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Februar 2000 |
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5. Woche |
Um ca. 10 Uhr drangen rund zehn AntirassistInnen in die
ÖVP-Parteizentrale
in der Wiener Lichtenfelsgasse ein und dort bis aufs Dach vor,
besetzten
ein Dachbüro und versahen die Balustrade mit Transparenten.
Gleichzeitig
begannen rund 30 weitere AktivistInnen vor dem Eingang der
Parteizentrale
eine Kundgebung. Die Alarmabteilung der Sicherheitswache war zwar rasch
zur Stelle, zog sich aber bald wieder weitgehend zurück. Bilder
von
einem Polizeieinsatz gegen AntifaschistInnen in ihren
Räumlichkeiten
wollte die in ihrem internationalen Image etwas angeschlagene Partei
offenbar
doch nicht um die Welt gehen wissen.
200 Leute demonstrierten Dienstag Abend während der gemeinsamen
Pressekonferenz von Haider und Schüssel vor dem Parlament in Wien.
Anschließend zogen auch sie zur ÖVP-Zentrale. Noch bis 1 Uhr
früh blockierten die DemonstrantInnen Straßenkreuzungen
abwechselnd
anm Ring und auf der so genannten 2er-Linie.
Die Besetzung der ÖVP-Zentrale wurde um ca. 17 Uhr beendet, während sich die TeilnehmerInnen zu der von der Plattform "Demokratische Offensive" (SOS Mitmensch, Republikanischer Club, ...) organisierten Demonstration sammelten. Die Demo zog zum Ballhausplatz (Bundeskanzleramt und Präsidentschaftskanzlei).
Nach der offiziellen Abschluss-Kundgebung, an der zwischen 20.000
und
30.000 Personen teilnahmen, zogen noch mehrere tausend Leute zum
Parlament
und dann weiter über die Zentralen von ÖVP in der
Lichtenfelsgasse
und FPÖ in der Kärntnerstraße kreuz und quer durch die
Innenstadt. Vor dem Parlament wurde das Denkmal der Pallas Athene von
unzähligen
Leuten besetzt und mit Transparenten und Fahnen geschmückt. Ein
Vorgang
der zum Fixpunkt für alle Demonstrationen auch der folgenden Tage
werden sollte. Die Polizei beschränkte sich auf den Versuch, den
Autoverkehr
umzuleiten, was ihr aber aufgrund der spontanen
Richtungsänderungen
nicht wirklich gelang. Immer wieder gerieten unzählige Autos in
die
zumeist gegen die Fahrtrichtung demonstrierenden Leute. Viele
AutofahrerInnen
drückten durch rhythmisches Hupen ihre Unterstützung der
Demonstration
aus. Menschen winkten aus ihren Wohnungen, schwenkten überwiegend
rote Kleidungsstücke aus den Fenstern, strömten aus Lokalen,
klatschten und schlossen sich oft auch der Demonstration an. Gegen 1.00
Uhr früh löste sich die Demonstration auf. Für den
nächsten
Tag wurde aufgerufen, sich um 17 Uhr vor der ÖVP-Zentrale zum
"Alarmtrommeln
gegen Rassismus" zu sammeln und Lärminstrumente mitzubringen-
Rund 5.000 Leute sammelten sich um 17 Uhr vor der ÖVP-Zentrale und erzeugten ohrenbetäubenden Lärm. Unzählige Eier und Farbbeutel flogen gegen die Parteizentrale. Anschließend wurde neuerlich bis etwa Mitternacht lärmend durch die Stadt gezogen. Fixpunkte waren die Zentralen von ÖVP und FPÖ, der Ballhausplatz und das Parlament. Es wurde aber auch durch angrenzende Wohnbezirke und über den am Rathausplatz errichteten Eislaufplatz gezogen. Zahlreiche Menschen in Autos, Wohnungen und Lokalen drückten neuerlich ihre Unterstützung aus. Die Polizei verhielt sich immer noch zurückhaltend und versuchte, den Verkehr zu regeln.
Höhepunkt des Abends war, als um ca. 22 Uhr Teile der Demonstration, an die 500 Leute, ins Burgtheater demonstrierten und - ohne Probleme! - bis auf die Bühne vordrangen. Dort wurde lautstark der Protest gegen die rechtsextreme Regierung vorgetragen und das Publikum aufgerufen, sich an den Protesten zu beteiligen. Einige wenige TheaterbesucherInnen verließen das Theater. Größtteils gab es aber Applaus, und mitunter gar standing ovations (!!!)
Wenig später wurde in das Nobelhotel Imperial eingedrungen und auch dort protestiert.
Um 24.00 Uhr gab es bei der FPÖ-Zentrale in der
Kärntnerstraße
die erste vorübergehende Festnahme.
Für Freitag 12.00 war die Angelobung der neuen Regierung angesetzt worden. Bereits um 10.30 begann beim Ballhausplatz eine bereits länger geplante, von FrauenLesben-Organisationen organisierte Kundgebung gegen die massiv frauenfeindlichen Ankündigungen der designierten Regierung. Um 12 Uhr waren bereits rund 10.000 Menschen aller Geschlechter anwesend, um gegen die Angelobung zu protestieren. Der Ballhausplatz selbst war abgeriegelt worden. Dennoch zogen die neuen Regierungsmitglieder vor, durch unterirdische Geheimgänge zur Angelobung zu gehen. Es war extrem laut. Gegen die Präsidentschaftskanzlei flogen pausenlos Knallkörper, Eier, Farbbeutel, faules Obst und der eine oder andere feste Gegenstand.
