und endete am Ballhausplatz.
Die Demonstration richtete sich gegen die Abschaffung des ermäßigten Preises für den Postzeitungsversand, die insbesondere für die meisten Alternativzeitschriften eine akute Existenzbedrohung darstellt, sowie gegen weitere geplante "Sparmaßnahmen" bei gemeinnützigen Vereinen in allen Bereichen - Rettungswesen, Gesundheit, Soziales, Menschen mit Behinderungen, Menschenrechte, Umwelt, Entwicklung, Kultur, Frauen, Bildung. So bedroht die geplante Kürzung der Ermessensausgaben viele Hilfsorganisationen in ihrer Existenz. Einsparungen bei Zivildienern - deren Einsatz zwar durchaus hinterfragenswert ist, da dabei aus Kostengründen unausgebildete Zwangsverpflichtete anstelle von kompetenten Fachkräften zum Einsatz kommen - ohne Ersatzmaßnahmen gefährden u.a. die Weiterexistenz des Fahrtendienstes für behindert werdende Menschen im gesamten Bundesgebiet mit Ausnahme von Wien.
Organisiert wurde die Demonstration von der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (ÖAR) und der Interessensvertretung österreichischer gemeinnütziger Vereine (IÖGV). UnterstützerInnen waren Bizeps und Integration Österreich.

dazu: Forderungen der Demonstration, sowie Aufruf zu Protestbriefen u.ä.


Über die Abschaffung des staatlichen Zuschusses zum Postzeitungsversand soll übrigens am Mittwoch, den 5. April, im Budgetausschuss des Nationalrates verhandelt werden. Die Post hat in diesem Zusammenhang bereits angekündigt, dass ermäßigte Preise für den Zeitungsversand nicht mehr gewährt werden, wenn dieser Zuschuss gestrichen wird.
Insbesondere nicht-kommerzielle Alternativzeitschriften wären dadurch in ihrer Existenz bedroht. Darauf, dass dies kein unerwünschter Nebeneffekt ist, deuten Wortmeldungen von ÖVP-Klubobmann Khol hin, der im Standard mit der Aussage zitiert wurde, dass stattdessen Direktsubventionen gewährt und damit "die Böcke von den Schafen" getrennt werden sollen. Wie die Erfahrungen aus den Diskussionen um die Gewährung der Publizistikförderung der letzten Jahre zeigen, kann davon ausgegangen werden, dass damit insbesondere linke Zeitschriften ökonomisch vernichtet werden sollen.
Die Vereinigung alternativer Zeitungen und Zeitschriften (VAZ) lädt in diesem Zusammenhang alle AlternativzeitschriftenmacherInnen für Freitag, den 7. April um 18.00 Uhr in die Bürogemeinschaft Schottengasse (Wien 1, Schottengasse 3a/Stiege 1/ 4. Stock/Tür 59) zur Besprechung dieses Themas und von möglichen Aktivitäten dagegen ein. Kontakt: vaz@mediaweb.at

Ab 14 Uhr erinnerten an die 40 AntifaschistInnen, in erster Linie aus der KPÖ, an die Tötung des Antifaschisten Ernst Kirchweger durch ein Mitglied des Ringes Freiheitlicher Studenten (RFS)  am 31. März 1965. Nach einer Gedenkkundgebung vor der Kirchweger-Gedenktafel in der Sonnwendtgasse im 10. Bezirk zogen sie, vorbei am Ernst-Kirchweger-Haus (EKH), zum antifaschistischen Gedenkmal am Reumannplatz.

Am 31. März 1965 waren 4.500 AntifaschistInnen auf die Straße gegangen, um gegen den durch antisemitische Äußerungen aufgefallenen Professor für Welthandel, Taras Borodajkewycz, zu demonstrieren. Einige hundert Burschenschafter sowie Mitglieder und SympathisantInnen des Rings Freiheitlicher Studenten RFS nahmen an einer Gegendemonstration teil. Unter Duldung der Polizei riefen Burschenschafter und RFS-lerInnen nationalsozialistische und antisemitische Parolen und gingen mit Stahlruten auf die AntifaschistInnen los. Der 67-jährige Pensionist und Kommunist Ernst Kirchweger, der fünf Jahre seines Lebens im Konzentrationslager verbringen hatte müssen und davon noch immer körperlich sichtlich geschwächt war, wurde von dem im "Bund Heimattreuer Jugend" ausgebildeten Günther Kümel erschlagen. Wie das Landesgericht Wien später urteilte, habe sich der junge, körperlich durchtrainierte, unter anderem in seiner Freizeit dem Boxsport wie auch dem Brandsätzewerfen nachgehende, Kümel "berechtigterweise" von dem schmächtigen Pensionisten angegriffen und dermaßen bedroht gefühlt, dass er Notwehr ergreifen habe müssen. Diese hatte er laut Gerichtsurteil lediglich überschritten, weshalb er zu zehn Monaten Arrest verurteilt wurde.
In unmittelbarer Nähe zu Kümel marschierte auf Seiten des RFS der spätere FPÖ-Spitzenpolitiker Holger Bauer. Er konnte die Vorfälle allerdings laut eigenen Aussagen nicht wahrnehmen.
An der Spitze des für die Gegendemonstration mitverantwortlichen RFS standen damals Helmut Krünes als RFS-Vorsitzender und Friedhelm Frischenschlager als RFS-Generalsekretär. Beide machten später in der FPÖ Karriere und wurden in der SPÖ-FPÖ-Koalitionsregierung Verteidigungsminister. In dieser Funktion empfing Frischenschlager 1985 den vorzeitig aus italienischer Haft entlassenen SS-Offizier und Kriegsverbrecher Walter Reder feierlich mit Handschlag in Österreich. Heute wird der inzwischen zum Liberalen Forum gewechselte Frischenschlager originellerweise als Liberaler bezeichnet.
Bitte auch beachten:
- beim Eintrag zum Mi., 29. März: Nachträgliche Ergänzungen zum Warnstreiktag der Studierenden
- Aktionen gegen Schüssel-Besuch in Bern

 
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