Nach einigen Stunden setzten sich an die 5.000 Menschen in Bewegung und demonstrierten die Ringstraße entlang. Beim nun in FPÖ-Hand befindlichen Sozialministerium angelangt, wurde versucht, in das Ministerium zu stürmen. Eine vom Portier eilig zugeschlagene Stahlgittertür hielt den Druck der Massen nicht stand, und so gelang es tatsächlich einigen hundert Menschen in das Gebäude einzudringen und mehrere Büros zu besetzen. Einige MinisterialbeamtInnen begrüßten die BesetzerInnen mit freudigem Beifall und wiesen den Weg in jenes Zimmer, von welchem der Balkon betreten - und mit Fahnen und Transparenten geschmückt - werden konnte.
Mehrere Hundertschaften der Polizei in Kampfausrüstung waren binnen weniger Minuten am Ort des Geschehens und drängten und prügelten die Leute, die noch ins Ministerium strömen wollten, zurück. Ein Teil der DemonstrantInnen vor dem Ministerium - vorwiegend die Blöcke rund um sozialdemokratische Organisationen und von SP-nahen GewerkschafterInnen - distanzierte sich und zog weiter.
Einige der BesetzerInnen zog es angesichts der großen Polizeipräsenz vor, das Gebäude freiwillig zu verlassen und ernteten dafür beim Hinausgehen teilweise Polizeiprügel. Die BesetzerInnen des Balkonzimmers wollten länger bleiben, entschlossen sich aber, nachdem sie das Verlassen des Gebäudes durch die anderen mitbekommen haben, auch zu gehen. Mittlerweile waren die Ausgänge aber von der Polizei dichtgemacht worden. Auf der Straße wurden unterdessen die Polizeisperren mit allem, was so in der Gegend herumlag, beworfen. Dem einen oder anderen Polizeifahrzeug in der Gegend ging die Luft aus, zumindest aus den Reifen. Andere DemonstrantInnen versuchten mit den Behörden zu verhandeln und vereinbarten, dass die BesetzerInnen das Ministerium verlassen, wenn die Polizei dies friedlich und ohne Personalienaufnahme ermöglichen sollte. Dieses Ergebnis wurde sowohl von den BesetzerInnen als auch der Polizei akzeptiert. Die BesetzerInnen des Balkonzimmers verließen unbeschadet das Gebäude.
Dennoch wurden drei Frauen aus einem anderen Zimmer, von den meisten anderen erst unbemerkt, von der Polizei festgehalten. Nach etwa einer Stunde gelang es aber, auch deren Freilassung durchzusetzen.
Anschließend zog die Demo weiter und machte sich auf die Suche nach der anderen. Am Ballhausplatz kamen die beiden Fraktionen schließlich wieder zusammen. Von dort wurde dann vereint weitergezogen.
Einige wenige DemonstrantInnen blieben allerdings am Ballhausplatz zurück, wo es, nachdem einige ein Lagerfeuer angemacht haben, zu einem Prügeleinsatz der Polizei gegen die relativ kleine Gruppe gekommen ist.
Der Hauptteil der Demonstration zog in bereits gewohnter Weise durch die Stadt, zu den Parteizentralen, durch Wohngegenden etc.
Beim Schubgefängnis in der Rossauer Lände kam es zu einem ziemlich unerwarteten und möglicherweise auch nicht wirklich geplanten Polizeieinsatz - die Polizei hatte später verlautbart, dass einige Beamten auf eigene Faust agiert haben sollen. Mitten im von der Demo verursachten Verkehrsstau, also quer durch die stauenden Autos machte die Polizei plötzlich knapp vor der ersten Demoreihe einen Keil und schlug mit Schlagstöcken auf die DemonstrantInnen ein. Massive Gegenwehr mit Knallkörpern und Steinen war die Folge. Die Polizei wich nach einigen Minuten zurück, beschränkte sich darauf, die Eingänge des Schubgefängnisses zu sichern und ließ die Demo dann doch passieren.
Unterdessen kündigten der neue Bundeskanzler Schüssel und die Polizei öffentlich an, fortan massiv gegen die DemonstrantInnen vorzugehen.
Vermutlich wurde bereits für ca. 22.00 eine gewaltsame Auflösung der Demonstration vorbereitet. Darauf hin deutet, dass die U-Bahn-Station Karlsplatz - ohne sonst ersichtlichen Grund - für alle drei dort fahrenden U-Bahn-Linien gesperrt wurde. Es konnte aber doch noch bis nahe zur FPÖ-Zentrale gegangen werden. Ein Weitergehen von dort wurde von der Polizei durch Sperre jener Seitengasse, durch welche die Demonstration bisher immer fortgezogen ist, verhindert. Mit allen Mitteln versuchten die Behörden offensichtlich, die Situation zu eskalieren - was auch gelang: Immer mehr Gegenstände und Knallkörper fielen auf die mehrreihige Polizeisperre.
Mehrmals wurde - vorerst nur begrenzt - in die Demonstration reingeprügelt und die Leute zurückgedrängt. Wasserwerfer wurden in Stellung gebracht und schließlich nach 22.30 Uhr auch eingesetzt. Es war dies der erste Einsatz von Wasserwerfern in Wien überhaupt (früher wurden mal Löschfahrzeuge von der Feuerwehr ausgeliehen, das ist aber auch schon zehn Jahre her). Die neue Regierung zeigte - gerade mal zehn Stunden nach ihrer Angelobung - ihr ohnehin nicht wirklich überraschendes Gesicht. Dass die Wasserwerfer nur über die Köpfe der Menschen zielten, um sie gerade mal nass zu machen, wie über bürgerliche Medien verlautet wurde, ist übrigens unrichtig: das Wasser kam durchaus auch oft genug in Bauchhöhe.
Gegen 23 Uhr begann der bis dahin massivste Prügeleinsatz. Die
Leute wurden in alle Richtungen auseinander getrieben. Wer erwischt
wurde,
wurde zu Boden geworfen, und bereits am Boden liegend, mit
Gummiknüppel-Schlägen
und Fußtritten traktiert. 20-50 DemonstrantInnen wurden verletzt.
Die Zahl der Festnahmen ist noch ungewiss.
In den bürgerlichen österreichischen Medien wurden die
Ereignisse
als gewalttätige Ausschreitungen der DemonstrantInnen dargestellt
und der Polizeieinsatz gerechtfertigt. Ein Sprecher der "Demokratischen
Offensive" distanzierte sich von der Demonstration und erklärte,
dass
die Demokratische Offenisive die Demonstration am nächsten Tag
absage.
Da die Demonstrationen dieser Tage aber nicht von der Demokratischen
Initiative
organisiert wurden, war dies relativ bedeutungslos.
Allen Einschüchterungsversuchen der Polizei und Distanzierungen von der Demokratischen Offensive zum Trotz nahmen an einer neuerlichen Demonstration zu Spitzenzeiten bis zu 10.000 Menschen teil. Um Polizeiprovokationen zu vermeiden, wurde an den gefährlichen Punkten, vor den Parteizentralen, rasch weitergezogen. Längere Zwischenkundgebungen gab es lediglich beim Ballhausplatz und vor dem Parlament. Mehrmals wurde die Demonstration über den Gürtel, eine der wichtigsten Straßenverbindungen Wiens, geführt. Beim Westbahnhof wurde ein kleiner Umweg durch Bahnhofshallen eingelegt. Gegen 23 Uhr, als nur mehr rund 3.000 Leute dabei waren, versuchte die Polizei am Michaelerplatz - ca 15 Demominuten vor der FPÖ-Zentrale - eine Auseinandersetzung zu provozieren. Zwei DemonstrantInnen wurden überraschend festgenommen, Alarmabteilungseinheiten liefen quer durch die Demo und schlugen sich mit ihren Schilden den Weg frei. Dafür, dass diese Provokation geplant war, spricht, dass Sekunden später ein Wasserwerfer bereit stand. Es gelang jedoch, die Demo weiter zu bringen, und der geplanten Provokation auszuweichen. Anschließend wurde zum Polizeikommissariat Innere Stadt gegangen, und lautstark die Freilassung der Gefangenen gefordert. Dort schien es kurzfristig, dass die Polizei einen Kessel vorbereite. Die Demonstration konnte aber weiterziehen.
Ihren Abschluss fand die Demonstration wieder vor der
FPÖ-Zentrale.
Eine Sitzblockade vor der Polizeisperre sollte Polizeiprovokationen die
Legitimation rauben. Tatsächlich zogen die Behörden nach und
nach ihre Kräfte etwas zurück. Gegen 3 Uhr früh
lösten
sich die letzten Reste der Demonstration auf.
Um 20 Uhr sammelten sich mehr als zehntausend Leute auf dem
Ballhausplatz
um unter anderem zum Haas-Haus zu ziehen, von dessen Dachrestaurant aus
um 21.55 die wöchentliche ORF-Diskussionssendung "Zur Sache"
übertragen
werden sollte. Als DiskussionsteilnehmerInnen waren unter anderem der
stellvertetende
FPÖ-Klubobmann Peter Westenthaler und ÖVP-Klubobmann Andreas
Khol angekündigt. Nachdem als Reaktion auf die
Demoankündigung
die Diskussion in das besser geschützte und am Stadtrand liegende
ORF-Zentrum verlegt wurde, änderten auch die DemonstrantInnen ihre
Pläne und wanderten kurzerhand ebenfalls zum ORF-Zentrum, wo sie
nach
drei Stunden knapp vor Ende von "Zur Sache" eintrafen. Das ORF-Zentrum
war von mehrreihigen Polizeisperren bewacht. Auch die langsam vertraut
werdenden Wasserwerfer standen bereit. Nach lautstarkem Protest gegen
die
verzerrende und meist unrichtige ORF-Berichterstattung über die
Proteste
(die unter anderem als eine Art Gewaltexzess von ein paar hundert
"Berufsdemonstranten
aus dem Ausland" dargestellt wurden) wurde um Mitternacht wieder
Richtung
Stadt gezogen. Dabei zerriss der Demozug allerdings in drei Teile. Die
beiden ersten demonstrierten, langsam immer kleiner werdend, auf
verschiedenen
Wegen bis in den frühen Morgen weiter. Der dritte löste sich
bereits nach wenigen Minuten auf.
Nachdem es zwar einen gemeinsamen Treffpunkt, aber zwei verschiedene Treff-Zeitpunkte gab, demonstrierten ab 17 Uhr zuerst nur etwa 1.500 Menschen vom Ballhausplatz aus durch die Stadt. Um 19 Uhr wuchs der Demozug - wieder am Ballhausplatz - auf mehr als 5.000 Leute an. Gemeinsam wurde in den ArbeiterInnenbezirk Favoriten - einer FPÖ-"Hochburg" -, zum Reumannplatz und dann, vorbei am ORF-Funkhaus in der Argentinierstraße - Sitz der meisten ORF-Radioprogramme -, wieder zurück in die Innenstadt gezogen. Früh wie noch nie löste sich die Demonstration nach 23 Uhr vor dem Parlament auf.
Sowohl von Seiten der Demonstration als auch von Seiten der Polizei
wurde eine Deeskalationsstrategie verfolgt. Die Demonstration
führte
nicht an den potentiellen Konfliktpunkten, den Parteizentralen von
FPÖ
und ÖVP, vorbei. Die Polizei präsentierte sich deutlich
weniger
martialisch wie in den Tagen zuvor, zumeist ohne Helme und Schilde, und
verzichtete auf Provokationen. Wasserwerfer waren nicht zu sehen. Das
ORF-Funkhaus
glich trotzdem einer Festung.
Um 12 Uhr begann im Parlament die erste Nationalratssitzung unter der neuen Regierung. Um 15 Uhr wurde ein von den Grünen gestellter Misstrauensantrag gegen Schüssel behandelt. Die Gegend rund ums Parlament war daher großräumig abgeriegelt, zahlreiche Straßen gesperrt ("Bannmeile"). Als Folge immer mehr Verwirrung stiftender Terminankündigungen und -verlautbarungen durch selbsternannte DemoorganisatorInnen (siehe Artikel "Disziplinierungsversuche selbsternannter Demoleiter") gab es zwar zwei allgemein bekannte Abendtreffpunkte, die Mobilisierung zur Nationalratssitzung war aber gescheitert. Bis 15 Uhr waren erst rund 200 DemonstrantInnen zum Parlament gekommen.
Zu den von den selbsternannten DemoorganisatorInnen am Vortag
lautstark
verkündeten Treffzeitpunkten, wahlweise 17 und 19 Uhr, kamen dann
endlich doch wieder deutlich mehr Menschen. Letztendlich zogen zwischen
5.000 und 10.000 Menschen durch die Stadt, erst durch den angrenzenden
7., dann in den 2. Bezirk. Schluss war einmal mehr vor dem Parlament,
wegen
strömenden Regens diesmal bereits um 21 Uhr. Die Bannmeile war zu
diesem Zeitpunkt bereits aufgehoben worden.
Nachtrag: Die in der Verfassung (Art. 32 BVG) vorgeschriebene öffentliche Zugänglichkeit von Nationalratssitzungen wurde unterbunden. Die meisten ZuschauerInnen wurden bei den Polizeisperren entlang der Bannmeile ohne Begründung abgewiesen. Welche bis zum Parlamentseingang vorgelassen wurden, erfuhren dort, dass diesmal "Besucherkarten" notwendig seien. Von diesen war bei vorherigen Anfragen und Anmeldungen von Seiten des Parlaments nie die Rede gewesen. Mittlerweile waren bereits alle vergeben. Die BesucherInnengallerie war mit PolizeischülerInnen und Bundesheerpersonal aufgefüllt worden.
Dennoch gelang es einigen DemonstrantInnen auf die Gallerie zu kommen. Mit Buchstaben auf T-Shirts bildeten sie den Schriftzug "GEGEN SOZIALABBAU" (oder so ähnlich). Daraufhin wurden sie entfernt.
Eine "Botschaft besorgter Bürger und Bürgerinnen" wurde um 8.15 in einem eigens dafür aufgebauten Zelt auf dem Ballhausplatz eröffnet. Sie soll "all jenen zur Verfügung stehen, die Probleme durch eine blauschwarze Regierung haben" und soll bestehen bleiben, so lange die blauschwarze Regierung im Amt ist. Rund um die Uhr werden antifaschistische AktivistInnen anwesend sein. Gleichzeitig wurde eine Internet-Botschaft eingerichtet. Diese ist unter der Adresse http://www.BotschaftbesorgterBuergerInnen.cjb.net erreichbar.
Die Präsentation der Regierungserklärung vor dem Nationalrat ging - soweit wir bis jetzt wissen - ohne außerparlamentarische Proteste über die Bühne. Die Bannmeile rund ums Parlament war den ganzen Tag über abgeriegelt und wurde durch ein Großaufgebot an Polizei sowie heute sogar Gendarmerie bewacht.
Dennoch sind uns keine Kundgebungen bis 17 Uhr bekannt. Erst um 17
Uhr
sammelten sich an die 4.000 Menschen zur allabendlichen Demonstration -
von Polizei und Medien bereits als "Wandertag" verniedlicht - am
Ballhausplatz.
Sie führte durch die Bezirke 7, 15 und 16 und löste sich
gegen
23 Uhr zwischen Kunst- und Naturhistorischem Museum nahe der Bannmeile
ums Parlament auf.
Zwischen 1.000 und 2.000 Menschen demonstrierten ab 19 Uhr vom
Ballhausplatz
diesmal nach Ottakring (Brunnenmarkt) und wieder zurück. Schluss
war
um ca. 22 Uhr vor dem Parlament. Erstmals (oder zumindest erstmals
sichtbar)
koordinierte die selbsternannte Demoleitung die Route vorher mit der
Polizei.
Effekt: belebte Straßen und Kreuzungen wurden ebenso gemieden wie
die ÖVP-Zentrale, an der eine Seitengasse vorher vorbeigezogen
wurde.
Das Gebäude der ÖVP-dominierten und die neue Regierung in höchsten Tönen lobenden Industriellenvereinigung wurde am Vormittag von einigen AntifaschistInnen für kurze Zeit besetzt. Genauere Informationen folgen, sobald wir mehr wissen. Eine inhaltliche Erklärung der BesetzerInnen findet ihr hier: http://www.servus.at/kanal/gegenschwarzblau/text/oeprotinfo/opi18.htm.
Ab 19 Uhr demonstrierten etwa 1.000 Leute gegen die
Rechts-Rechtsextrem-Regierung
- heute in den 20. Bezirk und zurück. Nach 21 Uhr löste sich
die Demonstration vor dem Parlament auf.
Zwischen 10.000 und 20.000 Menschen demonstrierten bei einer
groß
angekündigten und erstmals seit Tagen auch wieder angemeldeten
Demonstration
vom Westbahnhof über das Parlament zum 12.-Februar-Platz beim
Karl-Marx-Hof
in Wien-Heiligenstadt.
(Am 12. Februar 1934 kulminierte die Unterdrückung
der ArbeiterInnenbewegung durch das von der Christlichsozialen Partei -
die Vorgängerin der heutigen ÖVP - errichtete
austrofaschistische
Regime nach einem bewaffneten Aufstand in einen Krieg gegen
ArbeiterInnen.
Dabei wurden zahlreiche, hauptsächlich von ArbeiterInnen bewohnte,
Gemeindebauten beschossen, darunter der Karl-Marx-Hof. Die Kämpfe
forderten hunderte Tote.)
Während der Demo wurde vor dem Parlament in einer theatralischen
Aktion einE mutmaßlicheR MigrantIn der Sicherheitspolitik
"geopfert".
Die anwesenden echten PolizistInnen bekamen von dem dabei verspritzten
weniger echten Blut einiges ab. Für MusikfreundInnen gabs einen
Riesen-LKW
mit DJs, für TraditionalistInnen einen kleineren LKW mit
Ansprachen
und der Internationale, für "AnhängerInnen" der
selbsternannten
Demoleitung unzählige OrdnerInnenschleifen, damit alle ihrE
eigeneR
OrdnerIn sein konnten, etc. etc.
(korrigiert und ergänzt:) Die
Hip-Hop-Szene
lud um 19 Uhr vors Parlament zum von der Sozialistischen Jugend
organisierten
"HipHop gegen Schwarzblau". Um zirka 23 Uhr wurde die Musik von der
Polizei
wegen angeblicher Lärmbelästigung unter Androhung von
Festnahmen
abgedreht.
Einige Leute entfachten auf der Ringstraße ein Lagerfeuer. Nach
einiger Zeit des Beobachtens schritt die Polizei ein, entfernte die
Leute
handgreiflich und löschte das Feuer. Als später neuerlich
versucht
wurde, ein Lagerfeuer anzuzünden, nahm die Polizei von einigen
Leuten
die Personalien auf.
An die 500 Leute demonstrierten bei Regen erst in den 3. Bezirk und
dann zum Stephansplatz, um wie schon am letzten Sonntag zu versuchen,
bei
der üblicherweise im dortigen "Haas-Haus" stattfindenden
Fernsehdiskussion
"Zur Sache" für entsprechende Lärmkulisse zu sorgen. Der ORF
traute sich aber auch diesmal nicht aus seinem Studio heraus, und
führte
die Diskussion erneut im ORF-Zentrum am Küniglberg durch. Die Demo
löste sich daher um ca. 22 Uhr auf.
Nachdem die selbsternannten DemoorganisatorInnen bereits zu Mittag
bei einem ihrer Treffen massiv kritisiert worden waren, verzichteten
sie
diesmal darauf, FührerInnen zu spielen und die Leute mittels
OrdnerInnen
zu disziplinieren. Demenstprechend offensiver verlief endlich wieder
einmal
die Routenwahl, besonders gegen Ende der Demo (Ringstraße gegen
die
Einbahn etc.).
Eine Fahrraddemo sorgte am Abend für allgemeines Chaos auf den
wichtigsten Straßen Wiens. Höhepunkt war die Fahrt über
die Südosttangente, einer der stärkst frequentiertesten
Autobahnen
Österreichs, von Erdberg bis zur Abfahrt Landstraße. Zuvor
wurde
ausgehend vom Ballhausplatz kreuz und quer durch die Innenstadt, zum
Praterstern,
und danach über Gürtel, Favoritenstraße und Ring wieder
zurück in die Innenstadt gefahren. Die Polizei beschränkte
sich
zwar darauf, den Autoverkehr umzuleiten oder anzuhalten, war dabei
wegen
zahlreicher überraschender Richtungsänderungen und
Gegen-die-Einbahn-Fahrten
(auf der Autobahn wurde sicherheitshalber doch die "richtige"
Richtungsfahrbahn
gewählt) äußerst gefordert. Während zwischen
17 und 19 Uhr nur rund 30 RadfahrerInnen teilgenommen hatten, waren es
ab dem zweiten angekündigten Treffzeitpunkt 19 Uhr schon an die
100
RadlerInnen und eine Roller-Skaterin.
Die gleichzeitig stattgefundene tägliche Latschdemo führte
zu Fuß zum Praterstern und zurück. Dabei nahmen an die 500
Menschen
teil.
Kurz vor 21 Uhr trafen sich beide Demonstrationen zufällig in
der Innenstadt und bewegten sich dann gemeinsam zum Parlament. Das
kollektive
Erklettern und Mit-Transparenten-und-Fahnen-Schmücken der Statue
der
Pallas Athene wurde erstmals durch eine dichte Polizeisperre mit
Tretgittern
verhindert.
Kurz nach 21 Uhr lösten sich beide Demonstrationen auf.
Die allabendliche Demonstration führte diesmal in den 9.
Bezirk,
und dabei auch an der mexikanischen Botschaft vorbei, wo gegen die
Niederschlagung
des Studierendenstreiks protestiert wurde. Nur ungefähr 300
Menschen
nahmen bei nasskaltem Wetter daran teil.
Anschließend nahmen einige DemonstrantInnen das Angebot des
Burgtheaterdirektors
an die interessierte Öffentlichkeit wahr, nach der Vorstellung im
Burgtheater über die politisch-kulturelle Situation in
Österreich
zu diskutieren. Rund dreißig Leute blieben über das
offizielle
Ende der Diskussion hinaus im Theater, um noch über
Perspektiven
des Widerstands zu sprechen. Nach 1.00 Uhr früh löste sich
auch
diese Gesprächsrunde auf.
Nach den Latsch- und Fahrrad-Demos der vergangenen Tage wurde das
Aktionsspektrum
nun durch U-Bahn-Demos erweitert. Mit den üblichen Fahnen,
Transparenten
und Lärminstrumenten bestiegen die rund 500 TeilnehmerInnen der
allabendlichen
Demonstration in der Haltestelle Volkstheater einen Zug der Linie U3
und
fuhren damit bis zur Haltestelle Johnstraße. Zu Fuß wurde
dann
durch die Bezirke 15, 14 und 13 bis zur Haltestelle Hietzing
demonstriert.
Von dort ging es mit U4 und U6 nach Alt Erlaa zu einer der
größten
Satellitenstädte Wiens. Nach einigen lauten Runden durch die
dortigen
Gemeindebauten (wirkt übrigens ur-nett, wenn so riesige Wohnsilos
nächtens zu funkeln beginnen, weil bis in den x-zehnten Stock
hinauf
Leute solihalber das Licht ein- und ausschalten oder mit Taschenlampen
und Sternspritzern winken ...) und einem längeren Marsch durch
eher
unbewohntes Industriegebiet löste sich die Demonstration nach 22
Uhr
in einem Zug der Linie U6 nach und nach auf. Einige der
DemonstrantInnen
fuhren anschließend noch zum Burgtheater, um an der dort derzeit
täglich stattfindenden Diskussion teilzunehmen.
Rund 300 Leute demonstrierten wieder mit der U-Bahn nach und dann zu
Fuß durch Kaisermühlen (22. Bezirk). Von dort ging die Demo
per U-Bahn zur Lerchenfelderstraße und schließlich zu
Fuß
zum Theater in der Josefstadt. Ein Großaufgebot der Polizei
wachte
darüber, dass die gerade stattfindende
Prämiereaufführung
im Theater nicht durch lustiges Publikum aufgelockert wurde. Die Demo
zog
zwei Runden um den Häuserblock, wobei ihr vom hinteren
Bühnenausgang
von SchauspielerInnen und ArbeiterInnen des Theaters und vom in beiden
Richtungen abgeriegelten Haupteingang auch von einigen
TheaterbesucherInnen
lautstarke Jubelschreie entgegenwehten. Schließlich wurde weiter
zum Parlament gegangen und für ca. 15 Minuten der Ring blockiert.
Danach löste sich die Demo auf.
An die 10.000 SchülerInnen beteiligten sich allein in Wien am
SchülerInnenstreik
gegen die Rechts-Rechtsextrem-Regierung und demonstrierten am Vormittag
- bis ca 13 Uhr - in der Innenstadt. Seitens der Schulbehörden war
angedroht worden, dass Streik und Demonstration nicht als
Entschuldigungsgrund
anerkannt würden. An einigen Schulen waren die Tore versperrt
worden,
um streikende SchülerInnen am Verlassen der Schulen zu hindern. Da
damit gegen eine Reihe von Gesetzen und Vorschriften verstoßen
worden
sein dürfte, wird dies wohl auch rechtliche Konsequenzen nach sich
ziehen. Einige der derart eingesperrten SchülerInnen wussten sich
auch kurzfristiger zu helfen und sprangen kurzerhand aus den Fenstern.
Am Abend gab es zuerst HipHop gegen Schwarzblau am Ballhausplatz, und
dann die tägliche Demonstration, die mit rund 300 TeilnehmerInnen
eine verhältnismäßig nur kleine Runde machte - vom
Ballhausplatz
über Währingerstraße, Gürtel und Florianigasse
zurück
zum Ballhausplatz. Um das Parlament war wegen einer Sitzung von der
Polizei
wieder eine Bannmeile gezogen worden.
siehe auch Artikel:
Französische
AntifaschistInnen,
die nach Wien wollten, in Paris von der Polizei angehalten und
verprügelt!
(Information der Rosa Antifa Wien)
Zwischen 150.000 (Polizeischätzung) und 300.000 Menschen
(Angabe
der VeranstalterInnen) beteiligten sich an einer von der
"Demokratischen
Initiative" organisierten Großdemonstration unter dem Titel
"Widerstand
gegen Schwarzblau, gegen Rassismus und Sozialabbau". Von mehreren
Treffpunkten
aus wurde zum an den Balhausplatz angrenzenden Heldenplatz gezogen.
Bereits am Vormittag führte die Polizei Personenkontrollen und
Perlustrationen bei allen Menschen durch, die das selbstverwaltete
linke
"Ernst-Kirchweger-Haus" (EKH) betreten oder verlassen wollten. Bei
weiteren
Personenkontrollen wurden Helme, Spraydosen, Fahnenstangen, Filzstifte
und ähnlich gefährliche Geräte beschlagnahmt.
Mit gewalttätigeren Provokationen ließ die Polizei auch
nicht lange auf sich warten. Nachdem bereits in den letzten Tagen
eifrig
via Medien ein Bedrohungsszenario durch "gewaltbereite Chaoten aus dem
Ausland" konstruiert wurde, versuchte eine Polizeieinheit, als sich
nach
15 Uhr der Demozug beim Westbahnhof in Bewegung setzte, die
Demonstration
zu spalten. Sie stellte sich im revolutionär/bunten Block einer
Gruppe
von AntifaschistInnen aus Berlin in den Weg und versuchte, sie
abzudrängen.
Als die AntifaschistInnen unbeirrt weitergehen wollten, prügelten
die Polizisten auf sie ein. Mehrere Personen wurden dabei verletzt. Dem
Eingreifen anderer DemonstrantInnen ist zu verdanken, dass keineR
festgenommen
wurde, und letztlich alle weitergehen konnten. Kurzfristig waren dabei
die beteiligten Polizisten von DemonstrantInnen quasi eingekesselt
worden.
Der für den Einsatz verantwortliche Generalinspektor der Wiener
Sicherheitswache,
Schnabl, erklärte sein Vorgehen in der ORF-Nachrichtensendung ZIB
um 17 Uhr damit, dass sich "Autonome mit normalen Demonstranten"
mischen
wollten (zitiert nach einer Protest-Aussendung der
Grün-Alternativen.Jugend)
und gab damit unfreiwillig zu, dass kein anderer Grund für den
Einsatz
vorgelegen war, als dass von Politik- oder Behördenseite bestimmt
werden sollte, wer demonstrieren durfte und wer nicht.
Der revolutionär/bunte Block wurde bis zur Ringstraße von
einem Polizeispallier begleitet. Es kam aber nur mehr zu wenigen
Provokationen
von Seiten der Exekutive.
Als nach ca. 22 Uhr bekannt wurde, dass sich Jörg Haider in
einer
nahegelegenen Pizzeria in der Florianigasse aufhielt, zogen rund 500
Menschen
zu dem Lokal. Unter Polizeischutz konnte Haider das Lokal jedoch noch
rechtzeitig
verlassen. Die DemonstrantInnen wurden mit mäßiger
Gewaltanwendung
auseinander getrieben und zogen daraufhin einzeln und in Kleingruppen
ab.
Ungefähr zur gleichen Zeit gingen noch unbestätigten
Meldungen
zufolge ein paar Scheiben zu Bruch, nachdem sich einige
DemonstrantInnen
bei der ÖVP-Zentrale getroffen hatten.
Wenig später setzte jedenfalls eine polizeiliche Jagd gegen alles,
was irgendwie nach DemonstrantIn aussah, ein. In einer Seitengasse der
Florianigasse wurden rund 15 Jugendliche ungefähr eine Stunde lang
eingekesselt und mehrfach perlustriert. Während dieser Zeit
mussten
sie mit erhobenen Händen und dem Gesicht zur Wand an Hausmauern
gelehnt
aushalten. Mindestens zwei Leute wurden festgenommen. Der
Großteil
durfte den Kessel schließlich verlassen.
Gleichzeitig wurden aus der Gegend rund um die ÖVP-Zentrale
Polizeiprügel
gegen mögliche DemonstrantInnen und Festnahmen bekannt.
Der nächste Polizeiangriff fand vor dem Burgtheater statt. Als
sich eine Gruppe von zehn Personen, die an der täglichen
Diskussion
teilnehmen wollte, dem Theater näherte, sprangen aus einem davor
stehenden
Polizeibus mehrere Beamte, griffen wahllos zwei Personen aus der
Gruppe,
und schleuderten sie zu Boden oder an die Wand. Den anderen aus der
Gruppe
gelang es, ins Burgtheater zu flüchten, und die BesucherInnen des
Theaters von den Vorfällen zu informieren. Eine Reihe von
BesucherInnen
strömte daraufhin auf die Straße. Als sich dort auch noch
einige
anwesende Prominente und der Burgtheaterdirektor Bachler einfanden,
zogen
sich die Polizeikräfte zurück.
Ungefähr zur gleichen Zeit wie der Vorfall vor dem Burgtheater,
war eine weitere Gruppe von als DemonstrantInnen verdächtigter
Personen
im nahen Rathauspark Ziel nicht gerade gewaltfrei durchgeführter
polizeilicher
Perlustrationen. Einem Demonstranten wurden bei der Gelegenheit die
Schnürriemen
durchgeschnitten.
Um ca. 1 Uhr früh lagen der Rechtshilfe gesicherte Informationen über mindestens drei Festnahmen vor. Es können aber auch erheblich mehr gewesen sein. Über die Zahl an Verletzten gibt es keine genaueren Informationen.
aus TATblatt Nr. +134:
Gedächtnisprotokolle
über und Stellungnahmen zu Polizeiangriffen am 19. Februar sowie
Info
der Rechtshilfe
Nur etwa 100 Menschen beteiligten sich an der abendlichen
Demonstration,
die diesmal erst zur antifaschistischen Gedenkstätte am
Morzinplatz,
dem einstigen Standort des Gestapo-Hauptquartiers, und dann zum Denkmal
für die Opfer des Nationalsozialismus am Albertinaplatz
führte.
Dabei wurde auch an der FPÖ-Zentrale in der Kärntner
Straße
vorbeigezogen. Die Kärntner Straße war diesmal - zum ersten
Mal - nicht mit Tretgittern abgeriegelt worden. Lediglich vor dem
Eingangstor
standen einige PolizistInnen, allerdings ohne Helme und Schilde.
Abschließend
ging es über die Ringstraße zurück zum Ballhausplatz.
Kurz
vor 21 Uhr löste sich die Demo auf.
Die Polizei verhielt sich im Gegensatz zum Samstag durchwegs friedlich.
Nachdem sich immer mehr durchzusetzen scheint, dass nicht mehr
täglich,
sondern nur mehr wöchentlich (donnerstags) demonstriert werden
solle,
und weil für 19 Uhr auch eine Diskussion über
weiterführende
Strategien des Widerstands angesetzt war, kamen nur sehr wenige
Menschen
zur abendlichen Demonstration. Etwa 30 Leute wollten an der
Zu-Fuß-Demo,
rund 20 an der Fahrrad-Demo teilnehmen. Letztendlich wurde gemeinsam
ca.
eine Stunde durch die Innenstadt und dann zur Strategien-Diskussion im
"Depot" gezogen. Die Polizei verhielt sich friedlich, die Kärntner
Straße war allerdings auf Höhe der FPÖ-Parteizentrale
wieder
mit Tretgittern abgesperrt worden.
Rund 30 Leute, überwiegend alternative/grüne,
sozialdemokratische
und kommunistische GewerkschafterInnen, legten heute anlässlich
des
11. Todestages des früheren Gewerkschafters und Sozialministers
Dallinger
vor dem nun freiheitlichen Sozialministerium einen Kranz nieder.
Dallinger
galt als innovativer linker Sozialpolitiker. Was etwas in Vergessenheit
geraten scheint, ist zum Beispiel, dass er als Gewerkschafter auch
mehrmals
aus arbeitsmarktpolitischen Gründen für so genannten
Gastarbeiterabbau
eingetreten war.
Am Abend demonstrierten 28 Leute vom Ballhausplatz über
Mariahilfer
Straße, Gürtel und Gumpendorfer Straße zurück zum
Ballhausplatz.
Etwa 20 Menschen "demonstrierten" am Abend - nach Absprache mit der
Polizei am Gehsteig - vom Ballhausplatz zum Karlsplatz.
Anschließend
fuhren sie mit der U-Bahn zum Demovideo- und Diskussionsabend ins EKH.
Weit mehr als 10.000 Menschen gingen ab 19 Uhr wieder lautstark
gegen
die Rechts-Rechtsextrem-Koalition auf die Straße. Sogar laut
über
Fernsehen kolportierter Polizeiangaben sollen es 12.000
DemonstrantInnen
gewesen sein. Die Route führte vom Ballhausplatz u.a. über
Ringstraße,
Rennweg, Fasangasse, Gürtel, Laxenburger Straße,
Gudrunstraße,
Reinprechtsdorfer Straße, Margaretenstraße, Pilgramgasse,
Rechte
Wienzeile, so gen. 2er-Linie, Ringstraße zum Parlament,
führte
also vor allem quer durch die Bezirke 3, 10 - eine FPÖ-Hochburg -
und 5. Wohl nicht zuletzt aufgrund des Dauerregens waren am Schluss nur
mehr rund die Hälfte der mehr als drei Stunden zuvor
losmarschierten
Leute dabei. Die Polizei blieb friedlich.
Die antirassistische Fahrraddemo "Zweirad gegen Doppelmoral"
startete
um 16 Uhr mit rund 40 TeilnehmerInnen beim alten AKH. Auf ihrem Weg in
und durch die Innenstadt wurde die Polizei wieder einigermaßen
auf
Trab gehalten. Nach ungefähr einer Stunde ging die Demonstration
allerdings
im einsetzenden starken Regen bzw. einem Beisl unter. Eine kleine
Gruppe
von RadlerInnen, welche sich erst beim zweiten angekündigten
Treffpunkt
um 18 Uhr am Schwarzenbergplatz anschließen wollten, wartete
vergeblich.
Zirka hundert Leute beteiligten sich an einer Demonstration zum
Themenbündel
"Gegen jede Regierung der privilegierten Klassen!; Raus aus der EU!;
Gegen
jeden Militärpakt - Nein zu NATO und WEU!; Schluss mit dem
Pensionsraub!;
Kein Selbstbehalt - Gesundheit für alle!; Keine Zwangsarbeit
für
Arbeitslose!; Keine Abschaffung der Kollektivverträge!" vom
Meiselmarkt
im 15. Bezirk zum Ballhausplatz.
Vom Ballhausplatz selbst ging heute keine Demo los. Einige derer, die
um 19 Uhr vorbeikamen, gingen oder fuhren unorganisiert der Demo vom
Meiselmarkt
entgegen.
Die Polizei verhielt sich bei beiden Demonstrationen friedlich, bei
der Fahrraddemo vielleicht auch etwas genervt.
In einem riesigen "Volkstanz" (Definition der VeranstalterInnen)
unter
dem Motto "Don't Stop to Resist, Stopp FPÖVP" zogen zwischen 2.000
und 4.000 Leute auf Ring und Kai rund um die Innenstadt. Von einem
DJ-LKW
kamen Techno-Klänge, in einiger Entfernung vor und hinter dem LKW
fanden aber auch Demo-TraditionalistInnen genug Raum für
klassischere
Manifestationsformen. Leise war es dank Trommeln, Pfeifferln und
Trompeten
aber nirgends. Die Innenstadtumrundung dauerte ca. von 15 bis 18 Uhr.
Davor
und danach gab's Party auf Helden- bzw. Ballhausplatz.
Nach fast vier Wochen gab es erstmals keine Demonstration gegen die
Rechts-Rechtsextrem-Regierung in Wien (zumindest ist uns keine bekannt
- falls eineR anderes weiß, bitte Mail an uns
schicken!).
Dafür dass dennoch nicht von einer Rückkehr zur
Normalität
die Rede sein kann, sorgt unter anderem das Zelt der "Botschaft
besorgter BürgerInnen" am Ballhausplatz schräg vis-a-vis
des Bundeskanzleramts, das weiterhin rund um die Uhr von AktivistInnen
betreut wird. Damit dies weiter so bleiben kann, werden aber noch
dringend
zusätzliche "BotschafterInnen" gesucht. Zudem lädt nicht
zuletzt
das schöne Wetter dazu ein, den Plan, rund um die "Botschaft" ein
Zeltdorf zu errichten, neu zu beleben. Soweit es das Wetter
zulässt,
werden vor dem Zelt, täglich um 17 Uhr, Lesungen abgehalten.
Auf Aussagen von PolizistInnen beruhenden Befürchtungen zufolge,
könnte die Absicht bestehen, die "Botschaft" am - oder nach dem -
1. März behördlich zu räumen. Bis jetzt verhält
sich
die Polizei jedoch freundlich.
Ruhe ... Stimmt nicht: NACHTRAG: Rund
40 Personen, vorwiegend aus dem LIF-Spektrum, demonstrierten
während
einer im Hotel Wimberger stattgefundenen
FPÖ-Parteivorstandssitzung
rund ums Hotel gegen den (damaligen) Justizminsiter Krüger
und
feierten den Abtritt Haiders. [Fotos
auf www.jugendforum.at/antischwarzblau/demos.html]
Ruhe. Immer noch. Die optischen Signale des Widerstands sind aber unübersehbar. Seit der Nacht auf Dienstag werden bei Dunkelheit antirassistische Text-Dias riesengroß auf die Fassaden von Bundeskanzleramt und Präsidentschaftskanzlei projiziert. [Fotos]
PS: Ab Mittwoch wäre es wegen Befürchtungen einer
polizeilichen Räumung des Zelts der "Botschaft besorgter BürgerInnen" gut, wenn
immer möglichst viele Menschen am Ballhausplatz anwesend
wären. Vielleicht gelingt es der einen oder dem anderen auch, die
"BotschafterInnen" davon zu überzeugen, dass die EU-Fahne, die
mittlerweile über dem Zelt weht, nicht gerade Ausdruck fundierten
Antirassismusses sein kann, und dieses Symbol von - unter anderem -
Festungspolitik und menschenverachtender Flüchtlingsabwehr nicht
gerade zur Solidarisierung einlädt.
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©TATblatt,
2000
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